^chendes Auditorium um ihn versammelt. Hr. Müller gab nicht, was wohl Manche erwartet haben, eine Kritik des klassischen Trauerspiels, sondern in vollkommen richtiger Würdigung des Umstandes, daß wohl bei dem kleinsten Theile seiner Zuhörer und Zuhörerinnen eine Be. kanntschaft mit SophocleS und speciell mit seiner Antigone und der damit zusammenhängenden OedipuS-Sage vorouSzusetzen sei, zuerst eine Schilderung dieser an dramatischen jEffekten so reichen Sage aus der griechischen Vorzeit und dann zu leichterem Lerständniß eine In- Halts-Uebersicht des Drama'SAntigone", wodurch freilich für Viele der Reiz der Spannung, den die Entwicklung eines Dramas mit sich bringt, verloren ging. Die Vorlesung des Dramas selbst erlitt durch das Auslassen der meisten Chöre, die im griechischen Trauerspiel in der Regel die Stimme der öffentlichen Meinung und der Moral zum Ausdruck bringen wollen, eine für den Eindruck des Ganzen unschäd­liche Abkürzung; diese Chöre, meinte der Hr. Redner, verlieren beim einfachen Vorlesen viel von der ihnen innewohnenden Kraft, die bei öffentlichen Aufführungen erst im Gewände der Musik, das ihnen Mendelssohn angelegt, ihre volle, gewaltige Wirkung übe. Möchten uns, ehe der Winter vollends zu Ende geht, von berufener und be­fähigter Seite noch mehrere solcher Vorträge zu Theil werden; auf­merksame Theilnahme wird denselben nie fehlen, und sind wir zudem dem Hrn. Stifter des Georgenäums diesen Beweis schuldig, wie hoch wir seine Stiftung zu schätzen wissen.Als ein kleines Zeichen der Zeit soll schließlich noch erwähnt werden, daß von der Doppelreihe wißbegieriger Schüler kein einziger noch in der Schule der Artigkeit gewesen zu sein scheint, die es ihnen zur angenehmen Pflicht gemacht hätte, den vielen älteren Herren, die zum Stehen verurtheilt waren, ihre Sitzplätze anzubieten.

Kniebis, LI. Jan. Heute früh halb 1 Uhr wurde hier während eines furchtbaren Sturmes ein Erdbeben mit 3 schnell auf einander­folgenden Erdstößen verspürt bei einer,-Temperatur von -s- 50 k.

Eningen, 21. Jan., 3 Uhr Abends. So eben wurde hier

ein Erdbeben verspürt, mit sehr bemerkbarem Heben und Sinken des Bodens und der Wände. Sitzende sprangen von den Stühlen auf bei der unheimlichen Bewegung unter ihnen. Dabei braust gewaltiger Sturm. (Schw. 'Ul.)

Karlsruhe, 21. Jan. Eine hiesige Bäckersfrau saß kürzlich

in der Dämmerstunde im Laden und vernahm plötzlich ein leises Ge­räusch, dem sie jedoch, in der Meinung, daß es von einer Maus her- rühre, keine weitere Beachtung schenkte. Plötzlich eilte Jemand zur Thüre herein und rief:Komme Se doch schnell raus, alleweil het ene Einer d'Scheib mit eme Demant rausg'schnitte und hat ene en Apfelkuche un e Käskuche ausg'führt. Dort braune schpiingt'r noch! Bis die behäbige Bäckersfrau die Burschen gerufen und Letztere mit ihren Schlappen bekleidet auf der Straße erschienen, war der Dieb mit seiner Beute über den Ludwigsplatz aus dem Gesichtskreise entschwun­den und hat sich an sicherem Orte die Kuchen jedenfalls trefflich schmecken lassen. (K. N.)

Berlin» -2. Jan., 5 Uh: 10 Min. Abends. Gestern Abend sind die ersten offiziellen Nachrichten vom Nautilus an .die Admirali­tät eingelaufen. Der Kommandant Zembsch meldet, daß er am 14. eine Rekognoszirunz gegen Zarauz ansgeführt, aber ohne einen,Schuß abgefeucrt oder eine Landung bewerkstelligt zu haben. Nach der Rekog

spürten ein« schaukelnde Bewegung und sahen, wie einige schwere, zu« Gebrauch für Bauhandwerker fertige Steine von ihrem bisherigen Platze auf einen andern Ort, 2 bis 3 Meter weit, fortgeschoben wurden. Ein anderer, in einer Arbeitshütte anwesender Arbeiter­wurde. mit der Hütte leicht gehoben. Mit höchst vernehmbarem Ge« krach stürzten im gleichen Augenblicke Steine Und Stcingewölbe, Lehm und schwarze Erde in Masse in die Tiefe, und kaum fanden die Arbeitcr Zeit, sich zurück,»ziehen. Man kann die Erdrisse und zer­klüfteten Felsmassen nur mit Staune» betrachten. Sich aber in un­mittelbare Nähe zu begeben, dürfte mit einiger Gefahr verbunden sein, da einzelne Risse bis zu 3 Meter breit sind.

Wien, 22. Jan. Dem Telcgrophenkorrespondenzbureau wird aus Konstantins pel von heute als offiziell mitgetheilt: Die Pforte verzichtete in der Podgoricza-Affaire auf die Bedingung, daß die betheiligten Montenegriner durch türkische Gerichte abgeurtheilt würden, ausdrücklich, womit der friedlichen Lösung der ganzen Ange­legenheit kein Hinderniß mehr entgegensteht.

Schweiz. Bern, 21. Jan. jJn Folge tumultuarischer Auf» tritte Seitens der Ultramontancn anläßlich einer altkatholischen Taufe in Combefiöres und Bardonnex hat der Staatsrath von Genf mili­tärische Maßregeln angeordnet, verschiedene Verhaftungen vornehmen, insbesondere die Maires beider Ortschaften verhaften lassen.

Bern, 22. Jan. Der Bundcsrath verbot wegen des Auftre­tens der Reblaus von Annaberg bis Bonn die Einfuhr von Wurzel- reben und Rebholz aus Rheinpreußen.

Frankreich. Paris, 21. Jan. Ein heute Morgens im Ely» see abgehaltener Ministerrath beschloß, in die heutige DiScussion der Verfassungsgesetzc nicht einzutreten und seine Erklärung, wenn er über­haupt eine abgebe, auf die zweite Berathung zu verspüren. Der Mar­schall fuhr um 1 Uhr zu Wagen nach Versailles. Dort herrscht große Aufregung. Fast alle Deputaten, auch Thiers, sind anwesend. Letzterer hält die Lage für äußerst verwirrt; er sagte: die Lage ist verwickelter denn je. Prophezeihungen wagt kein Unparteiischer; ein parlamentarischer Zwischenfall kann alle Voraussetzungen umstoßen» Gerüchte, der Marschall werde zurücktreten, falls die Republik durch­gehe, Verden noch fortwährend hartnäckig in Umlauf gesetzt, um die Furchtsamen des rechten Zentrums einzuschüchtern. Broglie hat übri­gens noch nicht die Hoffnung aufgcgeben, an die Spitze des CabinetS- zu kommen. Er hatte heute eine lange. Unterredung mit Fourtou.

England. London, 22. Jan. Die für die deutsche Regie­rung auf der Samuda'schen Werft erbaute PanzerfrcgatteKaiser" machte gestern mit den deutschen Kommissären an Bord, eine Probe­fahrt. Der Zustand, die Schnelligkeit und die Maschinen des Schiffs befriedigten außerordentlich.

Italien. D' h. Vater in Rom isi's zu Muthe, als ob- Hannibal vo>- Choren stände. Garibaldi siedelt nämlich nach Rom üb ' ui seinen Sitz im Parlament einzunehmen und mehr unter cnschen zu sein. Seine alten Kriegskameraden wollen ihn feierlich in rothen Hemden und Hahnenfedern empfangen.

Der Gedanke einer National-Subscription für Garibaldi ist auf fruchtbares Erdreich gefallen. Aus allen Theilen Italiens laufen Nachrichten ein, daß die Sache mit Enthusiasmus ausgenommen wird» Allem Anscheine nach wird auf diesem Wege, gegen den der alte Hau­

uoSzinmg ist der Nautilus noch am selben Abend im Hafen von I degen kaum etwas wird einwenden können, eine ergiebige Summe be

Passages eingelaufen, wo er noch jetzt vor Anker liegend die übrigen deutschen Kriegsschiffe erwartet. Der Nautilus hat sich demnach jedes Angriffe« auf die Carlisten enthalten.

Prinz Friedrich Karl liegt noch immer an seinem verletzten Fuße danieder. Als sein Arzt, der berühmte Langenbeck, ihn besuchte und ihn, den kranken Fuß im Stiefel aus dem Svpha liegend fand, sagte ec: Ja. Königl. Hoheit, so kann der Fuß freilich ^unmöglich heilen!

Möglich, lieber Geheimerath, antwortete der Prinz, aber ein Hohen- zoller trägt einmal keinen Pantoffel!

schafft und ihm für den Rest seiner Tage ein sorgenfreies Leben er­möglicht werden.

Eine von 160 französsischen, italienischen, spanischen, deutschen, österreichischen, belgischen und holländischen Bischöfen und von mehr als 3 Millionen Priestern und Leien Unterzeichnete Bittschrift, welche vor wenigen Tagen überreicht wurde, bestürmt den Papst, die katho­lische Kirche dem heiligen Herzen Jesu zu weihen. Wenn man nur wüßte, was das eigentlich heißen soll und zu bedeuten hat!j

Spanien. Madrid, 2l. Jan. Die spanischen vor Zaranz

Wesel, IR Jan. Heute gegen Abend traf der frühere Bischof liegenden Kriegsschiffe werden morgen die Beschießung dieses Ortes be­ginnen. 48 Karlistenoffiziere, die sich in Bayonne aufhielten, haben

den nörd»

Martin von Paderborn hier ein, um auf hiesiger Zitadelle, wo 2

Zimmer für ihn eingerichtet sind, seine Festungsstrafe zu verbüßen.! sich für König Alfons erklärt. Die Karlisten heben in Vom Bahnhofe aus wurde derselbe von 'einigen Mitgliedern des ka-glichen Provinzen 17jährige Knaben zum Dienst aus. tholischen Kirchenvorstandes per Wagen zur Stadt geleitet, woselbst! Madrid, 22. Jan. Di: Karlisten bedrohen, falls Zarauz ihn der hiesige Kommandant, Herr Generalmajor v. Zedtwitz, in! beschossen würde, die dortigen Deutschen, den Kapitän Zepplin und

Empfaag nahm.

RonSdorf, 16. Jan. Aus noch nicht aufgeklärten Ursachen erfolgte in dieser Woche sauf dem Eigenthume der Steinbruchbesitzer HH. Franz Gries und Karl Kiekuth zu Blombacherbach hiesiger Ge­meinde eine gewaltige, mehrere Stunden anhackende Erderschütterung. Dieselbe beschränkte sich auf eine Fläche von etwa 1IV 2 Ar und richtete in den Steinbrüchen und angrenzenden Waldungen eine groß­artige Verwüstung an. Zumeist wurde die Erschütterung wahrgenvm

einige Matrosen der BriggGustav" mit Gewaltthaten. Die Re­gierung nimmt deßhalb mit Rücksicht auf die Deutschen und die Le­bensgefährdung derselben Anstand, gegen Zarauz vorzugehen.

Barcelona, 21. Jan. 3000 Karlisten unter Tristany und Moret nahmen gestern im Sturm das 6 Meilen von hier entfernte Granollers, begingen viele Grausamkeiten und führten sämmtliche Mitglieder des Gemeinderaths weg. Es heißt, daß die Karlisten einen Handstreich auf Barcelona vorbereiten, welches sie unter

men v on einigen eben dort an die Arbeit gehenden Arbeitern. Diese der Mitwirkung der Republikaner zu nehmen hoffen.

Redigirt, gedruckt und vnlegt von A. Oelschlägcr.