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die TraunngSformel soll jedenfalls die Segnung der geschlossenen Ehe im Namen des dreieinigen Gottes enthalten. Schließlich wurde, allerdings nicht ohne einigen Widerspruch, als eine den bestehenden sozialen Verhältnissen entsprechende Konzession für zulässig erklärt, daß auf den Wunsch der Eheleute bei der dem Civilakt ohne Verzug folgenden Trauung die junge Ehegattin als Jungfrau und mit dem väterlichen Namen vom Geistlichen angeredet wird.
— Eisenach. 21. Aug. Wegen nothwendiger Abreise einer grö- ßeren Zahl von Abgeordneten mußte die deutsche evangelische Kirchen- konscrenz heute ihre Verhandlungen zum Abschluß bringen. Gegen» stände der Berathung waren die Zuständigkeit der Geistlichen zur Trauung, die kirchliche Proklamation und Trauung, die Führung der Kirchenbücher nnd einige andere damit zusammenhängende Punkte. — So endigten die Verhandlungen früher, als der weite Umfang deS vorliegenden Materials wünschen ließ, in den zur Berathung gelangten Gegenständen aber zur wesentlichen Verständigung der Abgeordneten und, wie zu hoffen steht, damit auch der betheiligten Kirchenbehörden.
— Berlin, 23. Aug. Der Kronprinz begibt sich morgen Abend auk der Lehrter Bahn zur großen Internationalen Gartenbau-Ausstellung nach Köln und von dort zum Besuch des Großherzogs und dev Großherzogin von Baden nach der Insel Mainau. Von der Mainau aus beabsichtigt der Kronprinz direkt nach Württemberg und Bairrn zu gehen, um die dortigen Armeekorps zu inspiziren. In der Begleitung werden sich der Hofmarschall Graf Eulenburg und die persönlichen Adjutanten Oberst Mlschke und Major v. Liebenau befinden.
Berlin, 20. Aug. Der Kaiser und König hat, wie der „Reichsanz." mittheilt, dem Erbauer de« Hermanns-Denkmales, Ernst v. Bändel, eine jährliche Pension von 4000 ^ aus R eichsfonds und für den Fall seines früheren Todes der Wittwe desselben eine ebensolche von 2000 aus demselben Fonds zu bewilligen geruht. Danach ist die bereits von uns gebrachte Nachricht in Betreff der be- zeichneten Summe zu berichtigen. Deßgleichen war die durch die Blätter gegangene Aufgabe iusofern ungenau, als die Pension nicht aus der Privatschatulle Sr. Majestät, sondern aus Reichsfonds fließt.
— Bataillone des Infanterie-Regiments Nro. 75 marschirlen am 16. d. M. von H a rburg aus in Ham bur g durch. Dem Marsche bei der tropischen Hitze sind auf dem Wege vis Schiffbeck und Stcin- beck nach Bergedorf zahlreiche Opfer gefallen. Die Leute fielen auf der Landstraße dutzendweise nieder und mußten zunächst in die anliegenden Häuser geschafft werden, wo ihnen von Seiten der Bewohner sorgsame Pflege zu Theil wurde. Die Erkrankten wurden dem Truppenkörper auf Wagen nachgefahren. Fünf Soldaten sind indessen, wie die „Reform" schreibt, den Anstrengungen erlegen und unterwegs gestorben.
— Wien, 23. jAug. Die „politische Korrespondenz" versichert, daß der von der Pforte angenommene Vorschlag der Großmächte sich von allem Anfang nicht auf dem Boden des Verlangens der Einstellung der militärischen Operationen gegen die Insurgenten bewegte. Die Pforte ist in ihrem militärischen Pacificationsoerfahren durch nichts beirrt, jedoch können die zwischen der Pforte und den Großmächten schwebenden Verhandlungen eventuell zur Einstellung der militärischen Aktion führen.
Rag usa, 20. Aug., Abends. Soeben wird gemeldet, daß um Trebinje seit Mittags gekämpft wird. Man vermuthet, daß die In- surgenlen die Vororte Trebinje's angegriffen haben. Ein hiehergelang- ter Brief Liubobratich, des jetzigen Chefs der Insurgenten vor Tre- binje, verspricht in den nächsten 3 Tagen die Einnahme Trebinje's. — Einem hieher gelangten Berichte zufolge sollen am 18. Abends die Türken von Klet gegen die Kruppa abmarschirt sein und am 19. mit 400 aus Gabella kommandirten türkischen Soldaten sich vereinigt haben. Die Türken führen 6 Kanonen mit sich. Die Insurgenten, deren Hilfstruppen aus Trebinje sich verspäteten, wären zu schwach gewesen, um den Vormarsch der Türken zu verhindern.
England. London, 23. Aug. Ein Telegramm der „Times" aus Konstantinopel vom 21. August bestätigt, daß die Pforte die Vorschläge der drei kaiserlichen Botschafter angenommen habe. Nach denselben sollen die auswärtigen Consuln in Bosnien sich zu den Insurgenten begeben und diesen anzeigen, sie hätten auf keine Unterstützung der auswärtigen Mächte zu rechnen, es werde ihnen daher gerathen, die Waffen niedcrzulegcn und ihre Angelegenheit der Vermittlung eines zu ernennenden Spezialkommiffärs zu unterstellen. Die „Times" fügt hinzu, daß Server Pascha zu diesem Commissär ernannt sei.
Die Amerikaner klagen über einen unwillkommenen Tausch der Einwanderung. Aus ganz Europa sind im letzten Jakre lange nicht 100,000 Menschen eingewandert, während früher die deutsche Einwanderung allein 50—70,000 Mann betrug, dagegen steigt mit jedem Jahre die Einwanderung der Chinesen, die äußerst unbeliebt ist. Jeder Dampfer, jedes Segelschiff bringt Chinesen, die zwar sehr fleißi g und betrie bsam, aber auch furchtbar geizig und ungesellig
Rediairt, gedruckt und »«legt
sind und sich an die Amerikaner ansaugcn wie Blattläuse am Blumenkohl. Die Chinesen sind sehr zäher Natnr und sehr wenig geneigt,/ Dünger für die eingeborenen Amerikaner zu werden, was diese so sehr lieben, sie behalten immer ihre Nationalität bei. Wenn dio chinesische Einwanderung sortdauert, so werden die Enkel der Amerikaner schon Zöpfe tragen.
Dar Ffermaaar-Deahmat nnä äeffea Erbauer.
Der Gedanke, dem Cheruskerfürsten Hermann ein Denkmal zu errichten, wurde von dem Schöpfer desselben, Ernst v. Bändel,, von Jugend auf gehegt. Derselbe, geboren am 17. Mai 1800 zu Ansbach in Baiern, machte seine ersten Studien M Nürnberg und bezog dann die Kunstakademie zu München. Nachdem er darauf mehrere Jahre in Nürnberg und Rom thätig gewesen war, wandte er sich, 1834 nach Berlin, um hier die Ausführung seiner von Jugend auf gehegten Idee eines großartigen Denkmals des Arminius vorzuberei«. ten, folgte aber bald einem Ruf nach Hannover, wo er außer anderen Arbeiten auch ein 7 Fuß hohes Modell zur Arminiusstatue anfertigte. Mit diesem siedelte er nach Detmold über und pstanzte in den ersten Tagen des Jahres 1838 auf dem Gipfel des Berges im Osning, der jetzt Grotenburg genannt wird, eine Fahne auf, um welche zur Bezeichnung des Umkreises des projektieren Denkmals ein Steinkreis gezogen wurde.
Die zunächst folgenden Jahre verflossen unter Vorkehrungen zur Herstellung deS Unterbaues für das kolossale Denkmal, zu welchem im Jahre 1841 der Grundstein gelegt wurde. In fünf Jahren hatte man den aus Quadersteinen auf kreisförmiger Grundfläche zu einer Höhe von 93 Fuß aufgeführten Unterbau so weit vollendet, daß am 27. Juli 1846 der letzte Stein in die Kuppelwölbung gesetzt werden konnte.
Von da an trat jedoch wegen der ungünstigen Zeitverhältnisse ein Stillstand ein. Am 6. November 1862 erließ der Detmolder Hauptvercin für das Arminius-Denkmal eine neue Aufforderung. zu Beiträgen an das deutsche Volk. Die Schlachten des Jahres 1866 befestigten immer mehr und mehr das Nationalbcwußtsein des deutschen Volkes, und nach den Siegen von 1870/71 und der Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches bewilligte Kaiser Wilhelm unter Zustimmung des Reichstages die Summe von 10,000 Thalern zur Vollendung des nationalen Monuments und gewährte im vergangenen Jahre eine weiiere Beihilfe von 9000 Thalern. Mit frischer Hoffnung wurden die Arbeiten von Neuem begonnen; E. von Bändel fand sich im Herbste des Jahres 1873 wieder aus der Grotenburg ein und führte nun das Werk seiner Vollendung entgegen.
Ans dem Gipfel der Grotenburg, 1200 Fuß hoch gelegen, erbebt sich zunächst ein runder Unterbau, an seiner Grundfläche 70 Fuß im Durchmesser haltend, bestehend aus einem massiven Kern und 10 ringsherum gehenden mächtigen Pfeilern, die» mit dem Kern durch Spitzbögen verbunden, eine 39 Fuß im Durchmesser starke Kuppel trage»; die ganze Höhe des Unterbaues beträgt 93 Fuß
Auf dieser Grundfeste steht eine Zylinderkonstruktion zum Halten und Tragen der aus Kupferblech getriebenen Bildsäule und zu deren Befestigung gegen die Angriffe des Windes. Die Figur stützt sich mit dem linken Arm auf den Schild und hat eine Körpergröße von 50 Fuß 4 Zoll, bis zur Helmspitze 55 Fuß, bis zur rechten erhobenen Faust 61 Fuß und bis zur Schwertspitze 85 Fuß. Die Gewandung ist ein anliegender, mit Pelz verbrämter Rock mit kurzen Aermeln, eine enge Lcdcrhose und Schnürstiefel. Ein faltiger Mantelüberwurf, der über der Brust festgehalten wird, umwallt den Oberkörper, das Haupt bedeckt ein Flügclhelm. Die rechte erhobene Faust hält das 24 Fuß lange, 15 Zentner schwere Schwert, dessen beide Seiten die goldene Inschrift tragen:
.Deutsche Einigkeit meine Stärke,
Meine Stärke Deutschlands Macht."
Die einzelnen Theile der Figur sind aus Kupferplatten gearbeitet und untereinander durch Nieten und Schrauben verbünden. DaS Standbild besteht aus ungefähr 200 größeren Kupferstücken. Das gesammte Kupfer wiegt l.37 Zentner, das eiserne Gerüst, bestehend aus ungefähr 600 Stücken, 1l33 Zentner. Die Kosten des ganzen Denkmals betrugen ca. 270,000 Mark. In der vierten Nische, vom Eingang in den Bau an gerechnet, ist ein Reliefbild des Kaisers eingelassen, welches, 5 Fuß im Quadrat groß, nach dem Entwürfe Howald's in Braunichweig aus der Bronze einer bei Gravelotte eroberten Kanone gegossen ist. Unter demselben steht die Inschrift:
.Der laug' getrennre Stämme vereint' mit starker Hand,
Der welsche Macht und Tücke siegreich überwand,
Der längst verlogne Söhne heimsührt' znm Deutschen Reich.
Armin, dem Retter, ist er gleich."
Das Gehölz um das Denkmal ist auf Veranlassung des Fürsten zur Lippe in einen Park umgeschaffen worden, welcher prächtige Fern» sichten darbiete t. von A. Oelschläger.