rückließen und dem Tode und einer ungewissen Zukunft entgegen gingen. Nun, sie haben nicht mehr als ihre Pflicht gethan. Die Dotation wird sie für ihre Verluste auch nicht entschädigen. Aber sie wird zeigen, daß das Vaterland Jedem, auch dem gemeinen Manne, dank­bar ist. Anspruch an eine Dotation hat ja überhaupt Niemand, weder Chef noch gemeiner Soldat; Jeder weiß auch, daß Deutschland nicht in den Krieg gegangen ist eines Geldgeschäftes wegen, um fünf Milli- arden zu erobern. Und die Vertheilung der Dotation ist möglich. Man darf nicht sagen, dazu würden die Mittel nicht reichen. Die Mittel sind so vollständig, daß nicht einmal die fünf Milliarden an­gegriffen zu werden brauchen. Wenn man nur die Zinsen anwendet, die uns Frankreich bis zur Abtragung der Kriegsschuld zu zahlen hat, so würde das eine sehr hübsche Dotation geben. Nimmt man an, daß ungefähr eine Million Soldaten anfgeboten gewesen ist und gäbe man jedem einzelnen Mann eine Dotation von fünfzig Thalern, so würde das fünfzig Millionen Thaler betragen, bei weitem nicht die Summe, die uns Frankreich außer den fünf Milliarden an Zinsen zu zahlen hat. Welchen Segen würde diese Dotation bringen! Welche Summe ist nicht ein unerwartetes Geschenk von fünfzig Thalern für einen armen Mann! Wie manchem würde dadurch auf die Beine geholfen! Wie würde namentlich in kleinen Orten dadurch der Wohl­stand gehoben! Diese fünfzig Millionen würden auch nicht zu Grün­dlings- und Actienschwindel benutzt; sic würden segensreich im Lande circuliren. Diese Dotation wäre eine Dotation für das ganze Land."

Berlin, 16. Juni. In der gestrigen Sitzung des Eundes- raths kam der am 11. Mai zu St. Petersburg Unterzeichnete Freund­schafts-, Handels- und Schifffahrtsvcrtrag mit Persien nebst dem am 1. Juni hier vollzogenen Additionalvertrag zur Vorlage.

In dem Dorfe Harras bei Naumburg wurde kürzlich ein braver Arbeiter meuchlings erschossen und Niemand wußte auf den Mörder zu rathen. Aber der Papierpfropfen, der zum Schüsse ver­wendet worden war, fand sich und enthielt die Vorladung zu einem Termine in Naumburg. Der Terminskalender des Gerichtes führte auf einen Arbeiter in Harras, bei welchem sofort Haussuchung ge­halten wurde. Be: diesem fand man ein Gewehr, dessen zweiter Lauf noch geladen war. Der Untersuchungsrichter ließ den Pfropfen aus- ziehen und siehe, er bestand aus der anderen Hälfte der gerichtl. Vor- ladung. Der betr. Arbeiter läuguet zwar noch, ist aber der lieber« führung auch durch andere Zeugnisse nahe.

Einem hübschen 2tjährigen Mädchen, Jetti Reitz, wurde in einem Krankenhaus in Wien von einem Arzt ein warmes Bad von 40 Grad Celsius verordnet. Zwei Wärterinnen bereiten das Bad. Jetti steigt in die Wanne und fährt schreiend wieder in die Höhe; sie ist verbrüht. Hilft nichts, die Wärterinnen drücken sie wie­der in's Bad und endlich kommt sie über und über verbrüht heraus. Nach ein paar Stunden ist sie todt. Das Bad hatte seine 50 Grad statt 40.

Schweiz. Bern, 15. Juni. Die zur heutigen Volksver­sammlung in Solothurn von dem Centralansschuß festgestellten Revi­sionsanträge sind folgende: Hebung und nationale Gestaltung der Wehrkraft; Einheitliche Waffe; volkSwirthschaftliche Reformen; Er­weiterung des individuellen Rechtes; allgemeines schweizer Bürger­recht; obligatorische unentgeltliche, der geistlichen Führung enthobene Volksschule; Civilehe; Civilstandsregister; Wahrungsrecht des Bundes gegen »nrepnblikanische und nicht nationale Kirchliche Organisationen und Anstalten; Aufhebung der Nuntiatur und der nicht national-re­publikanisch organisirten Bisthümcr. Der Zuzug zur Versammlung ist sehr bedeutend. Vereine und Gesellschaften sind von weit und breit mit Fahnen, Bannern und Musikchören herbeigekommen.

Belgien. Brüssel, 19. Juni. Der Schah von Persien ist heute hier mit zahlreichem Gefolge eingetroffen. Er wurde vom König und dem Grasen von Flandern empfangen.

Frankreich. Das französische Ministerium ist in der Wahl seiner Mittel zur Herstellung dermoralischen Ordnung" nicht sehr heikel. Die Präfekten in den Provinzen erhielten vom Ministerium des Innern die »sehr vertrauliche" Anweisung, den Zeitungen auf den Zahn zu fühlen, ob sie Geld und andere Artikel von der Regierung nehmen und wie viel. Die Präfekten hatten aber kaum noch Zeit zur Fühlung gehabt, so verlas schon Gambctta die Anweisung des Ministers auf der Rednerbühne der Nationalversammlung. Das ging so zu. Bei der Eile, die der Minister hatte, die moralische Ord. nung auf dem Bestechnngswege herzustellen, war das famose Nescript einigen abgesetzten Präfekten zugeschickt worden, die ihrer moralischen Nachfolger noch warteten, und diese hatten nichts Eiligeres zu thun, als die Abschrift Gambetta z» schicken. Der Lärm war groß, der Minister aber noch größer. Er sagte, ec habe das Circular weder gelesen noch diktirt, übernehme aber die Verantwortlichkeit dafür; die Regierung habe dir Pflicht, die Presse zu überwachen und die Wahr­

heit zu vertheidigen. Die Rechte war außer sich; denn es ging ihr wie Graf Rampon, der sagtedaß er gewiß kein Anhänger der Linken sei, aber auch nicht mit einer Regierung gehen könne, von welcher ein solches Schriftstück ansgegangen sei; in den schlimmsten Zeiten des Kai­serreichs hätte man sich geschämt, solches Zeug an die Präfekten zu versenden"; allein ne konnte nicht gegen den Minister stimmen, weil dessen Stur; auch der ihrer Partei wäre, und so unterlag die das Circular mißbilligende Tagesordnung gegen die einfache, welche 60 Stimmen Mehrheit erhielt. Der Minister bleibt im Amte, wäh­rend der UntcrstaatSsekretär Pascal, der die Anweisung unterzeichnet hatte, zurücktrilt. Im Ministerrath soll die Absenung des Gcne- ralpostmeisters Rampont fest beschlossen worden sein und derFcancais", ein officielles Blatt, bereitet darauf vor, indem es Rampont Unfähigkeit, Gleichgiltigkeit u. A. vorwirst, mährend er sichVerdienste im Postwesen er­worben hat. Ein Korrespondent derKöln. Ztg." glaubt, die Abse­tzung geschehe besonders deßhalb, weil das neue Ministeriumdas schwarze Kabinet" wieder einführen wolle, um dermoralischen Ord­nung" willen. Rampont würde aber einer Verletzung des Postgeheim­nisses seine Zustimmung mcht geben. Ueberhaupt ist die Regierung gegen alle Beamten aus der Thiers'schcn Zeit mißtrauisch geworden.

Paris, tl. Juni. Graf Arnim verläßt morgen Paris. Er speist heute bei Broglie, der dem diplomatischen Korps ein Diner gibt. --Die Gräfin Benedetti, Frau des früheren französischen Botschafters in Berlin, ist gestorben.

Italien. Rom, 14. Juni. Auf die gestern überreichte Adresse der Ordensgenerale erwiederte der Papst, er theile ihre Beschwer­den über die traurige Lage der kirchlichen Körperschaften; zwei Be­trachtungen gewährten ihm indeß Erleichterung: daß von Gott geliebte Seelen die Trübsal erproben müssen und daß überall daö Gebet wie­der in Aufschwung komme. Wiederholter Tadel von Seiten der K rcye gegen die Urheber solcher Thaten werde gleichfalls eine mächtige Waffe sein, deren Gott zur Vernichtung der Feinde der Kirche sich bedienen werde.

Spanien. Madrid, 14. Juni. In der heutigen Kortessitz' ung wurde Nikolaus Salmeron mit 176 gegen 74 Stimmen, weiche auf Figueras fielen, zum Präsidenten gewählt. Die Regierung legte ein Programm vor, wonach sie die Trennung zwischen Staat und Kirche, die Reorganisation der Armee, die Abschaffung der Sklaverei und andere soziale Reformen beabsichtigt. In kürzester Frist soll eine Kommission zur Feststellung der Demarkationslinien der einzel­nen föderirten Staaten ernannt werden. Das Budget wird erst nach der Organisirung der Bundesstaaten vorgelegt. Daö Defizit beträgt voraussichtlich 2800 Millionen Realen. Zwei Kundgebungen liegen vor von der neuen Regierung. Der Kriegsminister Estevanez hat einen Armeebefehl erlassen, worin er auzeigt, daß die Aushebung endgiltig abgeschasit, die Streitkräfte, zumal das Artillerickorps reor- ganisirt, das Beförderungswesen umgestaltet und die Mannszucht wiederhergestellt werden sollen. Der Minister des Auswärtigen» Jose Muro, läßt seinerseits ankündigen, daß er ein Freuno Castelar's sei und dieselbe Politik verfolgen werde, daß ferner Spanien eine Re­publik der Ordnung und des Friedens sei und keine revolutionäre Propaganda nach außen versuchen werde.

Madrid, 16. Juni. Die Majorität der konstituirenden Korkes beschloß in einer Konferenz, eine verfassunggebende Kommission aus 12 gewählten Mitgliedern der Rechten wie der Linken der Nationalver­sammlung. und 13 Repräsentanten der künftigen Einzelstaaten zusam- mcnzusetzen. Nach Castelar's Ansicht sollen folgende Einzelstagten be­stehen : Portorico, Canarische Inseln, Balearen, Catalonien, Arrago- nien, Navarra und Biscaya, Valevcia und Murcia, Nencastilien, Altcastilien, Galizien, Ober- und Unter-Andalusien, Estremadura, Cuba, Philippinen. Die Konferenz beschloß, am Dienstag früh über die zu wählenden Kommissionsmitglieder vorläufig abznstlmmen, die definitive Wahl aber desselben Tages in öffentlicher Sitzung vorzu­nehmen.

Perpignan, 16. Juni. Bei Prats de Llusanes (in Cata- lonien) hat ein ernsthafter Kamps zwischen Carlisten und Regierungs­truppen stattgefunden. Der Bandenführer Miret schlug das Regi­mentSavoyen" und nahm eine Kanone; der Brigadier Campos eilte den Geschlagenen zu Hilfe und bewahrte das Regiment vor Vernich­tung, konnte jedoch das Geschütz nicht zurückgewinnen. Campos mel­dete 30 Todte und Verwundete.

Die Amerikaner haben beschlossen, den größeren Thcil der ge' fangenen Modoc-Jndianer aufzuknüpfen und nur deren Führer, Capi- tän Jack und einige Häuptlinge zu einem Soldatentode durch Pul­ver und Blei zu begnadigen. Das ist das Ende der Modocs, welche noch vor hundert Jahren das mächtigste rothe Volk auf dem ameri­kanischen Continent gewesen.__

Redgirr, gedrückt und verlegt von A. Hel fälliger-