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— Der Fürst von Walde ck hat in der evangelischen Kirche izu Arolsen prächtige Gedenktafeln mit den Namen der im Kriege 1870/71 Gefallenen anbringen und in einem Festgottesdienst durch den Hofprediger weihen lassen. Die Täfeln sind in schwarzem Marmor ausgeführt.
— Die „Nordd. Allg. Ztg." bespricht die ba i erisch e n Urwahlen und sagt: unbestritten sei, daß der Erfolg des Ultramontanismus hinter dem Ergebniß der Wahlen von 1869 zurückgeblieben ist. Ein solcher Rückgang, welcher selbst unter Anwendung der äußersten Mittel nicht abzuwenden war, sei gleichbedeutend mit einer entschiedenen Niederlage. Der Ultramontanismus verliere an Terrain zu Gunsten des nationalen Bewußtseins.
— Ein am vorletzten Sonntage -in Schweinitz veranstaltetes Kinderfest-Jubiläum sollte einen recht traurigen Abschluß finden. Als sich nach dem festlichen Aufzuge einer fröhlichen Kinderschaar auf dem nahe bei der Stadt gelegenen Festplatze ein froh bewegtes Leben und Treiben entwickelte, da sich nicht nur die Schulkinder, sondern
die Minister Buffet und Cissey. sowie General Riviöre, Berichter» stattcr im Prozeß Bazaine. Der Erzherzog und der Marschall besuchten Nachmittags eenige Forts.
England. London, 22. Juli.
neu erbaute deutsche
Panzerfregatre „Deutschland" hat gestern behufs Prüfung der Maschinen eine Probefahrt gemacht. Dieselbe verlief befriedigend. Das Schiff machte bei ganzer Kraft 14,468 Knoten, bei halber Kraft 13,230 Knoten.
Mit dem Bau eines Tunnels unter dem Kanal zwischen Do vcr und Calais fängt es an, Ernst zu werden. Das englische Unterhaus hat den darauf bezüglichen Gesetzentwurf in dritter Lesung genehmigt und wenn das Unternehmen glückt, wird die Welt um ein neues Weltwunder bereichert.
In der Türkei hat der fortdauernde Ueberflnß an Geldmangel dahin geführt, die Bezüge des Großvczirs, der Minister und der Gouverneure um zwei Drittel, die der übrigen Staatsbeamten, welche einen Monatsgehalt von über 3000 Piaster haben, auf die Hälfte zu
auch Erwachsene und fremde Gäste den Freuden des Tages Hingaben/reduziien. Ist das überhaupt ausführbar, dann ist das ganze Be
erscholl plötzlich der Rnf: Feuer! und ein blühendes Mädchen von 15 Jahren, die einzige Tochter des dortigen Bürgermeisters, kämpfte unter Hilfegeschrei mit Flammen, in welche sie durch ihrei brennenden Kleider bis über das Haupt eingehüllt war. Die schleunigste Hilfe konnte nicht verhindern, daß sämmtliche Kleidungsstücke bis fast zu den Füßen herab verbrannten und schreckliche Brandwunden den ganzen Körper der Unglückliche» bedeckten. Noch an demselben Abend sollte sie in die Heilanstalt Bethanien nach Berlin gebracht werden, aber schon aus dem Wege dahin endete in Luckenwalde der Tod ihre Leiden. Einer der Anwesenden hat, wie es heißt, ein Streichholz angezündet, sich damit eine Cigarre angebrannt und darauf dasselbe brennend weggeworfen, wodurch das selbst in weiteren Kreisen aufrichtig beklagte Unglück herbeigeführt worden ist.
— In mehreren Garnisonstädten der östlichen preußischen Provinzen ist unter dem Militär eine bösartige Augenkrankheit abgebrochen. In Jnowraclaw hat sie bereits eine solche Ausdehnung angenommen, daß zu ihrer wirksamen Bekämpfung auswärtige Militärärzte herangezogen werden mußten.
— Die „Germania" hat das Telegramm über die vom Fürstbischof von Breslau abgegebene Erklärung, dem Gesetze über die Vermögens- Verwaltung Folge leisten zu wollen, ohne Bemerkung ausgenommen; man darf demnach annehmen, daß man es mit einer Thatsache zu thnn hat.
— Brünn, 23. Juli. Die Weber haben in mehreren Fabriken die Arbeit wieder ausgenommen; dieselben gaben die Forderung nach einem Normaltarife auf, erhielten dagegen in den bisher weniger zahlenden Fabriken Aufbesserung des Lohnes. Die allgemeine Aufnahme der Arbeit steht bevor, so daß der Strike als beendigt angesehen werden kann.
— Brünn, 20. Juli. Die Minderproduktion in Folge des Strikes dürfte wöchentlich ungefähr 1500 Stücke betragen, was für fünf Wochen ungefähr 7500 Stücke im beiläufigen Werthe von 900,000 Fl. ausmacht. Der Ausfall an Arbeitslöhnen wäre mit nahezu 112,500 Fl. zu veranschlagen.
Einem Schweizer Blatte entnehmen wir eine briefliche Mittheilung, in welcher em Augenzeuge seine Wahrnehmungen über das von den Heuschrecken getriebene Unwesen schildert. Sie lautet: „Am 17. Juli habe ich meinen Bourbaki angespannt und bin mit meiner Frau, die auch gern in die Welt hineinblickt, über Hagneck nach Vi- nelz gefahren, wo man im oberen Wirthshaus ein „stifs" Glas Wein erhält. Es ist eine Wittwe. die da wirthet, und die Wittwen, sagt man, verstehen das Wirthen oft besser, als die Männer. Von da gingen wir auf die Heuschrecken-Aecker, — da sieht es allerdings elend aus. Die Habechalme abgefressen bis zur Wurzel, — von Maispflanzen, die drei Fuß hoch waren, nur noch ein Stumpf. Es ist ein Gewimmel, daß man noch nicht weiß, wie dieser Insekten Meister werden. Vielleicht hilft die Natur, die diese 'Plage schafft und wegschafft. Man sagt, es wollen die umliegenden Gemeinden gemeinschaftlich Mannschaften anfbieten und eine Schlacht liefern. Wie das geschehen und helfen wird, wollen wir erleben."
Frankreich. Versailles, 22. Juli. (Assembler.) Die Kommission und die Regierung erklären sich mit der Vertagung vom 4. Aug. bis. 4. Nov. einverstanden. Ein Antrag Duvals, der auf Vertagung vom 15. Aug. und zugleich auf die Auflösung abzielt, wird mit 360 gegen 327 Stimmen verworfen. Der Antrag wurde von Buffet bekämpft, von der Linken befürwortet Nach langer Diskussion nahm die Assemblee mit 470 gegen 155.Stimmen den modi- fizirten Antrag von Malartre auf Vertagung am 4. Aug. und Wiederzusammentritt am 4. Nov. an.
Paris, 22. Juli. Erzherzog Albrecht von Oesterreich frühstückte heute bei Mac-Mahon. Unter den Eingeladenen befanden sich
soldungssystem ein ungesundes und einer gründlichen Reform bedürftig, dazu kommt man aber in diesem verrotteten Reiche nicht, sondern hilft sich stets nur mit Pallialivmitteln, statt einmal ernstlich Hand anzulegen zur Ausrottung der den Staat ins Verderben führenden Mißbräuche.
Vermischtes.
Deutsche Waffenbrüder. Ein Unteroffizier beim 5. Armeekorps hatte einem baierischen Soldaten, einem reichen Bauernsohn, bei Weißenburg i. I. 1870 das Leben gerettet. Er hatte nämlich in dem Augenblick einen Turko mit dem Bayonnet durchbohrt, als dieser mit einem anderen afrikanische» Teufel dem am Boden liegenden, leicht verwundeten Baiem den Garaus machen wollte. „Gott vergelt's Euch, Kamerad!" hatte damals der Baier gerufen, als der Unteroffizier sich später von ihm trennen mußte. „Gott vcrgelts Euch, vielleicht kann ich's Euch auch mal vergelten." In Versailles, oder in SeverS, wo thcilweise das 5. Korps lag, trafen Baier und Preuße zusammen. Ersterer wollte aus Dankbarkeit dem Unteroffizier seine goldene Uhr schenken. Letzterer lehnte jedoch ab. „Nun, willst nicht," meinte der Baier, „doch, Kainrad, wenn's Dm mal felsit, oder Du brauchst Etwas, schreib an mich, ich kann Dir doch vielleicht einmal meinen Dank abtragen." „Werde schon d'ran denken," meinte der Unteroffizier, indem er sich die Adresse seines Kameraden aufschrieb; dann trennten sie sich, denn der Dienst rief. Vor einiger Zeit nun, — der Unteroffizier war längst in seine bürgerliche Stellung zurückgetreten — wollte derselbe sich verheirathen, und zwar mit einem armen Mädchen. Dem Manne selbst ging es nicht besonders, und nicht ohne Sorgen dachte er an die Zukunft. Da fand er zufällig unter seinen Papieren die Adresse des baierischen Soldaten, und es kam ihm der Gedanke, denselben, trotzdem er niemals mit ihm nach dem letzten Zusammentreffen vor Paris correspon- dirt oder von ihm gehört hatte, zu seiner Hochzeit cinzuladen. Er schrieb also an den Baier, der ebenfalls längst aus dem Militär- Verbände entlassen ist und die Wirtschaft seines Vaters angetreten hat. Sechs Tage später nach Abgang des Briefes kam Antwort. Der Baier versprach zu kommen, und er kam. Nachdem sich die beiden Kameraden begrüßt, mußte wohl der Baier bemerkt haben, daß sein Lebensretter gerade nicht in den besten Verhältnissen lebe. Er ließ sich nichts merken, überreichte aber am Tage der Hochzeit der jungen Frau einen Brief unter der Bedingung, denselben erst am nächsten Tage zu öffnen. Und so geschah es denn auch; nach der Abreise des süddeutschen Gastes öffnete die junge Frau das Schreiben. Dasselbe enthielt einen Fünfhundertthalerscheiu. Innerhalb des Couverts stand: „Dank eines braven Kameraden."
(Billige Annonce.) In Oesterreich ist bekanntlich Papiergeld das gebräuchlichste Zahlungsmittel. Diesen Umstand hat eine heiraths- luftige Dame in sinnreicher Weise benutzt, ein Heiralhsgesuch ohne irgend welche Jnserlionskosten in die Oeffentlichkeit zu bringen. Sie schrieb nämlich auf alle durch ihre Hände gehenden Banknoten mit feiner Schrift folgende Anzeige: „Josefine Hochsauser in Dioßegh bei Preßburg, 27 Jahre alt, Wittwe, im Besitze von 8000 fl., wünscht zu heirathen."
(Kurzsichtigkeit.) Ein New-Aorker Blatt erzählt: Ein kurzsichtiger Gatte in Manayunk sah kürzlich in seiner Wohnung ein großes Blumenbouquet aus einem Stuhle liegen, und in dem Wunsche, es vor dem Verwelken zu bewahren, steckte er es in ein Gefäß voll Wasser. Als seine Gattin eine halbe Stunde später das Bouquet sah, stieß sie einen Entsetzensschrei aüs, und wurde sofort ohnmächtig. Ihr kurzsichtiger Gemahl hatte nämlich ihren neuen Frühlingshut irrthümlick wegen seiner Blumensülle in frisches Wasser gesetzt.
Äedigirt, gedruckt u-.ü- verlegt von A. Oclschlägcr.