Litrrarischcs.
Kirche lind Schule. Dölliliger's mannhafter Protest, der ans Flügeln der Presse seinen Weg über die Welt macht, gewinnt eine Bedeutung weit hinaus über den ursprünglichen Angriffspunkt. Erläßt die Machtsphärc der Kirche überhaupt in schärfere Beleuchtung treten und bringt alle cinschlagendeu Zeirfragen zu neuer Währung. Nameutli h wird die Trennung von Kirche und Schule als ein unab- wcivlichcs Knlturbcdürfuiß rüstiger als jemals gefordert und verfochten. Auch dieKunst, welche unseres DafürhalleuS Tendenzen nichtallein verträgt, sondern sie als Nährstoff ihres Blutes gar nicht entbehren kann, nimmt ihrerseits Partei und leitet das Licht auf ihren Wegen in die Gebiete der Finstcrniß. „Fromm und frei" , ein neuer, gehaltvoller und spannender Roman von Friedrich Friedrich in 3 Bänden ko nmt nun ganz zu rechter Zeit. Er wird uns mit vielem andern Trefflichen i,n ill u strirten Volksblalt „Buch der Welt" geboten und vollständig abgedruckt iu einem Quartal: pro April, Mai, Juni, dieser von uns oft belobten Zeitschrift. Es ist also jetzt 'gerade ein sehr günstiger Zeitpunkt, iu das Abonnement cinzutreten. Man bestellt das Buch der Welt für 1 fl. 12 kr. pro Quartal von 13 Wochennummern ä 4 Foliobogcn bei allen Buchhandlungen und Poftanftal- len; heflweise ist dasselbe zum Preise von l8 kr. für jedes Heft.durch alle Buchh andlungen zu beziehen. _
Tagcsncuigkeitcn.
— Ulm, 13. Mai. Gestern Abend besuchte ein Reiter von Glems
bei Urach seinen Freund, einen Infanteristen, in der Pianierkaserne. Letzterer wollte dem Reiter die Einrichtung dcS ZUndnadelgewehrs zeigen, ergriff aber unglücklicherweise ein geladenes Dicnsrgewchr, nel- chcS sich während der Explikation entlud. Die Kugel ging dem Reiter durch die Brust. Der Getroffene sank leblos zusammrn und war 10 Minuten darauf eine Leiche. (Ist Tagbl.)
(Turnsa ch c.) Der Vorort des Schwäb. Turuerbnndes hat soeben seinen Jahresbericht ausgcgeben. Nach demselben zählt der Bund 87 Turnvereine, darunter 4 mit über 200 Mitgliedern (Gmünd, Heilbronn und beide Stuttgarter Vereine). 5 weitere mit 100—200 Mitgliedern (Biberach, Göppingen, Hall, Ludwigtbnrg, und Ulmcr Turuerbuud). lieber Abhaltung des dießjährigen Turnerfestes, das im vorigen Jahre des Krieges wegen ausfiel, ist bis jetzt ein Beschluß nicht gefaßt.
— Karlsruhe, 15. Mai. Dem Vernehmen nach soll das großh. Armeekorps am 20. d. M. demobilisirt werden.
— (Falsche badische Zweiguldenstücke.) Seit einigen Tagen sind in Frankfurt falsche badische Zweiguldenstücke im Umlauf. Dieselben tragen die Jahreszahl 1822 und sind leicht daran erkenntlich, daß aus dem Rande die Worte: „Trau, schau, wem" ciugravirt sind.
— München, 12. Mai. In der heutigen Sitzung des Magistrats wurde beschlossen, die Kreisregierung von Oberbaiern um sofortige Entfernung des Religionslchrerö an der höheren städtischen Töchterschule, Streber, vom Religionsunterricht zu ersuchen, widrigenfalls der Magistrat selbst Streber den Eintritt in die Schule verbieten und im äußersten Falle die höhere Töchterschule als Gemeindeschule ganz auflösen werde. (L-treber, auch Religionslehrer am Wilhelms-Gymnasium und Geschichtsprofessor, behandelte die Unfchlbar- ikeitslehre als Theil des Religionsunterrichts.) Der Magistrat beschloß ferner, neue Religionslehrcr nur gegen Ausstellung eines Reverses gegen die Unfehlbarkeitslchre unzustellen; eventuell den Religionsunterricht westlichen Lehrern zu übertragen. Der Magistrat beschloß endlich, die Staatsrcgierung um Verhaltungsmaßregeln zu ersuchen gegenüber vielfachen vorliegenden Protesten von Eltern g-gen den Vortrag der UnfehlbarkeitSlehre in den Volksschulen; ferner bei der Staatsrcgierung anzufrageu, ob das Ausbleiben aus der Rcligions- stund-, welches durch die neue Religionslehre motivirt würde, als Schulversünmnisse zu bestrafen und was gegen die Lehrer zu veranlassen sei, welche das Unfehlbarkeitsdogma vortrageu.
M ü n ch e n, 9. Mai. Dem „Corr. v. u. f. Deutschst" wird geschrieben: „Das Cultusministcrium ist dem Vernehmen nach ent- schlossen, gegen die Verletzung der Stastsgesetze, welche sich der Er; bischof von Bamberg durch das bekannte Eircular über die Beschlüsse des Vatikanischen Concils zu Schulden kommen ließ, entschieden auszutreten. Das betr. Rescript soll noch in dieser Woche erwartet werden dürfen.
München, 15 Mai. Wie verlautet, st-'kst ein neuer Hirtenbrief sämmtlichcr bäurischer Erzbischöfe und Bischöfe an die Katholiken bevor, sowie eine gemeinsame Vorstellung derselben an die Staats- regicrung, um die Aufhebung des König!. Placet zu erwirken.
TI W st r) b urg , IT Mai. Die in der hiesigen Harmvnie-Ge- sellichaft ausliegende Adresse, welche die StaatSregieruug zur Abwehr der kirchlichen Uebcrgriffe auffordert, ist, mit zahlreichen Unterschriften bedeckt, gestohlen worden.
— In Auri ch in der Pfalz fand man Morgens die Eheleute S. regungslos neben einander am Tische sitzen. Sie sahen aus, als schlie» fcu sie fest und gut, als man aber Nachsatz, waren sie todt, und auS einem Briefe erfuhr mau, daß sie Ehankaii getrunken.
— Frankfurt, 15. Mai. Seit dem 12. d. M. haben in Folge des in unserer SraR geschlossenen Friedens die Gesangenenrücktrans- Porte ans den norddeutschen Festungen in ziemlich umfassendem Maßstabe begonnen. Verkehrsstörungen werden und sollen jedoch durch diese sogenannten Franzosenzüge nicht cintreten. Es gehen 5—6 Züge täglich jeder mit 1200—'.500 .Mann theils über Gießen und Köln, theils über hier nach Frankreich, beziehungsweise nach Lagny, woselbst die Mannschaften der Versailler Regierung zur Bildung neuer Trup- pcnkvrper übergeben werden, lieber die Heimkehr unserer Krieger aus Frankreich ist noch nichts Spezielles bestimmt, sondern nur im Allgemeinen beschlossen, daß die Landwehr jetzt möglich rasch heimbc- fördert und entlassen werden soll. Die Linie wird später folgen, jedoch in mäßigen Zwischenpausen, wodurch auf den verschiedenen Eisenbahnlinien Verkehrsstörungen oder Stockungen vermieden werden sollen.
— Berlin, 2. Mai. Der Vundesrath hat in seiner gestrigen Sitzung die Gewährung von Diäten an die Rcichstagsabgeordneten abgelehnt, über die Gewährung von Reisekosten verlautet noch nichts Bestimmtes.
— Berlin, 15. Mai. Der Reichstag nahm in seiner heutigen Sitzung in dritter Bcrathung den Gesetzentwurf, betr. die Aufhebung der Cantionspflicht der periodischen Druckschriften und die Entziehung der Besugniß zum Betriebe des Preßge.verbes au.
— Berlin, 15. Mai. Die bairischen, rvürttembergischen und badischen Bevollmächtigten bei den Friedensverhandlungen sind auS Brüssel hier eingelroffen.
— Wie die „D. A. Ztg." vernimmt, werden für Elsaß-Lothringen 0 neue Regimenter gebildet werden, und zwar 1., 2., 3., 4. elsäßi- sches Regiment und 1. und 2. lothringisches Regiment. Diese Regimenter meroen dann bis aus Weiteres in die westlichen Provinzen Preußens verlegt werden.
— Wien, 13. Mai. Der VerfassnngsanSschuß beschloß mit 11 gegen 6 Stimmen die Erlassung einer Adresse an den Kaiser und betraute das bestehende Subkomi.e mit der Abfassung derselben. — 28 Bischöfe in Oesterreich haben den Kaiser Franz Jozcph ersucht, dafür Sorge zu tragen, daß Victor Emanuel die Stadt Nom und ein angemessenes Gebiet dem Papste zurückgebc.
— Wien, 14. Mai. Die Eingab: der 28 Kirchenfürsten an den Kaiser hat bereits vor der Abre.se Beust'S zu der Entscheidung geführt, daß in der bisher erfolgten politischen Richtung des Kabmets in der angeregten Frage durchaus keine Aenderunz einlreteu wird.
Frankreich. Paris, 15. Mai. DieArrondissementSkommandeure sind für die BertheidigungSmaßregeln ihrer betr. Zonen verantwortlich gemacht. — Die Besitzer von Schwefel und Phosphor muffen binnen drei Tagen ihre Vorräthe an die Kommune deklarireu. — An den exponirtcn Punkten werden Torpedos gelegt. — DeleScluze ist ans dem Wohlfahrtsausschuß ausgetreten und ist nun bloß Kriegsmi- nisstr. F. Pyat soll nämlich geltend gemacht haben, daß die Cumu- lirung der Funktionen eines Mitgliedes des Wohlfahrtsausschusses mit dem Amte des Kriegsdelegirten unstatthaft sei; und da er über die Stimmen, welche die Linke der Kommune bilden, fast unbeschränkt verfügen kann, war eS ihm leicht, einen Beschluß zu provociren, demzufolge Dclescluze sich mit dem Amte des Kriegsministers zu begnügen hat. Auf's Unversöhnlichste haßt Pyat den Oberst Rossel, weil dieser wagten dem nach Alleinherrschaft Strebenden iu öffentlicher Sitzung seine egoistischen Absichten vorzuwcrfcn. — Viktor Hugo schreibt Verse gegen die Umstürzung der Vendomesäule. In einem derselben fühet er ganz richtig, wenn fauch sin der bekannten bombastischen Redeweise, aus: Wenn das hochmiithige Preuße» die Zerstörung des Triumphbogens und der Nendümcsäute befohlen hätte, wie hätte man geschrieen, daß man lieber 100 Rial sterben wolle, als diese Schmach dulden! „Und nun thut ihr's selbst."
Versailles, 13. Mai, 5 Uhr Abends. (Nationalversamm- lung.) Ducrot erklärt, seine Interpellation bezüglich der Munizipal- wählen im Departement Niövre in Folge von gewissen Umständen zurückznziehen. Derselbe bemerkt noch: „Wir sind an dem Vorabend einer Schlacht, welche, wie ich hoffe, entscheidend sein wird." Es ergreift hierauf das Wort Jules Favre, welcher den Fricdensvertrag vorlegt, mit dem Vorschlag, denselben den Bureaux zur Prüfung zu überweisen. Der Minister, die verhängnißvolle Wirkung des Aufstandes vom 18. ' ärz aurführend, bemerkt hierauf: „Fürst Bismarck bezweifelte, daß wir stark genug seien, den Aufstand niederzuwerfen und die Herrschaft des Gesetzes wieder herznstellcn. Der Frieiens- schluß mar wieder zweifelhaft geworden, eS ist uns indeß gelungen, das M-ßtraucn des deutschen Reichskanzlers zu zerstreuen und ihn zu