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fand, welches ein volles Dutzend schöner Rosen unter dem Schnee zeigte. Die Fälle sind auch bei uns nicht selten, daß auf Obst» Räumen gleichzeitig Tlüthen und Früchte wahrgevvmmen werden.

> Gschwend, 14. Okt. Vorgestern ereignete sich hier ein be­dauerlicher Unglücks soll. Ter 4jährige Knabe eines Fuhrmanns kam zwischen die Räder eines Göpelwerks, das eine Obst- und Walkmühle in Bewegung setzt. Beide Füße wurden dem Kind zerquetscht und vom Leibe gerissen. Diesen Morgen erlöste der Tod dos arme Kind von seinen Qualen.

Heilbronn, 14. Lkt. Zn unserer Nochbargemeinde Kochen- torf verlor vorgestern der älteste, 14 Zohre zählende Cohn des Tier- brauercibesitzers Clsäßer auf eine jämmerliche Weise sein Leben. Cr belustigte sich im Weinberg mit dem üblichen Schießen und hatte ein Älteres Pistol. Als es nicht lvsgehen wollte, hielt er es gegen sich und wollte das Schloß untersuchen. Plötzlich entlud sich die Waffe, der ganze Schuß ging dem Knaben in den Unterleib und nach wenigen qualvollen Stunden war er eine Leiche.

Mannheim, 15. Olt. Friedrich Hecker, der an einem Herz­leiden so bedenklich erkrankt war, laß er seilst sich aufgegeben hatte, ist durch ein hinzugetretenes Wechselnder genesen. Cs geschieht mitunter, daß eine Krankheit die andere mitnimmt und Hecker zeigt Viesen Fall seinen Freunden humoristisch mit den Worten an:Ten Teufel hat Beelzebub aukgetriebcn!'

Augsburg, 16. Okt. Einem Privoltclcgramm der Allge­meinen Zeitung aus München zufolge sind sämmtliche Minister auf Grund des jüngsten Kammerbeschlusses bei dem König um ihre Ent­lassung eingekommen.I

Zn Baiern rückt die Entscheidung näher. Ter Kamps um die^ Adresse an den König ist in der Kammer mit beispielloser Erbit­terung geschlagen und auch beendigt worden. Zörp's Adresse ist mit 79 gegen 7k Stimmen angenommen worden. Mann für Mann stimmten diePatrioten" für, die Literalen gegen die Adresse, einen liberalen Abgeordneten hatte in der Rocht vorher der Tod abgcrufen. Was für ein Kampf war las! Zörg eröffnet- mit dem gröbsten Geschütz» Pfarrer Rußwunn und Frehlag überbvlcn ihn noch, sie schleuderten vielleicht allzusehr in der Hitze des Gefechts ihre Pfeile gegen des leuische Reich; denn das Reich ist's, wider das sie kämpfen, ohne es gern Worts zu haben. Ihnen standen gegenüber auf liberaler und deutscher Seile vor allem der Freiherr v. Ctaufsen- berg mit schneidigster Gegenrede, der jEcgncr Trugxewebc austrennend Stich für Stich, und endlich fast olle Minister, immer mehr aus der Abwehr zum Angriff übergehend. Hier einige Szenen aus der Schlacht. Pfarrer Rußwurm ruft:Hinaus mit Lensrechtsverdrehen- drn Wchlkreikgiometern aus dem Ministernm!" Cchels (ultrcm.): Zhr wollt nur den Einheitsstaat (in dem Baiern untergeht.) (Große Aufregung.) Ctaufsenbcrg: Das heißt uns (den Liberalen) Landes- vcrrath vormerfen! Redner fahrt in seiner aggressiven Weise fort, bis die Linke unter lautem Bravo der Galerien den Saal demonstra­tiv verläßt. Cchels fragt verduzt: Habe ich einen Qrdnungsruf ver­dient? Präsident Qw: Zck habe nichts gehört, was diesen Ruf ver­dient. Ministerpräsident: Wir Minister dürfen leider den Saal nicht verlassen, möchten es aber nach unserem Gefühl. Abp. Cchels hat durch Vorlesung von Cchmähorlikelu aus fremden Blättern die Schomlöthe tiefster Entrüstung hcrvorgerufcn. Kammerpräsident Qw: Co eben ersehe ich aus der stenographirten Rete, daß Cchels durch Lorlescn von Artikeln, die den König in schmählichster Weise angrci- fen, die Person des Königs in die Verhandlung gezogen und den Anstand gröblichst verletzt hat. Zch rufe den Abg. Eckels zur Qrdnung. Daraus hin kehren sämmtliche Liberale wieder in den Saal zurück.

München, 13. Oktober. Abgcordnetcnkcn mcr. Frhr. v. Cteustcnberg verliest bei der Adnßdebatte zum Schluß seiner Rede -nachstehende rcn 7s liberalen Abgeoidnctkn nnteeschriebenc brklörrng:Gegenüber dem o dnßent- wurf, dessen Annahme ihnen angesonnen wird, halten sich die Unterzeichneten Mitglieder der Abgeordnetenkammer Namens ihrer Wähler zu nachfolgender Erklärung vcipflichtct: In dem Adreßentwurf werden die Ansekannngen der nnS entgegersteherden politisch-kiichbchcn Paitci, die allein darin znm Äusdinck- gelangen, für die weberzeugting des gesowmlen baierischen Volkes, zn dem unsere Wähler uud wir nicht minder gehören als unsere Gegner, anSgegeben. Wir verwahren uns gegen diese Entstellung des wahren Cechvcihaltes auf das Entschiedenste und legen Protest ein gegen den mit beicckncler Rcbiwen- Lung nnterncmmencu Versuch, nur e>ncn Theil der Bevölkerung als denjeni­gen zu bezeichnen, welcher allein Treue und Anhänglichkeit bewahrt hat, und dadurch die andere Halste deS baierischen Volkes zu vcrdcütigen, eine Ver­dächtigung, welche, wenn an dre Stufen des Thrones gebracht, doppelt ver­werflich ist. Wenn uns schließlich zugemnthet wird, Ce. Majefiäi zu bitten, baß er Frieden mache mir seinem Volke, so erscheint uns ein solches Herabzie- lhen der geheiligten Person deö König« in den Streit der Parteien um so unerhörter, als wir von keinem Unfrieden wissen, der das Tand zwischen Fürst uud Volk gelockert hat oder zu lockern droht. Wir bauen fest dar ans, daß Seine Manstät, dessen weiser und gerechter Regierung und dessen hochherzigen Entschlüssen Baiern und Deutschland schon so großen Segen vnbavkte, wie bisher so auch ferner, getragen von der Liebe und d,m Vertrauen des Volkes, R echt, Gesetz und Frieden aufrech terhalten wird.

Redtgtrt, gedruckt und verleg

Ist Bischof Haitlberg über Nacht Jesuit geworden? Man muß sich so fragen, wenn man den Brief liest, den er in Sachen seines Oggersheimer Ungehorsams an die Minister in München geschrieben bat, damit sie ihn dem König vorlegen. Der Jesuitengeneral in Rom könnte ihn um diesen Brief beneiden. Ungehorsam wäre er, gewesen, als er den Bischof Kettelcr ohne Erlaubniß des Königs predigen ließ?' Weit gefehlt! Es besteht zwar eine Verordnung, welche die Erlaubniß des Königs erfordert, die Regierung hat ihn auch" an diese erinnert, und Kettelcr Hot deßhalb an den König telegraphirt, aber der König, i hat nicht geantwortet, weil eine Antwort unnöthig war, und so hat Haneberg Kettelcr predigen lassen und zwarmit dem Bewußtsein, etwas zur Ehre Taierns teizutragen' trotz seines Ungehorsams gegen Gesetz und König.Sollte es", sagt der unsträfliche Bischof,nicht sür einen Baier, der etwas auf die Ehre seiner Regierung hält, äußerst empfindlich sein, wenn er bekennen muß, daß hier zu Lande Verbote bestehen, die man selbst in der Türkei nicht kennt? Ich habe in Jcrulalem und in Evnstanti'nopcl auf Einladung der Kirchcnvvr- ^ steter gepredigt und es fiel keinem dieser Vorstände ein, deßwegcn beim !

Pascka oder Eroßvezier eine Anzeige zu machen. Das, Gleiche war !

in Frankreich der Fall. So mußte ich geneigt sein, das Ctillschwei- gen Sr. Majestät in dem Sinne zu nehmen, daß es sich von selbst versiehe, man möge hinsichtlich Kettelers keine Umstände machen'. Kettelcr sei ja auch kein Ausländer, sondern ein Deutscher und dürfe überall predigen. Turnrereiue, Gesangvereine, demokratische Volks» vereine holen sich die Erlaubniß zur Abkaltung einer Versammlung (also Erlaubniß!) und ist diese erfolgt, dann reden Gäste aus Ungarn; Amerika und Italien" n. s. w. Haneberg ist gewiß, daß die Minister ihn beim König > erkeiimdet haben und daß der König, wenn er siktM Brief gelesen hat, ihn zu vollen Gnaden wieder annehmen und seine vrlle Zufriedenheit" ausspnckm wird. Wir glauben sogar, er wird diesen Brief und diesen Bischof in Gold einfaslen lassen.

Der Pfälzer Durst ist bekannt, ihr Appetit aber läßt sich auch nicht lumpen. Am Wurstmarkt in Tüllheim haben die Gäste - 18,769 Schcppcn Bier, 18,785 Schoppen Federweis, und 45,536 Schoppen ollen Wein Hitler d e Birke laufen lassen uud dazu in ' Gestalt rrn Wurst, Broten, Ragout rc. 4 Ochsen, 11 Fossil (?),

15 Kübe, 4 Stiere, 84 Süweiue, 63 Kälber und 9 Schafe vertilgt. - Dazu kommen roch 250 Hehren und Copannen, 124 Enten und 58 ,

Gänse, rrn den Wurst- und Fleischsvppen, Kartoffeln und Sauerkraut abgesehen. Die Natioi al-Oekvncmen reunen kas, das Volk bei der Arbeit aufsuchen.

Tie in Folge des jungen Weires jetzt bisweilen zur Erscheinung kommenden krummen Linien auf der Straße haben eine poetische Erklärung uud Entsckuldiguvy gefunken, welche also lautet:Geht hie und da jetzt Einer krumm, So ärg'ie dich nicht, Publikum. Das kommt vom Göttertrank der Reben, Tie auch so krumm zum Himmel streben."

Köln, 15. Okt. Eine dichtgedrängte Menschenmenge «wartete heute Morgen gegen 10 Uhr die Ankunft des vielbesprochenen Kapitän« Bohton. i Longe noch'ehe die kleine Nachcnflrtillc, welche denselben begleitete, in Sicht ! kam, hörte inan die deutlich vernehmbaren Signale de« Nothhrrncs. All« ! mählich erkannte won inmitten der zahlreich dem Ankömmling entgegengeru- berten Boote eine längliche schwarze Maste, einem Danmstamm ähnlich, nnd darüber ein einige Fuß hohe« dreieckiges Segel. Beim Passiven der Ponton- i brücke klappte Kapitän Bohton da« Segel zusammen nnd nahm eine wag- rcckte Stellung ein, wobei er da« Nvthhorn mehrmals kräftig erlönen lieh. Auch fehlte rickt die nnvermndliche Eigarre, denn blaue Ravchvölkch« j weithin bemerkbar waren- Zwischen der Ponton- nnd der stehenden Brücke stieg Kapitän Bohton an der Kölner Seite ans Land. Am 11. d. inMainz, ^ angckrminen, war er am 12. von dort nach Bingen und am 13. von Bingen ^ rock Brppard geschwommen. Boppard hatte er gestern Vormittag verlosten, ! in Koblenz eine balde Stunde Rast gehalten, gegen Abend Remagen erreicht ' und von diesem Orte Heu c früh 2 1 hr die Fahrt nach Kölu fortgesetzt.

Berlin, 14. Okt. TieNativualzeitung" erfährtvon zu» verkösstoer Seite", doß der Reichskanzler bei seinem gegenwärtig ge» steigert lebenden Zustande ans die entschiedene Einsprache des Arztes sich bot entschließen müssen, rrn der Begleitung kes Kaisers auf dessen italient'cher Reise Akstand zu nehmen.

Berlin, 15. Okt. Der Reichsanzeiger veröffentlicht seine Verordnung, welche den Reichstag auf den 27. Oktober einberufHund bestätigt die Meldung der Naiionolzntuno, daß der,Staatssekretär v. Bülow anstatt des Fürsten Tilmaick an der Reise des Kaisers theilnekmen werde.

Wien, 13. Oktober. Kaiser Wilhelm hat den offiziellen Em­pfang cnlcslla se-ier Leise dmch §y:el cbxcllknl, jedoch sind alle Civil- und M ilitärbchkrdcn des Landes angewiesen, dem durchreisendem Monarchen aufzuwarten. Der Statthalter Graf Taaffe 'begrüßt den Kaiser wahrscheinlich an der Landesgrcnze.

l Triest, 24. Okt. Heute morgen führte eine Hochfluth die Ueberschwemmung der Hauptplätze der Stadt mit schuhhohem Wasser herbei. Der Verkehr wurde in Folge dessen unterbrochen. Mittags begann das Wasser l angsam abzunehmen. _

t von A. Oelschlilger.