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Nr. 88

Donnerstag, den 11. März 1926.

10V. Jahrgang.

Das Programm des Reichsinnenministers.

Dr. Külz über Staat und Kultur.

Berlin, 11. März. Aian muh dem Reichstag zugestehen, dah er in der letzten Woche sehr fleißig gewesen ist, denn er konnte sich in seiner Mittwochsitzung bereits mit dem Etat des Reichs­innenministeriums beschäftigen. Im Mittelpunkt der Verhand­lungen stand eine große Rede des Reichsinnenministers, in der er ein großes Programm entwickelte.

Reichsinuenminister Dr. Külz

hebt hervor, daß in den WortenStaat und Kultur" das Wir­ken seines Ministeriums umschlungen sei. Das Reichsministc- rium des Innern ist die Zentrale aller innerpolitischen staat­lichen Geschehnisse im Reiche. Festigung der Staatsordnung, des Staatsgefiiges und Aufbau des Staates ist dabei das Ziel. Leb­hafter Meinungsaustausch herrscht bei den Beteiligten über Art und Maß der staatlichen Betätigung der Länder. Die Begriff?

Föderalismus und Unitarismus find keine Gegenpole. Das Deutsche Reich ist nicht nur eine Verkörperung, sondern vor allem ein Garant der deutschen Lei­stungskraft auf politischem, wirtschaftlichem und kulturellem Ge­biete. Niemals hat das deutsche Volk eine stärkere Zusammen­fassung seiner Energie auf diesem Gebiete gebraucht al- jetzt. Deshalb muß das einzelflaatliche Leben der Länder sich in den Dienst dieser Zusammenfassung stellen, wie es nur im Reiche und durch das Reich geschehen kann. Vor jeder Prüfung einer gro­ßen politischen Frage wollen wir uns immer sagen:Ich bin ein Deutcher und noch einmal ein Deutscher und immer noch einmal Deutscher und erst dann bin ich Arbeiter oder Beamter oder Bauer." Deshalb kein Partikularismus der Klasse, der Be­rufe und der Parteien, sondern Einheitsgefühl als Deutscher im Deutschen Volt".Deutsch" heißt Generalnenner bei allen un­seren politischen Rechnungen. Mit diesem deutschen Volksgeist wollen wir den deutschen Staat stützen. Das wird ein stärkeres Fundainent für unser Deutsches Reich geben als alle geschrie­benen Gesetze.

Der Festigung der Staatsordnung muß auch die Tätigkeit der dcutschcu Beamtenschaft dienen. Ich betrachte mich deswegen als Minister für die Be­amten. Ohne klares Bekenntnis des Beamten zu diesem Staate und ohne ein Bekenntnis des Staates zur Beamtenschaft ist das erforderliche gegenseitige Treueverhältnis nicht zu erreichen. Die erforderlichen Gesetzentwürfe, die die persönlichen, dienstlichen und materiellen Verhältnisse der Beamtenschaft auf eine ge­sicherte moderne Rechtsgrundlage stellen sollen, sind dem Hause entweder bereits zugegangen oder werden ihm in Bälde zugchen. Zusammenfassung und damit Vereinfachung des gesamten öffent­lichen VerwaltungSbetriebcs muß an allen beteiligten Stellen als Gebot der Stunde empfunden werden. Soweit das Reich selbst in Betracht kommt, find dem Kaushaltsausschuß die er­forderlichen Maßnahmen angekündigt worden. Ich darf an die Lander und Gemeinden die dringend« Bitte richten, das Reich in seinen Bestrebungen zu unterstützen.

Die eine große Aufgabe meines Ressorts ist die, Zentral­stellen für die innerstaatliche Entwicklung des Reiches zu sein mit dem Ziele der Festigung des Staaisgcfiigcs. Die andere

große nicht minder wichtige Aufgabe ist, die Zentralstelle der Kulturpolitik des Deutschen Reiches zu sein. Im Dienste der Volksgesundheit wenden wir von Reichs wegen nicht unbeträchtliche Mittel auf. Die für April ds. Is. vorgesehene Reichsgesundheitswoche wird die Bevölkerung auf die Wichtigkeit der Gesundheitspflege Hinweisen und der Auftakt sein zu einer planmäßig fortgesetzten gesundheitlichen Volksbe­lehrung. Besondere Mittel wenden wir zur Bekämpfung des Alkoholnußbrauchs auf. Eine wesentliche Einschränkung des Al­koholgenusses liegt in gesundheitlichem und kulturellem In­teresse des Volkes. Sie zu erreichen scheint mir aber in erster Linie eine Aufgabe der Volkserziehung und nicht der Gesetz­gebung zu sein.

Im deutschen Schulwesen

macht sich ein ebenso starker, wie ein ungeklärter Drang nach Reformen geltend. Es kommt aber nicht in erster Linie auf die Schulart, sondern auf die Mcnschenart an, die wir hcranbilden müssen. Der Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessenten an der Schule kann in Deutschland mit seinen konfesionellen und weltanschanungsmäßigen Verschiedenheiten nur unter weit­gehender kultureller und politischer Toleranz gefunden werden. Wir müssen die Synthese Zwischen den Ansprüchen der Eltern, des Kindes, des Lehrers und der Führung suchen, und di« Füh­rung liegt hierbei beim Staat. Die Lösung zu finden ist die ungeheuer schwierige Ausgabe des Neichsfchulgesetzcs. Nicht zu vergessen ist, daß für den werdenden Menschen von ausschlagge­bender Bedeutung ist, daß für den vom Haus und der Familie an Erziehung und Bildung mitbekommt. Hier hat vor allem die deutsche Frau eine große Mission am deutschen Volke zu erfüllen. Das Reich unterstützt eine große Zahl kultureller wissenschast- iichci Einrichtungen und Unternehmungen mit bedeutenden Mit­teln. Es beschränkt sich aber nicht nur auf die Unterstützung dieser Einrichtungen, sondern unterhält selbst reichseigene wissen­schaftliche Institute. Falsche Sparsamkeit wäre vor allem an Forschungsinstituten übel am Platze. Der Pflege der eigenen Kultur liegt die

Pflege der kulturellen Beziehungen z«m Auslande ob. Es ist zu hoffen, daß durch die Aufnahme in den Völker­bund die geistige Zusammenarbeit in der hierfür vorgesehenen Abteilung des Völkerbundes wesentlich gefördert wird. Hof­fentlich wird die Aufnahme in den Völkerbund auch das kultu­relle Schicksal unserer deutschen Minderheiten erleichtern. Wir und die deutschen Minderheiten werden es uns nicht nehmen lassen, uns als eine große, innig verbundene deutsche Kulturge­meinschaft zu fühlen.

Große und weitaus grasende Aufgabe» inuerstaatlicher n»d kultureller Art find es, dir dem Neichsminifier des Inner» an­vertraut sind. Unsere gemeinsame Arbeit auf Ziesen Gebieten ist für Bokk und Vaterland notwendig. Solange ich die Ehr« habe, an der Spitze dieses Ministeriums zu stehe«, werde ich meine bescheidene Kraft restlos in de« Dienst dieser gemeinsamen Arbeit

stellen, und ich hoffe, daß sie nicht ohne Nutzen sein »ird für den deutschen Staat und die deutsche Kultur.

Die Rede des Reichsinnenministers wurde von dem Haus mit lebhaftem Beifall ausgenommen.

Rückzugsgefecht in Genf.

Die Delegationen holen neue Anstruktionen ein.

TU. Genf, 11. März. Der konzentrische Druck, der auf die deutsche Delegation seit einigen Tagen in Genf ausgeübt wird, hat mit dem heutigen Tage vielleicht noch an Jntensivität zu­genommen. Trotzdem ist nicht das geringste Anzeichen dafür vorhanden, dah der Reichskanzler und Dr. Strcsemann die Ab­sicht haben, auch nur im geringsten nachzugcben. Es find lies die letzten Anstrengungen, die von der Gegenseite gemacht wer­den, Deutschland zum Nachgeben zu zwingen- Aber nicht nur Deutschland hat diesen Druck zu ertrageil. Er richtet sich im gleiche» Maße auch auf den schwedischen Außenminister, weil es Men in Genf weilenden Mächten klar geworden ist, daß Deutschland nicht der Schuldige an der latenten Völkcrbunds- krise ist. Auch» wenn Deutschland nicht zurzeit in Genf weilen würde, würde der Streit an Schärfe nicht geringer sein. Die bisherigen Ratsmitglieder find weiter in der Frage der Er» Weiterung -es Rates unter sich uneinig. Da Deutschland es ab- lehnt, auf die eine oder andere Seite zu treten und aktiv Stel­lung zu nehme», so wird dieser Streit jedenfalls durch Deutsch­land nicht verschärft. Das Problem der Erweiterung des Ra­tes bestand, bevor es das deutsche Problem gab, nur der Zeit­punkt der Behandlung des deutschen Aufnahmeantrages Mt mit dem Verlangen einzelner Staate« «ach neuen Ratssitzen zusammen.

In der gestrigen Nachmitagsfitzung mußten sich alle diejeni­gen, die die Schuld auf Deutschland schieben wollten, hiervon

überzeugen, denn als sie nacheinander mit ihren Forderungen hervortraien, und ihren Austritt aus dem Völkerbund androh­ten, falls sie keinen ständigen Ratsfltz erhalten, da wurde ihnen vom schwedischen Außenminister geantwortet, daß die schwedische Regierung trotz aller möglichen Folgen an ihrem Standpunkt festhaltrn werde. Nun gilt es für die auf einen ständigen RatS- fitz Anspruch erhebenden Mächte, von ihren Regierungen neue Instruktionen rinzuholen, da die in Genf anwesenden Staats­männer die Verantwortung allein nicht auf ihre Schulter neh­men wollen. Es wird »och einer gewissen Zeitspanne bedürfen, bevor die letzte Entscheidung fällt.

Schwede« bleibt fest.

Die Stimmung in den Genfer politischen Kreisen ist in den Abendstunden des Mitwoch völlig geteilt. Von italienischer Seit« ist die Parole ausgcgeben worden, daß die Schwierig­keiten zugenommen hätten und daß eine Lösung nicht abzu­sehen sei. Aehnlich äußert man sich auch im französischen La­ger. Bei den germanischen Staaten dagegen herrscht eine opti­mistischere Auffassung vor. Als wichtigstes Ereignis der Rach­mittagsbesprechung der Ratsmitglieder darf festgestellt werde«, da ßder schwedische Außenminister Unden seinen ablehnenden Standpunkt in aller Schärfe aufrecht erhalten hat und daß alle Versuche, ihn umzustimmen und zu überreden, an seiner Hart­näckigkeit gescheitert find. Di« endgültige Entscheidung in der Ratsfrage werde erst nach der Rückkehr Briands erwartet, doch läßt sich schwer Voraussagen, che die Anhänger einer Rats­erweiterung gegen den Einspruch Schwedens etwas erreichen können. So ist die Situation auch Mittwoch abend völlig un--

Tages-Spiegel.

Die Lage in Genf hat sich gestern wesentlich geklärt, man rech« net mit Deutschlands Aufnahme in den Völkerbund für Freitag.

NcichSinnenministrr Dr. Külz entwickelte in einer Reichstags rede sein innerpolitisches Programm.

Der deutsch-demokratische Parteiauöschuß hat gestern abend in einer Entschließung dem FürpermbfindungSkomvromiß zut gestirnt.

*

Ministerialdirektor Posse ist gestern abend zur Fortführung des HandclsvertragSverhandlungen mit Frankreich nach Pariq abgereist.

In Paris beurteilt man die Aussichten des neuen Kabinetts Briand im allgemeinen wenig günstig.

«

Drusen-Abteilungen in den Vorstädten von Damaskus habe« eine schwere Niederlage erlitte». Der Kampf dauerte mehrer^ Stunden.

Orkanartige Stürme Haberl in Norddentschlaud und Thüringen rheblichen Schade» verursacht.

verändert. Gleichzeitig darf aber betont werden, daß sie sich nicht zum Nachteil Deutschlands verschoben hat.

Auf dem Wege z»m Kompromiß?

Wie das Berliner Tageblatt aus Gens meldet, wird die Ten-, denz der gestrigen Besprechungen der Locarnomächte dahin g«^ hen, eine Verständigung aller Ratsmitglieder, auch der bisher widerstrebenden dahin herbei zu führen, daß die Frage dep Schaffung neuer Sitze, mit Ausnahme des deutschen, einer Koms Mission überwiesen wird. Man hofft, die letzten Schwierigkeiten im Laufe des heutigen Tages überwinde», zu können.

Kei« Hindernis für Deutschlands Aufnahme.

Genf» 11. März. Der Unterausschuß der Ausnahmekommisfion des Völkerbundes unter Vorsitz von Lhamberlaiu hat gestern nachmittag in einer kurzen Sitznng seinen Bericht für di« heuts vormittag Mammentretend« Bollkommisfiou fertiggestellt. A»f Antrag Lhamberlaius hat das llnterkomite« »ach Entgegen­nahme des kurze« Berichts der ständigen Militärkommissio» de» Völkerbundes beschlossen, von einer besondere» Anhörung eineH Mitglieds der deutschen Delegation zur AufklSrnug Abstaud ZN nehme« und in seiuem Bericht festgestellt, daß der Ausuahme Deutschlands in den Völkerbund keinerlei Hindernisse entgegen- stehea.

Das neue Kabinett Briand.

Briands Ministerlifte.

TU Paris, 11. März. Die offizielle Ministerliste wurde nun­mehr bekanntgegeben:

Ministerpräsident u»d Außenminister: Bri»ud; Justiz: Pier»« Laoal; Inneres: Maluy; Fiunnzeu: Rao,H P«r,t; Krieg: Painkeve; Marin«: Georg Leygue»; öffentlicher Unterricht; Lamoureux; öffentliche Arbeite«: de Monzie; Arbeit: Dural«»»: Landwirtschaft: Dura»; Pension«»: Iour»ain; Haudel; D«ni«l Biucent. Die llnterstaatssekretär« sind folgeudmnaßen »erteilt: MiuisterprSfidentschast: Daniel»»; Finanzen: And« Fallier; Krieg: Ossolat; Wiederaufbangebiet«: Pierre Morel; Wohnungs­wesen: Waffe»».

Die 13 Mitglieder des neuen Kabinetts Briand verteilen sich wie folgt auf die einzelnen Parteien: 6 Radikalsozialisten, 2 republikanische Sozialisten, 2 Linksradikale, 2 Linksrepublikaner und 1 Parteiloser. 10 Minister sind Abgeordnete, 3 Senatoren.

Beunruhigung in Paris.

Die Pariser Presse beurteilt das neue Kabinett Briand im allgemeinen nicht ungünstig. Das Geständnis aber, daß irgend ein Kabinett gebildet werden mußte, das Briand ermöglichte, als autorisierter Außenminister nach Genf zurückzukehren, beweist, daß di« Genugtuung der Matter lediglich außenpolitischen Er­wägungen entspringt. Besonder» ist es di« Person des mehr rechtsstehenden Innenministers Malvy, die starken Anfeindungen ausgesetzt ist. Räch der Darstellung der Genfer Sonderbericht­erstatter ist es höchste Zeit, daß Briand in Genf wieder eintrifft, damit das Gleichgewicht gegenüber den deutschenBeeinslus- sungsversuchen" wieder hergestellt wird. Die Wiederflottmach- ung der Verhandlungen soll ganz der Initiative Deutschlands entsprungen sein. Die Haoasagentur verbreitet deshalb eine Note, in der erklärt wird, daß die Besprechungen in Genf nicht falsch ausgelegt werden dürfen. Der Beschluß des Rates, am Mittwoch zusammenzutreten, berechtige zu keinerlei Schlußfolge­rungen über die zu erzielend« Lösung. Man sei lediglich be­strebt gewesen, die Oeffentlichkeit nicht langer durch di« Unter­brechung der Verhandlungen zwischen den 5 Mächten de» Lo­carnovertrages zu beunruhigen und zwar in einer Sache, in der. die letzte Entscheidung dem Völkerbundsrat zustehe. - ^