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^UuS 6 /uglaltd wird vom -? 8 . Sept., geschrieben, dgß dH: Acqpi- Mtial.Stiirme sich in diesem Jahre mit besonderer Pünktlichkeit und Wt Außerordentlicher Heftigkeit eingestellt habep, begleitet von starken Gewittern, die den Sommer über ziemlich, selten waren. Arg wütheten insbesondere >an^der Mest«^Ä Nordwestküste. In Liver­pool richtete der Sturm m der Stadt wie im Hafen bedeutenden Dchad?» an. Zahlreiche Schornsteine stürzken ein und im Bau begriffene Häuser welchen,y'ou der Gewalt des Sturmes niedergerissen. Huf dczn Flüsse würden Viel« Schiffe beschädigt, mehrere strandeten »nd zwei Kohlenbgrkeu sanken. MeHelen-Southard" mit einer Ladung ,Holz.pon Äüe^brc scheiterte bei Groshy und 14 Personen singen zu Gründe, darunter 4 von der Bemannung des Liverpooler Rettungsbootes. An der'Küste von Wales tobte ein förmlicher Orkan, und am Sonntag,Vormittags schlug bei Carnarvon Bar der Schooner Mary Reynolds" um und die ganze Mannschaft ertrank. Im "Park von Preston wurden mächtige. Bäume wenige Fuß vom Boden Abgebrochen ». s. w. AuS vielen ändern Orten treffen ähnliche Nach­richten von der verheerenden Wirkung dieser Stürme ein, die von Sonnabend bis Montag Morgens dauerten.

Frankreich.La France" seht ihren Feldzug zu Gunsten der Annexion Belgiens fort. Sie meint» dieTimes" habe sich zwar sehr energisch gegen einen etwaigen Versuch der Vergewaltigung Bel­giens ausgesprochen, ober das habe nicht viel Zusagen. DieTimes"

- habe früher ebenso eifrig die These verfochten, daß England die Türkei vertheidigen müsse und wolle, jetzt aber habe sie sich feierlich vom Orient zurückgezogen. Bei Belgien werde England es vorkommenden Falls ebenso machen.

Spanien. Madrid, 3. Okt. Die amtliche Zeitung ver' öffentlicht ein k. Dekret, welches die Vorbereitungen zu den Cortes- Wahlen anordnet. Die Deputirten werden " allgemeine und direkte Wahlen, die Senatoren gemäß dem Gesetz», n Juni 1870 durch Wahlmänner gewählt. Das Bombardement o. San Se­bastian dauert fort.

DieK. Z." spricht von einer bevorstehenden zweiten Kabinets- Veränderung in Spanien. Nachdem Canovas del Castillo bekanntlich deßhalb von der Regierung zurückgetreten war, weil er die dem Va­tikan gemachte Zusage» gegen Entsendung eines päpstlichen Nuntius nach Madrid die religiöse Einheit in Spanien aufrecht zu erhalten, nicht erfüllen konnte, hatte das ihm folgende Ministerium Jovellar die Aufgabe, die Forderungen des Vatikans in diesem Punkte abzulehnen. Auch sollte es die neue Truppenanshebung beschleunigen. Da nun die Aushebung beendigt ist und der Vatikan sich dazu bequemt hat, die religiöse Duldung in Spanien anzuerkennen, so wird Canovas wieder Ministerpräsident werden, um den Sieg iu den Corteswahlen Len Liberalkonservativen zu verschaffen, wodurch, wie man glaubt, der Thron Don Alfonso's allein sichergestellt werden kann.

Vermischtes.

Himmelschreiend ist es einer Berliner Höckerin ergangen. Von einem Schutzmanne wegen Beleidigung verklagt, erklärt sie im Termin dem Staatsanwalt:Hören Se, ick habe in meinem janzen Leben noch Kernen mch beleidigt, det kommt bei uns nich vor, un zu den Kerl da habe ick ooch bloß jesagt, er soll mir nich anbrüllen wie een Ochse!" Daß der Richter sie dennoch um 10 Mark strafte, fand sie eben himmelschreiend und schrie: Ick appellire!

Seit der amerikanische Capitän Boy ton eine Erfindung ge- macht hat, um im Meer viele Stunden lang zu gehen und zu schwim­men, hat das Wasser ein paar Balken mehr als seither bekommen. Seine Erfindung besteht in einem sinnreichen Anzuge, der nicht sehr lästig ist und er hat ihn im April den Engländern und Franzosen in der Praxis vorgeführt, er schwamm in seinem Lebens-Rettungs-Appa- rate von der englischen nach der französischen Küste über den Kanal 15 Stunden blieb er lim Wasser und legte in dieser

(60 engl. Meilen).

Zeit theils rudernd, theils von der Strömung getrieben, eine Strecke von 40 bis 50 engl. Meilen zurück. Ter Lotse, der ihm in einem Boote des Harems Juwelen und 10 Kaschmir-Shawls mitgeben, folgte, zeigte ihm bald, daß die starke Strömung ihn 68 Meilen " ' ' ' ' ' ' " " ""

von seinem Ziele abwärts reißen werde. Trotzdem bestand Boyton darauf, seinen Versuch fortzusetzen und wurde schließlich nur durch die hereingebrochene Dunkelheit um 1 / 2 ? Uhr Abends bewogen, die letzte Strecke der Reise mit dem ihn begleitenden Dampfer zurückzulcgen.

Kapitän Boyto» ist ein wohlgebauter intelligenter Amerikaner im Alter von 26 Jahren, wiegt 12 (engl.) Stein und ist! von außero» deutlicher Kraft und Energie. . . . Um 7 Uhr 20 Min., nachdem er 15 Meilen zurückgelegt hatte und Kap Grisnez bereits in Sicht war, wurden 2 Brieftauben von dem vorausfahrenden Dampfer losgelaffen, vre um 10 Uhr auch in Folkestone ankamen und die erste Nachricht von dem Reisenden nach England brachten. Um V 28 Uhr ging ein

Boot , vom Dampfer ab, ym Capitän Boyton die ersten Erfrischuv" gen zu bringen. Gleichzeitig nahm vr. Diver eine Temperaturmes, süng bei Böyton vor. Sie ergab 97,7« F. gegen 97.9« F. bei der Abfahrt. Kapitän Goyton setzte nun seine Reise lustig fort. Eine Fischerslottille näherte sich und der Schwimmer gab ihr fröhliche Horn­signale. Das Meer war nun sehr bewegt, die Wellen gingen hoch nvd der Dampfer war so weit von ihrtt, daß W dir Passagiere auf demselben kaum unterscheiden konnten. Er hörte jedoch nicht aüf zu rudern, bis ungefähr um 9 Uhr, wo er den Dampfer anrref und etwas Brandy mit Wasser verlangte. Er beklagte sich über große Schläfrigkeit. Nach Ansicht der Aerzte übte dieselbe einen schwächen­den Einfluß auf seine Muskelkraft. Um diese Zeit hatte er dieVarne Ridge" erreicht und ruhte im Wasser ein wenig aus. Die Aerzte riethen ihm, die Fahrt zu unterbrechen / er wollte aber nichts davon wissen und ruderte weiter hinaus. Er überwand glücklich die ihm hier ungünstige Strömung; der Regen hörte auf und die Stimmung auf dem Dampfer wurde hoffnungsvoller. Von Zeit zu Zeit ver­langte er Brandy oder eine Cigarre. Um 2 Uhr begegnete der PostdampferNapoleon III." dem Reisenden. Die Passagiere des Dampfers begrüßten ihn mit lauten Beifallsrufen und er antwortete mit seinem Ruder. Um 4 Uhr hatte er die Schläfrigkeit überwun­den und war so lebhaft wie vor der Abfahrt. Um halb 6 Uhr wurde die Lage ernst, der Wind wurde immer heftiger. Alle Anzeichen sprachen für eine sehr dunkle und stürmische Nacht. Da der Kapitän des Dampfers erklärte, daß er bei solcher See kein Boot aussetzen könne, um Boyton in Sicht zu halten, wurde dieser endlich um 6 Uhr 15 Min. bewogen, an Bord zu kommen, nachdem er noch ver­schiedene Proben von seiner ungeschwächten Kraft gegeben. Er war sehr guter Laune und seine Temperatur war nur um 1 V F. unter die normale gesunken. Die Aerzte sprachen die Meinung aus, daß- er ganz gut noch 6 Stunden hätte im Wasser bleiben können. Zwischen 7 und 8 Uhl kam der Dampfer mit Kapitän Boyton in Boulogne an, wo ihn eine große Menschenmenge erwartete und mit Jubel be­grüßte. Kapitän Boylon, welcher kürzlich von London nach Berlin gekommen war, reiste von da nach Basel, von wo aus er am letz­ten Samstag es unternahm, in seinem Reltungsapparate die Tour nach Köln zu machen (s. ob. Kehl), d>e er bei günstigem Wetter bis Rotterdam ausdehnen will.

Alle Hauptpersonen, welche das große Trauerspiel aufführeii, das man dendeutschen Kulturkampf" genannt hat, werden auf der Welt­ausstellung in Philadelphia erscheinen. Ein schwedischer Künst­ler, Namens Oestergreu hat sie als Schachfiguren kunstreich aus Holz geschnitzt, um sie auf einem Schachbrett dort aufzustellen. Kaiser Wilhelm und Kaiserin Augusta sind König und Königin, Fürst Bis­marck und Cultusminister Falk Läufer, die Springer werden durch preußische Ulanen und die Bauern durch wehrpflichtige Soldaten und Rekruten dargcstellt. Auf der anderen Seite steht Pius IX. als König, eine Aebtissin mit einem beinahe ausgebrannten Wachslicht als Königin, Cardinäle stellen die Läufer, auf Eseln reitende Mönche die Springer und einfache Mönche die Bauern vor. Bei diesem Schachspiel ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß der Papst, wenn er in die richtigen Hände fällt, den Kaisermatt" setzt, die Hände aber, welche den lebendigen Pabst lenken und leiten, werden dieß in der Wirklichkeit hoffentlich und voraussichtlich niemals zn Slande bringen. Derselbe Künstler hat schon einmal in ähnlicher Weise den deutsch-französischen Krieg mit seinen hervorragendsten Per­sönlichkeiten dargestellt und für sein kleines Meisterwerk vom Köniz Oskar von Schweden sofort 300 Kronen erhalten.

Der Scbah von Persien ist ein glücklicher Manu. Wenn es in seinem Geldbeutel stau aussicht und das ist trotz seiner Edel­steine oft der Fall besucht er einen reichen Unterthan, der sich für diese Ehre dankbar erweisen und mit kostbaren Geschenken aufwarte« muß. Neulich erwies der Schah dem Mirza Hussein die Ehre seines Besuchs für einen ganzen Tag. Für diese außerordentliche Gnade mußte Hussein 1/4 Million Mark in Baar zahlen und für die Frauen i

Der theure !

Gast kam den Wirrh auf 400,000 Mark zu stehen. Man flüstert ! sich zu, daß der Schah von seinen Unterthanen als Gast nicht sehr gern gesehen wird. Er selbst hört solche Gerüchte nicht und würde nicht an sie glauben. Dabei sei erwähnt, daß der Schah auf seiner Reise durch Europa über nichts so entrüstet war als über den Man­gel an Gastfreundschaft seitens der europäischen Fürsten wie erste § versteht. Er hatte gehofft, einige Millionen als Geschenke von den europäischen Höfen für die ihnen erwiesene Ehre mit nach Persien zu nehmen. Daß die fürstlichen Vettern dazu keine Anstalt machten, war für ihn eine schmerzliche Enttäuschung und ein Beweis, daß die ^ Europäer noch weit in der Cultur zurück, ja im Grunde genommen ^ noch Barbaren sind.

Redigikt, gedruckt Mld vectegt von Ä. Oetschläger.