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Tagcsncuigkciten.

Calw. In der Sitzung des K. Kreisstrafgerichts vom 6. Aug. d. I. kam die Untersuchungssache gegen den Stadtpfleger Johs.H el- ber in Haitcrbach wegen Verkürzung öffentlicher Einkünfte und wc- gen Täuschung bei Amte Handlungen zur Verhandlung, rc. Helder hat nach dem Ergebnisse der Verhandlung bei dem seiner amtlichen Leitung anvertranten nachträglichen Verkaufe von 4 der Stadt Hai- terbach gehörigen Stämmen im Stadlwalde Tann eine Tanne um 10 fl. 6 kr. durch den von ihm hiezu ausgestellten Waldschützen Gute- kunst für sich ersteigern lassen und hiebei zwar einen nicht unerhebli­chen Nutzen, aber keinen uncrlauknen, der Sladtgemcinde nachlheiligen Vortheil erreicht. Ferner hat er bei einem von ihm amtlich geleiteten Verkaufe von Rcisach aus dem Stadtwalde Tann am 4. Sept. 1868 ein Loos Nro. 89 für sich ersteigert und übrigens ohne Bezwe- cknng eines unerlaubten Vortheils die Wittwe des Bäckers Nübel unrichtigerwcise als Käuferin in das von ihm beurkundete Versteige- rungsprotokoll cintragen lassen; es konnte jedoch nicht verworfen wer­den, daß der Eintrag der Wittwe Nudel als Käuferin in das Proto­koll mit ihrer Einwilligung geschehen sei. Weiter wurde bei dem letzteren Verkaufe durch Zuthu» des Beschuldigten für dessen abwesende Schwägerin, die Bäcker Nübel's Wittwe, 1 Loos Reisach ersteigert, wobei übrigens unerwiesen blieb, daß der Beschuldigte selbst für seine Schwägerin gesteigert habe. Helber wurde wegen zweimaliger uner­laubter Theilnahme an seiner amtlichen Leitung anvertrauten Verkäu­fen, wodurch er erstmals in dieses Vergehen rückfällig geworden, zu der Geldbuße von 83 fl. und zum Ersätze der Kosten verurtheilt, da­gegen von der Beschuldigung der Bezweckung eines unerlaubten Vor­theils bezüglich der Ersteigerung der Tanne und ebenso von der Be­schuldigung der Täuschung bei einer Amtshandlung und weiterer un­erlaubter Theilnahme an einem seiner amtlichen Leitung anvertrauten Verkaufe hinsichtlich des für die Nübel's Wittwe ersteigerten Looses freigesprochen. Der Beschuldigte wurde durch Rechtskonsulent Klin- ger vertheidigt. Zeuge Gutekunst, welcher unter Hinweisung auf sei­nen geschworenen Eid mehrmals von dem Vorsitzenden 'znr Angabe der Wahrheit ermahnt wurde, dessen ungeachtet aber auf seinen kei­nen Glauben verdienenden Aussagen beharrte, wurde wegen Verdachts des Meineids in Haft genommen und Einleitung einer Untersuchung gegen ihn angeordnet.

In der auf den 2. und 3. Sept. d. I. anberaumten Sitzung des K. Kreisstrafgerichts Calw kommt zur Verhandlung: Die Uu- tersuchungssache gegen Raimund Apperger, Bauern von Obcrthal- hcim, OA. Nagold, und Genossen wegen Betrugs beim Schuldcnwe- sen und Fälschung von Privaturkunden. Als von 3 der Beschuldigten gewählte Vertheidiger treten bei dieser Verhandlung auf die Rechtskon­sulenten Becher in Stuttgart, und Schwarzmann zu Calw.

Tein ach, 26. Aug. Die freundlichen sonnigen Tage, führen uns immer neue Gäste zu, und haben uns am 24. einen sehr über­raschenden Besuch bcscheert. Die Frau Prinzessin von Wales kam von Wildbad herüber, um mit großem Gefolge den Tag hier zuzu­bringen. Der hohe Gast zeigte sich sehr befriedigt von den Reizen der Natur, wie von den Einrichtungen des Bades, nahm im Freien das Diner ein, und hat, von der Bademnsik mit den Klängen des 6ocl «ovo tke kinK begleitet, Teinach erst am späten Abend wieoer verlassen.

Am Sonntag (22.) Abend wurde ein Eisenbahnarbeiter aus Obernau, O.A. Rottenburg, in Weilder Stadt Abends, als er, nichts Arges ahnend, das Wirthshaus verlassen wollte, von zwei Italienern überfallen; der eine versetzte ihm mit einem sog. Todt- schläger mehrere Streiche auf den Kopf, der andere brachte ihm meh­rere gefährliche Messerstiche bei; der erstere Uebelthäter ist entwichen, der letztere wurde ergriffen, da ihn der Verletzte, an dessen Aufkom­men man Zweifelt, festhielt, bis weitere Personen herbeikamen.

Das Regierungsblatt Nro.20 enthält eine K. Verordnung, betr dm am 13. Mai 1869 von Preußen Nmmens des Zollvereins ab. geschlossenen Handels- und Zollvertrag mit der Schweizerischen Eid. genossenschaft.

Stuttgart, 26. Aug. Die heute zu Ende gegangene Tuch- messe war von 355 Verkäufern befahren gegen 381 im vergangenen Jahre, zählte deren mithin 26 weniger; dieselben brachten 20,989 Stücke Tuch, Buckskins, Flanelle rc. und 12^ Ctr. Strickgarne zum

rigen Jahre, also dieses Jahr 3366 Stücke Tuch und 5-^ Ctr. Garne weniger. Verkauft wurden nach den Erhebungen des Markt-

meisteramts an Inländer 7931 Stück und 4 Ctr. an Ausländer_

hauptsächlich Baiern, Badener und Schweizer 6674 Stück und 3 Ctr., zusammen 14605 Stücke Tuch und 7 Ctr. Garne gegen 11,936 Stücke und lO^ Ctr. im vorigen Jahre, mithin Heuer 2669 Stücke Tuch mehr, dagegen 5»/4 Ctr. Garne weniger. Der Ver­kauf ging, obgleich die Preise in Folge des Abschlags der Rohwolle gedrückt wareu, sehr lebhaft, und war auch dieses Jahr die Messe schon am Mittwoch Abend als beendigt zu betrachten. Von den Fabrikanten wurde der Wunsch nach einer Frühjahrsmesse ausgesprochen.

Schwenningen, 26. Aug. Vom heitersten Himmel begün­stigt haben wir heute ein Fest gefeiert, wie noch nie eines, die Er­öffnung der Rottweil-Schwenninger-Villinger Eisenbahn und damit die Vollendung der obern Neckarthalbahn. In der Frühe durchzog Mu­sik die Straßen, Mittags 12 Uhr versammelte man sich auf dem Marktplatz und Rathhaus und zog dann unter Böllerschüssen durch die begränzten und beflaggten Straßen. Auf dem Bahnhof wurde der Festbahuzug erwartet. Reich bekränzt, zum Theil aber auch mit um- sloh-'tcn Fahnen (wegen des Todes des Hrn. Oberbanraths v. Gaab) brauste die Lokomotive heran und wurde mit allgemeinem Jubel be­grüßt. Die Wagen nahmen eine große Menge Hiesiger und Fremder auf and führten sie nach Villingen, wo eine zahlreich versammelte Menge, der Gemeinderath an der Spitze, sich eiugesunden hatte. Nach einftündigem Aufenthalt führte er durch die Güte der Bahnverwaltung verwilligte Extrazug die Schwenninger nebst den badischen Gästen hie- her, wo ein Banket in der reich dckorirten Güterhalle gehalten wurde. Heiter wie es angefangen hatte, verlief und endete das Fest, und es wird dieser Tag als einer der wichtigsten für unfern gewerbreichen Ort im Gedächtniß bleiben.

Karlsruhe 27- Aug. Gestern trafen von allen Richtungen der Theilnehmer zum deutschen Juristentage (in Heidelberg) ein und ebenso liefert der heutige Tag bereits ein weiteres namhaftes Kontin­gent. Die zweite Präsensliste weist schon ca. 600 Theilnehmer nach, und die Gcsammtzahl der bis heute Abend eingetroffencn Mitglieder ist auf 700750 zu veranschlagen. Die erste Abtheilung (Vorsi­tzender Gneist) befürwortete heute einstimmig die obligatorische Civilehe, sowie den Wegfall der Eheverbote wegen Religionsverschiedenheit; die dritte Abtheilung (Vorsitzender Schwarz) befürwortete einstimmig das Strafmittel der Einzelhaft, jedoch, nach Wächter'S Rede, deren Rege­lung durch die Gesetzgebung.

Darmstadt, 23. Aug. Schulzc-Delitzsch hat die Einladung des hiesigen Arbeitervereins, hier in einer größeren Versammlung über volkswirthschaftliche Angelegenheiten zu sprechen, angenommen. Die Versammlung wird nächsten Sonnabend, den 28. d., abgehalten.

München, 26. Ang. Die von den Regierungen Baicrns, Württembergs und Badens ernannte Festungskommission hat sich, nach demSüd-Westdeutschen Bureau", heute konstituirt und wurde vom Stellvertreter des Kriegsministers, Generalmajor Malaise als Vorsitzenden und Major Riem für Baiern; Oberst Graf hon Rei­schach, Hauptmann Freiherr Schott von Schottenstein für Württem­berg und Major Hof für Baden. Vom Abg. Dr. Bölk wird nach dem N. K. ein Antrag auf Vorlage eines ueuen auf den Prin­zipien des allgemeinen und direkten Wahlrechts beruhenden Wahlge­setzes für die zweste Kammer vorbereitet, um d.nselben alsbald nach Eröffnung des Landtags einbringen zn können.

Berlin, 24. Aug. DieN. A. Z." schreibt: Der Beschluß des Bundesraths, betreffend eine eventuelle Vereinbarung mit den Südstaaten über wechselseitige Militärtransporte auf den Staatseisen­bahnen, wurde den Südstaaten mit dem Ersuchen mitzetheilt, sich über ihre Bereitwilligkeit zn Verhandlungen auf dieser Grundlage auszusprechen.

Die Frage der Beleuchtung ist im Begriffe, in ein neues Sta­dium getreten. Ein Herr Flinhoff in London hat eine Gaserzeu- gungsmaschine construirt, die ohne Anwendung von Hitze selbstthtig ist. Der Prozeß ist höchst einfach und best eht in einer Mischung ar- mospärischer Luft mit Mineralölg äsen. Die Luft wird in demselben Maße eingelassen, wie das Gas verbrannt. 1000 Cubikfuß Gas aus dieser Maschine kommen 1415 Wachskerzen gleich und kosten nur 1 fl. 30 kr. Die Maschine kann in allen Dimensionen ange-

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Verkaufe gege n 24,355 Stücke Tuch und 18-/2 Ctr. Garue im vo-jbracht werden; die kleineren Nummern für Prio athäuser sind tragbar .

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