Möbel gepfändet worden, die innerhalb dieser Woche öffentlich vcr- steigert werden. Executionen wurden vorgenommen bei den Metropolitanen Vilmar in Melsungen und Hoffmann in Fclsberg, bei den Pfarrern Bohnö in Verna, Schember in Istha, Wetzel in Böddiger, Saul in Balhorn, Dietrich in Sand, Schilling in Oberrieden und Vilmar in Alsbach. — Die heutigen Hess. Bl. enthalten einen Aufruf zur Bildung eines Fonds, aus welchem die renitenten und mit Geldstrafen belegten Geistlichen unterstützt werden sollen. Der Aufruf trägt hervorragende Namen von Adeligen, Staatsdienern rc.
— Kassel, 20. Sept. Die Agnaten des Kurfürsten von Hessen sind von Preußen definitiv abgffunden worden. Prinz Friedrich Wilhelm, der eventuelle Nachfolger, hat die Annexion anerkannt?und auf alle bisher angesprochenen Rechte und das Hausvermögen Verzicht geleistet. Preußen zahlt dagegen nach dem Tode des Kurfürsten jährlich 202,0000 Thlr. Der Linie Philippsthal ist der Beitritt ceoen eine Jahresrente von 36,000 Thlr. offen gelassen.
— Kassel» 22. Sept. Der Kurfürst protestirt feierlichst gegen jede Abmachung zwischen der Krone Preußen und dem Landgrafen von Hessen.
-— Berlin, 22. Sept. Der König hat die Anerkennungsurkunde für den altkatholischen Bischof Reinkrns vollzogen. Derselbe ist damit — sobald er den hergebrachten Obedienzeid geleistet haben wird — als „römisch-katholischer" Bischof anerkannt, und hat — wie auch die „Oermania" zugesteht — somit nun auch die Jurisdiction eines solchen innerhalb des preußischen Staates und steht durchaus ebenbürtig den andern preußischen Bischöfen da.
— Berlin, 23. Sept. Als der Kaiser mit dem König von Italien gestern Abend in der Seitenloge des Opernhauses zu einem Jn- cognito-Besuche erschien, erhob sich das ganze Haus unter sympathi- schen Zurufen und avplaudirend, was hier ein seltenes und außergewöhnliches Ercigniß ist. Der König trat an die Logenbrüstung und verneigte sich dankend nach allen Seiten. — Der König von Italien unternahm heute Vormittag mit seinem eigenen Gefolge und seiner Preußischen Begleitung eine Spazierfahrt durch die Stadt und den Thiergarten und besichtigte die Siegessäule und andere Merkwürdigkeiten.
— Berlin, 23. Sept. Bei dem heutigen Gala-Diner im Weißen Saale des königlichen Schlosses brachte der Kaiser in französischer -Sprache folgenden Toast aus: „Auf das Wohl meines Bruders und Freundes, des Königs von Italien!" Der König von Italien er- wiedertc: „Auf das Wohl meines Freundes und alten Verbündeten, des Kaisers!"
— Berlin, 24. Sept. Der König von lJtalien besuchte heute Morgen das Aquarium, traf dort mit dem Kronprinzen zusammen und verweilte eine Stunde. Der König und der Kronprinz fuhren danach nach dem Rathhause, das besichtigt wurde. Um halb 11 Uhr erfolgte die Abfahrt nach Potsdam. Dem Könige ist ein Kavallerieregiment verliehen worden. — Fürst Bismarck trifft erst heute Abend 6 Uhr hier ein.
— Berlin, 25. Sept. Der König von Italien, der Kaiser und die Prinzen des königlichen Hauses begaben sich heute Morgens 8 Uhr mit einem kleineren Gefolge nach Hubertusstock. Fürst Bismarck, welcher von Varzin hier cingetrosfen ist, nimmt nicht an der Hofjagd Theil. Derselbe empfing Mittags den italienischen Ministerpräsidenten Minghettl zu längerem Besuche.
— Berlin, 24. Sept. Die „Provinz.-Correspondenz" hebt bei einer Besprechung des Besuchs des Königs von Italien hervor, daß wenn die ernste und entschlossene Friedenspolitik, welche der deutsche Kaiser auf das Reichsbanner geschrieben habe, zu einer neuen und festen Gemeinschaft zwischen Rußland und Oesterreich führte, das Vertrauen zu dem Ernst und der Kraft jener gemeinsamen Politik auch ein neues festes Band zwischen Oesterreich und Italien geknüpft habe. Das Blatt erblickt in dem Besuche des Königs von Italien eine neue, sehr freudig zu begrüßende Bürgschaft einer entschiedenen, wirksamen Friedenspolitik. Zu bestimmteren diplomatischen Vereinbarungen würde nur Anlaß vorliezen, wenn von irgend einer Seite der Friede bereits thatsächlich bedroht erschiene. Das sei zunächst glücklicherweise nicht der Fall, und wenn hier und da Besorgniß betreffs gewisser politischer Strömungen und Entwickelungen in anderen Staaten und deren etwaigen Folgen für den Frieden Europas aufgetaucht seien, so werde die Bedeutung der neuen Fürstenbesuche in Wien und Berlin voraussichtlich überall klar erkannt und ernst genug gewürdigt werden, um jeden Keim neuer Beunruhigung sofort zu ersticken.
— Berlin, 22. Sept. Der Generalfeldmarschall Graf von Moltke, welcher gestern mit den Offizieren des großen Generalstabes von der dießjährigen Ueoungsreise hierher zurückgekehrt ist, hat bei seinem Aufenthalte in Wilhelmshafen dem Kapitän Werner, welcher sich dort krank gemeldet hat, einen einstündigen Besuch gemacht. Gleich nach der Rückkehr des Feldmarschalls sollen, wie verlautet, mehrere Veränderungen in der Neubesetzung der verschiedenen Ofsiziersstellen bei dem Grncralstabe erfolaen.
vtedlijnr, gedruckt und verlegt
— Bei Gelegenheit des eben erschienenen 4. Heftes des den letzten deutsch-französischen Krieg behandelnden Generalstabswerkes bemerkt das „Militär-Wochenblatt", daß bei aller Thätigkeit der historischen Abtheilung des Gcneralstabs das Geschichtswerk dieses Krieges, obgleich es sich einer gedrängten Darstellung befleißigt, doch voraussichtlich mindestens eine viermal größere Zeit bis zu seiner Vollendung bedürfen wird, als der Krieg selbst, wonach man also auf 8 Jahre bis zur Vollendung gefaßt sein kann.
— Pest, 21. Sept. Die traurigen socialen Zustände in Ungarn, und namentlich die Theuerung der Lebensmittel und der allgemeine Arbeitsmangel haben in Pest-Ofen eine öffentliche Unsicherheit und ein Diebsgesindel geschaffen, dessen Angriffen man sich dort säst Ln Hellem Tage nicht mehr zu erwehren vermag. Räuberbanden machen nicht nur das Weichbild der Stadt unsicher, in dem nahen Gödöllö, dem königlichen Landsitze, mußte sogar eine Kompagnie Militär aufgcboten werden, um den königlichen Forst von dem Gesindel zu säubern. Die Pester Stadlpolizei sieht sich in ihrer Ohnmacht zu einem in den Annalen der europäischen Verwaltungsgcschicbte wohl einzig dastehenden Schritte veranlaßt, nämlich zu einem Appell an die Hilfe der Zeitungs-Presse.
Frankreich. Die neuen Pariser Festungswerke bestehen aus 19 großen Werken, die 16—20 Kilometer von der jetzigen Ringmauer von Paris entfernt angelegt und durch eine Eisenbahnlinie mir einander verbunden werden sollen. Versailles, St. Germain und Poissy befinden sich auf dieser Linie und innerhalb der Forts. Diese liegen im Süden und Westen nicht weit aus einander nnd im Südostm geht die Verthcidigimgslinie bis nach Coulomniers. Die betreffenden Beschlüsse wurüen in der letzten Sitzung des Vertheidigungsralhes gefaßt. Der „Temps" befürchtet, daß man sich etwas zu rasch entschlossen und die Ausgaben cnoim sein werden, ohne daß Paris dadurch uneinnehmbarer werde, als es bisher war.
Paris, 24. Sept. „La France" berichtet: Die heutige zahlreich besuchte Versammlung von Mitgliedern der Rechten anerkannte einstimmig, daß die Nachrichten aus Frohtdorf geeignet seien, die definitive Allianz aller monarchistischen Fraktionen zu befestigen. — „Bien public" will wissen, es sei innerhalb der bonapartistischcn Partei eine Spaltung ansgebrochen. Ein Theil derselben, darunter Rou« her (?) gehe mit den Monarchisten. Dasselbe Blatt berichtet: Mac Ma- hon habe, als man ihn wegen seiner Ansicht in Betreff der Verlängerung der Gewalten cmsforschtc, jeden derartigen Vorschlag abgewicsen. Mac Mahon halte eine Lösung für nothwendig und würde es wenig seiner würdig erachte», sick zu einer Kombination herzugeben, welche das Provisorium, dessen das Land überdrüssig sei, verlängern würde.
! Paris, 25. Sept. Gras Chambord kommt nach Belgien, wo
! man direct und rascher mit ihm unterhandeln kann. — St. Ballier i wird wahrscheinlich an Fournicrs Stelle Gesandter am italienischen Hof.
^ Spanien. Madrid, 21. Sept. Die „Gacela" veröffentlicht s das Gesetz, welches die Militärvrdnung ihrer ganzm Strenge nach wieder einführt. Außerdem enthält sie ein Dekret, welches für ganz Spanien die konstitutionellen Garantien suSpendict und das Gesetz über die öffentliche Ordnung vom 23. April 1870 wieder in Kraft setze; ferner ein Dekret, welches jeden über 18 Jahre allen Spanier, der sich von seinem Wohnort entfernt, verpflichtet, sich mit einem Erlaub- nißschein zu versehen, den die Munizipalbehörden gratis auszustellen haben; ein Dekret, welches die Verabreichung von Waffenpässen untersagt, und endlich ein Dekret, welches den Blättern die Aufreizung zur Insurrektion verbietet, sowie Vertheidignng der Akte der Insurgenten, die Veröffentlichung von Nachrichten über die Insurrektion außer den offiziellen Nachrichten, endlich von Nackrichten über die Bewegungen der Truppen unter Androhung einer Verwarnung und im Rückfalle bei einer Strafe von 500—5000 Realen, nnd im wiederholten Rückfall bei Strafe der Suspendirung unbeschadet der gerichtlichen Verfolgung. Ein Rundschreiben des Ministers des Innern an die Ci- vilgouverneure der Provinzen empfiehlt denselben die größte Energie, s Amerika. New-Jork, 22. Sept. Durch das Eingreifen sder Regierung haben die Aufregung und der Massenandrang zu den s Banken wieder aufgehört und herrscht wieder einiges Vertrauen. 20 . Mill. Doll, sollen heute Nacht eintreffen. Tie Bondrankäuse der Regierung haben die Höhe von 3>/, Mill. Doll, erreicht. Die Handelskammer hat sich bis Mittwoch vertagt.
Asien. Teheran, 23. Sept. Der Schah ist gestern in seinem Hand-Palastc angelangt; er empfing dort die Prinzen und Minister und verkündete denselben, Zweck seines Besuches von Europa sei gewesen, ein besseres Regiernngssystem für Persien. Er ' tckdelte ! ernstlich die Minister, welche die Bittschrift gegen d:n Großvezir Unterzeichneten. Heute hielt der Schah seinen Einzug in Teheran selbst un d wurde m it le basten Beifallsbezeuaungcn empf angen. _
zyiezn Nr. 3» oer> Unterhaltungen.^