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Allerhand aus dem Publikum,

x.

Musikalisches.

Ein Genuß gar seltener Art ist uns am letzten Montag zu Theil geworden eine Production des Stuttgarter Quar­tettvereins, eines Vereins von Virtuosen, denen längst der glänzendste Ruf der Meisterschaft auf ihren Instrumenten mit Recht zur Seite steht. Mil großer Spannung wir gestehen es haben wir den Concertsaal betreten; was wir aber er­wartet haben, ist nicht nur glänzend erfüllt, sondern sogar über­troffen worden. Ist der Eindruck einer guten Musik auf das Gefühl des Zuhörers überhaupt schwer zu beschreiben, da die Musik ein Gemälde in Tönen ist und die Beschreibung eines Gemäldes niemals denselben Eindruck Hervorbringen kann, wie das Be­schauen desselben mit eigenen Augen, so sind wir gewiß mit gutem Grunde entschuldigt, wenn wir den vergeblichen Versuch unter­lassen, ein auch nur annäherndes Bild von dem zu geben, was wir bei diesen Tönen empfunden Hakim. Es ist viel weniger die staunenswerthe Fingergewandtheit, viel weniger die tadellose Harmonie in der schwierigsten Taktform, insbesondere auch im Unisono der Canzonetta von Mendelssohn, was unsere Gefühls­nerven in eine so angenehme Aufregung versetzt und bis zum letzten Bogenstrich darin erhalten hat, denn solche Dinge sind ein wesentlicher Theil der technischen Vollendung, die man bei jedem wirklichen Künstler voraussetzen darf; es ist vielmehr rer wunderbare Schmelz der Töne, der zarte und weiche, vom innigsten Gefühl getragene Hauch, der aus denselben zum Zu­hörer herüberweht, der sozusagen elektrische Strom, der vom Künstler ausströmt und den Zuhörer in das Reich seiner Ge­fühle hinüberzieht, ja ihn mit dem Hinsterben der Töne im zar­testen pisnissimo auf einen Augenblick diese prosaische Welt ver­gessen läßt, es ist überhaupt der unnennbare Eindruck, den eine reine Harmonie von Tönen auf jedes empfängliche Menschenherz machen muß, was die Zuhörerschaft stets zum lautesten Beifall hinriß, und den Künstlern zum mindesten die Genugthuung ver­schaffte, daß sie ein dankbares und empfängliches Publikum vor sich hatten. Aber auch dem Publikum selbst muß es zur Ehre nachgerühmt werden, daß es in lautloser Stille dem seelenvollen Spiele lauschte und den Künstlern dadurch die Achtung zollte, die ihnen gebührte. Es ist sonst nicht üblich, mit solchen Conzerten eine Restauration zu verbinden, und es war uns anfänglich bange, ob nicht manche unliebe Störung eintreten werde. Allein abgesehen von einigen Wenigen, die cs nicht überwinden konnten, während der Vorträge Messer und Gabeln ruhen zu lassen, verlief die Sache über Erwarten gut, und wir dürfen den Abend als einen der genußreichsten bezeichnen, die wir je hier erlebt haben. Mö­gen die Künstler in dem Erfolge ihres Besuches eine Aufforde, rung zur Wiederholung gefunden haben! Sie sollen uns stets willkommen sein.

Sc. Kon. Maj. haben die evangelische Pfarrer Stcinenkirch, Dcka° nats Geislingen, dem Pfarrer Hang in Dachtel übertragen. (St.A.)

Die^ Schulstelle in Salmbach, Dekanat« Neuenbürg, wurde dem Ilntcr- lchrcr Schöll in Calw übertragen. (St.-A.)

Cal w. Tagesordnung der Sitzung des K. Krcisstrafgerichts am Montag, den 23. Juni: 1) Vorm. 9)Uhr: Peter Mart. Schaaf, Bauer von Feudenheim, bad. Amts Mannheim, wohnhaft in Herren- alb, wegen Diebstahls. 2) Bonn. IO'/? Uhr: Jakob Kühn, Poli­zeidiener von Althengstett, wegen unerlaubter Geschcnkannahme. 3) Nachm. 3 Uhr: Michael Völuagel, Taglöhner in Stammhcim, wegen Tödtung aus Fahrlässigkeit.

ßff Calw. In den öffentlichen Sitzungen des K. Kreisstraf- Gerichts vom 14. Juni d. I. kamen folgende Fälle zur Verhand­lung und Abuctheilung: 1) Der schlecht prädizirte Casimir Nasz, Taglöhner von Altheim, OA. Horb, hat sich wiederum zweier ein­facher Diebstähle, welche bei ihm den ersten Rückfall begründen, schul­dig gemacht. Er stahl einem Nebenknccht in Haslach, OA. Herren« berg, ein Hemd mid ein Paar Socken, einem Bauern in Nebringen, der ihn aus Probe als Knecht eingestellt hatte, eine Tabakspfeife mil silbernem Beschläg und silberner Kette. Obwohl hinlänglich Beweise für seine Schuld Vorlagen, läugnete er es aufs Hartnäckigste. Das Gericht verurthcilte ihn zu der Zuchthausstrafe von 1 Jahr n. 3 Mon. 2) Wegen gemeinschaftlich verübten Versuchs eines einfachen Diebstahls wurde der Weber Christian König von Steinheim, OA. Heidenheim, welcher zum ersten Male rückfällig geworden ist, zu einem Jahr Ge- fäugniß und zum Verluste der bürgerlichen Ehrenrechte ans die Dauer von 2 Jahren, die Katharine Fr ick von Weil im Schöubuch, an­gebliche Ehefrau des Johann Ko pp, Webers von Steinheim, OA. Heideicheim, zu einem Monate Gefängniß verurtheilt. Dieselben ha­ben es unternommen!, aus dem Opferstocke der katholischen Kirche in

Oberndorf, OA. Herrenbergh Geld zu entwenden. Die Frick langte mit einem gespaltenen und zugeschnittenen Meerrohr, dessen unteres Ende mit einer klebrigen Masse bestrichen war, in die obere Oeffnung des Opferstocks hinein, während König Wache hielt; es gelang ihnen jedoch nicht Geld herauszunehmen, da sie über der That betreten wurden.

Stuttgart, 16. Juni. In der neuen Turnhalle ist auf Veranlassung des SanitätsvereinS ein Feldlazareth aufgestellt, dessen praktische Einrichtung dem Verfertiger, dem auf dem Gebiete des Sani­tätswesens rühmlichst bekannten Techniker Schmid von Nürnberg alle Ehre macht, daö Zelt ist fast rund mit ca. 8 Meter Durchmesser und ca 3 Meter hoch. Es hat 3 Abtheilungen, deren mittlere 6 Lagerstätten, bewegliche Bahren für Verwundete enthält. In einer andern sind 2 Tragbahren zum Holen der Verwundeten, und in der dritten 2 Operationstische, gleichfalls eine Art Tragbahre. Das Ganze wird leicht und schnell auf- und abgeschlagen und in den La- zarethwagen verpackt, dessen zierliches Modell gleichfalls ausgestellt ist. Dem Vernehmen nach soll das Zelt noch morgen ausgestellt bleiben.

Stuttgart, 17. Juni. Der Ausschuß der württembergischen Gewerbevereine petitiomrt beim württembergischen Finanzministerium um die Annahme österreichischer Gulden- und Fünffrankenthalcr zu festem Cours durch die Staatskassen, um künftige Fürsorge für einen gleichen Schritt bei der Einziehung alter und der Ausgabe neuer Münzen, sowie um die Emission von Münffcheinen, falls solche nöthig wird, auch in kleineren Stücken.

Ulm, 15. Juni. Ein verheiratheter Bahnhofarbeiter von hier ist gestern in der Reparatur-Werkstätte verunglückt, indem der aus dem Ventil des Dampfkessels ausströmendc Dampf ihn an Leib »nd Ge­sicht verbrühte. Er ist in Folge der Brandwunden im Spital, wohin man ihn brachte, gestorben. Schon vor Jahren verunglückte er an der Eisenbahn, indem er mit dem einen Beine unter die Räder ge« rieth. Damals kam er mit dem Leben davon, trug aber seither einen Stelzfuß.

Der Großherzog von Hessen feiert am 17. Juni das 25jäh- rige Regierung? Jubiläum, zu welchem von allen Seiten Gratulations- Besuche m Darmstadt eintreffen. Die regierenden Fürsten kommen thcils selbst, größtentheils aber lassen sic sich durch Familienglieder vertreten.

Darmstadt, 14. Juni. Die Landstände beschlossen in der heutigen Sitzung, das Finanzgesetz auf 6 Monate zu vertagen und eine Glückwunschadresse an den Großherzog aus Anlaß seines bevor­stehenden RegierungsjubiläumS zu richten.

Frankfurt, Mitte Juni. Die beiden hiesigen national-libe­ralen Blätter:Deutsche Presse" undFranks. Presse" werden mit dem 1. Juli d. I- vereinigt unter dem TitelNeue Franks. Presse" erscheinen.

Von verschiedenen Blättern, so auch von derKarlsr. Ztg.", wird bestimmt versichert, daß in der zweiten Sepicmberwoche eine abermalige Äischofskonferenz in Fulda slattfmdet.

Die von Nürnberg nach Berlin entsandte magistratliche De­putation, mit dem Aufträge, dahin zu wirken, daß der Reichsinvaliden« fondö einen größeren Posten des projektirlcn Stadtanleheus übernehme, ist in chrer Mission, wie derNürnb. Korresp." erfährt, von gün­stigem Erfclgc gekrönt worden, indem sich die Verwaltung des Reichs« ^nvalidenfonds bereit erklärte, unter noch näher zu vereinbarenden Be­dingungen 1 Million Thaler des Stadtanlehcns zu übernehmen.

Potsdam, 15. Juni. Der Kronprinz wird morgen in Ver­tretung des Kaisers nach Darmsladt zum Jubiläum des Großherzogs abreisen; dann Ems zur Begrüßung des Kaisers Alexander und zu­letzt Karlsruhe zur Konfirmation des Erbgroßherzogs besuchen.

Berlin, 15. Juni. Am 23. d. M. wird die Kaiserin Au- gusta in Karlsruhe eintreffen, um am 24. daselbst der Konfirmation des ErbgroßherzogS von Baden im Aufträge jdes Kaisers und Königs beizuwohneu, und von dort, in demselben Allerhöchsten Aufträge, zum Bseuche des Kaisers und der Kaiserin von Oesterreich auf einige Tage nach Wien zu reisen.

Berlin, 14. Juni. In Betreff der Abwicklung der Reichs­tagsarbeiten darf jetzt angenommen werden, daß der Sessionsschluß in 1012 Tagen, also spätestens bis zum 26. d. M. erfolgen wird. Die Budgetkommision wird in wenigen Tagen die Arbeiten erledigt haben, welche sie für das Plenum noch vorzubereiken hat.

Dem Reichstage ist unter der Ueberschrift:Eine Dotation für das ganze Land" eine Petition zugegangen, die leider frommer Wunsch bleiben wird.Die Verdienste des Chefs (des Heeres) sind groß, sehr groß, sie würden auch nicht geschmälert, wenn man auch an jeden einzelnen Arbeiter, der zu dem Erfolge bcigetragcn, also an jeden ge­meinen Soldaten ein Geschenk, eine Dotation austheilte. Wie viele gemeine Soldaten sind mitgegangen, die Weib und Kind und einen Verdienst von mehreren Thalern des Tages, eine sichere Existenz zu-