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Hahnbau vor drei Jahren ein Bein verlor, was ihn hinderte, seinem Erwerbe gehörig nachzukommen, das Meiste beigetragen haben. (N.T.)
— München, 25. Febr. Die Geschwornen haben in der An- klagesache gegen den Redakteur des „Vaterland." Dr. Sigl, ihr Verdikt dahin abgegeben, daß derselbe dreier verleumderischer Beleidigungen des Reichskanzlers schuldig sei; die Unterfrage, ob mildernde Umstände vorhanden seien, wurde von den Geschworenen verneint.^Der Staatsanwalt beantragte demzufolge 15 Monate Gefängniß, der Gerichtshof hat auf 10 Monate Gefängniß; sowie Tragung der Prozeß, und Strafvollzugskosten erkannt.
— Der katholische Pfarrer des zunächst Hohenschwangau ge- legenen Dorfes weigert sich entschieden, die Gedenktafel für die im Kriege 1870/71 gefallenen Krieger in der dortigen Pfarrkirche zu enthüllen, weil dieses in einem gegen die Katholiken unrechtmäßig geführten Streite kämpften.
— In Liegnitz ist der Generallieutenant Willing, ein Veteran aus den Befreiungskriegen von 1813—15 und ein Teilnehmer am Schill'schen Zuge, 85 Jahre alt, gestorben.
— Berlin, 26. Febr. Wie die „Köln. Ztg." von hier erfährt, wird die Encyklika des Papstes nicht ohne thatsächliche Antwort bleiben, wenn auch die Natur und der Umfang der zu ergreifenden Maß. regeln nach der Position, welche der deutsche Episkopat zu dem päpst. lichen Erlaß einnehmen wird, bemessen werden dürften.
Schweiz. Bern, 20. Febr. Das Departement des Innern gibt bekannt, daß die Maul- und Klauenseuche gegenwärtig in der Schweiz in 157 Ställen herrscht, und daß gegen 1. Febr. eine Vermehrung um 29 Ställe stattgefunden habe.
Frankreich. Paris, 25. Febr. Mac Mahon beauftragte heute Abends Buffet telegraphisch mit der Bildung des Kabinets. Man glaubt, dieselbe werde vor zwei oder drei Tagen nicht erfolgen, da Buffet in Folge des Todes seiner Mutter in idas Departement der Vogesen nach Mirecourt zurückkehren wird.
Italien. Rom, 25. Febr. Der Senat genehmigte den Artikel des Strafgesetzbuches, betreffend Aufrechthaltung der Todesstrafe, mit 73 gegen 36 Stimmen.
Der alte Garibaldi hat mit seinem Lieblingsgedankcn, den Tiber schiffbar zu machen und einen Hafen in Rom anzulegen, kein Glück. Die Sachverständigen erklären eine solche Veränderung für unausführbar und halten nur die Anlegung eines Seitenkanals 'für möglich, der das Austreten des Flusses verhindert. Mit dem König!. Hofe steht Garibaldi auf freundlichem Fuße.
Spanien. Von der französ. Grenze, 22. Febr., schreibt man der „Nat.-Ztg.": „General Moriones war der einzige Korpsführer der Nordarmee, welcher nach dem Tode des tapferen Concha etwas mit Erfolg unternommen hat. Ihm allein ist auch das Gelingen der letzten Operation zuzuschreiben. Von seinen Truppen wird er geliebt, da er seit langen Jahren, auch schon in den früheren Kriegen alle Entbehrungen mit ihnen getheilt hat. An ihm hängen die alten Soldaten und Offiziere mit großem Vertrauen, die Rekruten werden von ihnen angehalten ein Gleiches zu thun und alle verehren ihn als fürsorglichen, tüchtigen Führer. Aber General Moriones ist liberal, und dieß scheint den Herren in Madrid nicht gepaßt zu haben, kurz der verdiente General hat jedes Kommando bei der Nordarmee uiederlegen müssen. Die Liberalen sind erzürnt darüber, da auf ihm allein, der die Verhältnisse genau kannte und sich stets als vorsichtigen, aber tüchtigen Heerführer bewiesen hat, alle Hoffnung beruhte, dem Karlfftenkriege durch Waffengewalt ein Ende zu machen."
Die vollendete Kaiserglocke.
Das Comitö des Kölnischen Dombouvereins hat jüngst den dritten Guß der Kaiserglocke begutachtet; das schöne, nunmehr vollendete Werk wird demnächst zu Frankenthal auf dem von König Ludwig erbauten Rhein-Kanal eine Schifffahrt nach der rheinischen Hauptstadt machen. Lassen Sie mich inzwischen Ihre Leser in die Werkstatt führen", aus welcher die Riesenglocke hervorgegangen.
Ganz nahe dem Bahnhofe liegt die Maschinenfabrik von A. Hamm; der Meister der Kaiserglocke besitzt eine große Schnellpressen- Werkstatt und baut .seit 13 Jahren Buchdruck-Maschinen nach dem System von Augsburg und Johannisberg, die dis nach Wien und Petersburg versandt werden. Das völlig von dieser Werkstatt getrennte Geschäft der Glocken-Gießerei ist nicht minder im Schwünge, es hat schon manchen ehernen Mund, von dem kleinsten Bahnhofglöckchen bis zur 100 Centner schweren Thurmglocke, geliefert und eine besonders gelungene große Arbeit für die gothische Kirche zu Wiee baden brachte dem Meister den Auftrag aus Köln.
Wir treten in den Garten ; dort, ganz nahe dem Schienenstrange, ist die Gießhütte, daneben der Ofen; vom Bahnzuge aus erkennt man beide an ihren stark mit Ruß überzogenen Mauern.
Die Mysterien der Gießhütte sind geschwunden, seil die Glocke
prächtig erstand, aber wir können sie uns leicht ins Gedächtuiß zurückrufen. Tief unten im Schooß der Erde ward zunächst der Kern, d. i. die innere Höhlung der Glocke aufgemaucrt, hier in gewaltigen Dimensionen, wenn man bedenkt, daß vierzehn Männer unter dem Baldachin der schwebenden Glocke bequem Platz haben. Als der Kern fertig war, wurde eine Glocke auS Lehm darüber geformt im genauen Ver- hältniß, wie die Erzglocke werden sollte; die Wappen und Verzierungen modellirte der Meister, die Inschriften wurden aus Wachsbuchstaben zusammengesetzt. Ueber diese falsche Glocke, die für die spätere Lösung mit Fett bestrichen ' war, formte man alsdann den Mantel. Zur Herstellung des letzteren wird der Lehm stark mit Kalbshaaren versetzt behnss größerer Festigkeit. Als der Mantel fertig war, hob man ihn ab, nahm die falsche Glocke unter ihm weg und setzte dann den Mantel wieder über den Kern. Wenn die Lücke zwischen Mantel und Kern nun durch das Erz ausgefüllt wurde, entstand die Glocke; oben in der Krone blieb zu dem Ende ein Loch.
Der Ofen, nicht mehr wie zu Schiller's Zeiten mit Holz vom Fichtenstamme, sondern mit Steinkohlen bester Qualität geheizt, verschlang 200 Centner derselben und brannte 12 volle Stunden.
Zweiundzwanzig französische Kanonen im Gewichte von 570 bis zu 2570 Pfund wurden in den Ofen geschoben. . Eine Anzahl dieser eroberten Geschütze datirten noch aus der Zeit Ludwigs XlV., und es wäre sehr wohl denkbar, daß wehere der Mordwerkzeuge, mit denen ehedem die Pfalz verwüstet worden, jetzt in demselben Lande zur Krö- nung des großen deutschen Fricdenswerkes verwendet worden sind.
Direkt über dem Kanonenmetall schlug die Flamme zusammen, und als dasselbe in Fluß kam. schöpfte der Meister mit einem Löffel davon, ließ es erkalten, zerbrach es und beurtheilte nun, ob das richtige Verhältniß von Zinn und Kupfer vorhanden sei.
Dann wurde der Zapfen ausgestoßeu und die glühende Fluth strömte 29 Minuten lang in die Form. Ihr Korrespondent stand in einer dichten Menschengruppe draußen, als der Guß geschah, freilich außerhalb des Gitters, denn mit Recht hatte sich der Meister für den kritischen Moment alle Zuschauer verbeten.
Fast drei Wochen mußten vergehen, ehe das Metall ganz erkaltet war; dann hieß es endlich:
Schwingt den Hammer, schwingt,
Daß die Form zerspringt,
Soll die Glocke auferstehcn,
Muß die Form in Stücke gehen.
Und sie ist ouferstanden in ganzer gewaltiger Pracht. Ihre Höhe beträgt 3 M. 70 Cm., der Durchmesser 3 M. 50 Cm., der Umfang 10 Meter 80 Cm. und der Klöppel wiegt allein 16 Centner, indeß das Gewicht der Glocke 500 Centner beträgt. Die vier anderen Glocken des Kölner Domes sind zusammen nicht so schwer, !als .die Kaiserglocke allein; diese kleineren heißen Preciosa (224 Ctr.), Spe- ciosa (128 Ctr.). Dreikönigsglocke (60 Ctr.) und Ursula (50 Ctr.). Zum Läuten der Kaiserglocke werden mindestens 30 Personen nöthig sein.
Im Gießhäuschen betrachten wir nun den ehernen Riesen, der einige Fnß vom Boden frei schwebt, und hören den gewaltigen Klang, wenn der Klöppel geschwungen wird. In einer schön geformten Arabeske steht die Jnnschrift, unter derselben hüben das Reichswappen, drüben der heilige Petrus. Die lateinische Inschrift lautet zu Deutsch: „Wilhelm, der Allerdurchlauchtigste deutsche Kaffer und König von Preußen, in frommer Erinnerung an die himmlische Hilfe» die ihm bei der so glücklichen Beendigung des jüngsten französischen Krieges zu Theil wurde, hat nach Wiederausrichtung des deutschen Kaiserthums aus eroberten Geschützen im Gewicht von 5000 Pfund eine Glocke zu gießen befohlen, die aus diesem herrlichen, seinem Ausbau endlich nahe gerückten Gotteshaus aufgehängt werden soll. Solchem frommen Willen des sieggekrönten Fürsten entsprechend, hat der zur.Vollendung dieses Domes gegründete Verein dieselbe Herstellen lassen unter dem römischen Papst Pius IX. und dem Erzbischof Paul Melchers im Jahre des Herrn 1873." Zwei lateinische Distichen lauten in freier deutscher Uebersetzung:
Künd' ich mit meiner Stimme dem Volk die himmlische Botschaft,
Schwingen die Seelen sich auf, stimmen voll Eifer mit ein!
Der Du durch meine Stimme des Tempels Hallen eröffnest,
Oeffne des Himmels Thor, himmlischer Pförtner, zugleich.
Und eine deutsche Inschrift enthält die Verse:
Die Kaiferglocke heiß' ich.
Des Kaisers Ehren preis ich,
Auf heisger Warte steh' ich,
Dem deutschen Reich ersteh ich,
Daß Fried und Wehr Ihm Gott bescheer'!
So lange der Ausbau der Domthürme nicht vollendet ist, wirb die Kaiferglocke im Thurm rechts (dem älteren) unter dem alten jetzt oben genannte vier Glocken enthaltenden Glockenstuhle aufgehängt werden. Künftig erhalten dann alle fünf Glocken ihren Platz noch einige Meter höher, beiläufig 200 Fuß über dem Boden.
Redigirt, gedruckt usd verlegt von A. Oelschläger.