leider unbestreitbare Wahrheit spricht das Blatt in folgenden Sätzen aus:Dle allgemeine Erhöhung der Löhne ist nicht begleitet von einer Hebung der sittlichen, technischen, wirtschaftlichen Tüchtigkeit des Ar- bciterslandeö. Man sollte doch aufhören, ans einer falschen An­wendung humaner Empfindungen für den Arbeiter als einergedrückten Klasse " Partei zu ergreifen. Unter dem Druck dir Verhältnisse leidet heute eine andere Klasse, als die der Arbeiter. Es leiden die auf Men Aehäkt Mctzteä Personen, Beamte) Lehrer; es leiden die kleinen Rentner und Pensionäre, die Wiitwen und Greife, die den Betrag ihrer Rente nicht steigen sehen; es leidet die gelehrte Arbeit. Der Arbeiter hingegen, welcher mit nüchternem Kopfe diese Zeit durchlebt, Hai Tage, wie die Handarbeit sie nie besser gesehen hat. Freilich erwächst daraus für den Arbeiter die Forderung, diese günstige Ge­legenheit zu benützen, sparsam zu leben, und für seine und seiner Kin­der Zukunft zu sorgen. Wird diese Forderung nicht erfüllt, dann ist Hie Reaktion unausbleiblich. Beim nächsten Rückgang der Geschäfte werden die Löhne ebenso schnell fallen, wie sie jetzt gestiegen sind, weil der Arbeiterstand es unterlassen hat, seine Lebenshaltung den besseren Whnen gemäß zu verbessern. Und dann wird der Zeitpunkt gekom- Än sein, wo die Bestrebungen zur Hebung des Arbcitcrstandes von steuem auf anderer Grundlage beginnen müssen. Dann werden die Arbeite rsich bemühen, bas wirklich zu verdienen, was ihnen jetzt ein Glücksfall in den Schoß geworfen, und was sie nicht zu halten ver­standen!"

Nach einer Mittheilung derBreisg. Ztg." aus Freiburg geht der Bau der Schwarzwaldbahn mit größter Schnelle seiner Voll­endung entzögen. Die' Gscnkonstruktiou des Hornberger Thalübcrganges ist montirt llnd bereits auf die definitive Lage übergeschoben. Die ganze Höhe des Thalüberganges beträgt 83 Fuß, und mag mancher Ressende, der die schlanken Pseilerschäste sieht, sich kaum eines leisen Grauens vor der Üibrrfahrt erwehren. Der Rebberg-Tunnel ist ganz, der 5600 Kuß lanze Sommerau-Tunnel beinahe ausgewölbt. Die technische Behörde glaubt, daß bis Spätjahr die Bahn dem öffent­lichen Verkehre Übergeben werden kann.

München, 16. Mai. Reichsrath Stiftsprobst von Döllinger ist an LiebigS Stelle zum Vorstand der Akademie der Wissenschaften und zum Generallonservator der wissenschaftlichen Sammlungen des Staates ernannt worden.

Der König von Sachsen ist noch nachträglich zur Feier seiner goldenen Hochzeit mit einem Festgeschenk überrascht und erfreut war- den, mit einem Dompfaffen aus dem Voigtlaude, welcher das Lied singt:Den König segne Gott". Die rechtzeitige Ueberreichung konnte deßhalb nicht stattfinden, weil der Vogel zu jener Zeit seine Studien noch nicht vollendet hatte (mit denen sich Dompfaffen überhaupt nicht gern übereilen.)

Berlin, 14. Mai. DieProvinzial-Korrespondenz" bestätigt die königliche Sanktionirung der Kirchengesctze und meldet, der Kaiser werde in Wien, wohin er am 29 d. M. abreist, etwa acht Tage ver­weilen.

Berlin, 13. Mai. In der heutigen Sitzung des Abgeordne- tenhanses nahm dasselbe den Gesetzentwurf über die Betheiligung der Staatsbeamten bei den Verwaltungen der Erwerbsgesellschaften in dritter Lesung mit einem Amendement, wonach das Gesetz auf zeitweise in Ruhestand versetzte Beamte keine Anwendung finden soll, an.

Jedes neue Quartal bringt Berlin eine kleine nomadische Völ- kerwanderung. Am 1. April haben 40000 Familien ihre Wohnungen gewechselt, davon die bei weitem größere Zahl in Folge von Mieths- steigerung. Im Arbeitshause befinden sich weit über 100 obdachlose Fa­milien, die zum Theil von ihren Ernährern verlassen sind. Bezeichnend für die anhaltende Wohmmgsnoth ist das fortdauernde insektenartige Zusammenwohnen der kleinen Leute. So beherbergt ein neue« Ge- bäudr nicht weniger als 109 Familien mit nahezu 1000 Köpfen.

Das unbegreifliche Verschwinden von Briefen auf der Route Ctraßburg-Paris gab s. Z. den französischen Blättern wiederholt Ver­anlassung, die deutschen Postbamten zu verdächtigen, obwohl damals vom kaiserl. Generalpostamt durch unwiderlegliche Beweise die Schuld­losigkeit der deutschen Angestellten nachgewieseu wurde. Jetzt hat sich der rech:e Mann gefunden, ein junger Postbeamter Namens Charles Schwallinger. In seiner Wohnung waren noch 9954 Briefe vorhan­den, die Summe der Gelder, die er unterschlug, kennt man nicht ge- Er wurde vor wenig Tagen vom Assisenhof zu Pari« wegen Unter-

nau

schlagung von Briefen und Geldern zu drei Jahren Gesängniß ver- urtheilt.

_ Wien, 10. Mai. Heute Abend tagte unter dem Vvizitze des

Ceklionschefs Baron Wehli im Ministerium des Innern eine Kom- Mission, welche über die brennende Frage der Thcurung der Lebensmittel und Wohnungen für die Besucher der Weltausstellung berathen sollte. Ein eingehendes Referat des Magistratbsraths Wenzel über die Micth

Vteogin, gedruckt und verlegt V»» Ä. Ocl>chliiger.

und Lebensmittelpreise in den Gasthöfen und Restaurationen und die er- gänzenden MittheilNngen des Magistratsdirektors gaben ein in vielen Parthien nicht eben erfreuliches Bild der Gastfreundschaft, wie sie Wien in diesem Augenblicke seinen Ansstellungsgästen gegenüber übt. Aller­dings bieten diese Mittheitungen die Aussicht auf eine baldige Besse­rung, wenigstens in einem Punkte, in dem der Wohnungsfrage, wo nach dem untrüglichen Gesetze von Angebot und Nachfrage binnen kurzem eine Korrektur eintretcn muß. Das Angebot von Wohnungen ist nämlich ein enormes, die Nachfrage eine überraschend geringe, und in Folge dessen werden auch binnen kurzem die jetzt mitunter ganz toll hinauf­geschraubten Preise ihre Baisse erlerden. Es kann auch da dergroße Krach", der die Dinge wieder in das natürliche Geleise bringen muß, nicht lange ausbleiben. Aus den milgetheilten Prristarifeu der ver­schiedenen Hotels ist ersichtlich, daß sehr viele derselben für ein an­ständig möblirtes Zimmer fünf und mehr Gulden pro Tag verlangen, daß für Bedienung und Beleuchtung 60 kr., 1 fl. und mehr angesetzt sind; daß in einem Gasthofe für ein Bett in einem Vorzimmer 6 fl. und für ei» Bett aus einem Gang 5 fl. verlangt wurden; ebenso geht aber auch aus den gemachten Mittheilungen hervor, daß viele, und darunter ganz namhafte Hotels, keinen erheblichen Zuschlag zu ihrem gewöhnlichen Tarif^gemacht, und daß Zimmer mit zwei Betten zu 2 und Zi/z fl. zu haben sind. Zu gleichen und billigeren Preisen sind Pcivatwohnungen zu bekommen. In den von der Gemeinde eingerich­teten Anmcldnngsbureaux wurden bisher 2682 Wohnungen mit 3281 Piecen angemeldet, aber bisher nur 109 Wohnungen mit 117 Piecen wieder abgemeldet, ein Beweis, daß den Unterkunft suchenden Fremden die Einrichtung dieser Wohnungsbureaux nicht genug bekannt ist, welchemUebelstande durch zweckmäßige Publikation abgeholfen werden soll.

Roderich Bencdix soll schon ein neues Lustspiel:Ans der Wiener Weltausstellung" betitelt, vollendet haben.

Frankreich. Paris, 14. Mai. DasJourn. offiziell" mel­det, daß der französische Schatz der deutschen Regierung eine neue Zahlung von 250 Millionen geleistet und damit die vierte Milliarde der Kriegsentschädigung vollkommen abgetragen hat.

Paris, 13. Mai. Seit einigen Tagen hat sich die öffentliche Aufmerksamkeit ausschließlich mit der Position beschäft'gt, welche die Negierung beim Wiederzusammentritt der Assembler einnehmen wird. Heute wird versichert, daß die Regierung nach dem Wiederzusammen­tritt der Kammer die gesammten konstitutionellen Maßregeln, mit deren Vorbereitung sie beauftragt war, vorlegen wird, und daß diese sieben Vorlagen von einer Erklärung oder Einleitung begleitet sein werden, in welcher die Republik als die legale und nothwendige Konstitution de» Lautes behandelt sein wird. In den erwähnten Vorlagen, namentlich in der, welche auf die Uebertragung der Gewalt Bezug hat, wird die Grün­dung der republikanischen Regierung nicdergrlegt und der provisorische Stand der Dinge aufgegebcn werden. Der Präsident ist dringend aufgefordert worden, eimn Appell an die Nation zu richten, ohne auf die Wiedereröffnung der Kammer zu warten, aber dieß hat Herr ThierS standhaft verweigert in dem Glauben, daß er, wenn die Ver- fassungsvorlagen derAssemblee vorgelegt werden, eine natürliche Gelegen­heit haben wird, um sich dem Lande gegenüber zu erklären. Somit dürfte die gegenwärtige Periode der Unentschiedenheit nach der Wieder­eröffnung der Kammer nicht lange Vorhalten, denn die Erklärungen in den Motiven zu den Verfassungsvorlagcu werden kategorisch genug sein, um allen Zweifeln ein Ende zu machen.

Der französischen Regierung ist die beabsichtigte Reise des Königs von Italien nach Wien und Berlin wenig erfreulich.

Italien. Rom, 16. Mai. Die Besserung im Befinden des Papste« ist anhaltend. Der Papst las heute Messe iu seinen Ge­mächern.

Das Privatvermögen des Papstes wird auf eine Million Thaler geschätzt. Es besteht hauptsächlich in Mobilien, Mobilien heißt aber Alles, was sich beim Tode eines Papstes in dessen Gemächern befin­det. Es sind wahre Kunstschätze darunter. Pius IX. soll rin Testa­ment gemacht haben zu Gunsten seines ältesten Neffen, Ides Grafen Louis Mastai-Ferrctti, dem er bereits zu seiner Heirath 80000 FrcS. schenkte. So wandert der Peterspfennig in des Papstes Laten-Familie.

Spanien. Die Arbeiterfrage scheint in der gcwerbreichcn Provinz Barcelona bedenklich zu werden. Fabrikanten, welche die von den Ar­beitern ausgestellten Lohnsätze nickt unterzeichnen, werden mit dem Tode bedroht. In Caldas^wurde einem Tnchfabrikanten, der den Tarif Un­terzeichnete, aber dabei erklärte, daß er fortan nur die Hälfte seiner Arbeiter beschäftigen könne, die Antwort zu Theil, daß die andere Hälft« trotzdem ihren Lohn weiterbeziehen werden. Die Behörden fühlen sich nicht stark genug, um dem Zwange cntgegenzutretcn.

Rußland. Bei dem Petersburger Zapfenstreich hat sich kein ernstlicher Unfall ereignet, was wir zur Berichtigung einer früheren Nachricht mittheilen. _