Erscheinungsweise: täglich mit Ausnahme cker Sonn- unck Festtage

Anzeigenpreis: s) im Anzeigenteil: äie Zeile IS Solckpfenm'ge d) im keklameteil: öle Zeile SO Solclpfennige

Aus Sammelanzeigen kommen 50"/» Zuschlag

Für platzvorschristen kann keine Sewähr übernommen weräen

Strichlisten« für beirlr peile ist (alw.

klmts- unä Knzeigeblalt für den Oberamtsbezirk Calw

MM

Bezugspreis:

3n cker Ztackt 40 Solckpfennlge wöchentlich mit ^rägerlohn Post-Bezugspreis 40 Solck- pfennige ohne Lestellgelä

Schluß cker Anzeigen­annahme L!lhr vonnittags

3n Füllen höherer Sewalt besteht kein Anspruch auf Lieferung cler Seitung cxler auf NrULzahlung des LezuqrpreifeS

Fernsprecher Nr. S

verantwort!. Schriflleitung: Frieärich Hans Scheele Druck un<l Verlag cker A. Oelschläger'schen Luchciruckerei.

Nr. 66

Samstag, de« 20. März 1920.

100. Jahrgang.

Dr. Cnrtius über die Grundzttge der WirtschsfLspolitik.

LU D-rlin» 20. Marz. In der g.strigen Sleichslagssitz.nig legte Reichswirtschastsininister Dr. Cnrtius die Erundzüge der gegenwärtigen Wirtschaftspolitik dar, wobei er zunächst auf die außeuhandelspolitischcn Fragen zu sprcLeu iam. Der Han­delsumsatz Deutschlands im Jahre 1022, so fthne der Minister aus, beläuft sich in Ein- und Ausfuhr auf 21,2 Milliarden Mk. Das sind 30 Prozent mehr gegenüber 1924.

Unsere Handelsbilanz ist aber immer noch passiv gewesen. Wenn in den Monaten Januar und Februar des Jahres die Monatsbilanz aktiv geworden ist, so beruht dieser Wechsel in er­ster Linie auf einem starken Rückgang der Einfuhr und erst in zweiter Linie auf einer geringen Hebung der Ausfuhr. Der Umschwung beruht vor allem auch auf dem Schwinden unserer Kaufkraft und der akuten Krisis der deutschen Wirtschaft. Un­sere ungedeckte Lebe-nsmittcleinfuhr zeigt eine ungeheure Be­lastung. Rcalpolitifch ist weder in der Gegenwart, noch in der nächsten Zukunft damit zu rechnen, daß wir aus der eigenen Scholle uns vollständig ernähren können.

Der Existenzkampf zwingt uns, auch ohne jede Rücksicht aus den Dawropla» die Ausfuhr zu steigern.

Ein wesentliches Mittel, die unserer Ausfuhr fast überall in der Welt bereiteten Schwierigkeiten zu überwinden, liegt in einer erhöhten Aktivität unserer Handelsvertragspolitik. Vor allem kommt es darauf an, auf einen böseren arbeitsteiligen Han- delsausgleich in Europa selbst hinzuarbeiten. Leitender Ge­danke bei unseren HandelsvertragSverhanidlungen war der Grundsatz der Meistbegünstigung. Dies ist für mich kein Dogma, sondern nur ein Mittel der Handelspolitik, das nicht auf alle Zeiten zu gelten brauche. Für die Gegenwart aber bleibt uns keine andere Wahl.

Ein Abweichen von der Linie der Meistbegünstigung wurde ein gefährliches Experiment bedeute».

Die tatkräftige Verfolgung der Handclsoerlragspolitik ist auch durch den Währungszerfall in anderen Staaten erheblich verzögert und gestört und unser gesamter Innen- und Außen­handel durch das Valutadumping geschädigt worden. Hier durchgreifende Abhilfe zu schaffen, liegt außerhalb der Einwir­kung auf die Handelspolitik eines einzelnen Landes. Die Lö­sung dieses Problems dürfte eine der dankbarsten Aufgaben für die kommende Wcliwirischaftskonferenz sein.

Bei Behandlung der deutsch-französische,, Handelsvertrags- Verhandlungen ging der Minister mit einigen Worten aus die internationalen Eisemoirischaftsverhandlunge» ein. Das Schie­nenkartell ist znstandegekommen, aber die Meldungen über seinen Inhalt waren verfrüht und irreführend.

Die -Regierung werde darüber wachen, daß die deutsch-franzö­sischen Handelsvertrogsoerhandlungen nicht durch die internatio­nalen Eiscnwirtskbaftsverhandlnngci, gestört würden.

Die Entwicklung der englischen Schutzzollpolitik verfolge

» -

Grundgedanken deS Dawcsplancs.

In seinem Bericht vom 30. November 1925 habe der General­agent für Reparationszahlungen den Gläubigerstaaten sehr ernste Vorhaltungen über ihre Wirtschaftspolitik gcinacht. Die Reichs- rcgiervng habe dafür zu sorgen, daß die Durchführung des Pla­nes nicht Unmögliches fordere. Eine Gefährdung der deutschen Sozialpolitik durch die Durchführung des Dawesplanes sei bis­her nicht festzustellen. Einen übermächtigen Druck werde Deutsch­land nur bis zu der Grenze ertragen, wo eine Verelendung des deutschen Volkes beginnen werde. Es wird dann ans die vorü­bergehenden Hilfsmaßnahmen der Rcichsregierung cingegangen und besonders hervorgehobcn,

daß die Lege des Ruhrkohlenbergbaues äußerst gedrückt sei. Sollten die Sch-vieri gleiten bis zum 1. Mai andanern, so wür­den Mittel zur Unterstützung des deutschen Steinkohlenberg­baues frcigemacht werden. Ueber den NotstandSakiionen dürften aber die Maßnahmen zur Herbeiführung der Konsolidierung der Gesamtwirtschaft nicht vergessen werden. Die Herabsetzung des Reichsoankdiskontes habe zur Belebung des Kapitalmarktes schon wesentlich beigetragen.

Es werde erwogen, ob nicht eine neue Herabsetzung des RrichsbankdiskontrL diese Entwicklnng weiter zn fördern vermöchte.

Die Bemühungen »m die Hebung des Nealkredites würden fort­gesetzt. Sollte die ungeheure Arbeitslosigkeit weiterhin bestehen bleiben, so müsse für großzügige Siedlung und Verpflanzung von Arbeitskräften auf das Land gesorgt werden. Der Umstel­lungsprozeß sei in vollen, Gange. Die Reichsregicrung könnte nur mi ^beschränkten Mitteln Helsen. Die Reichsregicrung sei fest entschlossen, selbst zu rationieren und die angckündigte Ver- malrungSreform bald ins Werk zu setzen. Sie werde auch dafür sorgen, daß die Wirtschaft an den Staatsfunktionen richtig Mit­wirken könne

Es sei zn hoffen, daß- der Ge ft hem wmf für den endgülti­gen ReichswirtschnftSrat in der Sommertagnng verab­schiedet werden könne.

Ein Gesetzentwurf über die Errichtung von Verwaltungssenaten beim Reichsgericht liege dem Reichstag vor. Er gliedere auch das Reichswirtschaftsgericht dem Reichsgericht an. Der Wirt­schaft müsse auch Anteil an der Staatsverwaltung gewährt werden. Diesem Erfordernis sei das Nelchswirtschaftsministe- rium in weitgehendem Maße entgegcngekommcn. Es bestehe eine ständige Fühlung zwischen dem Ministerium und den großen Spitzcnverbänden der Arbeitgeber und Arbeitnehmcr-

An das Expo'ö von Dr. Curtius, schloß sich eine lange De­batte über die Ursachen der Wirtschaftskrise, die, je nach der Par- teieinstcllung, recht verschieden gedeutet wurden.

Dss WlrWstMWWll her RWreßiewW

die Negierung mit großer

Um Deutschlands Bölkerdundspolitik.

Die Aussprache über Genf.

3«stim»n»»«g der Regierungsparteien.

Di« Parteiführer Leim Kanzler.

TU Berlin, 20. März. Der Reichskanzler hat gestern vormit­tag die Führer der Regierungsparteien empfangen und sie van dem Verlauf der Genfer Konferenz unterrichtet. Dr. St rest­mann sprach über die Ergebnisse und die jetzige Lage.

Ueber die Besprechung mit den Vertretern der Regierungs­parteien wird folgende amtliche Verlautbarung ausgcgeben:

In "er Reichskanzlei fand »ine Besprechnng der Regierung «it dem interfraktionellen Ausschuß der Regierungsparteien über di« Genfer Lage statt. Die Aussprache, die sich a die Aus- sühruugen des Reichskanzlers und des Reichsaußenministers knüpfte, wird die Grundlage für die Stellungnahme der Fraktio­nen bilden.

Weitere Parteiführer-Empfänge.

Heute werden die Fraktionsfuhrer der Sozialdemokratie und der Dcutschnationalen vom Reichskanzler und Reichsantzenmini- fter empfangen worden. Desgleichen sind die Vertreter der Wirt­schaftlichen Bereinigung für heul« nachmittag in die Reichskanz­lei gebeten.

Die Regierungsparteien für Fortsetzung der Loearnopolikik.

TU Berlin, 20. März. Die Regierungsparteien werde«, wie dirGermania" meldet, zum Schluß der außenpolitischen Aus­sprache des Reichstages eine Entschließung einbring,«, i» der dir Haltung de» deutschen Delegation in Senf gebilligt wir». Die Entschließung wird in einer Form abgefaßt sein, die der Sozialdemokratie djc Zustimmung ermöglicht.

Auch rin d-utschvölkischsr Antrag auf Zurückziehung des deutschen Auflrahmegrsuches.

TU Berlin, 20. März. Nach den Komnrunisten habe» jetzt auch die Deutschvölkischen im Reichstag einen Antrag einge- bracht, der die Reichsregicrung auffordert, wegen der veränder­ten Lage das Gesuch um Ausnahme in den Völkerbund zurückzu- zichen.

Der Arbeitsplan de» Reichstage».

Das Programm der Reichstagefitzungen bis Oster«.

TU Berlin, 20. März. Der Aeltestenrat des Reichstags ver­ständigte sich über das Programm des Reichstags bis zur Oster­pause in folgender Weise. Nach der Erledigung des Etats des Relchswirkschastsministeriums werden morgen noch die Etats des Reichspräsidenten und des Reichstags erledigt werden. Am Montag mn 11 Uhr soll die -nsammengefaßte Beratung der Etats des Reichskanzlers und des Auswärtigen Amts begin­nen, mit der die Debatte über di« Genfer Konferenz verbunden sein wird. Im übrigen soll versucht werden, die Etatsberatun- gen vollständig bis zum Samstag, den 27. März, abzuschließen. Sollte das nicht gelingen, so wird auch in der übernächsten Woche bis zum 31. März getagt werden. Auf jeden Fall sollen die Etatsberatrmgen vor dem 1. April beendet werden.

*

Dr. Reinhold über die Steuersenkung.

TU Berlin, 20. März. Im Steuerausschuß des Reichstages erklärte Reichsfinanzminister Dr. Reinhold bet der Beratung des Steuermilderungsgesetze», daß augenblicklich Stichproben im Gang leien, wie sich die Besteuerung der Landwirtschaft praktisch

Tages-Spiegel.

Im Reichstag gab gestern der Neichswirtschaftsminister Dr. Currin? d?s Wirtsck^stkprcgramni der Reichsregierung in eingehender Welse bekannt.

Im Steuerausschuß des Reichstags erläuterte ReichssinaNMini- stcr D». Reinhold Einzrlfragen des Steuersenknngsprogramms.

Die Regierungsparteien haben sich für djx Forlftknn-, de» Lo» carnvpolitk und für ein Vertrauensvotum für die Negierung entschlossen.

«

Die Londoner Arbeitszeittonserenz ist gestern früh halb 3 Uhr

durch Unterzeichnung des Schlußprotokolls erfolgreich beendet worden.

In der Kammerkommission für auswärtige Angelegenheiten be­richtete gestern Loucheur über die Eenfer Böllerboudstagung.

*

Der amerikanische Gesandte in de, Schweiz ist erneut beauftragt worden, in Genf den Vorschlag zu machen, daß nach ^er Ent­waffnungskonferenz des Völkerbundes eine Abrüstungskonfe­renz in Washington stattfinde.

Der Präsident der Republik Griechenland, Conduriot, hat dem Mmisterprüsideuten seinen Rücktritt mitgeteilt. Der Präsident hat seinen Rücktritt mit Gesundheitsrücksichten begründet.

I« Laste! Rosso (Italien) wurde« bei einem schwere» Erdbeben 1 Person getötet und 3 schwer verletzt. 7V Häuser wurden zer­trümmert und mehrere beschädigt.

Infolge Explosion von Feuerwerkskörpern entstand in Tokio ln dem Stadl teil Sugamo eine Fenersbrunst, »ie 800 Hänser völ­lig zerstört«. Etwa 70V0 Menschen sind oRmchlos.

auswirke. Auch heute halte er daran fest, daß die Realsteuern in gleicher Weise wie die Umsatzsteuer produktionsverteuernd wirken. In die Pn.'nng wri.'-r'r Erw-rrnismatznaLmen bei den öffentlichen Ausgaben werde sofort eingetreten. Staatssekretär Popitz bestritt, daß die große Landwirtschaft bevorzugt werde. ES sei richtig, daß nach obenhin die Zahl der veranlagten Land­wirte abnehme. Das sei aber darauf zurückzuführen, daß nach oben auch die Schuldenlast in der Landwirtschaft zunehmc, die enorme Zinsen erfordere. Wenn es der Landwirtschaft wieder bester gehe, werde sich ohnehin das jetzige Mißverhältnis in der steuerlichen Belastung mildern.

Die Unterredung

Briand-SLresemann.

TU Berlin, 20. März. Ueber die letzte Unterredung, die zwischen Briand und Stresemann in Genf stattfand, gibt Havas, wie die Morgenblätter melden, folgende ergänzend« Einzelhei­ten bekannt: Beide Staatsmänner hätten sich damit bei.häftlgt, durch welche Mittel am besten ihre Zusammenarbeit am Werke des europäischen Friedens inniger gestaltet werden könne. Es schein«, daß Briand und Stresemann drei Punkt« ins Auge ge­faßt hätten. Der eiffte betrejfe die Teilnahme Deutschlands an dem Ausschuß, der vor der Septembertagung eine Umbildung dss Völkerbundsrates prüfen soll. Frankreich und England würden fordern, daß Deutschland an diesem Ausschuß teilnehme in der Annahme, daß das eines der sichersten Mittel sei, di« We- derkehr der Ereignisse der letzten Tage zu vermeiden. Briand und Stresemann hätten sich anscheinend auch darüber unterhal­ten, was die deutsche Presse di« Rückwirkungen von Locarno nenne. Es Handel« sich um die Konsequenzen politischer und wirtschaftlicher Art, die notwendigerweise eine derartige Zusam­menarbeit, wie sic in Locarno eingeleitet worden sei, nach sich ziehen müsse. Stresemann und Briand seien sicherlich der An­sicht, daß kein Grund bestehe, diese Politik nach den Ereignissen von Genf nicht fortzufetzen. Endlich, da die Klauseln des Rhein­paktes nicht die erhoffte Regelung bringen, hätte« beide Staatsmänner Mittel gesucht, den Angelegenbeiten begegnen zu können u. rin Internste der Sicherheit beider Länder, hätten sie, so scheine es, beschlossen, nicht länger zu warten, damit dis Erundätze des Schiedsgerichtsverfahrens, die den wesentlichen Achalt der Mckommen von Locarno bildeten, in den Beziehun­gen zwischen beiden Ländern angewandt würden.

Die Vertrüge Jugoslawiens mit Italien und Frankreich.

TU Bukarest, 20. März. Me au« Belgrad gemeldet wird, kündigte Raditsch st, einer Parteiversannniung in Agram für die nächsten Tage den Abschluß der Verträge Jugoslawien« mit Italien und Frankreich an, die die Aufrechterhaltung der Ruhe in Mitteleuropa garantieren sollen. Die Verträge enthielten keine Spitze gegen Deutschland, da die Regierung mehrmals solche Verträge dementiert hat, sind die politischen Kreise Bel­grads von dieser Mitteilung Raditschs peinlich berührt.