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Heklagi sich in neuerer Zeit allgemein so sehr über die Zunahmen von Körperverletzungen in den unteren Klassen der Gesellschaft, und fragt sich oft, wie ist es möglich, dag in Folge eines Streites die Bethei­ligten gleich zum Messer greifen, während es im Großen und Ganzen ganz ignorirt wird, daß die Studenten als gebildete Leute in derselben Weise das öffentliche Rechtsgefühl verletzen und oft wegen weit klei­nerer Ursachen zur Waffe greifen, als jene Ritter vom Messer und Dolch.

München» 23. Febr. Der ledige Schreinergeselle Thomas Ännier, welcher am dritten Noo. v. I. in hiesiger Stadt die Brief­trägers-Eheleute Kämmerer ans gräßliche Weise ermordete und Tags darauf in Augsburg verhaftet wurde, ist nach heutiger sechsstündiger Verhandlung von dem Schwurgerichte zum Tode vcrurtheilt worden.

De Mörder Brandes, der in Braunsch weig hingerichtet wurde, machte noch am Morgen seines Hinrichtuugstages den Versuch, den Geistlichen Moshagen, der im Amtskleide vor ihm stand und ihn zum Tode vorbereitete, mit einem Taschentuch, das er znsammengedreht hatte und plötzlich über ihn warf, zu erwürgen. Der Geistliche setzte sich zur Wehr und es war ein Glück, daß bei dem Lärm die Wache her­beikam und dem Scandal ein Ende machte.

Berlin, 24. Febr. DerFr. Z." wird telegraphirt: In gut unterrichteten Kreisen weiß man seit gestern, daß Fürst Bismarck rricht zurücktreten wird.

Berlin, 23. Febr. DieGermania ist heute Abend wiede­rum, also an drei Abenden hinter einander', von der Polizei in Be- schlag genommen worden.

Berlin, 24. Febr. DieProvmzial-Correspondenz" nennt die päpstliche Encyclica eine Aufrufung und'.Aufmunterung der Leiden­schaften. Das Auftreten des Papstes selbst bestätige thatsächlich das Wort Meglias, die katholische Kirche miisse'sich auf Revolution stützen. Durch die Klarheit, welche der Papst in die Beziehungen zur preußi­schen Regierung gebracht, würden der Regierung die gegen die revolu­tionäre Anmaßung weiter zu betretenden Wege vorgezeichnet, für die katholische Kirche Preußens müsse es zum klaren Bewußtsein kommen, wer in Preußen Souverän sei. Die von dem Fürsten BiSmarck früher angeregte Frage betreffs der Stellung der Regierungen zur Papst- wähl gewinne jetzt noch eine größere Bedeutung.

In allen deutschen Münzstätten wird mit großer Anstrengung

gcarbeiret; man hofft bald einen Gesammtbetrag der Ausprägung von 1200 Millionen Mark zu erreichen und würde dann in der Lage sein, mit der Einziehung des alten Geldes nach einem bereits festgestellten Plane zu beginnen. (Nat.-Ztg.)

Zur Säcularfcier der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten! Staaten von Amerika soll im nächsten Jahre in Philadelphia eine^ internationale Ausstellung von Erzeugnissen der Künste und der Industrie, sowie des Land- und Bergbaues veranstaltet werden. Der Bundesrath hat die an das Deutsche Reich gerichtete Einladung zur Theilnahme an der Ausstellung angenommen, und ist demnächst eine Kommission mit der Vorbereitung und Leitung der Theilnahme Deutschlands beauftragt worden. Dieselbe hat nun bereits die für die Anmeldung gütigen Bestimmungen, sowie das allgemein: Reglement für ausländische Aus­steller veröffentlicht. Die Commission sagt in ihrer Bekanntmachung u. A.: Die ausgedehnten Verkehrsbezichungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten und die umfangreichen Handelsintercffen, welche zahlreiche und bedeutende Zweige der heimischen Industrie mit dem transatlantischen Kontinent verbinden, lassen eine rege Betheili­gung deutscher Aussteller erwarten. Soll jedoch die Ausstellung den deutschen Gcwerbefle>ß würdig und unserer Stellung unter den indu­striellen Nationen entsprechend repräsentiren, so darf zugleich nicht ver­gessen werden, daß diesem Zwecke weniger durch die Anhäufung einer bunten Mannigfaltigkeit vergleichsweise minder erheblicher Produkte als vielmehr dadurch gedient werden wird, daß unsere hervorragenden Industriellen sich bestreben, ihre Leistungsfähigkeit durch znsammenfas- sende und planmäßige Vorführung ihrer ausgezeichnetsten Erzeugnisse zur Anschauung zu bringen. Es mnß daher als besonders erwünscht bezeichnet werden, daß die Interessenten der wichtigeren und vorzugs­weise betherligten Industriezweige sich örtlich oder gruppenweise zur Veranstaltung von Collectivansstellungen vereinigen.

Straß bürg, 22. Febr. Bischof v. Räß hat die Aufforde­rung der Behörde, die Fürbitte für Kaiser und Reich in's katholische K rchcngebet aufzunehmen, dahin beantwortet, daß er dieß für seine Diöcese thun werde, wenn seine hierarchischen Vorgesetzten, d. h. der h. Vater, ihm dieß vorschreibcn.

Prag, 20. Febr. Die Fürstin Hanau ist heute nach Kassel abgrrcist, um dort vorläufig ihren Aufenthalt zu nehmen. Der Deutsche Kaiser hat sämmtlichen kurfürstlichen Beamten und Dienern, welche vor 1866 angcstellt waren, ausgenommen den in contuma­ciam vcrurtheilten, eine volle Pension bewilligt.

Ein Massenwett ritt russischer Garde-Officiere von St.

Rediqirt. gedruckt und verlegt

Petersburg nach Wien beschäftigt die Sportwelt. Cs han­delt sich darum, auf einem Pferde die Distanz in spätestens 21 Tagen zurückzulegen und der Sieger erhält eine Prämie von 75,000 Rubel. Die Äetheiligung an der Wette wird eine ziemlich zahlreiche sein, und die Reiter hoffen rechtzeitig ihr Ziel zu erreichen, indem sie volles Vertrauen auf die große Ausdauer ihrer dänischen Pferde setzen. Die Ausdauer der Reiter muß aber auch eine recht respektable sein, wenn sie den Ritt aushalten sollen.

Aus der Schweiz, 21. Febr. Aus Luzern kommt die Nach­richt, daß der Oberingenieur der Gotthardbahn , Gerwig» anläßlich verschiedener Zwiste mit der Direktion seine Entlassung nachgcsucht und erhalten habe. Gerwig war badischer Oberbaudirektor, Rath in der Direktion des Wasser- und Straßenbaus, als er die Stelle eines Oberingenieurs der Gotthardbahn annahm, und ist der Erbauer der großartigen Schwarzwaldbahn gewesen. Jene Zwistigkeiten werden auf Meinungsverschiedenheiten über die Organisation des technischen Dien­stes zurückgeführt; auch heißt es, die Hauptdisfirenz solle sich auf die tessinischcn Thalbahnen beziehen, deren Kosten das Budget weit über­schritten. Die Direktion hat bei dem Verwaltungsrathe beantragt, dem Gesuche auf Grundlage einer eventuell mit Gerwig getroffenen Verständigung zu entsprechen. Es wird nicht so leicht stein, ihn zu ersetzen. Gerwig hat sich die Rückkehr in den badischen Staatsdienst Vorbehalten. Am Gotthardtnnnel nehmen die Arbeiten einen erfreu­lichen Fortschritt. In der zweiten Woche des Februar wurden auf der Seite von Göschenen 2l,90 m., auf der Seite von Airolo 25,50 in., zusammen also 47,40 m. gebohrt. Dieß macht einen täglichen Fortschritt von 6,77 m., und dabei wurden in Airolo an einem Tage , nicht gearbeitet.

Graubündeu. Laut einer Korrespondenz desBund" suchen die Kapuziner einem Buch Eingang zn verschaffen, namentlich bei der Schuljugend, welches den grimmigsten Haß gegen den Protestantismus predigt. Es wird deßwegen die Entfernung der ehrwürdigen, Väter. von den Pfründen verlangt.

Spanien. Die neue Regierung in Spanien hat bekanntlich das Civilehegesetz durch Ordonnanz abgeschafft. In der Verfügung des JustuministerS heißt es:Die Ehe ist eines der Sakramente, ist ein von Gott eingesetztes Institut, daher nur die Kirche giltige Ehen schlie­ßen kann, wahrend das Civilehegesetz vom 18. Juni 1874 nur Kon­sortien (milderer Ausdruck für Konkubinat) zn realisiren vermag. Die Civilehe mag in anderen Ländern, wo verschiedene Konfessionen herrschen, nothwendig sein, in Spanien, wo glücklicherweise die immense Majori­tät dem einzig wahren Glauben, dem katholischen, angehört, muß die Usurpirung des Staates in diesem ausschließlich der Kirche zusteheuden Rechte, die Familie zu kreircn, aufhören." Das Dekret enthält acht Artikel. Die Nichtkatholiken dürfen nach wie vor ihre ehelichen Kon­sortien auch ferner abschlicßen, dagegen fallen alle Eheprozeffe, die seit 1874 dem Klerus vollständig entzogen waren, diesem wieder aus­schließlich zu.

Die alfonsistische Nordarmee hat gegenwärtig jede Offensivbe- wegung gegen die carlistischen Stellungen bei Estella aufgegeben. Sie begnügt sich damit, sich in den von ihr besetzten Positionen auf dem linken Ufer des Argaflusses wohnlich cinzurichten; auf dem während der letzten Kümpfe oft genannten Monte Esquinza (östlich von Estella) wird ein befestigtes Lager hergestellt. Bei diesem Gang der Dinge kann der Krieg natürlich noch ewige Zeiten dauern.

England. London, 23. Febr. Die Kaiserin Eugenie und ihr Sohn erwiederten am Sonnabend den ihnen von dem Prinzen und der Prinzessin von Wales 2 Tage vorher in Chislehurst abgcstattcten Besuch.

DZ Der Verband der Kohlengrubenarbeiter von Dnrham hat nach einer langen Debatte beschlossen, die von den Grubenbesitzern ange­zeigte Herabsetzung der Arbeitslöhne um 20 pCt. nicht anznnehmeu und gleichzeitig einen Antrag, den Lohnstreit einem Schiedsgericht zu unterbreiten, verworfen.

Die Zahl der vermißten Schiffe vermehrt sich in erschrecklicher Weise. So wird neuerdings gemeldet, daß drei Liverpooler Schiffe mit einer Gesammtmannschafl von 48 Personen an Bord allem An­scheine nach ihren Untergang gefunden haben müssen, da sie schon seit Monaten nichts von sich haben hören lassen und in ihren Bestim­mungshäfen nicht angelangt sind.

Amerika. General Sheridan hat dem vom Kongreß ernannten Ausschuß zur Untersuchung der Zustände in Louisiana berichtet, daß seit 1866 dasetbst 2141 Personen wegen ihrer politischen Meinungen getödtet und 2115 verwundet wurden.

Der alte Hecker warnt die Amerikaner in einem offenen Brief, die päpstliche Vice-Herrgottschaft, die bisher italienisches Fainiiieiigut gewesen, sich über die Erde ausbrciten zu lassen. Bismarck nennt er den Pfaffen-Hammer- von A. Oelschlägcr.

(Hiezu Nrv. 8 des UnterhaltuiigSblaM-)

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