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Nr. 63

Mittwoch, den 17. März 1926.

100. Jahrgang.

Die Aufnahme Deutschlands vertagt.

Die Genfer Verhandlungen gescheitert.

Bertagungsantrag des Bölkerbundrats.

Endgültige Entscheidung heute vormittag.

TU Grus, 17. März. Die NatsmitgUeder haben gestern abend in «i«cr geheimen Sitzung mit 7 gegen 3 Stimmen be­schlossen, bei der Vollversammlung den Antrag aus Vertagung des deutschen AnsnahmcSesuches bis zum September zu stellen. Die drei Mächte, die sich gegen diesen Antrag aussprachc», sind Belgien, Japan und Schweden. Der Beschluß erfolgte im Ein­verständnis mit d« deutschen Delegation.

Der amtliche Bericht der Locarnomächte.

Die LocarnomLchte haben folgende gemeinsame Veröffent­lichung vereinbart, die am Spätabend ausgegehen wurde:

Die Vertreter Deutschlands, Belgiens, Frankreichs, Groh- Lritanniens und Italiens haben sich vereinigt, um die Lage zu prüfen, wie sie sich aus den aufgetauchten Schwierigkeiten des Verfahrens ergibt, die sich der Verwirklichung ihrer gemein­samen Ziele entgogenstellcn. Sie stellen fest, daß sie im Begriff waren, zu einer Uebereinstimmung zu gelangen und die Hinder­nisse zu überwinden, die zu einem gegebenen Zeitpunkt unter ihnen entstanden waren. Falls, wie zu befürchten ist, die ein­gangs erwähnten Schwierigkeiten fortbestehcn sollten, würden die Vertreter der 7 Signatarmächte des Protokolls von Locarno bedauern, daß sie im gegenwärtigen Augenblick das von ihnen angestrebte Ziel nicht erreichen können. Sie stellen mit Befrie­digung fest, daß das Friedcnswerk, welches sie in Locarno ver­wirklichten und welches in seinem ganzen Wert und in seiner ganzen Kraft bestehen bleibt, dadurch nicht berührt wird. Sic halten daran fest, heute wie gestern, und sind fest entschlossen, sich gemeinsam dafür einzusetzen, es aufrecht zu erhalten und fortzuentwickeln. Sie bleiben bei der Ueberzeugung, daß bei der nächsten Bundesversammlung die gegenwärtigen Schwierig­keiten überwunden sein werden und dag die Verständigung, die hinsichtlich der Voraussetzungen für den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund erzielt worden war, verwirklicht werden wird.

Dir Auffassung der deutschen Delegation.

Zur Auffassung der aus dem amtlich vereinbarten Com- muniqö sich ergebenden Lage wird halbamtlich ans Kreisen der deutschen Delegation mitgeteilt, daß für die Beurteilung des Nichtvollzugcs des deutschen Eintritts in den Völkerbund die Tatsache im Vordergrund der Betrachtung stehe, daß dieser negative Ausgang aus einer Schwierigkeit des Verfahrens resultiert, die nicht vorausgesehen nzerden konnte. Es wird da­bei ausdrücklich festgestellt, daß die vorher bestehenden Hinder­nisse, mit denen man sich u. a. noch Dienstag vormittag be­faßt hatte, beseitigt waren. ES braucht dabei nur daran erin­nert zu werden, daß Benesch, der Führer der Kleinen Entente, sich ebenfalls unter den Herausgebern des Eommuniquös be­findet. Die Ursachen des negativen Allsganges find daher außerhalb der Locarno-Mächte bei einem südamerikanischen Ratsmitglied (Brasilien)'zu suchen. Die deutsche Delegation vermeidet es jedoch, ihrerseits die Verursachungsfrage näher zu «erörtern und überläßt es der Meinung der Welt, die Schlüsse zu ziehen, auf denen ihre letzte Entscheidung beruhen wird. Im übrige» ist wesentlich die unter den Signatarmächten von Locarno getroffene Feststellung dahingehend, daß daS Werk von Locarno mit seinen Voraussetzungen, Rück- und Auswirkungen unter ihnen bestehen bleibt und daß fie es als ihr gemeinsames Kiel bettachten, die jetzt bestehenden Schwierigkeiten bezüglich des deutschen Eintritts in den Völkerbund bis zur nächsten Vollversammlung zu beseitigen. Aus dieser Auffassung wird von manchen Seiten in Genf der Vorwurf hergeleitet, daß bei den Genfer Besprechungen Locarno über den Völkerbund ge­stellt worden sei. Indessen erscheint es für die Behandlung der gesamten öffentlichen Meinung der Welt und sicherlich nicht nur vom deutschen Standpunkt aus, das wichtigste Erfordernis, daß bet der nun erfolgten Entwicklung keinerlei fehlerhaftes Verhalten Deutschlands mitspielc, das sie sich aber durch die Form in der im vereinbarten CommuniquS auf di« Beziehungen zwischen den Ereignissen und der Erhaltung des Werkes von Locarno Bezug genommen wird, unzweifelhaft klarstellt.

Heute nochmalige Ratssitzung vor der Vollversammlung.

TU Genf, 17. März. Heute vormittag wird vor dem Zu­sammentritt der Vollversammlung eine Zusammenkunft der Ratsmitglieder stattfinden, in der sie von der dann vorliegenden Situation Kenntnis nehmen und einen dementsprechenden An­trag an die Vollversammlung formulieren werden. Falls die Situation bis heute vormittag sich nicht geändert haben sollte, ,vas kaum anznnehmen ist, wird de, Rat in seine«» Antrag an

die Vollversammlung sein Bedauern aussprcchen, daß Deutsch­land nicht in den Völkerbund ausgenommen werden konnte.

Die Berliner Presse zur Vertagung.

TU Berlin, 17. März. DerTag" stellt am Schluß seiner Erörterungen, die er dem Zusammenbruch des Völkerbundsge­dankens widmet fest, daß die deutsche Delegation den gefundenen Ausweg nicht eigener Initiative verdanke, sondern einer Lösung, die sich noch als Türe ins Freie erweisen wird. Auch derBer­liner Lokalanzeiger" meint, an der deutschen Delegation habe es nicht gelegen, wenn die Genfer Jntriguen mit diesem kläglichen Fiasko des Völkerbundes und der gesamten europäischen Politik geendet hätten. DieTägl. Rundschau" sagt, die unmittelbare Ursache für den Genfer Mißerfolg wäre das Veto Brasiliens, die eigentliche Ursache aber die französisch-polnische Politik und die unklare Haltung Chambcrlains. DieDost. Zeitung" schreibt. Die Wendung, welche die Dinge in Genf genommen haben, be­deute eine ganz schwere Enttäuschung. Namentlich die ehrlichen Freunde des Völkerbundes würden von tiefer Trauer erfüllt sein über diese Diskreditierung -er Institution des Völkerbun­des. DasBerliner Tageblatt" legt besonderen Wett darauf, daß trotz einer Vertagung das Friedenswerk von Locarno un­verändert bleibt. DieDeutsche Tageszeitung" stellt dagegen fest, daß die Erklärung der Locarnomächte nur eine formelle Uebertünchung der tiefen Risse zwischen ihnen sei. Die Furcht der Urheber von Locarno, für den großen Fehlschlag der Locarno­politik in Genf in ihren Ländern verantwortlich gemacht zu werden und die Furcht vor dem politischenWas dann?" habe sie zu diesem gemeinsamen Schritt gebracht. ?!iii;cbss Kapital sei daraus nicht zu schlagen. DerVorwärts" stellt fest, daß man vor einem diplomatischen Trümmerhaufen stehe. Ganz schuldlos daran sei man auf keiner Seite. Der Genf» Völker­bund hat sich in einem Ausmaße blamiert, von dem man noch in fernsten Zeiten künden wird. Die sogenannten großen Staats­männer, denen es so lei.lt fiel, Deutschland, nachdem es wehr­los gemacht wurde, in Ketten zu schmieden und immer neue Qualen für uns auszusinnen, erweisen sich in der Nähe gesehen als die kleinen Wichte mit allen kleinlichen Schwächen und Ei­telkeiten, die ihr Werk so lange schon kennzeichnet.

Der erste Eindruck in Paris.

TU Paris, 17. März. Die Nachricht von dem Vertagungs- antrag in Genf erregt hier großes Aufsehen, da die letzten Gen­fer Berichte dahin gedeutet wurden, daß Brasilien sein Veto zu- rückziehen werde. Es ist vorauszusehen, daß ein Teil der fran­zösischen Presse den Dertragsbeschluß als ein offenkundiges Ein­geständnis der Ohnmacht des Völkerbundes buchen und dessen moralischen Bankerott verkünden wird. Die vorliegenden Kom­mentare der Presse, in denen die Folgen einer Aufnahme von Deutschland in den Völkerbund in den schwärzesten Farben ge­schildert werden, lassen den Schluß zu, daß die Vertagung des deutschen Eintritts nicht ungern gesehen wird. Es fehlt jedoch nicht an Stimmen, die das Verhalten Brasiliens verurteilen. So telegraphiert der Genfer Vertreter desTemps", die von Brasilien eingenommene Haltung sei uinso bedauerlicher, als die letzten Schwierigkeiten, die wegen der Wahl Polens in den Völkerbund bestanden, aus dem Wege geräumt zu sein schienen. Journal desDebats" sagt, es sei höchste Zeit, daß der Vorhang über Genf falle, weil das Schauspiel, das man in den letzten Tagen erlebt habe, geradezu beschämend gewesen sei.

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Die Rückwirkungen

der Genfer Tagung.

Genf und die französische Kabinsttsfrage.

TU Paris, 17. März. Die Nachricht von der Vertagung der Genfer Probleme auf September hat in politischen Kreisen einen ungünstigen Eindruck hervorgerufen. Eine politische Per­sönlichkeit erklärte am Dienstag abend, dir Vertagung sei als ein Mißerfolg der Locarnopolitik aufzufassen, der geeignet sei, die Stellung des Kabinetts Briand zu gefährden. Nur die Furcht vor einem Kabinett Herriot werde eine Reihe Politi­ker davon zurückhalten, gegen die Regierung Briand zu stimmen.

Abreise Briand« au» Senf.

Der französische Ministerpräsident Briand hat seine Kabi­nettskollegen davon verständigt, daß er heute aus Genf abreisen und dem Donnerstag früh zusammentretenden Ministerrat, der den endgültigen Wortlaut der Regierungserklärung festlegen soll, beiwohnen wird. Dem Ministerrat geht heute früh ein Kabinettsrat voraus, der unter dem stellvertretenden Vorsitzen­den Laval die Regierungserklärung nach den von Vriand nach Paris mitgetcilten Gesichtspunkten beraten wird. Die Regier­ung tritt am Donnerstag nachmittag vor das Parlament. An die Verlesung der Regierungserklärung wird sich eine politische Aussprache anknüpfen auf Grund von fünf Interpellationen über di« allgemeine Politik des neuen Kabinetts. Außerdem sind noch weitere elf Interpellationen angemeldet.

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Tages-Spiegei.

Die Genfer Verhandlungen um die Aufnahme Deutschland- in den Völkerbund sind am Widerstand Brasiliens gescheitert

Heute vormittag wird die Vollversammlung des Völkerbünde- die endgültige Entscheidung fällen. Voraussichtlich wird da: Aufnahmegesuch Deutschlands bis zum September vertag: werden.

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Die deutsche Delegation wird voraussichtlich heute abend Gei verlassen.

Nach dem Mißerfolg Briands in Genf erwartet man eine neu-, französische Kabinettskrise. Die Stellung Chambcrlains ist schwer erschüttert.

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Die internationale Arbeitszeitkonfcrenz in London setzte gesten die Beratung der einzelnen Artikel des Washingtoner Abkom mens fort.

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Der Stre«t der Großmächte mit China hat sich erheblich zuge- spitzt.

Der Reichstag wird morgen in der Beratung des Haushalts de- Jnnenministeriums fortfahreu.

Chamberlains Stellung erschüttert.

TU London, 17. März. Der englische Außenminister Cham- berlain wird bei seiner Rückkehr nach England seine Stellung im Kabinett schwer erschüttert vorfinden. Das Vertrauen in seine Fähigkeiten, das auch seit dem Abschluß der Verhandlungen von Locarno nicht übergroß gewesen war, ist endgültig dahin Hinzu kommt noch, daß Chamberlain, an dessen guten Absichten kaum einer in England gezweifelt hat, persönlich über keine groß? Anhängerschaft verfügt. Er gehört zu den Leuten, die zwar keine Feinde, aber auch nur wenig Freunde besitzen. Ganz England fühlt, daß er durch sein Verhalten in Genf nicht nur seinen» eigenen Ruf, sondern auch dem Prestige Englands erheblichen Schaden zugefügt hat. Unter normalen Verhältnissen würde mau nach seiner Rückkehr nur eine einzige Folgerung ziehen können, nämlich seinen sofortigen Rücktritt. Aber die Lorbeeren von Locarno sind noch zu frisch, als daß man einen solchen Schritt zur Zeit wagen könnte, ohne einen recht unangenehmen Nachge schmack zu hinterlassen. Immerhin wird vielfach sein Rücktritt mir noch für eine Frage der Zeit gehalten.

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Regierungskrise in der

Tschechoslowakei.

TU Prag, 17. März. Der Gesunoheitszustanio dcL Minister Präsidenten hat sich derart verschlechtert, daß er auf ärztlichen Rar zu einem mehrmonatigen Erholungsurlaub nach dem Süden ab­reisen wird. Sein Vertreter ist der sozialistisch« Eisenbahnmini­ster Bechyne. Es wird allgemein mit einem Rücktritt der Re­gierung und mit der Erneuerung einer Beamtenregulierung gerechnet. Der Rücktritt des Ministerpräsidenten kann als sicher angenommen werden. Die Lage ist sehr gespannt.

Das Volksbegehren über die Türstenenleignung.

Berlin, 17. März. Der zweite Sonntag, der für die Ein­tragung -um Volksbegehren über die Fürstenenteignung be­reit stand, hat den Sozialdemokraten und Kommunisten große Erfolge gebracht. Der .Vorwärts* stellt fest, daß sich am Sonn­tag allein 217 000 Wahlberechtigte haben Anträgen lassen, so- daß in Berlin jetzt beinahe 1,1 Millionen Stimmen abgege­ben sind. Die Propaganda scheint jetzt zu wirken. Auch aus Großhamburg meldet der .Vorwärts* im ganzen 300 000 Ein­tragungen, aus Köln 80 000, aus München 65 000, aus Bres­lau fast 100 000 und so fort. Es ist ja von Anfang an nicht zweifelhaft gewesen, daß die beiden Parteien, die für den wei­teren Verlauf des Volksbegehrens erforderlichen vier Millio­nen Stimmen bekommen würden. Sie selbst schätzen, daß bereits über acht Millionen abgegeben sind. Wie weit diese Zahlen zutreffend sind, läßt sich natürlich nicht nachprüfen, da für die Abstimmung auf dem Flachlande jeder Anhaltspunkt fehlt. Schließlich ist ja auch, ob es acht oder zehn Millionen sind, für den weiteren Verlauf belanglos. Sicher ist, daß der Reichstag sich mit dem Volksbegehren zu beschäftigen haben wird. Sicher ist auch, daß er es entsprechend der Aufassung der Reichsrcgic- rung ablehnen wird und daß dann etwa im Juni der eigent­liche Volksentscheid erfolgen muß. Fraglich kann nur sein, ob inzwischen der Reichstag den Versuch macht, durch die An­nahme des Kompromißantrages der bürgerliche« Parteien eine andere befriedigende Lösung zu juchen.