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jC a l w.
Landwirthschastlicher Pezrrksverein.
Aufforderung zur Anmeldung des Bedarfes au Grassameu.
Nach Beschluß der Generalversammlung vom 30. November v. I. wird, wie seit 12 Jahren, so auch in diesem Jahre wieder der landwirthschaftliche Verein für die Landwirthe auf der Schwarzwaldseite des Bezirks den Bezug von Grassamen vermitteln und ist dazu aus der Vereinskasse ein Beitrag von -l 1LL. verwilligt worden. Der Verein hat hiebei unverrückt das Ziel im Auge, dem künstlichen Futterbau, dieser unentbehrlichen Grundlage eines verbesserten bäuerlichen Betriebes, nach Kräften Vorschub zu leisten und denselben in immer weitere Kreise auf dem Schwarzwalde einzuführen. In diesem Streben sollte ihn schon der Umstand unterstützen, daß die Viehzucht, die man früher so gerne als das nothwendige Nebel in der Landwirthschast bezeichnte, unter den jetzigen, gegen früher so gänzlich veränderten Ver- hältnissen beinahe die Hauptsache und der rentabelste Zweig im landwirthschaftlichen Betriebe geworden ist, schwunghaft aber nur da betrieben werden kann, wo ihr ein entsprechend ausgedehnter Futterbau zur Seite steht. Der Futterbau ist also für viele Wirtschaften, in denen die hohe Bedeutung der rationellen Viehzucht erkannt ist, geradezu eine Lebensfrage, wird aber unbegreif-, licherweise noch immer nicht genug gewürdigt, ja manchmal sogar", mit einem gewissen Mißtrauen oder Vorurtheil angesehen. Hie-- durch läßt sich jedoch der landwirthschaftliche Verein nicht irre- machen; er findet seine Befriedigung und die Ermunterung seines , Strebens darin, daß in einer Reihe von Orten des Bezirkes der Futterbau feste Wurzel gefaßt hat und hofft, daß ihm seine Ein-! sührung auch da noch gelingen werde, wo vielleicht einzelne miß-! lungene Versuche abschreckend gewirkt haben. Um solchen felsige--! schlagenen Versuchen entgegenzutreten, ergeht daher auch dießmal -die alljährliche wiederholte Warnung, den Grassamen nur^ in kräftige (frisch gedüngte oder in guter Dungkraft stehende)! und vollkommen reine, nie aber in verunkrautete, von Quackenwurzeln durchzogene oder gar in aus-! getragene Felder zu säen. Die Herren Ortsvorsteher oder l Lehrer würden sich ein entschiedenes Verdienst um ihre Gemeinde; erwerben, wenn sie in dieser Beziehung Warnung und Belehrung s verbreiten wollten. -
Zum Bezug von Grassamen in dem durch den Beitrag der, Vereinskasse möglich gewordenen ermäßigten Preise find nurj die Vereinsmitglieder berechtigt; Nichtmitglieder müssen, ! wenn sie dieses Vortheiles theilhaftig werden wollen, dem Vereine! beitreten. !
Auf den Morgen braucht man 30 Pfund von der Vereins-s Mischung, wozu aber noch 6Pfund rother Klee gehören, für drei der Besteller selbst zu sorgen hat.
Bei Bestellungen, die an den Vereinssecretär H'c, r la'chje r zu richten und längstens bis
Samstag, den 6. März,
mündlich oder schriftlich einzureichen sind, wird der Bedarf am besten durch Angabe der anzusäenden Morgenzahl bezeichnet. Verspätete Bestellungen können nicht mit Sicherheit auf Ausführung rechnen.
Calw, den 7. Febr. 1675. Der Vereinsvorstand:
Oberamtmann Doll.
E. Horlacher, Secr.
— Nagold , 2. Febr. Vor einigen Tagen fiel ein Bierbrauerlehr
ling in Altenstaig in den siedenden Inhalt eine« Braukessels und erlag gestern seinen entsetzlichen Brandwunden. (St.N.T.)
— Stuttgart, 4. Febr. Wie wir erfahren, ist für die Rege
lung der militärischen und administrativen Verhältnisse der Festung Ulm beider Ufer eine Vereinbarung dahin getroffen worden» daß diese Festung vorbehaltlich der Souveränetätsrechte der höchsten Territorialherren und der bestehenden EigenthumSverhältnisse einen einheitlichen Waffenplatz bildet unter einheitlichem Kommando und einheitlicher Verwaltung durch Organe des Deutschen Reichs. (St.A.)
— Der Beginn deS fünften deutschen Bunvesschießens in Stuttgart ist auf Sonntag den 1. August d. I. festgesetzt.
— Stuttgart, 4. Febr. In der heutigen öffentlichen Sitzung des Gcmeinderaths steht die Leichenoerbrennnngsfrage auf der Tagesordnung. Sie kommt aus Anlaß einer Eingabe des für die Sache gebildeten Vereins zur Erörterung. Da die Beerdigung indes durch gesetzliche Einrichtungen begründet ist, so dürfte der Gemeinderath wohl nur in der Lage sein, sich gutachtlich zu äußern. Die wirkliche Entscheidung aber liegt in der Hand der gesetzgeberischen Faktoren deS
Staates. Die betreffende Abtheilung de» Gemeinderath» hat sich, wie wir hören, für die fakultative Leichenverbrennung ausgesprochen.
— Metzingen. 5. Febr. Als diesen Morgen nach dem Frühzuge der Weichenwärter Seidel seine Bahnlinie beging, fand er oberhalb der Henning'schen Maschinenfabrik einen menschlichen Körper ohne Kopf» bei genauerem Nachsehen aber auch diesen. Nach gemachter Anzeige und sofort erfolgter Untersuchung an Ort und Stelle ergab sich, daß der hiesige Seiler Köchele, Vater von sieben Kindern, hier den Tod gesucht hatte.
— Laupheim, 3. Febr. Die muthmaßlichen beiden Raubmörder. die vor 8 Tagen die mörderische Ünthät an der Haushälterin des Heinrich Obernauer hier verübten, sind in Basel in Hast genommen worden; es sind zwei junge Menschen, noch nicht 20 Jahre alt. Der Polizeikommiffär Falschebner und der Landjägerstationskommandant von Ulm waren ihnen immer auf den Fersen; letzterer hat ihre Spur bis in die Nähe von Zürich verfolgt und sie dort erst verloren» aber die BaSler Polizei hat in einem Trödlerladen, wo der eine die geraubten Werthgegcnstände veräußern wollte» ihn verhaftet. Die abgenommenen Gegenstände wurden nach Laupheim geschickt, woselbst sie von Obernauer als die geraubten erkannt wurden. DaS blutige Drama wird sich nun vor drin Schwurgerichte Ulm abwickela.
— Au« demRoththal.2. Febr. Letzten Sonntag war in Sir- chenkirnberg eine seltene Hochzeit Braut wie Bräutigam waren je 78 Jahre alt. Diese Leutchen hatten schon mehrere Jahrzehnte zusammengelebt. Früher wurde ihnen das Heirathen nicht erlaubt, weil sie arm sind; nun im Alter hielten sic eS auch nicht mehr für nothwmdig. Allein die Frau war aus einer anderen Schnltheißerei und würde nach dem gegenwärtigen Armcnunterstützungsgesetz auSge- wiesen. „So jetzt heirathen wir", sagte der Mann, „dann kann man uns nicht inehr trennen". Und so geschah e« auch.
— Künzelsau, 3. Febr. Heute brachte ein fremder wüthender Schäferhund die Stadt in große Aufregung. Derselbe raufte mit verschiedenen Hunden. Nachdem er mit großer Mühe eingefangen und dessen Wuthkrankheit konstatirt war. wurde er sofort getödtet. Trotzdem, daß er in die Räume des SchulhauseS eindrang, wurde doch kein Mensch gebissen. Jndeß mußten mehrere zum Theil sehr werthvolle Hu nde dein Kleemeister abgrliefert werden.
Die ultramontane Presse in Baiern ist außer sich über die nicht mehr abzuwendende Einführung der Ewilehe und des Landsturms. ZS wird bejammert, geklagt, geschimpft, geflucht, gedroht und Uebles prophezeit» und zwar in allen feinen und groben Tonarten. Nach Anschauung des „Baierischen Vaterlands" wandert Perle um Perle, ein Edelstein nach dem andern von München nach Berlin, und wenn endlich au« der baierischen Königskrone keine Edelsteine und Perlen mehr henauszubrechen sind, so wird auch noch der blanke Goldreif geholt und der König von Baiern ein preußischer Statthalter.
— Auf dein ThüringerWald bekommen die Leute neuen Muth. Seit einiger Zeit gehen die Geschäfte wieder statt und wer Lust an der Arbeit hat. findet alle Hände voll zu thun. Auch die Bestellungen von Amerika sind besser geivorden, obgleich jenseits deS OceanS Handel und Wandel noch immer flau geht.
— Langensalza. 2. Febr. Gestern weigerten sich sämmtliche Tuchmacher der hiesigen ehemals Gräser'schen Actien-Tuchfabrik, die Wochenarbeit zu beginnen, um zu erzwingen, daß das gefertigte Tuch nicht nach der Mittellinie, sondern an der Salkante gemessen werde. Die Beamten dieser Fabrik sind auf diese Forderung nicht eingegangen. Die Tuchmacher, 14o an der Zahl, haben dann die Fabrik verlassen müssen und sind bis Abend an verschiedenen Orten versammelt gewesen; Unordnungen sind bis jetzt nicht vorzekommen.
— Berlin. 4. Febr. Gutem Vernehmen nach wird Rußland auch ohne Englands Mitwirkung eine internationale Vereinbarung betreffs der auf der Brüsseler Konferenz gefaßten Beschlüsse weiter betreibe».
— Es ist als feststehend anzusehen, daß die legislatorische Thälig- keit der Reichsregierung sich für die nächste Session im weiteren Umfange dem Gebiete der Gewerbe Gesetzgebung zuwenden und namentlich bezüglich des Kontraktbruchs und der Gewerbegerichtc, der gewerblichen Hilfskassen u. s. w. eintreten wird. Im Uebrigen wird bekannt, daß ein BersicherungSgesetz vorbereitet werden soll und auch der vom
! Reichstag gewünschte Entwurf über eine Reform und einheitliche Rege- ! lnng des Gefängnißwesens nicht mehr lange auf sich warten lassen wird, i — Zu größter Vorsicht in Militärsachen mahnt folgender Fall. Ein junger Mann hatte eine Frau genommen und in Görlitz eine Tabakhandlung errichtet. Da wird er zur Polizei geladen und erhält den Bescheid, daß seine Militär-Papiere nicht ganz in Ordnung seien. — Nicht in Ordnung? Ich habe mich dreimal, zuletzt 1872, bei der KrciSerfatz-Commisfion gestellt und biu wegen allgemeiner Körperschwäche zur Ersatz-Reserve 2ter Classc geschrieben worden. Ich bin also frei! — Nein, Sie haben keinen Ersatz-Reserveschein und Hachen eS versäumt, sich auch bei der Departements-Ersatz-Commission zu