— Calw. Jahresfeier deS GustavAdvlf-BereittS jv Eatw. (Forts. statt Schluß.) Nach Erstattung des Jahresberichts gab zunächst Dekan Mezger Mittheilung über das Anfangs erwähnte Festangebiüde des Frauen-Dereinö Calw, über die gemeinsame Liebesgabe ser Stadt und Diücese Calw (260 «M), wozu er noch fügen durfte, daß ein in der Nähe von Calw auf einem Acker vor wenigen Tagen ge. fundener f. g. Schwedenthaler mit dem schöngeprägten Bildniß Gustav Adolfs aus seinem Todesjahre 1632 als Gabe für den Gustav» Adylf-Becher bestimmt sei, der — ein Pathengrschenk Gustav Adolf« an eine dffreundete Familie und von dieser dem Vereine überlassen — feine Runde bei dem gemeinsamen Mahle zu machen pflegt, um ein Liebesopfer für ein besonders bedrängtes Glied der evang. Diaspora« Gemeinde zu sammeln. Daß der Ertrag dieses Becheropfers (172 -M) einer 80jährigcn bedürftigen böhmischen Pfarrwittwe gewidmet, der G.A.THalrr von einem Industriellen aus Stuttgart, dessen Geschäfte nach Böhmen ihm viel Segen gebracht hatten, um 60 -M erstanden wurde, wird auch die Freunde der G.A.Sache erfreuen, welche der Feier nicht anwohnen konnten. Weiterer Liebesgaben: einer schönen Lltardeckr von Sammt und einiger gehäkelten und gestickten Uebcrdecken aus unbekannter Hand, einer gehäkelten Altarüderdecke de« G.A.Jung» frauen.B erein« von G eislin ge n.einer Altar-Bibel der Kinder von Goisern, welche je nach überstandener Krankheit 1 Kreuzer in eine Opferbüchse zu legen pflegen, erwähnte der Vereinsvorstand. — Nach diesen Mittheilungen begannen dir Verhandlungen de« Verein« über die Verwendung der Einnahmen. Da nach den Grundbestim« mungen des G.A.VereinS >/z der Einnahmen dem Gesammt-Verein zur Verwendung zu übergeben ist, und bei der Jahresversammlung in Stuttgart (Sept. 1674) für 10 DiaSporagemeinden 5064 fl. 44 kr. verausgabt waren, so hatte die dießjährige Versammlung zunächst die von dem BereinSauSschusse zu Gunsten von 15 Gemeinden gemachten Verwilligungen von 1499 fl. 6 kr. zu genehmigen, und nach Abzug dieser beiden Summen noch über 17063 fl. 24 kr. (—29250 -M) zu verfüg en, und zwar in erster Linie für Gemeinden der Württem- berg'schen Diaspora. Meist nach den Anträgen de« Ausschusses» theilweise über dieselben hinausgehent, wurden die Bedürfnisse von 30 Gemeinden berücksichtigt, wobei namentlich die Verhältnisse der Gemeinden Altshausen, Ehingen, Saulgau, Spreitbach, Schömberg. Schramberg näher erörtert wurden, denen größere Beiträge zu Kirch» und SchulhauSbaukosten zuflvßen, während die übrigen Verwilligungen ihre Bestimmung für Kult-Kosten und sonstige Kirchen» und Schul» bedürfniffe erhielten. Erwähnung mag hier insbesondere finden, daß z. B. von Altshausen au« 600 Evangelische, die in 60 Orten Oberschwabens zerstreut sind, pastorirt werden, während in Spreitbach — auf dem Welzheimer Wald zwischen Gaildorf und Gmünd gelegen — die Kinder aus 10 Orten zu einer evangelischen Con- fessionsschule vereinigt werden sollen. Als schönes Zeichen con» sesiioneller Duldung in Württemberg soll nicht übergangen werden daß der katholische Gemeinderath Ehingen« in gerechter Würdigung der kirchlichen Bedürfnisse der evangelischen Einwohner diesen einen um 1500 st. erworbenen Kirchbauxlatz schenkte, und der katholische Eigenthümer davon 500 fl. zum Kirchbau überwies, daß seiner Zeit bei der Einweihung der früher katholischen Kirche in Spreitbach für den evangelischen Gottesdienst der katholische Geistliche mit seiner Gemeinde sich betheiligte, die indessen ihr neuerbautes Gotteshaus bezogen hatte. — Nachdem noch zu der allgemeinen Liebesgabe, welche der Gesammt-Verein jder relativ bedürftigsten Gemeinde widmet» 1600 verwilligt waren, und zwar 800 Mark für die siegende unter dm 3 concurrirenden Gemeinden und je 400 für die beiden unter» liegenden, ertheilte der Vorstand den anwesenden Vertretern der aus» wärtigen Diaspora das Wort. Zuerst bringt Pfarrer Pospisil aus Liebstadtel Gruß und Dank ans Böhmen an die Brüder in Württemberg, von denen es bei den Evangelischen Böhmens nur heiße: ,sie haben uns lieb!" ,D hebt hervor, was sie um der Gaben willen, die ihnen aus Deutschland zufließen,, zu leiden haben, schildert die steigenden kirchlichen Bedürfnisse, ba sich mehr und mehr die Nothwendigkeit zeige, aus den großen — über 20 Meilen sich erstreckenden Parochieen» neue selbstständige Kirchengemeinden zu bilden, und empfiehlt eine Reihe von Gemeinden — vorab^sein Liebstadtel — zur Unterstützung. Der Vorstand gedenkt in seiner Erwiederung daran, daß gestern (6. Juli) der Todestag des Johannes Huß gewesen sei, daß die evangelische Kirche das Land eines Huß» deS Vorläufers Luthers, nicht aufgeben könne, aber auch den Wunsch hege, daß der Geist des Huß m Böhmen nicht aussterbe. Hierauf folgte die Ansprache des Pfarrers Kötschy von Attersee in Oberösterreich, der warmen Gruß von den in den letzten Tagen in Gallneukirchen, wo Martin Boos leine Friedens» und LeidenSjähre verlebt hatte, versammelten Brüdern brachte, für die bisherige Handreichung der Liebe, die sie vom G.A. Verein erfahren, herzlich dankte, und die
Pflegkinder des Vereins Gmunden Steier, Goisern u. a. aufs Neue der F ürsorge des Vereins empfehle. (Schluß folgt.)
— Friedrichshafen, 14. Juli. Se. Maj. der Deutsche Kaiser
und Ihre Königl. Hoheiten der Großherzog und die Frau Großher» zogin, sowie der Erbgroßherzog von Baden sind gestern Nachmittags zum Besuche der Königlichen Familie hier eingetroffen und haben sich Abends nach Schloß Mainau zurückbegeben. (St.A.)
— Reutlingen, 13. Juli. Heute früh 4^ Uhr wurden in, hiesiger Stadt und Umgegend, sowie in Rottenburg, Horb, Tübingen, Mühlheim, Sulz, Leonberg, Hechingen und anderen Orten (auch in Nagold) recht deutlich zwei aufeinander folgende Erdstöße verspürt. Die Erschütterung war so gewaltig, als ob mit aller Macht gegen die Thüren angestoßen würde. Leute, die bereits aufgestanden waren und sich ankleidcten, verloren da« Gleichgewicht und mußten sich hal» ten, um nicht umzufallen, Andere glaubten durch ein ungestümes Pochcn: geweckt werden zu wollen. Genauere Beobachtungen weisen nach, daß die Erschütterung in wirbelnder Bewegung von unten nach oben ging und etwa 3 Sekunden andauerte.
— Bon Ellwangen wurde Kürzlich über ein Gewitter berichtet, das am 8. Juli über Pfahlheim ausbrach, und in dessen Verlauf sich eine sog. Windhose entwickelte, welche bedeutende Zerstörungen. anrichtete. Dem „Staatsanz." wird nun folgendes Nähere darüber berichtet: Beim Anfang der Erscheinung der Windhose seien zuerst 2 Zapfen bemerkbar gewesen, welche von einer Wolke ausgingen, sich später trichterförmig erweiterten und vereinigten und sich nach und nach unter Ischlangenartigen Bewegungen bis zum Erdboden auSdehnten. Von Ferne gesehen, machte die Erscheinung den Eindruck einer aus- steigenden gewaltigen Rauchsäule, so daß in einigen benachbarten Gemeinden die Feuerspritzen eingespannt wurden, andere wolleu sogar Flammen gesehen haben, und meinten, so lange das Meteor stille stand, es sei ein feuerspeiender Berg zum Ausbruch gekommen; dasselbe setzte sich unter Gezisch und Rasseln, das dem Lärmen eines Eisenbahnzuges zu vergleichen gewesen sei, in Bewegung und in wenigen Augenblicken sei die Zerstörung im Orte Pfahlheim, das jedoch glücklicherweise nur gestreift wurde, vollbracht gewesen. Den Hauptstoß hatten 2 Gebäude auszuhalten, von deren einem dev Dachstuhl in die Straße geworfen wurde, während bei dem, andern der die Scheuer enthaltende Theil gänzlich zertrümmert worden ist. Auch die an letztere anstoßende Wohnung wurde ziemlich beschädigt, indem namentlich die Kreuzstöcke eingedrückt worden find; die während des Phänomens anwesenden Personen bekamen geschwärzte Gesichter z weiße Schafwolle, welche gerade gesponnen wurde, erhielt eine schwarze Farbe, Wasser, das sich in der Stube befand, schlug sich in schwarzen Flecken an den Wandungen nieder; im ganzen Hause, habe sich ein starker, daS Athmen beengender Schwefelgeruch bemerklich gemacht. Die Windhose zog nicht in gerader Richtung weiter, sondern bog bald rechts bald links aus; sei einige Zeit über einem Weiher stille gestanden, aus dem sie das Wasser an sich zog, wodurch sie an Umfang zugenommen habe. Von hier aus stürzte sie sich mit aller Macht auf den Pfahlheimer Gcmeindewald und den dahinter iiegendm fürstlich Wallenstein'schen Wald Nonnenholz, indem sie ihre Zerstörung damit begann, eine 12—14 Zoll im Durchmesser haltende am Rande des Waldes stehende Eiche vom Boden abzureißen und ca.. 50' weit senkrecht in einem Bogen auf der anstoßenden Wiese fort»- zuwirbeln und wieder in den Wald hineinzuwerfen, wovon die durch den auf und niedergehenden Schaft des Baumes verursachten, ganz deutlich sichtbaren Spuren im Boden Zeugniß geben. Im übrigen zeigt die Zerstörung im Wald in der Breite von ca. 40—50' alle möglichen Formen, indem die Bäume (darunter solche von 3' Durchmesser) theils mit den Wurzeln abgerissen, theils .zersplittert, theils oben abgeknickt, theils der Neste beraubt, theils von ihren Besten förmlich umflochten wurden. Zuletzt entleerte sich das Meteor auf den Zöbinger Wiesen unter Abguß einer gewaltigen Wassermaffe, welche die Erde tief aufgewühlt habe. Unmittelbar nachher brach ein Gewitter aus, welches sich in? einigen Parzellen der Gemeinden Stödtlen und Thannhausen theilweise mit Hagel, sonst aber mit großem Platzregen entlud. — Der durch die Windhose an Gebäuden verursachte Schaden mag einige tausend Gulden betragen, an den Feldern ist er weniger erheblich, da in verhältnißmäßig nur wenigen Aeckeru die Nehren geknickt wurden. Bemerkcnewerth dürfte auch da« sein, daß die Blätter von Kartoffeln und Bäumen vielfach ein wie von Hitze verursachtes versengtes Aussehen darbieten.
— Berlin. 14. Juli. Der „Reichsanzeiger" enthält eine Be- kanntmachung der preußischen Bank, in welch-r dieselbe zum Umtausch der preußischen Banknoten von 25 Thalern auffordert, da vom 1. September d. I. ab die Einlösung derselben nur noch bei der Haupt» bank erfolge.
Redigirt, gedruckt und verlegt von A. OelschlLger.
(Hiezu Nro. 28 des Unterhaltungsblatts).