Tagesneuigkeiten.

Nagold, 26. Juli. Letzten Samstag ertranken in Wildberg

beim Baden in der Nagold 2 als fleißig und brav bczcichnete Ei­senbahnarbeiter, die aber erst am andern Tag durch einen tüchtigen Schwimmer aus ihrem nassen Grabe gebracht werden konnten; der eine dieser Unglücklichen wurde im Schlamme stehend und die Hände rmporgehoben aufgcsunden. In der gestrigen Versammlung des landwirthschaftl. Bezirksoereins wurde u. A. beschlossen: daß die für den Verein angeschaffte Handdreschmaschine auf 1 Jahr an einen zu- verlässigen Mann vcrmiethct werden solle, wobei beim Gebrauch den Mitgliedern des Vereins das Von echt zustehe; daß die Lehrer an den landw. Fortbildungsschulen wieder mit Prämien bedacht werden sol­len; daß Jünglinge, welche den Obstbaumkurs in Hohenheim benü­tzen wolle, , statt früher 10 fl.Aetzt einen Beitrag von 20 fl. erhal­ten sollen; daß zur Zeit des Volksfestes eine Exkursion nach Hohen­heim und Cannstatt gemacht werden solle, behufs Lessen ausderland- wirthschaftl. Kasse ein Beitrag von 200 fl. bewilligt worden; ferner sprach sich die Mehrzahl der Versammlung für Beibehaltung der bisherigen Feiertage aus. (Ges.)

Stuttgart, 24. Juli. In der letzten Zeit sind das 3. und

4. Landwehrbataillon zu je dreiwöchigen Ucbungen, welche mit dem 14. dicß ihren Abschluß gefunden haben, in die Garnison Ulm eiube- rufen gewesen. Bei dieser Einberufung war ganz besonders die durch­aus gute, in jeder Hinsicht lobenswerthe Haltung der eingerückten Mannschaften, sowie der rege Eifer, welchen oieselbeu bei den Exerzi­tien an sden Tag legten, zu rühmen, so daß den beiden Bataillonen bei ihrer Wiedcrcntlassung die volle Zufriedenheit über ihr Verhallen und ihre Leistungen ausgedrückt werden konnte. (St.A.)

Stuttgart, 25. Juli. Heule Nacht halb 2 Uhr wurde der Consistorialpräsident Dr. v. Schmidlin von seinen schweren Leiden durch einen sanften Tod erlöst, wodurch der Staat und die evangeli­sche Kirche des Landes einen schweren Verlust erlitten haben.

VlD. Die Anwesenheit des fast 800 Köpfe starken Sachsenzu­ges in Stuttgart gestaltete sich zu einer Art von Volksfest. Nicht bloß die Festordner widmeten ihre freundlichen Dienste den lieben Gästen, nein, ganz Stuttgart war bemüht, den Brüdern aus Nor­den die wenigen Stunden ihres Aufenthalts in der schwäbischen Haupt­stadt so heiter als möglich zu gestalten. DaS Fest auf dem Schieß­hause schloß erst Abends 10 Uhr; unter dem Voranlritt einer Mi­litärkapelle bewegte sich ein riesiger Zug vom Schießhanse herab nach der Stadt. Die Sachsen versprachen nicht bloß Stuttgart in gutem Andenken zu behalten, sondern auch bei der Rückkehr aus der Schweiz und Italien dasselbe wieder und zu längerem Aufenthalte zu besuchen.

Reutlingen, 22. Juli. Gestern wurde der erste Garbenwa­gen (Roggen) bekränzt hier Angeführt. Alle Früchte stehen schön und dicht, auch die Kartoffeln gcrathen wohl. Obst gibt es mehr als man geglaubt hat; das Pfund Kirschen kauft man um W /2 kr., die Birnen gerochen am wenigsten. Die Hopfen, welche vor einigen Wochen ganz schlecht standen, erholen sich zusehends; der Weinstock hat in der Blüthc sehr gelitten und läßt nur geringen Ertrag hoffen.

Am letzten Montag ereignete sich auf den Hagenbucher Höfen bei Donzdorf ein bedauerliches Unglück. Die Bauern dieser Höfe waren bei einer Taufe in Donzdorf. Zwei Knaben, der eine 11, der andere 4 Jahre alt, waren allein zu Hause und fanden eine Pistole nebst Pulver. Ter Kleine sagte zu dem Aeltcrn: er solle ihn er­schießen. Derselbe lud die Pistole und hielt sie seinem Spielgcnossen an den Kopf und im Augenblicke hatte er die tödtliche Verletzung er­halten. Der Schmerz beider Eltern ist unbeschreiblich und wir kön­nen nicht umhin, die schon so oft ergangene Warnung zu wiederho­len, Schußwaffen so zu verwahren, daß sie Kindern nicht zugäng­lich sind.

Ulm. Das Comite für die Lotterie zum Besten der Ulmer Münstcrrestamation hat sich an den König mit der Bitte gewendet, zu gestatten, daß dasselbe eine Münze im Werth von zwei Thalern zu Preisen für die Münsterlotterie ausprägen lassen dürfe. In Folge hievon wurde das K. Münzamt zur gutächtlichen Aenßerung aufgefor­dert und ist nun gestern das Gutachten des Münzwardeins, das die­sen Plan in jeder Hinsicht befürwortet, an das Finanzministerium abge- gangen. Da der König persönlich gleichfalls für dieses Projekt ein­genommen ist, so wird an der baldigen Genehmigung desselben nicht gezweifelt werden dürfen. Soviel wir vernehmen, wird die Münze

auf der Aversseite das Bildniß deS Königs, am der Reversseite eine Ansicht des Münsters von Ulm mit der Bezeichnungzwei Thaler* zeigen, und es liegt ini Plan des Komitvs, vorerst 1400 Stück aus­prägen zu lassen.

In Leipzig faßten die Studenten den erfreulichen Beschluß, das Duell in Abgang zu decretiren und dafür ein Ehrengericht zu gründen. In einer am 14. Juli stattgefundenen Studentenversamm- lung wurden die Statuten dieses von Anfang nächsten Semesters ins Leben tretenden Ehrengerichts festgcstellt. Ihre hauptsächlichsten Punkte sind: 1) eure allgemeine Studcntcnversammlung Anfangs jeden Se­mesters wählt 12 Ehrenrichtcr, diese kooptiren 3 Dozenten aus dem akademischen Lehrkörper; 2) das Ehrengericht tritt, wenn eine Diffe­renz zwischen zwei oder mehreren Studirenden besteht, auf Anruf eines der Betheiliglen zusammen, ladet den einen oder die anderen vor, stellt den Thatbestand fest und sucht einen gütlichen Vergleich anzubahnen; 3) die Studentenschaft erklärt, daß, sobald ein Betheiligter das Urtheil des Ehrengerichts anruft, sie es für die Pflicht des andern erachtet, vor demselben zu erscheinen; 4) jede der streitenden Parteien hat das Recht, zwei Richter zu verwerfen; 5) wenn einer der Bethei­ligten bei der Verhandlung nicht erscheint, oder sich dem Ehrengericht nicht unterwerfen will, wird in dessen Abwesenheit verhandelt; 6) das Ehrengericht erkennt auf die Ertheilung einer Ehrenerklärung in seiner und des Betheiligten Gegenwart, nie auf Mensur oder Duell; 7) dem Ehrengerichte wird das Recht der modificirten Veröffentlichung seiner Verhandlungen gewährt.

Wieder haben Kinder, die mit Schwefelhölzchen spielten, großes Unglück angerichrei. In Kreuz bürg an der Werra ist dadurch ein Brand entstanden, der 80 Häuser ohne die Nebengebäude in Asche legte. Auch sollen zwei Menschen dabei ihr Leben eingebüßt haben.

Diedeutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger" hat durch ihre Rettungsstationen im Jahre 1868 68 Personen gerettet gegen 128 im Jahre 18«>7, 141 im Jahre 1866. In den ersten drei Jahren des Bestehens dieser Gesellschaft sind somit 337 Menschen dem Tode entrissen worden. AuS dem Rechenschaftsbericht entnehmen wir, daß im Jahre 1868 an der deutschen Nordsee- und Ostseeküste 115 Schiffe verunglückt sind, darunter 65 deutsche, 14 britische, 14 holländische, 6 schwedische, 5 dänische, 4 russische rc. Am gefähr­lichsten erwies sich die Küste zwischen Ems und Weser, sodann die Elbemündung und die schleswig-holsteinische Küste. Die Gesellschaft hat im Jahr 1868 46 116 Thlr. ausgeaeben, die Kosten der Errichtung von 31 Stationen mit 27,094 Thlr. inbegriffen. Die Einnahmen betrugen 33,682 Thlr., worunter 12.082 einmalige Gaben 20,154 Jahresbeiträge. Somit stellt sich eine Mindereinnahme von 12,433 Thlr. heraus. Solche, die zu diesem wohlthätigen Werk beizusteuern wünschen, mögen ihre Gaben richten an den Generalse­kretär Dr. H. A. Schumacher in Bremen, wo auch die Satzungen zu erhalten sind. Nach denselben ist ordentliches Mitglied, wer einen jährlichen Beitrag von mindestens 1/2 Thlr., und außerordentliches Mitglied, wer ein einmaligen Stiftungsbcitrag von mindestens 25 Thlr. entrichtet.

In Groß-Bres a in der Nähe von Breslau gibt es heute noch einen Schullehrer, er heißt Heintzc und ist 63 Jahre alt, hat eine Frau und sechs Kinder zu ernähren, der hat einen Jahrcsqehalt von 50 Thlr., freie Wohnung und ein Gärtchen am Haus, wo er nothdürstig seinen Kohl bauen kann. Zur Schule gehen 120 Kinder.

Krakan, 23. Juli. DerPresse" wird telegraphirt: In Folge einer anonymen Anzeige drang gestern eine Gerichtscommiffion unter geistlicher Assistenz in das hiesige Carmeliterinncn-Kloster ein und fand daselbst eine Nonne, welche seit einundzwanzig Jahren in einer finsteren, cloakenähnlichen Zelle eingesperrt war. Dieselbe sah sehr verwildert aus, war ganz nackt, und ist überdieß halb wahn­sinnig. Bischof Galecki erschien als päpstlicher Delegat im Kloster, überhäufte Aebtiffin und 'Nonnen mit den heftigsten Vorwürfen und fragte sie, ob sie Frauen oder Furien seien. Der Bischof dankte dem Untersuchungsrichter für sein taktvolles energisches Benehmen und snspendirte den Klosterbeichtvater.

Italien. In Rom sind Kirchcngebete angeordnet für das Con- cil; das Volk soll um dieErleuchtung des Pabstes und der versam­melten Bischöfe durch den allein in alle Wahrheit führenden heiligen Geist" bitten. Nach demUnivers" lebt der Pabst töriMich nur noch für das Concil. Als die Nachricht von dem Tode seines neunzigjäh-