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reren Fingern batte. Der Korb fuhr jetzt in die Tiefe nieder, kehrte lvom 21. Oktober gemeldet: Ungefähr 1200 Mann Türken-, darunter-
sich während des Füllens um, und die in ihm stehenden Bergleute stürzten sämmtlich bis auf die dritte Schachtsohle mehrere hundert Lachter tief hinab. Als man zur Unglücksstätte gelangt war, fand man fünf, schrecklich, fast bis zur Unkenntlichkeit verstümmelte Leichen. Der Tod der Unglücklichen muß jedenfalls sofort nach dem Anschlägen auf der Sohle erfolgt sein, da alle mehrfache tödtliche Verletzungen erlitten haben. Ein sechster Bergarbeiter, der mit den fünf Verunglückten zugleich anfahren sollte, hatte sich durch einen glücklichen Zufall verspätet und kam, nachdem die Genossen längere Zeit vergeblich auf ihn gewartet hatten, gerade in 'dem Augenblicke zur Schachtöff- rmng, als sich die Katastrophe ereignete. Von den Gctiidteten sind drei unverheirathet, zwei Ehemänner mit zahlreichen Kindern. Eine Direkte Verschuldung irgend einer Person an dem Unglücksfall hat sich micht konstatiren lassen.
Frankreich. Paris, 20. Okt. Die hiesigen Blätter strengen sich fast alle in ihren Artikeln über die Zusammenkunft in Mailand an, die Bedeutung derselben herabzudrücken. So meint heute das „Journal de Paris", Organ der Orleanisten: „Wir erinnern uns gesehen zu haben, wie im Augenblick der allgemeinen Ausstellung von 1867 der Kaiser Wilhelm, damals König von Preußen, dem Kaiser Napoleon III. einen Besuch abstattele. Es gab einen Ball im Stadthause, eine Galavorstellung iu der großen Oper, Illumination, kurz alles, was heute in Mailand stattfindct. Dicß verhinderte aber nicht den Krieg von 1870." Die „Republique Franyaise" läßt am Schlüsse eines langen Artikels über dasselbe Thema ihre Ueberzeugung durch- blicken, daß die Civilisation still stehe, bis Frankreich wieder das große Wort in Europa führen könne.
Italien. Mailand, 22. Olt. Der gestrige Hofball war sehr glänzend. Der Kaiser und der König erschienen um IOV 4 Uhr. Der Kaiser führte die Kronprinzessin. Der Kronprinz trug die preußisch! Husaren-Uniform. — Der Magistrat von Berlin hat Namens dl Bevölkerung der Hauptstadt dem hiesigen Bürgermeister telegraphisch Dan? für den glänzenden und herzlichen Empfang des Kaisers, den er als ein Zeichen der beständigen Freundschaft der beiden Fürsten und Völker betrachte, ausgesprochen. Der Bürgermeister antwortete telegraphisch: Der Empfang des Kaisers seitens der.Stadt sei der Ausdruck der Bewunderung Italiens für Deutschland, den Gruß Berlins nehme Mailand als Pfand steter Eintracht zwischen Italien und Deutschland entgegen. — Der Kaiser hat dem Ober- bürgermeister von Berlin auf dessen Telegramm an den Bürgermeister von Mailand telegraphisch seinen Dank ausgesprochen und sagt am Schluffe: „Ich erblicke mit Ihnen in der von dem Könige von Italien und der Bevölkerung des befreundeten Landes mir gewordenen, so überaus liebenswürdigen Empfange und herzlichen Aufnahme eine neue Bürgschaft des Friedens, um dessen Pflege ich unablässig bemüht bin.
Ein Hauch echter Begeisterung weht durch alle Festberichte aus Mailand. Möge er sich, wenn einmal der große Tag der Prü- fung und Probe kommt, bewähren! Sogar eine Pariser Zeitung „Das 19. Jahrhundert", das sich also auf die Zeichen unserer Zeit verstehen muß, erkennt die große politische Bedeutung, daß die beiden Länder diesseits und jenseits der Alpen sich in Freundschaft gefunden haben, an. Die zwei großen Thatsachen des Jahrhunderts, sagt sie, sind die Einigung Deutschlands und Italiens. Die Einigung ist vollendet und sie ist eine dauerhafte Schöpfung. Es wäre ein ge- jährliches Spiel, sie für vergänglich zu erklären. Kaiser Wilhelm und König Victor Emanuel, welche zusammenhielten um zv gründen, werden auch Zusammengehen, um zu erhalten. Darüber täusche man sich nicht. Das bedeutet der Besuch in Mailand.
Mailand, 22. Oktober.^ Der Kaiser reist am Sonnabend von hier ab, übernachtet in Botzen, speist am Sonntag Abend um 6 Uhr in Salzburg, trifft in Passau um 11 Uhr Nachts ein, von wo die Weiterreise über Plauen und Leipzig nach Berlin erfolgt. Ankunft daselbst Montag Nachmittags um 22/4 Uhr.
Spanien. Madrid, 22. Okt. Die amtliche „Gaceta" meldet, daß neuerdings fünf karlistische Generale und zahlreiche Offiziere und Soldaten auf französischem Gebiet internirt worden sind. — Der Kailistenvberst Prdrals, Kommandant von Ripoll, wurde auf französischem Gebiet todt aufgcfunden. Man glaubt, daß er an Wunden gestorben ist, die er in Spanien erhalten hat.
England. Der Prinz von Wales ist über Paris nach Indien gereist und hat sich m Babel noch einmal etwas zu gut gethan. Auch hat er in Athen am 18. Okt. dem König und der Königin von Griechenland noch einen Besuch gemacht.
An dem Tunnel zwischen England und Frankreich wird rüstig gearbeitet. Glücken die zuerst unternommenen Versuche, so soll sogleich die Hauptarbeit in Angriff genommen werden.
Türkei. Dem „Reuter'schen Bureau" wird aus
einige reguläre Truppen verletzten serbisches Gebiet in den Nächten vom 18. bis 20. Oktober. Die Truppen der serbischen Regierung schlugen die Türken mit Verlust einiger Verwundeten zurück. Die serbische Regierung befahl dem Grenzkommandanten, .jede Grenzverletzung energisch zurückzuweisen, ohne jedoch die Grenze-zu überschreiten. Dieser Befehl ist gestern den Vertretern der auswärtigen Garantie- Mächte mitgetheilt worden.
Vermischtes. D
— Stuttgart. Nach dem neuesten Ausweise der Lebensversicho^ rungs- und Ersparniß-Bank in Stuttgart hat dieses im Jahre 1854 5 auf Gegenseitigkeit gegründete Institut dermalen einen Versicherungs- ' stand von 27,998 Policen mit 100 Vs Millionen Mark. Im Laufe > dieses Jahres wurden 2415 Anträge mit über 11 ^ Millionen ' Mark eingereicht. Das Vermögen der Versicherungsbranche beziffert sich auf 18 Millionen Mark und die jährliche Einnahme an Prämien und Zinsen erreicht die Summe von 4i/z Millionen Mark. Für Sterbfälle hat die Bank bis jetzt 7,600,000 Mark verausgabt und nebenbei an ihre Versicherten 4,433,800 Mark als -Dividende ver- thcilt, wodurch sich deren Prämien nach einem 17jährigen Durchschnittr unz mehr als 37»/g verminderten.
Ein munterer Schneidergeselle in Magdeburg, nach seiner Religion ein Protestant, verliebte sich in eine schönen Jüdin, warb um ihre Hand und erhielt sie. Zur Hochzeit gedachte der Bräutigam der Braut eine große Freude zu machen und trat heimlich zum Juden- thuin über, die Braut dachte ebenso und ließ sich taufen. Vor der Schließung der Civilehe kam der Confessionswechsel au den Tag, der Bräutigam besann sich kurz und wurde wieder Christ. (Aber was inIKckvenn man die Religion wechselt wie ein Hemd!)
In einer gedruckten Predigt des Pfarrers S P ö r e r zu Rechenberg im Fränkischen aus dem Jahre 1720 lesen wir Folgendes: „Das Frauenzrmmer lieb ich von Natur, wenn es schön, galant, complaisant, Honnet, sauber aufgeputzt, wie ein schönes Pferd, da weiß ich schon, wie sie zu respektiren seien, die recht Haushalten können, dem Manne Alles an den Augen absehen, was er will, ha! da lacht das Herz, wenn der Mann heimkommt und einen solch liebenswürdigen Engel antrifft, der ihn mit den schneeweißen Händchen empfähet, küsset und herzet, ein Brätlcin oder Salätlein ans den Lisch trägt, und sich, zu ihm hinsetzt und spricht: Engel, wo will Er heruntergeschnitten haben? und was dergleichen Honig- und zuckersüße Sachen mehr sind.
— Wenn man aber ein hoschi, boschi, ruschi, einen Rumpelkasten,, ein altes Reibeisen, einen Zottelbär, eine Haderkatz, ein Marderfell im Hause hat, die immer brummt: mum, mum, mum, die eine Thüre zu- die andere aufschlägt, die im Schlot mit der Ofengabel hinausfährt und wieder auf den Herd herunterplumpt, die ein -Gesicht wir ein Nest voller Eulen macht, die lauter Suppen aus dem Höllentopfe anrichtet, und was das Teufelszeug mehr ist, die lieb' ich nicht, die mag der Teufel lieben."
— Im S ch affh a u sen e r Jntelligenzblattlesen wir nachfolgende Erinnerung: „An den Höchstkommandirenden der gegenwärtig im Dienst stehenden Mannschaft des Bataillons 61 zur geneigten Berücksichtigung. 4. Mose 24, 5. „Wenn Jemand kürzlich ein Weib genommeu-hat, der soll nicht in die Heerfahrt ziehen und man soll ihm nichts auflegen. Er soll frei sein in seinem Hause ein Jahr lang, daß er fröhlich sei mit seinem Weibe, das er gewonnen hat." Ein schmerzlich Betroffener.
Vor ein paar Tagen fuhr ein vollständig besetzter Omnibus die Straße iu Paris entlang. Plötzlich hielt ein Stadtsergeant ihn an, stieg auf das Trittbrett und rief in das Innere: „Meine Damen und Herren, achten Sie auf Ihre Taschen, unter Ihnen haben Sie Diebe!" Sofort erhob sich ein weißbehaarter Greis von ehrwürdigem Acußern, sich aus seiu Rohr mit goldenem Knopfe stützend und sagte, er komme soeben vom Finanzministerium und habe seine Taschen zu wohl gefüllt, als daß er in verdächtiger Gesellschaft noch länger bleiben wollte, er-stieg somit aus, gefolgt von einem mit tadelloser Eleganz gekleideten jungen Manne, der sich ganz erschreckt und angeekelt über die sauÄre Gesellschaft geberdete, die zu treffen man in Omnibussen ausgesctzt sei. Darauf sagte der Polizei-Agent zum Conduk- teur: „Sie können fortfahren, es sind keine Diebe mehr im Wagen." Mittlerweile hatte sich in aller Stille ein zweiter Stadtsergcant neben die beiden Herren gestellt, die von selbst dea Weg nach der Polizei- präfectur einschlugen und dabei sich den Anschein gaben, als ob sie mit dem Agenten vertraulich sprächen, so daß WeMnd aus die Escortirung aufmerksam ward. Der alte Herr und junge Mann, Oheim und ! Neffe, sind zwei von der Pariser Polizei lang gesuchte, höchst gefähr- Belgradiliche Taschendiebe.
get-ruckt urr? -erlegt vvn A. OelschlLger.