den Vorzug genossen, ihres Anblicks theilhaftig zu werden, und dieß der gläubigen Menge verkündiglen. Nicht zufrieden mit dem Erfolg in Medelsheim, machte Graf nun auch Ausflüge nach Sulzbach, Schnappach und Blieskastel. Er wurde nun polizeilich überwacht, und, als man hinlängliche Judicien gegen ihn hatte, in Medelsheim verhaftet. Gegenwärtig sitzt er in Zweibrücken in Untersuchungshaft.

DemStüatSanz." werden noch folgende Episoden des großen Unglücks, das durch den Wolkenbruch am 28. Juli die Stadt Im­men st a dt betroffen, mitgetheilt: Im Komptoir der Eisenhandlung Vogt nahmen die beiden Kommis eben ihr Besperbrod ein, als der zunehmende Platzregen ihre Aufmerksamkeit lebhafter in Anspruch nahm; auch die Frau und Tochter des Hauses kamen herunter in den Laden und mit ihnen ein Dienstmädchen. Plötzlich drang das Wasser in den Oehrn und Laden und zugleich eine Heerde heimkehrcuder Zie­gen, die von der bereits überslntheten Straße in das Haus flüchteten und den Ladcnraum erfüllten. Das Wasser nahm so rasch zu, daß der eine Kommis nur noch mit Mühe, die Ziegen vor sich her stoßend und bei Seite schlendernd, die Treppe erreichte und sich das Leben rettete, wogegen die Frau und das Dienstmädchen, die sich der Ziegen nicht erwehren konnten, in der steigenden Fluth den Tod fanden. Dem andern Kommis gelang es, die Tocbter in einen Nebenraum zu rei- ßen und an dem Waarenfach so weit emporzuziehen, daß sie, an diesem sich anklammernd, mit dem Kopf den Plafond erreichte, während er selbst zwischen der Zimmerdecke und dem obersten Theil des Fachge- stells einen Zufluchtsort fand. Glücklicherweise stieg das Wasser nur bis zum obersten Fach und so wurden beide gerettet. Nachdem das Wasser vorüber war, traf man in der Beletage noch 3 lebende Zie- gen, die sich statt in den Laden eine Treppe hoch geflüchtet hatten. Die Frau Landrichter, gegenüber der genannten Handlung wohnend, begab sich, als Sturm und Regen immer heftiger an das Haus schlu­gen, in einen Parterre-Raum, um die Läden auzulegen, konnte aber wegen des plötzlich in Haus dringenden Wassers die Treppe zur Rückkehr nicht mehr erreiche» und mußte durch das Fenster an einem Seil gerettet werden. Auch einLied vom braven Mann" können wir singen. Eine Waschfrau, welche beim Eindringen des Wassers in ihre nur hundert Schritte oberhalb der Eisenbahnbrücke befindliche Wohnung rasch nach ihrem Kind lief, um zu flüchte», wurde beim Austritt aus der Wohnung vom Wasser fortgerissen und auf die Trüm­mer an der Brücke gespült, wo sie sich anklammerte und ihr Kind krampfhaft im einen Arm hielt. Nur von der Brücke aus, über welche das Wasser 45 Fuß hoch hiuwegströmle, konnte sie gerettet werden. Zwei italienische Arbeiter machten, an Seile gebunden, vergeblich de» Versuch, durch die aus dem Strome treibenden Hvlzstücke, Bretter u. s. w. sich hindurchzuarbeiteu. Da sprang der Kutscher des Fabri­kanten Probst, ein lediger Mann von etwa 40 Jahren, der die Feld­züge von 1866 und 1870 mitgemacht und schwere Narben am Kopf und an den Beinen davon getragen hat, in das tobende Element, schwamm bis zu der unglücklichen Frau hinüber, riß ihr das Kind aus dem Arm und brachte es glücklich ans Ufer; noch einmal kehrte er zur Unglücksstelle zurück und rettete dem Kind auch die Mutter. Noch jetzt hängt unmittelbar oberhalb der mehrfach erwähnten Brücke ein ein­stöckiges Haus am Ufer, das sammt 6 Insassen (der Zolleinnehmer sammt Familie) vom Wasser über hundert Fuß weit weggetragen wurde, ohne daß im Innern irgend etwas demolirt wurde; selbst die Uhr soll sortgefpendelt haben, der Sockel, auf dem das stand, ist noch zum großen Theil auf der alten Stelle zu sehen. Außer den oben berührten Personen wurde nur noch ein Mädchen gerettet, das eben- falls auf Trümmern sich festgeklammert hatte, welche aus dem Wasser herporragten.

Dresden, 5. Aug. Das neueste Bülletin über das Befinden des Königs lautet: Die Nacht war gut, der König hat den größten Theil derselben geschlafen, fühlt sich aber trotzdem wenig gestärkt.

Dresden, 1. August. DemAnzeiger" zufolge" sind am gestrigen Tage 2 in hiesiger Stadt vorgekommene Erkrankungsfälle an der Cholera, von denen einer tödtlich verlaufen, zur amtlichen An­meldung gelangt. DasDresd. Journal" bringt in Erfahrung, daß sich seit gestern die Zahl der Erkrankungen an der Cholera wesent­lich vermehrt hat, indem auf der Gcrbergasse bis heute Morgen 10 solche Fälle, wovon 4 mit tödtlichem Ausgang, angemcldet wurden. 2. August. Seit gestern sind noch 14 weitere Erkrankungsfälle an der Cholera, darunter 9 mit tödtlichem Ausgange, vorgekommen.

Berlin, 3. Aug. Nachdem das Reichsmünzgesetz vom 9. v. M. erschienen ist und alle Vorbereitungen getroffen werden, dasselbe so schnell wie nur irgend möglich ins Leben zu führen (wozu aller- dings noch eine geraume Zeit gehört), soll, wie man hört, eine Ver­fügung des Unterrichts-Ministeriums erscheinen, wodurch die Provin- zial-Schulkollegien und Bezirksregierungen angewiesen werden sollen, darauf Bedacht zu nehmen, daß in den Schulen die Schüler schon

jetzt mit dem neuen Münzsystem vertraut gemacht werden. Scho» sind alle Anordnungen für die Einziehung de>' älteren Münzen ge­troffen, doch kann damit selbstverständlich nur allmählig vorgegangen werden. Unter den Mannschaften des in der Kaserne in der Pio­nierstraße befindlichen Kaiser-Frauz-Grenadier-Regiments ist die Ruhr in einem so bedenklichen Grade ausgebrochen, daß die Aerzre der Epi­demie nur durch eine Luftveränderung steuern zu können glauben. Die von der Krankheit verschont gebliebenen Soldaten sind deßhalb in die augenblicklich leer stehende Kaserne des Garde Schützen-Bataillons an der Köpniker Straße verlegt worden. Der Flecken-Typhus, welcher hier eine Zeit lang sehr stark grassirte und viele Opfer forderte, ist jetzt glücklicher Weise im Verlöschen begriffen. Dagegen sollen leider bereits einige Cholerafälle constatirt worden sein.

Wilhelmshafen, 4. Aug. Der Oberwerftdirektor Przewi- sinsky ist von hier abgegangen, nm das Commando des deutschen Geschwaders in den spanischen Gewässern an Stelle des von dort ab­berufenen Capitäns zur See Werner zu übernehmen.

Frankreich. Paris, 2. Aug. Die Festung Belfort ist heute früh zwischen 5 und 8 Uhr von den Deutschen vollkommen geräumt worden und bald darauf folgten die üblichen Freudenbezengungen» wie Glockengeläute, Ausstecken der dreifarbigen Fahnen, Hochrufe auf ThierS u. s. w. Fast aus allen geräumten Ortschaften sind Dank- und Beglückwünschungs-Telegramme an Thiers abgegangen. Der Maire von Stenay, welcher ebenfalls ein solches Telegramm beförderte, hat dafür von dem Präfekten der Meuse einen Verweis erhalten, demsel­ben aber in einem durch denTemps" veröffentlichten Schreiben ge­antwortet, daß er sich nicht bewußt sei, gegen das Gesetz verstoßen, sondern nur den Gefühlen, welche die ganze Stadl für Hur. ThierS beseelten, Ausdruck gegeben zu haben.Indem ich fährt der Maire in diesem Briefe fort Herrn Thiers den Befreier des Lan­desgebiets nannte, wollte ich nicht, wie Sie zu glauben scheine», sa- gen, daß es sein Werk allein gewesen sei und daß die Nationalversamm­lung und die Nation nicht in gewissem Maße dabei nntgewirkt hätten. Allein ich glaube, daß wir bei der in elfterer herrschenden Spaltung, wenn sie nicht von einem so gewandten und fähigen Mann, wie der ehema­lige Präsident der Republik, geleitet worden wäre, wahrscheinlich noch in dieser Stunde auf den Abzug der Deutschen warten müßten."

Paris, 5. Aug. DiePatiie" meldet: Wegen der spanischen Lomplikation hat das französische Mittclmeer-Gcschwader den Beseht erhalten, der englischen Flotte an der spanischen Küste sich anzuschließrn, um die französischen Landesangehvrigeu zu schützen, und den maritimen Einfluß Frankreichs aufrechtzuerhalteu. Das Mittelmer-Geschwader ist bereits vor Gibraltar angekommen.

Spanien. Die Brennpunkte der Aufstände und Kämpfe in Spanien sind dieser Tage die Städte Valencia, Sevilla, Malaga und Cadix gewesen. Carthagcna wird von den Aufständischen in Be­sitz gehalten, diese schickten Verstärkungen nach Valencia, bombardirten Almena und äscherten dabei das deutsche Consulatsgebäudc ein, trotz­dem die Flagge aufgezogen war. In Valencia plünderten die Auf­ständischen die Bank und in Sevilla zündeten sie vor ihrer Niederlage alle öffentlichen Gebäude mit Petroleum an. Vier deutsche Kriegs­schiffe kreuzen vor Malaga und im Hafen svon Bilbao sind englische und französische Kriegsschiffe eingelaufen, was auf eine wichtige Kri­sis hindeutet.

Madrid» 2. August. In der heutigen Cortessitzung wurden seitens des Ministeriums Telegramme verlesen, wonach der Dampfer Vigilante" an Spanien zurückgegeben und Contreras von dem Kom l Mandanten der fremden Kriegsschiffe zur Sicherung der von ihnen ver­langten Rückkehr der Jnsurgentenschiffe von Malaga nach Carthagena als Geisel zurückbehalten worden. Das Vorgehen der fremden Kriegs­schiffe bei der Inhaftnahme Contreras erfolgte nach vorgängiger Ver­ständigung unter den Kommandanten des englischen, französischen und deutschen Geschwaders.

Gibraltar, 2. Aug. Die deutsche PanzerfregatteFriedrich Karl" zwang gestern mit der englischen PanzerfrcgatteSwiftsure" die Jnsnrgenten-FregattenViktoria" undAlmansa", welche behufs Geld-Erpressung das offene Almena bombardirten, nach Carthagena zurückzukehren, wo sie blokirt gehalten werden.

England. London, 2. Ang. Ein schrecklicher Eisenbahnun­fall hat sich heute 10 Uhr bei Wigan zugetragen. Der Schottische Schnellzug der London and North-Western entgleiste und 1012 Personen wurden getödtet und über dreißig mitunter bedenklich verletzt. Acht Coupvs wurden vernichtet. Unter den Todten befindet sich auch Sir John Anson, Vice-Grafschafts-Gouverneur von Lancashire.

Amerika. New-Ao rk, 2. August. In Portland im Ore­gongebiet hat eine große Fenersbrunst 366 Häuser vernichtet, wodurch an 150 Familien obdachlos geworden sind. Der Schaden wird auf 1,500,000 Dollars geschätzt.

Redigier, gedruckt und verlegt von A. OelschlSger.