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von einer unerträglichen Steucran Geld und für unfruchtbare Zwecke ver­geudeter Arbeitskraft befreien wolle. Was dagegen vorgebracht werde, sei Angstschwindelci, indem, wenn das Kriegsdienstvesetz so enge mit den Verträgen zusammenhinge, wie behauptet werde, diese schon da­mals verletzt worden wären, als die Kammer dcrRcgicrung statt der geforderten 3jährigen (preußischen) eine k^jährigc Präsenzzeit abhandclte; aber damals habe Preußen weder de,»Krieg anWürttemberg crklä.t, noch den Zollverein gekündigt, Württemberg werde also auch ungefährdet weitere wohlthätigeAenderungen a« diesem Gesetze vornehmen können. Aufiallend ei es überhaupt, daß eine Partei, die vor 2 Jahren bei den Zollparlaments­wahlen mit derDemokratie eine soinnigeAllianz zur Abwehr jeder überden Wortlaut der Verträge hinansgehenden Annäherung an Preußen ge­schlossen hatte, jetzt Dinge in diese Verträge hineindeuten wolle, die gar nicht darin stehen und auffallend sei, daß diese Gegner, obwohl sie öffentlich dazu anfgefordert worden, heute nicht erschienen seien, um das Unheil, das sie so erschreckend malen, abzuwehren. Uebrigens wolle die Volksparte: mit der Agitation nicht sofortige Aufhebung des stehenden Heeres, nicht einen raschen Sprung m das Mitizsystenz, sondern nur ähnliche bei uns leicht durchführbare Aenderungcn, nein- lich: allgcmeineWchrpflicht statt des jetzigen, durch den Einjährigen-Dienst und das Loos verpfuschten Systeme, militä­rische Jugenderziehung, d. h. eine auf ein vernünftiges Maaß reducirte Ausbildung in körperlichen Uebungcn, die in der Ka­serne sonst viele Monate unnöthig wegnehmen, und in Folge hievon kurze Präsenz. Die Völker wollen überhaupt den Frieden, aber nicht diesen bewaffneten Frieden, sonder» einen Zustand, wo zwar je­der Bürger bereit sei, das Vaterland in der Stunde der Gefahr zu

in der Versammlung anerkanntem Muthe eine Sache geführt, mit der er allein zu stehen sich bewußt sein mußte. Ehre darum immerhin cmem solchen Gegner, der mit seinem Mulhe seine Freunde so tief beschämt. Mit einem Danke für die Wahrung der parlamentarischen Ordnung schloß der Vorsitzende diese bedeutungsvolle Versammlung.

W6. S t u t t g a r l, 8. März. (14. Sitzung der Kammer der Abgeordneten.) Am Ministertische: Frhr. v. Darnbüler; Min. des Innern v. Geßler. Präsident Kanzler v. Geßler heißt die Mitglieder der Kammer nach 14monatlichcr Vertagung freundlichst willkommen. Er erwähnt der Veränderung in, Personalbestände der Kammer; Prälat v. Moser hat sich in Ruhestand begeben; der Oberhirte der katholischen Kirche in Württemberg, der hochwürdigste Bischof v. Lipp ist mit Tod abgegangeu, ebenso mehrere Abgeordnete; deren Andenken zu ehren ladet der Präsident die Mitglieder der Kam» mer freundlich ein, beistimmend von ihren Sitzen sich zu erheben. Nachdem dieß geschehen, erinnert der Präsident an die wichtigen und umfassenden Vorlagen, die der Erledigung durch die Kammer harren: Staatshaushalt, Eisenbahngesetz, Steucrgesetzrefvrm, Waideablösungs­gesetz, Bauordnung. Voraussichtlich werde nur ein Theil dieser Vor­lagen sofort zur Erledigung kommen;aber auch in Beziehung auf diese", schließt der Präsident,müssen wir den Wunsch hegen, daß unsere Verhandlungen zum Wohle des Vaterlandes dienen mögen!" Es wird sofort das Tagebuch der eingclaufenen Petitionen vorge­tragen; sie betreffen den Hausirhandel mit seinen Nachtheilen, die Zwangshagelversicherung (Eingaben für und wider), den Impfzwang, den Eisenbahnbau, die Bauordnung u. s. w. Die Eingaben werden an die verschiedenen Commissionen verwiesen. Eingclaufen ist ein

vertheidigcn, die unglaublichen Summen aber, die in Europa an Geld l Antrag von Schott auf Revision des Militärstrafgesetzes und der

und Arbeitskräften sür den Militarismus vergeudet werden, zur För­derung des Nationalwohlstandes und der allgemeinen Bildung verwen­det werden. Sogar der Regierung scheine diese Agitation nicht un­bequem, indem sie sich noch nicht mit einer Silbe darüber ausgespro­chen habe und vergeblich werde sie auch nicht sein, da das Volk schon bei andern Gelegenheiten durch eine derartige Agit- tion seinen Willen zur Anerkennung gebracht habe. z. B. bei der sog. Nae! tragsentschädigung der Staudesherren. Gegen dieseAusführungen nun trat wieder Ed-Zahn in die Schranken, indem er in scharfer Weise gegen dieRegierung sich aussprach, daß sic ihre Ansicht nochnicht kuiidgegcben, indem er den Patriotismus des V rredners in Zweifel zog, an die Möglichkeit, daß auch Arme einjährig dienen können, erinnerte, von den 3000 Will. Dollars, die der amerik. Milizenkrieg gekostet habe, und von der Unfähigkeit knrz geschulter Soldaten sprach, einem lang gedienten Heer gegenüber Stand zu halten, ferner Preußens Mäßigung lobte, das warten könne, bis Süddeutschland sich anschließe, und endlich meinte, Volkspartei verfolge mit ihrer Agitation noch andere Zwecke, sie gar nicht sage, sie wolle einfach die Verträge vernichten. Auf alle diese Angriffe, die theilweise persönlicher Natur waren und darum eine noch stärkere Rüge verdient hätten, als ihnen zu Theil wurde, mußte er sich von seinem Vorredner, E. Horlacher, eme von der Versammlung mit lautem Beifall aufgenommelie Widerlegung gefallen lassen, z. B. daß der Arme in den seltensten Fällen in der Lage sein werde, sich die zur Erstehung der einjährigen Prüfung nöthige Vorbildung zu verschaffen, daß also der Einjährigendienst im­merhin ein Privilegium der Reichen sei; daß die Amerikaner, wenn sie auch einen theuren Krieg geführt haben, wenigstens die daher rüh­renden Schulden in unglaublich kurzer Zeit abzahlen werden, während unsere Staatsschulden in erschreckender Weise wachsen, und eine Zeit ihrer Tilgung gar nicht denkbar sei; daß unsere nur 6 Mo cn ge­schulte Landwehr anno 66 schon tüchtig genug gewesen sei, um im Vogelgebirgr Hungerdienst zu thuu; daß Preußen sich einfach das Warten nicht verdrießen lassen solle und daß endlich die Volkspartei keinen andern Zweck verfolge, als den in Freiheit und Liebe, und nicht den unter der Pickelhaube und inWaffen geeinigten, Födcrativstaat, mit Parlament und Centralgewalt, dem er ein von der Versammlung mit

Militärstrafrcchtspflege. Min. Frhr. v. Varubüler legt einen Gesetzesentwurf vor, der den Gang des Eiscnbahnbaus bctriffr, und unter Anderem den Vau folgender neuer Linien in Aussicht stellt: Altshausen-Pfullendorf-Crailsheim in der Richtung nach Nürnberg, Ebingen nach Sigmaringen. Als legitimirt werden eingeführt und beeidigt Prälat Dr. v. Georgii, Wolbach. Abg. Schott interpellirte den Minister der auswärtigen Angelegenheiten wegen einer Aeußeruug des letzteren in der Kammersitzung vom 30. Oktober 1867 über den cssus toeckeris, welchen der Minister beim Ab­schluß des Allianzvertrags Vorbehalten habe. Der Hr. Minister habe damals gesagt, bei Anlaß des Luxemburger Handels habe die preu­ßische Regierung bei der K. württcmb. Regierung ungefragt, ob sie den cusus koo,levis in jener Frage eingetreten halten würde? Die Nordd. Allg. Ztg-", das Organ des Grafen Bismarck, habe seit­her diese Anfrage geleugnet und jene Aeußerung des Herrn Ministers die auf dessen Parlamentär sches Bcdürfniß zurückgeführt, auch die Un- die Möglichkeit eines solchen casus foeckeris darzuthun gesucht. Er frage deßhalb an, wie es sich mit dieser Sache verhalte? Die Tagesord­nung führt auf die bestrittene Legitimation des Abgeordneten von Crailsheim, Dr. Sarwey. Berichterstatter der Legitimationskomims- sion ist Römer. Die Wahl wird wegen vorgekommener Formfehler bestritten; eine Anzahl von Wählern hat die Wahlcouvertc nicht selbst behandelt und verschlossen, sondern durch Dritte besorgen lassen, wohl aber das verschlossene Couvert selbst in die Urne gelegt. Niet­hammer sucht darzuthun, daß 3! Stimmen mit Formfehlern auf Sarwey abgegeben worden seien. In diesem Falle sei die Wahl nach der abgegebenen Stimmzahl ungiltig. Niethammer stellt den Antrag auf die Vernehmung der noch nicht vernommenen Zeugen. Maier von Pesigheim will die Wahl für ungiltig erklären, man habe hier nicht als Jurist, sondern als Standemitglicd zu entscheiden, und es handle sich um eine spezifische Rc- aierungswahl. An einzelnen Wablortcn sei von einem Wahlgeheimniß die Rede nicht mehr gewesen. Man müsse wenigstens einige hundert Stimmen als ungiltig für Herrn Sarwev abziehcn. Betont insbesondere den Verfall mit dem Vahnhosinspektor Weih und den von ihm geführten 1? Leuten. Die Regieinngskandidaturni müssen verschwinden. Stellt den Antrag auf Cassa­tion oer 'Wahl. v. Sick: die Wahlkommissäre haben einstimmig auSgesagt, daß Unordnungen nicht vorgckommcn seien. Der Eid jener Amtspersonen stehe wohl hoher, als die Empfindlichkeit einiger Privatpersonen. Wenn man die Geschichte der betrefsenden Gcseyesartikel betrachte, so habe derselbe nicht

ungeheurem Applaus erwiederltS Hoch brachte. Nack einigen kurzen! den Sinn, den man ihm heut, beilegen wolle. Probst: Wenn manH Gegenworten des Ed. Zahn und nachdem noch zur Uultrzeichmmg i gumenlixe wieMayer v. B. und Nietbammcr, rann dürfe man kurzweg die der Adressen aufgefordert worden war, brachte der Vorsitzende den von!^?^ aller Abgeordnelcnwalücn a^ ">cht der Sinn des

, > Gesetzgebers qcwcicn, dem Artit.I eine 10 enge Auslegung ZN geben, dan jede

Hrn,Zohn gestellten Antrag zur Abstimmung,raß die Versammlung wäre. Römer: der Bericht enthalte

die Agitation der Volkspartei gegen das Kriegsdienstgesetz für verfalle erheblichen Momcnlc über das Lerhelicn des BabnhofinspekrorS Weiß; derblich und für die fortschreitende Ewlgung Deutschlands für ge- i »sn einem üngesetzlichen Einwirkcn auf die Wähler sei in den Akten auch

jährlich halte". Für diesen Antrag erheben sich mir der Antrag-1 «ne..Spur zu sinden. Es Ipnch'^ -ß-

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sleller selbst und sein: 2 Begleiter und ist es hier am Platze, auszn- ! z Nbr) wird oer Antrag Niethammers mir 4>, gegen M Stimmet, ,'bgcleh'nt sprechen, daß die Gesinnungsgenossen Zahn's durch ihr Nichterscheinen! und der Antrag der Commission aus Tag sordnung mit l>2 gegen 27'St,m- m der Versammlung sich einen schweren Vorwurf zugezogcn haben > Pcn angenommen. Die Sitzung gebt we:ler; es handelt^sich noch um die Keiner seiner Partei- und Gesinnungsgenossen stand ihn, in diesen,! Uhr^Ag:^ Dohrmae,. wird ge-

parlamentarischei- Kampfe zur Sette und alkuphat er mit mehrfach auch > Ellwaugcu, Gmünd und Göppingen.

:g: Wahlen von

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