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München, 24. Okt. Wie ich aus ganz sicherer Quelle erfahre,

Hat Herr Minister v. Lutz die Antwort auf den offenen Brief des Bischofs von Regensburg vollendet, und wird das .Aktenstück demnächst veröffentlicht werden. Dasselbe führt den striktesten Beweis für die Richtigkeit der seiner Zeit von dem Minister in der Kammer ausge­stellten bekannten Behauptung, ohne jedoch jnoch vorerst Namen zu nennen. Aber auch diese sollen mit ausdrücklicher Autorisation der «der des Betreffenden bekannt gegeben werden, wenn es nothwendig werden sollte. (A. A.)

Am 11. Okt. ist in Aicha v. W. die GastwirthS- und Metz- gerswittwe Frau Walpurga Feigl gestorben. Dieselbe wurde am 2. Okt. l. I. beim Einfang n von jungen Hühnern von den Krallen -eines Hahnes ganz unbedeutend an der Hand geritzt. Ohne die leichte Verwundung zu achten, reiste die Frau nach München, mußte aber bald zurückkehren; der Arm schwoll zu einer unglaublichen Dicke an und wurde zu einer hautlosen Fleischmasse mit runden Löchern und schwarzen Flecken bis gegen die Brust. Schon am 11. d. mußte die sonst sehr kräftige Frau wohl an Blutzersetzung in Folge dieser unbedeutenden Ritze sterben.

Darmstadt, 23. Okt. In den letzten Tagen wurden hier mehrfach sehr täuschend nachgemachte Frankfurter Zehn-Gulden Bank­noten verausgabt.

Die Kaiserglocke läutet. Ein schlichter Schmicdmeister aus dem Dorfe Heerdt im Krefelder Bezirke, Namens Kronenberg, hat cs durch Nachdenken endlich dahin gebracht, daß die bis jetzt stumme Kaiserglocke in Köln ihren Mund geöffnet hat und ihren Klang weithin über die Stadt Köln hat ertönnen lassen. Nachdem Kronenberg schon vor eini­ger Zeit Briese an den Meister Hamm geschrieben, worin er ange­geben, wtzsan es liege, daß der Klöppel der Kaiserzlocke nicht ansä-lage und sich anheischig gemacht, diesen Fehler abzuändern, indeß keine Antwort erhalten, wandte er sich an den Dombaumeister. Dieser erkannte das Richtige seiner Angaben und gab ihm Hoffnung, daß nach denselben unter seiner Leitung verfahren werde. Kronenberg kon- struirte sich nunnehr ein Modell der Kaiserglocke mit Klöppel, der nach seiner Berechnung anschlagen mußte. Dann reiste er vorigen Freitag nach Köln zum Dombaumeister, wurde aber dießmal nicht besonders freundlich empfangen und beschicken. Dadurch nicht abgeschreckt, ver­suchte er sein Glück anderweitig und ging zum Zentral-Bureau, wo der Oberbürgermeister und mehrere andere Herren anwesend waren. Diese müsse» wohl von dem schlichten Manne und der Richtigkeit seiner Konstruktion eingenommen worden sein, denn es wurde ihm erlaubt, schon an demselben Morgen im Beisein des ganzen Dombau- Vereines einen Versuch zu machen. Kronenberg ließ nun unten an den Klöppel ca. 200 Pfund anschrauben, weil nach seiner Ansicht derselbe oben zw' schwer sei. Mehr als 50 Mmm zogen nunmehr die Glocke, und der Klöppel schlug richtig an beiden Seiten an. Man versuchte zum zweiten, dritten und vierten Male und immer wieder ließ die mächtige Glocke ihren kräftigen Schall ertönen. Großer Jubel herrschte. Wenn auch, wie es in den Mittheilungen heißt, der Klöppel nicht an beiden Seiten gleich stark anschlug, so wird, wenn er einmal vollständig nach der Konstruktion des Meisters angefertigt ist, dieser Ucbelstand gehoben werden. Der simple Schmied scheint also nun das Ei des Kolumbus gefunden zu haben.

Ber lin, 25. Okt. Der Kaiser ist heute um 3 Uhr 10 Mi­nuten wohlbehalten hier cingetrosfen. Nach derNordd. Allg. Ztg." ist der Kaiser in Folge der unvermeidlichen Reiseanstrengungen verhindert, den Reichstag persönlich zu eröffnen. Die Reise zu den Jagden nach Sagan und Orlau ist 8 Tage verschoben worden.

Berlin, 21. Okt. Die vom Reichskanzler berufene Nordpol­kommission hat ihre Arbeiten abgeschlossen. Dieselbe hat sich nahezu einstimmig gegen die Fortsetzung der Expedition nach dem Nordpol auf Grund der bisherigen Erfahrungen ausgesprochen, dagegen befür­wortet sie die Einrichtung von Beobachlungsstationen in der Nord- und Südzone von Reichswegen, wenn möglich unter Mitwirkung der übrigen Nationen, behufs Feststellung eines Ersorschuvgsplanes.

Mühlhauseu, 24. Okt. Man ist hier einem sehr bedeuten­den Kirchendiebstahl, welcher in Maria-Stein bei Basel verübt worden ist, aus die Spur gekommen. Ein 23 Jahre altes Frauenzimmer, Ramcns Anna Tschanz, hatte sich während einiger Tage in Mühl­hausen Herumgetrieben, um Bruchstücke von goldenen Heiligenbildern zu verkaufen. Die Polizei versicherte sich dieser Händlerin und fand, daß dicselbe Stücke von einer goldenen Krone mit Edelsteinen verziert, -im Unterrock eingenäht hatte. Die Krone hatte jedenfalls einem Ma- Lonnenbilde angehört. Die Bruchstücke sammt den Steinen haben einen

Individuen zu verhaften. Die Tschanz war hier von ihrem Geliebten begleitet, welcher sich ebenfalls mit dem Verkauf von Kirchenschätzen befaßte; er machte sich aber dvvon, sobald er vernahm, daß seine Gesellschafterin festgenommen sei. Aus der großen Verzweigung der Diebsgrsellschaft läßt sich auf die Bedeutung des Raubs schließen.

Italien. Mailand, 23. Okt. Se. Majestät der Kaiser ertheilte vor seiner Abreise noch dem Präfekten und dem Bürgermei» ster von Mailand, sowie den Generalen Petitti und Revel Audienz. Se. Majestät bemerkte in derselben, daß ihm der Empfang in Mai»- land stets unvergeßlich bleiben werde. Bei dem Abschied auf dem Bahnhof umarmte Se. Majestät den König und küßte der Kronprin- zessin Marghcnta die Hand. Der Kaiser hat für die Armen der Stadt Mailand 12,000 Fr. geschenkt. Der König und Prinz Ama» deus sind nach Turin abgerciSt. Die Minister Minghetti und ViS- conti-Benosta verlassen Abends Mailand.

Mailand, 24. Okt. Nicht wenig stolz ist der König auf das Lob der Armee aus des Kaisers und Moltke's Munde. Nach der Truppenschau sprach er sich sehr rühmend bei General Petitti über die Haltung und den Eindruck der Truppen aus. Der General er- wiederte:Majestät, ich hatte die Ehre, einer Truppenschau in Berlin beizuwohnen und war in hohem Grade erstaunt. Unser Heer ist noch jung und noch nicht zur Höhe des deutschen Heeres gelangt".O nein", fügte der Kaiser bei,glauben Sie das nicht, jede Nation hat ihren besonderen Typus, die italienische hat den ihren, den der Ge» wandtheit und Leichtigkeit". Hieraus wadte er sich zum Grafen Lau­nay und rief aus:Dir Truppcuschau hat mich äußerst befriedigt. Ich erkannte in Ihrer Armee Ordnung, Disziplin und Ueberlicfe- rungev, die Sie wie ein Heiligthum bewahren müssen. Es ist eine Armee, die sogleich ins Feld rücken könnte. Moltke drückte sich fol­gendermaßen über die Bersaglieri aus:Die Uniform der Bersaglieri ist schwarz wie der Tod; die Bewegungen derselben aber sind voll von Lebenskraft".

Mailand, 24. Okt. Ein Kurier von Berlin mit der Kette zum Schwarzen Adlerorden für den König Viktor Emanuel ist heute angelangt. Hm v. Keudell, welcher heute von Ala zurückgekehrt, hat sofort in Turin diese höchste Auszeichnung dem König übergeben.

Spanien. Madrid, 25. Okt. Der Minister des Innern versagte den republikanischen Deputaten Pascual und Casas die Erlaub» niß, ihre Parteigenossen anläßlich der Deputirtenwahlen bei sich zu versammeln. Die Regierung werde, fügte der Minister hinzu, allen loyalen Männern die weitgehendste Wahlfreiheit zugcstehen, aber nicht solchen, welche die dermaligen Institutionen überhaupt nicht anerkennen.

England. London, 23. Okt. Anhaltende Regengüsse und eine sehr stürmische Witterung führten in den mittleren und westlichen Grafschaften Großbritanniens Ueberschwemmungen herbei. Mehrere Flüsse sind übergetreten, welche großen Schaden anrichketen. Dabei, sind Verluste von Menschenleben zu beklagen. Von der Nord- und Ost- käste Englands und Schottlands werden zahlreiche Schiffbrüche gemeldet.

London, 26. Okt. Der Besuch des Deutschen Kaisers in Mailand ist von Anfang an und während der Dauer desselben so ziemlich täglich von der gesammten englischen Presse in sympathischer Weise besprochen worden.Der herzliche Willkomm" , schreibt die Times,welcher dem Deutschen Kaiser in Italien gespendet wurde, ist augenscheinlich durchaus ungemischter Natur gewesen. Das Volk selbst hat in ausgesprochener Weise bei dieser Gelegenheit eine Demonstration gemacht, und man kann unbedenklich annchmen, daß der Kaiser seiner vollsten Ueberzeugung Ausdruck gab, als er nach Berlin telegraphirte, er habein seinem Leben nichts Schöneres gesehen, als in Mailand geboten wurde. Der Kaiser hat augenfällig auf die Italiener starke An­ziehungskraft ausgcübt. Sie suchten einen Blick von ihm zu erhaschen. Sie grüßten ihn mit lauter Begeisterung, und es kann kein Zweifel darüber obwalten, daß Viktor Emanuel nie bestimmter der Vertreter des italienischen Volkes war, als bei der Gelegenheit wo er seinen kaiserlichen Gast empfing. Solche Instinkte der Völker sind oft zu­verlässiger und werthvoller als alle Pläne der Diplomaten, und die wirklichen Beziehungen Deutschlands und Italiens zu einander sind durch sie unwiderleglich dargethzn. Die Italiener empfinden tief, daß ihre tiefsten Sympathien, und ihre dauerndsten Interessen sie eher zur Anlehnung an das deutsche Volk als zu irgend einem anderen des Festlandes treiben. Seit der politische und der geistige Druck von ihnen genommen wurde, wenden sic sich instinktmäßig dem Lande zu, wo der Gedanke nach jeder Richtung hin den unbeschränktesten Flug nimmt. Der Protestantismus der Deutschen findet schließlich in ita­lienischer Verstandesthätigkeit einen aufrichtigeren Verbündeten als im

Werth von 5600 Franken. Nachdem die Diebin bekannt, daßi französischen Skeptizismus."

Lic Gegenstände von Maria-Stein kommen, wurde nach Basel tele-! Der Prinz von Wales hat aus seiner Reise nach Ostindien graphirt, wo der Diebstahl noch nicht bekannt war, aber bald konsta^ mit Athen, wo er einen mehrtägigen Besuch machte, die letzte euro- tirt wurde. Es dauerte dann nicht lange, so gelang es der Bas- päische Station verlassen und schwimmt bereits im Suez-Kanal Ost­ler Polizef, zwei an der. Diebstahl betheiligte, schon öfters bestrafte indien zu.

" Nedigirt, gedruckt «st^ü«W'von'SU"Lels chlLg er.