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rich Stiegler von Herrenberg, wegen Unterschlagung nämlich der rechtswidrigen Zueignung eines blauen Fuhrmannssemds zu 2 Tagen Gefängniß verurthcilt, welche durch seine erstandene Untersuchungshaft als abgebüßt zu betrachten waren.

Heilbronn, 16. Juli. Das am 14. Juli Nachmittags zwi­schen 3 und 4 Uhr ausgebrochene schwere Gewitter hat mit kurzen Unterbrechungen bis Nachts 10 Uhr gewährt. Hier hat dasselbe nicht geschadet, im Gegentheil den schnell reifenden Feldern und den Wein­bergen durch den befruchtenden Regen sehr genützt. Dagegen wird Hagelschaden von den Amtsorten Ober- und Uutereisesheim gemeldet, wie auch Bäume in Neckargartach durch den Orkan entwurzelt sein sollen.

Auch von Ludwigsburg wird von einem Gewitter am 14. Juli berichtet, das durch Hagelschlag auf den Markungen Heutingsheim, Geisingen, Benningen, Hoheneck, Neckarweihingen, Poppenweiler, Mar- bach rc. rc. einen großen Theil des reichen Erntesegens vernichtete.

Leutkirch, 14. Juli. Der Forstgehilfe von Zeil fand gestern

Nachmittag, durch Blutspuren darauf geleitet, im Walde an der Rei- chenhofer und Seibranzer Grenze, einen schon einen Tag in seinem Blute liegenden und seiner Baarschaft beraubten Viehhändler aus Weingarten, von 5 Wunden bedeckt. Die geleerten Börsen, das Sack­tuch und ein Waldseer Wochenblatt fand man in seiner Nähe. Von Werth hatte er nur noch den Ehering an seiner Hand. Die Unter­suchungskommission, telegraphisch berufen, fand den Unglücklichen noch am Leben; doch kam er bis zu seinem bald darauf eingetretenen Tode nicht mehr zum Bewußtsein. Der muthmaßliche Mörder, der kurz vor der That in der Nähe des Ortes des Verbrechens gesehen wurde, wird verfolgt. (O.Schw. A.)

Constanz, 15. Juli. Der furchtbare Gewittersturm, der ge-

stern Abend über den Bodcnsee dahin brauste, hat ein entsetzliches Un- glück zur Folge gehabt. Malzfabrikant Höfele von Baint bei Ra­vensburg, seit 14 Tagen verheiralhet, besuchte mit seiner Frau den hiesigen Bräumeister Stöckle zum Bodan. Dieser führte seine Gäste in seinem eigenen Fuhrwerk nach Dingelsdorf, wo die Gesellschaft in heiterster Stimmung und bei schönem Wetter nach Ueberlingen übersetzte. Gegen Abend stiegen im Südwesten schwarze Gewitter­wolken aus; die Schifflente, eine Frau und ein IZjähriges Mädchen schlugen aber die Gefahr nicht so hoch au, und da Stöcktes Fuhrwerk in Dingelsdorf stand, so entschloß man sich zur Rückfahrt, auf der sich noch eine Händlerin aus Dingelsdorf anschloß. Der Nachen

hatte noch nicht die Mitte des an jener Stelle 1/2 Stunde breiten See's erreicht, als das Unwetter mit aller Gewalt losbrach. Haus­hoch spritzten die Wellen am Ufer hinauf und die ganze tobende

Oberfläche des See's verwandelte sich in weißen Schaum. Eine

Weile sah man das Schiffchen mit den Wogen auf- und niedertauchen, dann war es plötzlich verschwunden. Hilfe zu bringen war ein Ding der Unmöglichkeit. Alle 6 Personen sind ertrunken. Am andern

Morgen fand man am Ufer den Nachen und einen Hut. Das so schrecklich über die nichts Ahnenden hereingebrochene Schicksal erregt begreiflich die allgemeinste Theilnahme. (Schw.Chr.)

Ber li n, 16. Juli. DieProvinz.-Corresp." bestätigt, daß der Aufenthalt des Kaisers in Ems bis zum 25. d. Mts. dauern wird. In der letzten Woche des August wird eins Besuch des kaiser­lichen Hofes und der Weltausstellung in Wien erfolgen.

Wien, 16. Juli. Sc. Maj. der König von Württemberg besuchten gestern und heute, begleitet von Sr. Erc. dem Herrn Mi­nister v. Sick, dem württemb. Gesandten v. Baur-Breitenfeld, dem Präsidenten 0 . Steinbeis, dem Generaldirektor Baron v. Schwarz die Weltausstellung.

Frankreich. Versailles, 14. Juli. Mit großer Spannung sieht man in den weitesten Kreisen der wahrscheinlich heute oder mor­gen beginnenden Diskussion über das Militär-Reformgesetz entgegen. Der bereits vor einigen Tagen veröffentlichte Kommissionsbericht des Generals Charenton wird von der Presse, mit ganz vereinzelten Aus­nahmen, sehr günstig beurtheilt, uud da die Kommission durchaus in Uebereinstimmung mit der Regierung sich befindet, so wird die Debatte voraussichtlich nur eine kurze sein. Der Bericht sagt im Eingänge: »Eine Reduktion des von uns angenommenen Minimal- friedenSbestandes würde eine Verminderung der Garanticen gegen fremde Invasionen und Gebietsabtrennungen sein. Weil wir das vergaßen, haben wir zwei unserer schönsten Provinzen verloren und müssen 5 Milliarden zahlen. Permanente Kriegsbereitschaft und Schnelligkeit der Mobilmachung sind die beiden heutzutage für jede Armee uner­läßlichen Bedingungen; die Politik Frankreichs ist übrigens eine Po­litik des Friedens", und niemand wird uns aggressive Absichten zu­schreiben, weil wir, die Erfahrung des letzten Krieges benutzend, uns gegen jeden Angriff zu schützen suchest!" Der Bericht spricht dann eingehend über die Nothwendigkeit einer höheren Bildung des Offi

welchen beiden Punkten die deutschen Truppen den französischen wei t überlegen seien, und denen hauptsächlich die Mißerfolge und Verluste des letzten Krieges zugeschrieben werden müßten. Der Berichterstat­ter koustalirt, daß die Armee nach dem Resormgesetz eine Kriegsstärk e von l,090,000 Mann haben wird, wozu noch eine Reserve von 625,633 Manu und ein in den Militärdepots verteiltes Jnstruk- tionskorps von etwas über 291,000 Mann, sowie eine wohlorgani- sirle Territorialarmee von 582,523 Mann kämen.

Versailles, 16. Juli. (Nationalversammlung. Berathung des Armeegesetzes.) Castellane und Raudot führen aus, das Armee­gesetz werde größere Ausgaben verursachen, als vorgesehen seien. Der Kriegsminister erwiedert:Die Armee wird allerdings Opfer erfor­dern. Dieß ist eine Frage des Patriotismus. Ich werde nicht mehr Ersparungen machen können, als eben möglich ist. Wir sind freilich nicht von kriegerischem Geiste beseelt, sondern verfolgen die Politik des Friedens und wollen niemand angreifen; wir können aber trotzdem nicht unbewaffnet bleiben angesichts des bewaffneten Europa; wir müssen die Mittel haben, um leicht vom Friedens- zum Kriegsfuß übergehen zu können." Die Artikel 6, 7 und 8 werden angenommen, Art. 9 wird vertagt, Art. 10, welcher ein besonderes Gesetz für jede Aenderung in der Ausrüstung und Uniform fordert,- wird vom Kriegsmi­nister bekämpft. Solche Aenderungen seien lediglich Sache des Regle­ments. Der Berichterstatter Chareton hält den Artikel aufrecht als das einzige Mittel, um Mißbräuche zu unterdrücken. Ein Antrag von Dejardins, den Artikel an die Kommission zwrückzuverweisen, wird mit 315 gegen 302 Stimmen verworfen.

Paris, 15. Juli. Nach einer Meldung der »Agcnce Havas" bedarf der Staatsschatz nur noch 60 Millionen Wechsel, um die rückständigen Zahlungen der fünften Milliarde vollständig leisten zu können.

Paris, 14. Juli. Das Gartenfest, daö gestern Abend zu Ehren des Schah veranstaltet wurde, wurde zum größten Theil durch abscheuliches Wetter verdorben- Um 9'/^ Uhr traf der Schah auf dem Konkordiaplatz ein. Der Place de la Concorde, die umliegenden Gebäude, die Champs ElyseeS waren gerade so illuminirt, wie zu Zeiten des Kaiserreichs. Zugleich wurden auf der Madeleine und in dem Are de Triomphe bengalische Flammen aller Farben angezündet. Es war beinahe 10 Uhr, als der Schah am Eingänge des Tro- cadero eintraf. Auf der höchsten Spitze des Trocadero erhob sich der sehr ge­schmackvolle Pavillon des Schah. Die Salons des Pavillons waren mit 100 Kronleuchtern geschmückt; dieselben konnten aber wegen des Windes nicht an­gezündet werden. Gegen V^IO Uhr stimmte die Musikbande den persischen Nationalmärsch an und der Schah und sein Gefolge nahmen, nachdem sie von dem Gcmeinderath begrüßt worden, ihre Sitze ein. Sinn jzischten Raketen, flammten bengalische Feuer auf, heulte der Wind, der die Illumination der Stadt sehr schädigte, so daß der Trocadero fast allein eine Stätte des Glanzes blieb. Der Sturm raste, zerschellte theilweisc die gläsernen Lampen, rüttelte die Kronleuchter zusammen, daß sie kläglich an einander klangen, der Regen ergoß sich in Strömen, die Menge stieß wilde Rufe aus. Der Regen hörte erst auf, als das Schluß-Bouquet auf demPont Le Jena" abgebrannt wurde. Der große Zapfenstreich war von dem Trocadero nach dem Are de Triomphe und von dort durch die Champs Elvseeö nach dem Konkordiaplatz marschirt, wo er sich auflöste. Die 1500 Musikanten und 400 Trommler marschirten nicht zusammen, sondern waren in 8 Brigaden eingethcilt und durch bewaff­nete Bedeckung getrennt, so daß das ganze die Wirkung von 8 Regimentern machte. Die Musik war herzlich schlecht. Die erste Nachahmung der deutschen Zapfenstreiche mit Musik und Fackeln rst als mißlungen zu betrachten.

Paris, 14. Juli. Der Schah ließ heute Morgen dem Mar­schall Mac Mahon seinen Dank für das glänzende Fest sagen, welches die Stadt Paris ihm gab. Wie es scheint, ist er der Ansicht, daß der Präsident der Republik dasselbe veranstaltete, und weiß nicht, daß es aus Unkosten der Pariser Statt fand. Den Marschall ^betrachtet er übrigens als den zukünftigen König oder Kaiser von Frankreich; er hält es nämlich für nicht möglich, daß ein Mann, der sich einmal im Besitz der höchsten Gewalt befindet, und welcher Tausende von Kriegern, die er im Bois de Boulogne sah, zu seiner Verfügung hat, sich dieselbe wieder entreißen läßt. Diese Ansicht scheint ihn auch be­stimmt zu haben, der Marschallin Mac Mahon kein Armband, sondern ein Diadem zum Geschenk zu machen, das er für 83,000 Fr. kaufte.

Spanien. Ba yonne, 16. Juli. Don Carlos begab sich gestern Abend nach Spanien und erließ eine Proclomation an die carlistischen Freiwclligen, worin er sagt, daß er dem Rufe des sterben­den Spaniens folge, um unter Gottes Beistände für das Vaterland und Gott zu kümfeu. In Zugarramurdi, wo Don Carlos mit Val- despina und Lizzarraga sich aufhält, herrscht große Zuversicht.

Türkei. Konsta ntin 0 pel, 14. Juli. Der Sultan hat die Einladung zur Wiener Weltausstellung abgclehnt, weil wichtige Staatsgeschäfte ihm nicht gestatteten, Konstantinopel zu verlassen. Der österreichische Botschafter bei der Pforte hat seine Regierung davon in Kenntniß gesetzt.

Asien. DieTimes of Jndia" bringt beunruhigende Nachrichten aus Persien, wo die umliegenden Räubervölker sich die Abwesenheit des Schah zu Nutze machen, um desto flotter zu plündern. Die

zierSkorps und einer besseren Di stplin unter den Mannschaften, in! Handelsstraßen sollen sich durch ungewöhnliche Unsicherheit auszeichnen.

Redigcrr, gedruckt und verlegt von A. Oel>cyläger.

tzHiezu Nr. 29 des Unterhallungsbl.)