Eivilgouoerneur von Berlin, Gcncrallieutenant von Schwarzkoppen genannt. — Die Königin mit der Großfürstin Vera sind gestern von EmS wieder hierher zurückgekehrt.
— Friedr ichsh af en, 24. Juni. Zu den stärksten und vor
zugsweise für Friedrichshofen gefährlichsten Gewittern müssen wir dasjenige verzeichnen, welches sich gestern Abend über unser freundliches Städtchen entlud. Der Anfangs schwache Regen verwandelte sich in einen furchtbaren vom Sturm gepeitschten Platzregen, der mit kleinen Schloßen vermischt in wenig Minuten die Straßen unter Wasser setzte, stromweffe in die Oeffnungcn der Dächer, ja sogar in ein Parterre- wirthschaftSlokal drang. Blitz auf Blitz, Donner auf Donner häufte sich, der folgende immer stärker als der vorangegangene! — Jetzt ein furchtbarer Elitz und Donner — fast gleichzeitig —: es hatte in der Nähe der Lederfabrik cingeschlagen und: nochmals ein schrecklicher Blitz und jener unheimliche, cigentbümliche rätschende Donnerschlag — der Blitz war in der Nähe des Bahnhofes niedergefahren und hatte znm größten Theil seinen Weg auf den gut leitenden Drähten in das Telegraphenbureau genommen. Das ganze Bureau schien momentan in Flammen zu stehen, an den Apparaten sprühten elektrische Funken und detonir« ten wie starke Zündkapseln knallend. Die diensthabenden Beamten kamen glücklicherweise mit dem Schrecken und tüchtigen elektrtischcn Schlägen davon; immerhin aber war die Gewalt der noch in die Apparate geleiteten Elektrizität so groß, daß Drähte abgeschmolzen und fast sämmtliche Apparate unbrauchbar wurden. (Seebl.)
— In die internationale Jury auf der Wiener Weltausstellung für die Gruppe II. (Land- und Forstwirthschaft und Gartenbau) ist aus Württemberg berufen worden Direktor Nau von Hohenheim.
— Berlin, 30. Juni. Der Bnndesrath hat heute das Münz- gesetz definitiv angenommen. Der sächsische Bevollmächtigte stimmte gegen das Gesetz, weil dasselbe keine genügende Garantie für die durch Einziehung des Staatspapiergeldcs berührten finanziellen Interessen Sachsens biete.
— Sin neues Beispiel bischöflichen Ungehorsams gegen die Kirchen' gesetze wird aus der Diöcese Trier gemeldet. Nachdem das Gesetz über die Anstellung der Geistlichen am 26. Mai in Kraft getreten war, wurden am 27. Mai zwei Kaplänc zu Pfarrern ernannt und rin Pfarrer auf ein- andere Stelle versetzt, ohne daß der Obrrpräsi. dent die gesetzlich vorgeschriebene Anzeige erhielt, und ohne daß ihm die gesetzlich vorgeschriebene Feist von 30 Tagen zu einer etwaigen Einsprache gelassen wurde. Nun steht aber nicht nur geschrieben, sondern schwarz ans weiß gedruckt, daß jeder vom Staat nicht anerkannte Geistliche keinen Anspruch auf Staatsgehalt zu machen hat und außerdem für jede geistliche Amtshandlung nach K. 23 des betreffen- den Gesetzes mit Geldstrafe bis zu 100 Thlr., ein Bischof aber, der ohne Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften Geistliche anstellt, nach §. 22 des Gesetzes mit 200—1000 Thlr. bestraft wird.
Schweiz. Bern, 30. Juni. Dem Vernehmen nach wird ein europäisch-nordamerikanischer Staatenkongreß behufs Berathnng eines gemeinsamen Postvertrages spätestens am 1. Septbr. d. I. stattfinden.
In Frankreich scheint unter dem Versailler Kutteuregimente der seiner Zeit von dem geisteskranken Teputirten Jean Brnnet gestellte Antrag seiner Erfüllung cntgegenzureifen, daß das Land sich unter den Schutz Jesu Christi stelle und demselben die Ehrcnpräsidentschaft über die Republik verleihe. Der von den Klerikalen jetzt in großartigster Weise betriebene Wallfahrtsschwindel soll zu einem Petitions- sturme an die Nationalversammlung benutz' werden, daß dieselbe einen Gesetzentwurf folgenden Inhalts beschließe: „Tie Nationalversamm- lang, Trägerin der Souveränität des Volks, beschließt, daß Frankreich offiziell dem heiligen Herzen Jesu geweiht sein und daß eine in Paris zu bauende Kirche das Andenken an diesen Akt verewigen soll." Man sieht, daß dieß nur eine Wiederholung des Antrags Brnnet in abgeänderter Form ist, deren Sinn einfach darin besteht, daß Frank- reich hinfüro offiziell der Herrschaft der Jesuiten geweiht sein soll. Tie Sache hat also ihre ganz praktische und für die Majorität der Versammlung unstreitig höchst sympathische Seite, zumal auf der letzten großen Wallfahrt nach Paray - le - Monial der Jestiiten- patcr Verdeck in einer feurigen Rede ankündigtc, daß Frankreich „die Welt dem Papste wieder unterthänig machen werde." Es liegt keineswegs außerhalb der Möglichkeit, daß das Versailler „Ordnungsregiment" eines Tages sich vom heiligen Hxrzen Jesu zu diesem wahnsinnigen Versuche begeistern läßt, wenn nicht Frankreich durch einen Umschwung vor dieser letzten und schwersten Prüfung bewahrt wird. Ur- theilt doch selbst die Bismarck'sche Norddeutsche Allgemeine in ihrer neuesten Nummer über das unter offiziellem Schub stehende Treiben des klerikalen Fanatismus in Frankreich in folgender Weise: Tie Demonstrationen mit elsäßischen und polnischen Trauerfahnen bei den letzten Wallfahrten, bei Gelegenheiten, denen französische Generale und höhere Be amte in offiziell er Eigenscha ft bei wohnten, kö nnen außerhalb
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der Grenzen Frankreichs schwerlich als gleichgiltige Dinge behandelt werden. Fast scheint es, als ob das Land von dem radikalen Extrem in das noch schlimmere klerikale verfallen soll. Ob Herr Gambetta den „Umsturz der Throne" predigt, oder „Univers", das Organ der Majorität der Nationalversammlung, die „Ordnung" mit dem „Syl- labuö" identifizirt, ist für die Ruhe und den Frieden Europa's mindestens gleich bedenklich."
Der Pariser SLadtrath, welcher zuerst die Verwilligung von Geldern für den Empfang des Schah's von Persien abgelehnt hatte, hat sich nun doch anders besonnen und trifft großartige Vorbereitungen, um ihren guten Ruf zu wahren. Ein Glanzpunkt des Festes, das die Stadt am 13. Juli dem Schah zu Ehren gibt, wird die Beleuchtung der ganzen Stadt durch elektrisches Licht sein. — Der Schah trifft am 2. Juli in Paris ein.
Die Frage der Befestigung von Paris läßt die Wahl zwischen zwei Prosteten: das eine rührt von den Generalen Frossard und Conrviler, das andere von dem General de Riviöre her. Nach dem Entwürfe des Generals Frossard sollen die Forts des linken Seine-Ufers so weit vorgeschoben werden. Laß die Siadt auch an dieser Seite gegen ein Bombardement geschützt wäre, wobei jedoch die Forts immerhin nicht mehr als 8—10 Kilometer von dem Fest» ungswall entfernt sein sollen. Ter Plan des Generals de Riviöre schiebt hingegen die Forts noch viel weiter hinaus und gibt dem Ver- theidigungsgürtel einen solchen Umfang, daß nicht nur die Beschießung unmöglich, sondern auch die Einschließung sehr erschwert würde. Das erstere Project wurde von Thiers sehr nachdrücklich unterstützt, das andere fand in dem Marschall Mac Mahon einen nicht minder ent- schiedenen Anwalt.
Italien. Rom, 26. Juni. Die „Opinione" erklärt die Nachricht des „Univers", daß Oesterreich und Frankreich gegen ein- zelne Bestimmungen des Klostergesetzes protestirt hätten, für unbegrün- det und bemerkt, daß dieser Gegenstand zwischen den beiden Mächten und der italienischen Negierung nur freundschaftlich angeregt worden sei.
Verona, 29. Juni. Heute sind hier zwei Erderschütterungen wahrgenommen worden, von denen die zweite, welche 22 Secunden dauerte, besonders heftig war: einige Häuser sind beschädigt.
England. Am 26. Juni wnrde auf Windsor der Königin von Lord Granville Graf Münster vorgestellt, der seine Accreditive als außerordentlicher Botschafter und Bcrollmächtigtcr des Deutschen Reiches überreichte.
Der persische Gesandte in London drückte gegen Herrn Henry Dunant, den bekannten Urheber der diplomatischen Genfer Konvention für die Verwundeten und der Nothenkreuz-Organisation, den Wunsch des Schahs von Persien aus, der Konvention zur Neutralisiruug der Kranken und Verwundeten im Kriege diplomatisch beizutreten. Der Beitritt des Schah wird dem Bundesrathe der Schweiz notrfizirt wer- den. Nassreddin ist somit der erste rein asiatische Monarch, welcher der Konvention und den barmherzigen Prinzipien, die sie herstellt, bei- tritt. Das medizinische Fachblatt erinnert bei dieser Gelegenheit daran, daß von allen zivilisirten Mächten die Ver. Staaten von Amerika allein der Konvention ihren Zutritt versagt haben.
Amerika. Der Kampf gegen die Modoc's hat ein blutiges Nachspiel erhalten und ein anderes steht noch bevor. Am 7. ds. wurden siebzehn gefangene Modoc's, darunter auch Frauen und Kinder, von Fairchild's Ranch am Cottonwood-Creek unter Aufsicht von James Fairchild weiter lransportirt, als plötzlich eine Kompagnie Oregon- Freiwillige mit den Gefangenen zusammcntraf und dieselben sofort-* tödtete. Nachträglich wird darüber gemeldet, General Roß, Kom§* Mandant der Oregon-Freiwilligen, behauptete, es seien keine Freiwillige gewesen, die diese Blutthat verübt haben. — Nachdem des General-Auwalt Williams seine Gutachten abgegeben, die Modoclst seien Kriegsgefangene und daher von einem Kriegsgericht zu vernehmet wird in den nächsten ein solches in Fort Klamath zusammentreten, und ist das Schicksal der Angeklagten vorherzusehen, da den meisten Mord und Raub nachgewiesen werden kann und der Tod ihr Loos sein wird. Die Wenigen, denen kein Verbrechen nachgewiesen werden kann, werden nack Fort Alcatraz in San Franzisko gebracht..
New-Jork, 28. Juni. Die Stadt Hamilton in Nevada ist durch eine Feuersbrunst verheert worden.
Asien. Calcutta, 28. Juni. Nachrichten aus Sumatra bestätigen, daß die Holländer den Atchinesen behufs friedlicher Bei- legung des Streites Schadenersatz für die Beschießung von Coat M osquee und Bezahlung der Kriegskosteu ungebeten haben; als Gegenleistung fordern sie nur die Bestätigung gewisser Privilegien. Die Holländer erkennen die Unabhängigkeit des Sultans an und versprechen, sich nicht in die Religionsverhältnisse Atchins (dasssebe ist muhameda-
nisch) zu mis chen. — De'hi ist ruhig.. ___ __
l ÄÜ'Oelschläger-