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Bei Tharandt hat die Forstverwaltung in Folge der verhee­renden Verwüstungen des Borkenkäfers ein bedeutendes Stück könig­licher Waldung fällen lassen. Die gefällten Stämme sind abgeschält und die Rinden, in deren Bastschicht sich die Larven jener Käfer befanden, an Ort und Stelle verbrannt worden.

Bremen, 4. Aug. Heute wurde auf der Generalversammlung des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen München mit 1l4 Stim­men als nächster Versammlungsort gewählt (Stuttgart erhielt 67 Stimmen).

In Paderborn ist am 31. Juli die Auflösung der dortigen Franziskaner-Niederlassung und die Schließung ihrer Kirche erfolgt. Dabei kam es zu Exzessen, Einwerfen von Fensterscheiben bei Männern, die im Gerüche des Liberalismus stehen u. s. w., so daß die Polizei sich gezwungen sah, von der flachen Klinge Gebrauch zu machen.

Wörth i. E., 6. August. Die Einweihung des Denkmals, das für die heute vor fünf Jahren bei Wörth und Reichshofen ge­fallenen französischen Krieger auf der Anhöhe bei Wörth gesetzt worden ist, hat heute stattgefunden und einen würdigen und völlig sungestörten Verlauf genommen.

Metz, 8. August. Als bei Gelegenheit des Kriegerfestes das Schlachtfeld besucht wurde, erhielt ein junger Mann aus Worms, der sich ins Gras gelagert, den Biß einer Kupfernatter in die Hand. Trotz alsbaldiger Amputation des Armes erlag der junge Mann der Blutvergiftung.

Wien, 7. August. Die Festung Königgrätz soll geschleift wer­den; das Aerar hat bereits mehrere Fortifikationsgründe verkauft.

Wien, 7. August. Bezüglich der Sigl'schen Maschinenfabrik soll die Konstituirung der Aktiengesellschaft heute stattfinden. Das Aktienkapital ist aus 3 Millionen Gulden festgesetzt. Davon zeichnet Sigl eine Million, die Kreditanstalt 240,000, die Anglobank 75,000, das Finanzministerium 600,000, das Aushilfskomite 110,000. Auch andere Firmen zeichnen.

Schweiz. St. Gallen. Freitag Abends langte die eidgcn. Fahne vom Schießen in Stuttgart in St. Gallen an und wurde feier­lich empfangen. Die HH. Landammann Saxer und Pfändler^gaben laut derSt. Galler Ztg." den Gefühlen Ausdruck, welche das schöne deutsche Bundesfest in den Herzen der Eidgenossen erregt.

In Frankreich hat sich die Nationalversammlung bis zum 4. November vertagt. Die Zwischenzeit wird von den Parteien benützt werden, um beim Wiederbeginn der Verhandlungen möglichst stark und einflußreich wieder zu erscheinen.

Paris, 7. August. In dem Wahlentwurf, wie er aus der Kommission der französischen Nationalversammlung hervorgegangen, findet sich folgender merkwürdiger Passus:Es dürfen keine Beamte einen Deputirtensitz annehmen und dabei gleichzeitig ein vom Staate besoldetes Amt beibehalten. Binnen acht Tagen muß der Beamte er- klären, ob er Deputirter werden oder Beamter bleiben will. Nach Ablauf seines Mandats steht es jedock einem solchen Beamten wieder frei, in sein früheres Amt zurückzukehren und ebenso bleiben ihm seine Pensionsansprüche gewahrt. Von dieser Bestimmung sind nur einzelne sehr hohe Beamte ausgeschlossen. Dasselbe gilt von den Militärper- fonen. Auch hier sind lnur Marschälle, Admirale und Generale zur Annahme eines Deputirtensitzes berechtigt, während alle übrigen Chargen, so lange sie der aktiven Armee anxehören, kein Mandat nehmen dürfen. Die Wählbarkeit tritt mit dem sünfundzwonzigsten Lebensjahr ein und die Dauer des Mandats ist auf 4 Jahre bestimmt. Die Deputirten erhalten eine Indemnität von 9000 Frs. jährlich."

Paris, 6. August. Der Appellhof bestätigte das in erster Instanz gefällte Urtheil, welches den Maler Courbet zu den Kosten und zur Wiederherstellung der Vendomesäule verurtheilt.

Italien. Rom, 6. August. Der Bischof von Rieti, Mou- signor Mauri, ist aus dem bischöflichen Palaste entfernt worden, da er sich das Exequatur nicht erbeten hatte; der Bischof von Piazza Ar- merina (Sicilien) halte dasselbe Schicksal. Binnen Kurzem werden auch die Bischöfe von Palermo, Monreale und Syracus ausgewiesen werden, sobald die ihnen zur Präsentation der Bulle gewährte Frist abgelaufen ist. Die vom Bischof von Syracus gegen die Regierung angestrengte Klage wird, wie schon bemerkt, erfolglos bleiben, weil eben der Bischof nicht mit dem Exequatur versehen ist. Der Rektor des katholischen Seminars erhielt von dem Kardinalvikar den Befehl, auf Wunsch des Papstes die Schule den staatlichen Schul­gesetzen zu unterstelle».

In Pompeji hat man jüngst einen höchst interessanten Fund gemacht. Derselbe besteht in einer namhaften Anzahl von Täfelchen, deren sich die Römer zum Schreiben zu bedienen pfleg­ten. Die Rückseite derselben ist eben und unbeschrieben, die be­schriebene Vorderseite aber auf allen vier Seiten umrahmt. Die

Redigirt gedruckt und verlegt

Täfelchen fanden sich theils einzeln, theils zu dreien oder vieren mittelst Bindfadens zusammengebunden. Auf den zusammengebundenen Täfelchen sind die Schriftzüge fast ohne' Ausnahme mit Tinte vorge­tragen ; auf den einzelnen Vorgefundenen dagegen, die mit einem Wachs- Überzüge versehen waren, erscheinen dieselben eingeritzt und noch heute leserlich, weil der scharf gespitzte Schreibstift durch das Wachs bis ins Holz eingedrungen war. Auf den ersten Blick erscheinen die letzterwähnten Täfelchen als die wichtigeren; sie enthalten Quittungen über empfangene Zahlungen mit dem Datum des Empfangs nach Tag, Monat und Konsularjahr, sowie mit der Bezeichnung der Na­tur des Rechtsgeschäftes, in dem die Zahlung ihren Gruud hatte. Am Rande der Täfelchen ist in der Mitte der Name der Zahlungs- empfänger, respective der Zahler kurz vorgemerkt. Da nun dieselben Namen auf allen, beziehungsweise mehreren Täfelchen sich finden, so hat es den Anschein, daß man hier mit den Geschäftsbüchern eines römischen Bankiers (Argentarius) zu thun hat. Bestätigt sich diese Annahme, so werden wir einen interessanten Einblick in die Geschäfts­behandlung und Creditverhältnisse jener Culturperiode erhalten. Wir lesen imPungolv" von Neapel: Wir hören, daß bei Fort­setzung der Ausgrabungen in Pompeji in dem Hause, in welchem man die 300 beschriebenen Täfelchen gefunden hat, auch zwei Tinten­fässer und die Feder, die beim Beschreiben der Täfelchen dienten, gefunden wurden. Die Feder ist eine metallene, fast gleich unfern Gänsefedern."

Amerika. Cincinnati, 22. Juli. Nicht ganz ohne Grund wird Amerika das Land des Humbugs genannt. In keinem anderen Lande der Welt wird in Bezug auf Marktschreierei so großartiges geleistet als bei uns. F. T. Barnum steht in dieser Richtung oben­an. Er hat, wie man hier zu sagen pflegt, den Rummel los. Nie­mand kann ihm im Reclamemachen gleich kommen. Vom armen Teufel hat er sich durch seinenHumbug" zum Millionär cmporge- schwungcn. MitHumbug" hat er seine Laufbahn begonnen und mitHumbug" wird er sie allem Anscheine nach beschließen. Seit letzterer Zeit durchreist Barnum mit einem Circus und einer Mena­gerie das Land. Um die nöthige Aufmerksamkeit auf seine Schaustel­lung zu lenken, führt er einen Lustschiffer Namens Danoldson bei sich, welcher täglich einen Ballon steigen läßt und in der Regel einige Berichterstatter der Tagespresse als Passagiere mitnimmt. Während seiner lctztjährigen Anwesenheit am hiesigen Ort nahm Danoldson sogar ein heirathslustiges Pärchen mit in die Wolken, welches sich dort oben trauen ließ. Vorige Woche gab Barnum in Chicago Vor­stellungen mit seinem römischen Hippodrom. Auch dieses Mal war eine Ballonfahrt angezeigt. Ein Berichterstatter meldete sich zur Mit- fahrt. Der Ballon stieg auf, wurde vom Winde dem Michigan-See zugetrieben und seitdem hat man nichts wieder vom Ballon oder sei­nen Passagieren gehört. Es war dieß die 360ste Ballonfahrt, die Prof. Danoldson angetreten.

Der nordamerikanische jGcneral Sherman hat Memoiren heraus­gegeben, in welchen drastische Dinge aus dem Bürgerkriege erzählt werden. Sherman berichtet von seinen Truppen unter Anderm :Eine Anzahl von Leuten, die sich nur auf ein Vierteljahr cngagirt hatte.« und des Krieges schon müde waren, wollten heimkehren, allein Sher­man« ließ eine Batterie demaskiren und drohte, Feuer geben zu lasten, wenn sie Miene machten, das Lager zu verlassen. Es war wahrhaft von Ser Mannschaft nichts Besseres zu erwarten, gingen ihr doch die Offiziere mit bösem Beispiele voran. Einer derselben erklärte Sher­man ganz kaltblütig vor einer Truppe seiner Leute, daß sein Viertel­jahr nun um sei und seine Geschäfte damit lange genug vernachlässigt habe. Sherman beorderte ihn auf seinen Posten zurück und drohte, ihn wie einen Hund niederschießen zu lassen, wenn er sich eigenmäch­tig auf und davon mache. Diese Drohung hatte den gewünschten Erfolg. Am selben Tage besichtigte Präsident Lincoln die Sherman- sche Brigade. Jener Offizier drängte sich an den Wagen heran und begann:Herr Präsident, ich habe Klage zu führen. Ich sprach heute Morgen mit Oberst Sherman und er drohte, mich erschießen zu lassen." Lincoln erwiederte: »Sie erschießen zu lassen?"Ja, Sir; er bedrohte mich damit." Lincoln blickte uns beide wechselweise an und sagte dann mit schauspielerisch gedämpfter, aber doch im Umkreise von 20 Schritten hörbarer Stimme:That er das? Dann würde ich ihm an Ihrer Stelle nicht trauen: er ist fähig, es auszuführen." Unter dem Gelächter der Umstehenden verschwand der Klageführende. Sobald sich der Wagen mit uns in Bewegung gesetzt hatte, erläu­terte ich dem Präsidenten den Fall. Er antwortete:Natürlich konnte ich nicht wissen, um was es sich handle, aber ich dachte, Sie müßten Ihre eigenen Angelegenheiten am Besten verstehen." Ich dankte ihm ifür sein Vertrauen und versicherte ihm, daß sein Vorgehen mich ge­wiß wesentlich unterstützen werde, die Disciplin unter den Leuten herzustellen."

von A. OelschiLger.