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Sonntag Nachmittag den hiesigen Ort besucht und sich dabei so lange aufgchalten, bis er ziemlich benebelt wurde. Dennoch wollte er den Rückweg bei finsterer Nacht nach Stuttgart antreten, er fand sich aber zwischen hier und Berg, wo man die Gaslatcrnen längst auszelöscht hatte, nicht mehr zurecht, und scheint da und dort den Kopf nicht wenig angestoßen zu haben, wie die Farbentöne bewiesen, die er nach allen Richtungen im Gesichte herumtrug. Glücklicherweise gerieth er nicht in den Neckar, sondern konzentrirte sich rückwärts und kam endlich wieder auf dem hiesigen Bahnhof an, wo er sich in den Wartsaal zweiter Klasse begab, Ucberzicher und Stiefel auszog und sammt seinem Hut und Schirm auf ein Häufchen brachte, dann aber sich selbst gestreckt auf eine der Bänke legte und so fest als möglich bis zum Morgen schlief. Ueberrascht vom Bahnhofportier sprang «r Montag früh von seinem harten Lager uns und wollte sich rasch zum Fortgehen richten, aber da waren keine Stiefeln, keine Kopfbede­ckung und überhaupt nichts mehr da von allem dem was er hingelegt hatte, denn es war gestohlen, und ist bis zur Stunde noch nicht ent­deckt. Seinen Verlust, einschließlich eines in der Tasche seines Ueber- ziehers steckenden Wechsels imzjBetrag von 45 Mark, soll er zu 130 Mark angeschlagen haben; ein theures Schlafgeld!

Ludwigsburg, 3. Aug. Am letzten Samstag wurde im Neckar bei Aldingen der Leichnam eines jungen Mannes aus gefangen. Derselbe hatte eine größere Summe Geld und einen Paß bei sich, durch welch letzteren bald festgestcllt wurde, daß der Verstorbene der Metzger Wilhelm Ferdinand Wolf von Sachsenweilerhof, OA. Back- nang, war. Nach den gemachten Erhebungen hat sich derselbe vor ganz kurzer Zeit in Gaisburg, wo er ein"Geschäft gekauft hatte, ver- heirathet, ist aber an dem Tage nach der Hochzeit verschwunden und wurde seitdem vermißt. Unaufgeklärt ist noch, ob er seiuen Tod durch irgend einen Zufall oder Selbstmord gefunden hat.

Tübingen, 3. August. Gestern Abend nach 9 Uhr wollte auf dem hiesigen Bahnhof ein Hilfsweichenwärter die Weiche für den von Hechingen kommenden Zug richtig stellen. Dabei merkte er nicht, daß der von Rottweil herkommende Zug anfuhr. Der Wärter wurde von dem Puffer der Locomotive aus die Seite hinausgeworfen, wodurch ihm ein Paar Rippen gebrochen und auch innerliche Verle­tzungen beigebracht wurden. Doch scheint für sein Leben keine Gefahr vorhanden zu sein. Der Verunglückte wurde gleich in das Universitätskrankenhaus gebracht. Es ist dieß der dritte Unglücksfall, seit der hiesige Bahnhof steht.

Friedrichshafen, 3. August. Ihre Majestäten der König und die Königin haben Sich gestern Nachmittag mit dem Dampf­boot Eberhard nach Rorschach begeben, um der in Villa Seefeld ver­weilenden Frau Prinzessin Friedrich und dem Prinzen Wilhelm von Württemberg, Königl. Hoheiten, einen Besuch abzustatten. Auch Ihre Königl. Hoheit die Frau Landgräfin von Hessen-PhilippSthal hatte sich in Seefeld eingefunden. Die Rückkehr der allerhöchsten Herrschaften nach Friedrichshasen erfolgte gegen acht Uhr Abends.

Heidelberg, 4. August. Bei der in der Abwesenheit des Bischofs Reinkens abgehaltenen Alikatholikenversaminlung sprach Hr. Stadtpfarrer Schellenberg u. A.,daß zwar der Vorredner gesagt habe, die Altkatholiken sähen es auf Bekehrung der P- .stauten gar nicht ab , aber er sei bekehrt worden und zwar zuri G. mben an die innere Lebensfähigkeit und Zukunft des Altkatholizismus. Trotz aller Verschiedenheit in Lehre und Kultus sind Altkatholiken und Protestanten einig in der Liebe zur Wahrheit und Freiheit, einig vor Allem in der Vaterlandsliebe, geeint im jKampf gegen dasSchwarze." Keine Einerleiheit, sondern Einheit des Geistes, Einheit in Bruderliebe ist das gemeinschaftliche Ziel. Wie augenblicklich die Schützen in Stuttgart trotz aller Mannigfaltigkeit von nationalen, provinzialen und persön­lichen Verschiedenheiten und Eigenthümlichkeiten ein Ziel im Auge haben, so kann und soll das auch Seitens der Protestanten und Alt­katholiken geschehen." Die zündenden Worte Schellenbergs hatten die ohnehin sehr animirte Stimmung zur höchsten Begeisterung ge­steigert, und ein unbeschreiblicher Beifallssturm folgte seinen Worten.

Wert heim, 3. August. Der Frachtfuhrmann Sauer starb an Blutvergiftung, die in Folge eines von ihm nicht weiter beachte­ten Fliegenstiches eingetreten war. Wir fügen die dringende Mah­nung hinzu, sobald nach einer durch ein solches Insekt verursachten Verletzung Anschwellung und Entzündung des betreffenden Theils eintritt, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, da, wie obiges Bei­spiel lehrt, jede Verzögerung eine tödtliche Wirkung ausüben kann.

München, 4. August. Wie derVolksfreund" vernimmt,

ist die Bitte des Superiors des aufgehobenen Franziskanerklosters in Fulda, den Mitgliedern dieser Kloster gemeinschaft bis auf Weiteres Aufenthalt in baicrischen Klöstern des genannten Ordens gestatten zu wo llen, abschlägig beschicken worden. _

Redigirt, gedruckt und verlegt

Großes Aufsehen erregte eine Festrede des Stifts-Probsts v. Döllinger in München, die derselbe als Vorstand der Akademie am 28. Juli zur Vorfeier des GeburtS- und Namensfestes des Königs in Gegenwart der Minister v. Lutz, v. Fäustle, des General- Adjutanten Grasen von Pappenheim u. A. hielt. Er zog eine Pa­rallele zwischen der Zeit Kaiser Ludwig des Baicrs und der jetzigen. Wie grundverschieden sei aber das Reich Kaiser Ludwig des Baiers von dem Kaiser Wilhclm's: dort Zerklüftung und Ohnmacht, hier ein Bild der Auferstehung und Kraft. Eine weltgeschichtliche Ironie habe damals auch durch die Minoriten die Frage der Unfeh'barkeit hervortrcten lassen. Damals seien 114 Minoriten, welche behaup­teten, der Papst sei unfehlbar, auf Befehl des Papstes selbst der Inquisition überwiesen und von dieser auf dem Scheiterhaufen als Ketzer verbrannt worden. Noch 1449 habe Nikolaus VI. solche Personen, welche an die Unfehlbarkeit geglaubt haben, verbrennen lassen. Zwei Jahrhunderte später Härten aber die Jesuiten im Verein mit der Kurie und den Dominikanern dieselbe von Nikolaus VI. noch mit dem Tode bestrafte Unfehlbarkeitslehre im Süden Europa's ver­breitet. Und warum sei heut der deutsche Klerus im Gegensatz zu dem französischen, der stets treu und männlich zu seinem Könige gegen den Papst gestanden, von jeher reichsseindlich gewesen? Die Antwort darauf habe schon 1165 unser Landsmann Gerhof v. Reigeröberg in seiner Naivität gegeben, indem er eingestanden, das große Reich müsse in kleine Stücke zertrümmert werden, damit der Klerus in kleinen Ländern frei leben könne und keinen Druck Erleiden müsse. Mit Kaiser Ludwig dem Baicr sei das deutsche Königthum zu Grabe gegangen, jetzt aber ein neues entstanden, dem nur eines der früheren Hemmnisse im Wege stehe, der Religionszwist. Ohne zu weit zu gehen, dürfe man von diesem sagen, von reinem Aufgange entsteht bas Reich, neu an Glorie. (Die Ultiamontanen sind über diese Rede so erbost, daß sie die Absicht aussprechen, bei der Budget» berathung das Gelderforderniß der Akademie der Wissenschaften zu streichen. Natürlich mittelst der famosen Mehrheit von 2 Stimmen,

Von der Isa r, 24. Juli. In F a ll bei Lenggries haben sich

unlängst zwei Holzknechte nach vorausgegangenem Wortwechsel mit ihren Messern erstochen. Der Eine dnrch die Lunge gestochen, war in einer «Stunde eine Leiche, während der Andere einige Tage daraus den gräßlichen Verletzungen erlag, die ihm sein Gegner im Unterleib beigebracht.Du langst, sagte der Eine, ich komm' davon!" Nun liegen sie Beide im Friedhofe bei Lenggries. (Wdlst.)

Köln, 3. August. Nachdem die ersten Versuche, die Kaiser­glocke zu läuten, schon vor einiger Zeit mißlungen sind und der widerspenstige Klöppel wiederholten Veränderungen unterworfen wor­den ist, gelang es gestern, den Klöppel beim Schwingen der Glocke zum Anschlag zu bringen, und zwar dadurch, daß man den Pendel an seinem unteren Ende bedeutend beschwerte. Heute Vormittag stellte man denselben Versuch an; «allein der Klöppel bewegte sich nicht aus seiner Lage, sondern machte die Schwingungen der Glocke mit.

Sowohl im Rhein und seinen Nebenflüssen als auch in der Weser und EmS hat man junge Lachse, die in besonderen Brüte­anstalten ausgebrütet worden sind, in Hülle und Fülle ausgesetzt uud man sieht einem reichen Lachsfischzug entgegen.

Berlin, 4. August. DieProvinzial Correspond." konstatirt den tiefgehenden Eindruck der jüngsten Wendung im Verhalten deS Episkopats und spricht jdie zuversichtliche Hoffnung aus, daß die Bischöfe sich in hoffentlich nicht ferner Zeit auch mit den übrigen vom Gesetz über die Verwaltung des Kirchenvermögens nicht verschie­denen Kirchengesetzen versöhnen würden.

Berlin, 4. August. DerGermania" zufolge hat der in Wesel internirte vormalige Bischof von Paderborn heute Wesel eigen­mächtig verlassen. DieGermania" veröffentlicht ein zurückgelassenes Schreiben desselben an den Regierungspräsidenten, worin er als Gründe für seine Entfernung Gesundheitsrücksichten und die ihm trotz seiner Absetzung obliegende oberhirtliche Sorge für seine Diöcese angibt, bezüglich deren ihm in Wesel die Hände ganz und gar ge­bunden gewesen seien, während er jetzt einen ^Aufenthalt wählen werde, wo er diesen oberhirtlichen Pflichten mehr gerecht werden könne.

Spanien. San Sebastian, 3. August. Die Nordarmee hat einen Ausfall aus Logrono gemacht und die festen Stellungen der Carlisten bei Viana angegriffen. Die Carlisten wurden auf LoS Arcos zurückgeworfen und ihre früheren Positionen von den Regierungs­truppen besetzt.

Rußland. Petersburg, 2. August. Die Stadt Pultusk er­reichte am 21. v. Mts. dasselbe Schicksal, welches Morschansk be­troffen hat. ?/s von Pultusk sind bis auf den Grund uiedergebrannt. Nur die an den äußersten Enden der Stadt liegenden Häuser sind.ver- schont geblieben. Non 10,000 Ei nwohne rn ist der größte Theil obdachlos von 2P OelschlLger. (Hiezu Nro. 31 de« Unlerhaltun geil aus.