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- Berlin, 7. Okt. Der Bericht der Bnndesraths - Ausschüße über Erhöhung der Brausteuer liegt jetzt vor. Derselbe ist streng sachlich gehalten und läßt einen klaren Ueberblick über den Gang der Verhandlung gewinnen. Bei der allgemeinen? Verhandlung war pnm darüber einig, jdqß man an der Verdoppelung der Brau- fteuersätze festhalten solle. Den Ausschüssen lag eine Petition des Deutschen Brauerbundes vor, welche gegen die Vorlage bemerkte, daß dieselbe das Brauergewerbe auf lange Zeit hin schädige, da Konsum und Produktion von Bier dadurch herabgehen müßten und somit auch die erwartete Erhöhung des Steuerertrages illusorisch würde. Der Bericht stellt nun dar, wie das Liter Bier nur mit einer Steuer von 1 Pfennig würde mehr belastet werden und daß die Bierkonsumtion durch die tztmererhöhung namhaft abnehmen werde , Me sich an der Hand statistischer Daten durch die Ausschußverhandlung als hinfällig erwiesen. Der Entwurf selbst, wie er 'aus den Beschlüssen der AuS. schüsse hervorgegangen, gilt für das Reich mit Ansschlnß Ba­dens, Württembergs!, Baierns, Elsaß-Lothringens, desgroß- herzpgl. sächsischen Vordergerichts Ostheim und des herzoglich sachsen- koburg-gothaischen Amts Königsberg.

Berlin, 6. Okt. Der Abgeordnete Lasker ist am Montag Abend von Freiburg hierher zurückgekehrt, und zwar erfreulicherweise mit so völlig wiederhergestellten Kräften, daß er von morgen (Donners- tag) ab an den Arbeiten der Reichsjustizkommlssion vollen Antheil nehmen wird.

Münster, 8. Okt. Der Redakteur desWestph. Merkur", Meyer, ist wegen Beleidigung des Reichskanzlers und Aufforderung zum Ungehorsam gegen die Staatsgesetze zu 15 Monaten Gefängniß verurtheilt worden.

Am 10. Okt. wird derVolksztg." zufolge eine Deputation römischgesinnter Katholiken aus Schlesien eine Pilgerfahrt nach Lourdes antretcn, um am Hedwigsfeste (15. Okt.) die schlesische Lourdes- fahne übergeben zu können.

Posen, 7.lOkt. Das Kreisgericht hat den Domherrn Kurowski wegen Anmaßung bischöflicher Rechte als Geheimdelegat und Anwen­dung nicht rein kirchlicher Zuchtmittel zu zweijähriger Gefängnißstrafe verurtheilt.

Posen, 6. Okt. Mit dem Bau detachirter Forts um Posen wird noch in diesem Jahre begonnen werden. Im Ganzen sind neun solcher Forts in Aussicht genommen, von denen fünf für das Terrain rechts der Warthe, vier für dasjenige links des Flusses bestimmt sind.

Aus Her mann stad t schreibt man: Einer der seltsamsten Todes- arten fiel dieser Tage diefsjunge und schöne Gemahlin des Grafen Georg

kowina zum österreichischen Kakserstaat und der Einweihung der neuem, Universität, d-r ,^1ma Rater kranoisoo-^osetina" begangen und das marmorne Standbild der Austria unter dem Jubel des Volkes enthüllt. Die Blätter besprechen anläßlich dieses Tages die Aufgabe ,der habsburgischen Dynastie, die Kultur nach Osten zu tragen, und die Segnung, daß vor hundert Jahren der österreichische Aar das Land am Prllth der Barbarei entrissen und cs der sicheren Obhut, und Pflege der Habsburger übergeben habe.

Belgrad, 9. Oktober. Die Hochzeit des Fürsten Milan ist auf einige Tage verschoben worden, weit der Kaiser von Rußland einen Spezialvertreter absandte, der für Morgen nicht eintreffen kann.

Schweiz. Zürich, 1. Okt. Heute ist der Eisenbahnbetrieb zwischen Zürich und Horgen und Wädensweil - Richtersweil - Glarus mit einem, den Verhältnissen entsprechenden Fahrtenplan wieder eröff. net worden. Wie wir hören, sind ebenfalls weitere technische sEinrich- tungen in Aussicht genommen, um so rasch als möglich die Linie von Glarus aus bis Horgen in Betrieb zu setzen.

Frankreich. Die augenblickliche Anwesenheit von vier russischest Generalen in Paris, gzelche zugleich Adjutanten des Kaisers und des Großfürsten-Thronfolgers sind, wird in den französischen politischest Kreisen mit einer gewissen bedeutungsvollen Wichtigkeit erwähnt. Die russischen Generale studiren mit größter Genauigkeit alle französischen militärischen Einrichtungen, und die diesseitigen Militärbehörden be- eifern sich, den Russen in jeder Weise hiebei entz egenzukommen, und ihnen Einsicht selbst der Institute, Werkstätten uvd Organisationen zu gewähren, die sonst dem Auge eines Fremden streng und ängstlich verschlossen sind.

Paris, 6. Okt. Seitdem die Beziehungen gegen Deutschland sich west freundlicher gestaltet haben, wird durch die Reise des Kaisers Wilhelm nach Mailand der französische Argwohn und die französische Empfindlichkeit viel weniger verletzt, als dieß vor einem halben Jahre der Fall gewesen wäre, und die Blätter vermeiden es, von diesem Er­eigniß anders denn als unbetheiligte Beobachter zu sprechen.

Paris, 6. Okt. Ueber die Weinlese gehen derKorr.Havas" folgende Nachrichten zu:In Beaune hat die Lese schon seit acht " Tagen begonnen und wird wohl bis zum 7. beendigt sein. Allgemein erklären die Winzer, daß die Ernte doppelt so groß ist, als sie hoff­ten, und die Jahre 1834 und 1846 könnten allein, was die Menge betrifft mit 1875 verglichen werden. Man wird sogar gezwungen sein» zwei Lesen, zuerst die der reiferen Trauben, zu machen, da es an Behäl- lern fehlt. In Chatillonais, in Semur, in Tonnerre dieselbe Lage.

im Bojolais und an der Cote du Rhone ist die Weinlese beim präch­tigsten Wetter beendigt, selbst auf den Höhen geht sie ihrem Ende entgegen. Alle Weinberge sind nicht gleich begünstigt worden; dieje­nigen der Ebene erzielten eine ausnahmsweise reiche Ernte, die bis 50 und 60 Hektoliter auf die Hektare beträgt. Dagegen wurden an den Abhängen und auf den Höhen nur 25 bis 30 Hektoliter gewonnen, jedoch werden die Wmzer durch die größere Güte des Produktes entschädigt.

Banfly zum Opfer; sie wurde von einem 24stündigen unstillbaren ^"^ük soll ^^im^GanM^der Menge .^^p^chen.^^Jn^ Lyonnais Nasenbluten überfallen, das mit dem Tode der in voller Jugendschön-'"" "" °" "" " """ ' ° ° """ """

heit prangenden Dame endete. Die aus Klausenburg herbeieilenden Aerzte fanden nur noch die entseelte Hülle.

In dem Dörfchen Gollendorf in Mähren wohnt der 83- jährige Landmann Lux mit seineu Kindern Anton, Albert und Ma- thitde, welche die kleine Feldwirthschaft betreiben, ärmliche, aber grund- brave Leute, die sich etwa 200 Thaler gespart haben. Am 10. Feb­ruar Nachts, als sie alle schon schlafen, klopfts an das Fenster und ein Bruderssohn der jungen Leute und Enkel des sAlten, Brosig,

Arbeiter in den Waldenburger Kohlengruben, bat für sick und seinen Kameraden Ressel um Herberge bis zum andern Morgen, wo sie ihre Reise nach jNeiße fortsetzen würden. Die Geschwister standen auf, bewirtheten sie nach Kräften, bereiteten ihnen in der warmen Stube ein Lager von Stroh, über welches sie weiße Tücher deckten, wünschten gute Nacht und suchten ihre Lagerstätten auf.' Gegen Morgen, als die Verwandten im tiefen Schlaf lagen, standen die beiden Scheusale auf, schlichen in die verschiedenen Kammern und er­schlugen die drei Geschwister und ließen nur den Alten, der nichts gesehen und gehört hatte, leben. Mit 200 Thlr. Blutgeld schlichen sie daun über die Grenze und Schnee und Sturm verwischte ihre Spur. Als aber andern Tages die Nachbarn die Reste des gast­freundlichen Mahles und die Lagerstätte sahen, da sagten sie, nur Verwandte oder nahe Bekannte können die Mörder sein und nannten sofort den Namen des Mörders. Er wurde sammt 'seinem Spieß­gesellen verhaftet und hat bereits sein Verbrechen gestanden.

Wien, 6- Okt. Die Mächte haben es verstanden, in Serbien das konservative Eisen zu schmieden, so lange es noch warm, ist.

Angesichts der national-begeisterten Skuptschina mußte! der besonnene Marinovic dem mit den Kriegstrndenzen kokettirenden Ristic den Platz an der Spitze der Regierung räumen; dieselbe Skuptschina, sehr zahm geworden, erlebt es jetzt, daß unter ihren Augen Ristic verschwindet und Marinovic wieder ans Steuer tritt. Erst jetzt darf man es als sicher annehmen, daß Serbien Frieden hält.

Vorletzten Sonntag wurde in Czernowitz, der Hauptstadt der Bukowina, die Doppelfeier der hundertjährigen Angehörigkeit der Bu-

Literarisches.

Nadlers und Kobells Gedichte in Pfälzer Mundart , bis jetzt unerreicht gewesen, erhalten in einer soeben uns zugehenden Gedicht­sammlung unter dem Titel:Der Drumbeäer vua Wakkstaät" von Rax Laraok (Verlag von Fr. Bassermann in Heidelberg, Preis 1<M 50 L, bei Franco-Einsendung von 1 60 L 56 kr.

franko unter Kreuzband) eine uns gefährlich scheinende Concurrenz in der Gunst des lachlustigen Publikums. Pankraz Seiler vun WaIlstadtüwerm Necker", der Held des Büchelchens erzählt seine wundersamen Erlebnisse als Gänsehirt, Artollerie-Drumbeder, persön­licher Freund von iVabolion (I.) und Marschall Ney, die er durch alle Feldzüge begleitet haben will (was ich verzähl', is Alles wohr"), als Solo-Cnnzerdischt, Pensionair und Wirthshans-Virtuos mit so unwiderstehlicher Komik, daß der alte stets liebenswürdige Aufschnei­der, oft derbe, aber nie beleidigende Kritikus und Gewohnheitslügner wol alle Herzen im Sturm erobert. Seilers Klagen über Schlechterwerden der Zeiten, Vertheuerung derSchobbe", seine derb­humoristische Kritik über Verfall der Musik (man lese nurDie alte Mussik un die neu" undIch verschdeh' mein Jnschdrument" sind ganz geeignet auch den ärgsten Hypochond er aufzurütteln.

In derFröhlichen Palz, hüwwe un drüwwe" und weit darüber hinaus, überall wo fröhliche Menschen sich zum Glase niedersetzen, sollte Pankraz Seiler mit seinemewigen Dorscht", seinen liebenswürdigen, aber nie beleidigenden Reflexionen und Aufschneide­reien Ehrengast sein. Dieß wünschen wir dem Herrn Verfasser und dem Verleger des übrigens sehr freundlich ausgestatteten und mit Seilers Portrait versehenen Büchelchens von Herzen!

Redigirt. gedruckt und verlegt von Ä. OelschlLger.