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wurf, betreffend die Regelung der Rechtsverhältnisse der ländlichen Arbeiten, sich mit der Frage der kriminellen Bestrafung des Kontrakt« bruchs beschäftige. Diese Frage sei im Gegentheil von dem Bereich der in Rede stehenden Gesetzesvorlage principiell gänzlich auSgeschie- den. Die letztere habe vielmehr den Zweck, die rechtliche Grundlage dcS ländlichen Arbeitervertrages, für welche bei den itotal veränderten wirthschastlichen Verhältnissen die landrechtlichen Bestimmungen sowohl vom Standpunkte der Arbeitgeber als der Arbeiter aus völlig unzu­reichend find, nm zu ordnen und in Einklang mit den realen Der« hältniffen zu bringen. Ebenso falsch sei die Behauptung, daß der genannte Entwurf lediglich die Interessen der Arbeitgeber zur Gel­tung bringen wolle. ES werde der Entwurf unter Anderem in an­gemessener Weise die zum Schutze der gewerblichen Arbeiter durch die Reichsgesetzgebung gegebenen Bestimmungen auf die ländlichen Arbei­ter ausdehnen und dadurch die Lücke auSzufüllen versuchen, welche seinerzeit in dem bezüglichen Reichsgesetze gelassen wurde.

Wir bekommen eine Reichsbank in Berlin mit zahlreichen Filialen in größeren und kleineren Städten des Reiches. Diese Bank ist eine schwere Gebart; schon in den Commissionen hat sie viel Kopf­zerbrechen« gemacht, e» waren fast so viel Ansichten als Köpfe, wie sie einzurichten, auSzustatten u. s. w. sei. Auch im Reichstage selbst warm die Verhandlungen über da« Bankgesetz lebhaft, aber was das große Publikum betrifft, so ergeht es ihnen wie weiland Klopstocks Messias: sie sind den meisten etwas dunkel und mehr angestaunt und bewundert als gelesen und verstanden. Eine Forderung, welche die Regierung anfangs stellte und hartnäckig vertrat, hat auch der Reichs- tag nicht verstanden und gewürdigt, nämlich das Privilegium der kommunalen Steuerfreiheit für die Reichsbank und ihre zahlreichen Filiale. Wie sollen diese Banken, also reine Geldgeschäfte, dazu kom-

2) dm Senat, dessen Zusammensetzung und Befugnisse ein besrmdereS Gesetz regeln wird."

Paris, 27. Jan. Der Kaiserliche Prinz hat die bonapartisti« scheu Candidaten ermächtigt, seine baldige Appellation an'S Volk in Aussicht zu stellen. DerfH erzog von Feltre hat dieß positiv den Wäh» lern des Departement cüteS du Nord versichert.

Spanien. Madrid, 28. Jan. Die Regierungstruppm besetzten Pueyo (Ort in der Provinz Navarra an der Straße nach Pampelona gelegen). Die Carlisten zogen sich ohne Widerstand auf Artacoz zurück, welches gleich darauf ebenfalls genommen wurde. Die deutsche Regierung richtete, wie verlautet, an den Maire und die Einwohner von Guetaria ein Dankschreiben für die Unterstützung, welche der Mannschaft der BriggGustav" dort zu Theil wurde.

Aus Madrid wird derAgence Havas" vom 28. Jan. gemel- det: Die Regierungstruppen haben 3 wichtige Positionen im Thale von Carascal genommen und rückten langsam vor. Ein Bataillon und 3 Kompagnien Miquelets, welche in der vergangenen Nacht in Guetaria ausgeschifft worden, haben Zarauz besetzt. Für morgen steht ein allgemeiner Angriff bevor.

men, keine Steuern an die Stadtkassen zu zahlm? Diese Steuer- freiheit wäre viel unverständlicher noch und jedenfalls viel 'unbegründe- ter als die Steuerfreiheit der Offiziere. Der Reichstag hat daher dieses Steuerprivilegium mit großer Mehrheit (in 2ter Lesung) verworfen.

Berlin» 30. Jan. Heute findet die dritte Lesung des Bank- gesetzeS statt; dem Vernehmen nach soll der Reichstag heute Abend durch dm Fürsten Bismarck geschlossen werden.

Wie dieBörs.- und Handelsz." hört, dürfte man auf dem Wege sein, einen Platz für das künftige Parlamentsgebäude zu er­zielen. Der Anfang dazu wäre durch die Erwerbung des fürstlich Radziwill'schen Grundstücks in der Wilhelmsstraße gemacht. Es sollen mit dein Geh. Hofbuchdrucker v. Decker Verhandlungen über den Verkauf seine« Wilhelmsstraße 75 belesenen und ebenfalls nach der Königgrätzerstraße zu durchführenden Grundstücks angeknüpft worden sein, die Aussicht haben, zu einem günstigeren Resultate zu führen. Ist dieß der Fall, dann wäre der geeignete Platz für das definitive Parlamentsgebäude gefunden und liegt es dann in der Absicht, auf den drei umfangreichen Grundstücken: v. Decker Nr. 75, des AuS- wärtigen Amts Nr. 76 und des Radziwill'schen Palais Nr. 77 in der Wilhelmsstraße, das Parlamentsgebäude und außerdem noch Bau­lichkeiten für die Verwaltung des Deutschen Reiches, darunter auch ein Hotel für den Reichskanzler, zu errichten. Das Parlamentsgebäude würde für diesen Fall auf den an der Königgrätzerstraße belegenen

Vermischtes.

Folgende ergötzliche Verwechslung berichtet dieOesterr. Buch» drucker-Zeitung":In der Druckerei desAthenäum" in Pest wer­den das deakistische TagblattNaplo" und der oppositionelleHon" gedruckt, was trotz des entgegengesetzten Inhalts bisher zu keinen Kol» lisionen Veranlassung gab. In einer der letzten Dezember-Nächte des eben vergangenen Jahres jedoch geschah es, daß die friedlich aus den Schließplatten nebeneinander ruhenden inneren Formen der beiden feind­lichen Blätter von politisch unkundigen Händen verwechselt und die zweite Form desHon" unvermerkt auf die bereits ausgedruckte erste Form desNaplo" gedruckt wurde, sowie die zweite Form desNaplo" auf die erste desHon". Man kann sich denken, welche Sensation selbe Nummern dieser beiden Blätter unter ihren Lesern hervorgerufen haben würden, wenn nicht der Mißgriff noch vor ihrer Expedition ent» deckt worden wäre und diese beiden Tagesblätter hieranf das seltene Ereigniß einerzweiten Auflage" erlebt hätten.

(Erklärung über die Erscheinungen der Stigmatißrnng). Ge- wisse fromme Herren scheinen sehr eifrig wissenschaftlichen Studien obzuliegen und namentlich sehr fleißige und tüchtige Chemiker zu sein. In der naturforschenden Gesellschaft in Zürich machte Professor Weith Mittheilungen über ein Verfahren, dieErscheinungender Stigmatisirung, wie sie z. B. die Louise Lateau zeigt, welche jeden Freitag an be­stimmten Stellen des Körpers Blut schwitzt, auf chemischem Wege künstlich hervorzubringen. Bekanntlich wird diesesWunder" von einer gewissen Partei ausgebeutet und hat große Aufregung in der katholischen Bevölkerung hervorgerusen. Reibt man die Haut mit einer Lösung von Eisenchlorid oder besser noch von schwefelsaurem Eisenoxyd ein, welche Operation durchaus keine sichtbaren Spuren hinterläßt, und besprengt man dann die betr. Stellen mit der sehr verdünnten wässerigen Lösung des Rhodankaliums, so tritt in auffallendster Weise eine höchst starke scheinbare Blutung ein. Der Vorgang beruht auf der bekannten Umsetzung des Rhodankaliums mit der Eisenverbindung';

Theil der Grundstücke errichtet werden, während die Dienstgebäude deS s es entsteht lösliches Eisenrhodanid, welches sich durch seine rein blut Reichs an der Front nach der Wilhelmsstraße zu errichtet werden sollen, j rothe Farbe auszeichnet. Durch Vorführung einer vorher mit Eisen-

Nach den dem Reichstage gemachten Vorlagen soll das Gebiet der Stadt Straßburg um ein Bedeutendes erweitert werden, in- dem die Umwallung derselben, d. h. die Befestigung der eigentlichen Stadt ziemlich weiter hinausgerückt werden soll. Unbefangen betrach, tet, sollte die Maßregel von der Bevölkerung freudig begrüßt werden, da sie der Stadt, welche alle Bedingungen eines bedeutenden Wachs­thums in sich vereinigt, gestattet, sich freier zu entfalten. Der Par- teigeist, der Alles, was von der deutschen Regierung geboten wird, bekritelt, sucht die öffentliche Meinung aber im gegentheiligen Sinne zu bearbeiten; zumal die Stadt dem Militärfiscus für Abtretung des durch Hinausschiebung der Festungswerke frei «werdenden Areals die Summe von 17 Millionen Mark zu entrichten hätte. Doch wird der gesunde Sinn der Bevölkerung, deren intelligenterer Theil

chlorid bestrichenen Person, welche dann mit der völlig farblosen Lösung von Rhodankalium besprengt wurde, konnten sich die Mitglie­der der Gesellschaft von der überraschenden Wirkung dieses chemischen Kunststückes überzeugen.

Ueber den Louise Lateau-Schwindel berichtet man aus Hessen: Gerechtes Aufsehen erregt überall eine kürzlich erschienene Broschüre des Dr. B. Johnen, Spitalarzt in Düren, betitelt:Louise Lateau, die Stigmatisirte von Bois d'Haine, kein Wunder, sondern Täuschung" (Leipzig und Köln bei Ed. Heinr. Mayer). Der Herr Verfasser, ein treuer Sohn der katholischen Kirche, wie er selbst sagt, hat dieses Büchlein geschrieben, weil er der Ueberzeugung ist, daß nur die Wahrheit der Kirche von Nutzen sein kann , nicht aber eine so entwürdigende Comödie. An der Hand der Berichte des Prö­

das Projekt in einer Eingabe jan den Reichskanzler befürwortet hat, fessor Lefebure, Professor Röhling, Majunke u. A. weist er nach, daß auch hierin zum Durchbruch gelangen. derenwissenschaftliche Untersuchungen" nichts von Wissenschaft

Frankreich. Versailles, 29. Jan. Die Nationalversamm- an sich tragen, sondern nur darauf berechnet sind, dem Partei-Jnter»

lung hat bei fortgesetzter Berathung der konstitutionellen Gesetze das esse zu dienen. Die ganze Geschichte von der Stigmatisirten ist

Amendement Laboulaye's, welches ausspricht, '-daß die Regierung der unseres Bedünk-ns ein so unverschleierter Humbug, daß wir nie haben

Republik aus 2 Kammern und einem Präsidenten bestehe," mit 359

begreifen können, wie Leute von gesundem Menschenverstand diesem

gegen 335 Stimmen verworfen. Hierauf wird der ganze Artikel I. klerikalen FachstnachtSscherz so vlel Bedeutung beilegen', und so viel des Entwurfes Bentavon in folgender Fassung angenommen:Die Buchdrnckerschwärze daran verschwenden konnten. Die uns^vorliegenden

gesetzgebende Gewalt wird durch zwei Versammlungen ausgeübt: 1) Die Deputirtenkammer, welche auf Grund des allgemeinen Stimm

Proben aus den Berichten jener sogenanntenMänner der Wissenschaft" sind geradezu kindisch und werfen ein für Deutsche unbegreiflich trauriges

rechts in Gem äßheit eines zu erlassenden Wahlgesetzes gewählt wird; Streiflicht aus d ie wissenschaftliche Bildung der Beobachter Louisens

Redigirt. gedruckt und verlegt von A. Oels chläger.