Zur Steuer der Wahrheit.
Es liegt ein Bericht vor mir, wonach von Seiten der Begleiter des Hrn. Jul. Stalin in Gechingen (und wahrscheinlich auch an andern Orten) behauptet worden ist, Herr Georg» verlange in seinen Wahlreden das Zerreißen des Zollvereins Vertrags. Aus dieser Behauptung wird dann die schwere Anklage gegen ihn geformt, daß
wird sie sich freiwillig vor der Gewalt beugen, welche dieselben vollbracht hat.
Es ist hienach schwer zu sagen, ob böser Wille oder nur eine eigenthiimliche Logik die Schuld an dieser Begriffsverwirrung trägt, wodurch die der Selbstständigkeit des Landes und der Erhaltung sei- ner kostbaren Freiheiten dienende Volkspartei als Umsturzpartei ver-
er großes Unglück und Elend über das Land bringen werde, indem Nächtigt, und dagegen das Heil des Lades im Schutze des Gewaltigen gesucht die unvermeidliche Folge dieser Aufhebung des Zollvcrcinsvertrags die """""" . - —
sofortige Aufrichtung von Zollschranken um das ganze Land und der Ruin unseres Handels und unserer Industrie sein würde.
Es ist nicht meine Absicht, den innern Ungrund solcher Behauptungen nachzuweisen; denn auch die demokratische Partei treibt Handel und Industrie aller Art und wird darum nicht so thöricht sein, schwere ökonomische Nachtheile über das Land heraufzubeschwören, unter denen auch sie zu leiden hätte. Ich will vielmehr nur der Wahrheit die Ehre geben, und deßhalli sämmtlichen Wählern, die bis jetzt solche, nur zur Errregung von Furcht und Angst gemachte Verdächtigungen Georgii's zu hören bekamen, die Versicherung geben, daß Ge orgii noch in keiner Versammlung, der ich anwohnte, also auch nicht in Simmozheim, von einem Zerreißen des Zollvereinsvertrags gesprochen hat. Er hat vielmehr, obwohl er anerkannte, daß dieser Vertrag uns manches Lästige, z. B. erhöhten Salzpreis, gebracht habe, gerade für Aufrechthaltung dieses Vertrags gesprochen. In seinem heutigen Programme spricht er sich hierüber aufs Unzweideutigste aus und wird damit hoffentlich alle ähnlichen Angriffe unmöglich machen.
Ich kann es mir nicht versagen, bei dieser Gelegenheit noch eine weitere Entstellung zu berühren, die aus dem von Georg» in seiner Hauptsache anerkannten Programin der Volkspartei hergeleitet wird.
Man behauptet nämlich, um die Gemüther recht zu ängstigen, der von der Volkspartei verlangte Südbund sei das Signal zu Krieg und all dem unsäglichen Elend, das derselbe im Gefolge hat. Dem könne man nur entgehen durch allmäligen Anschluß an Prenßen.
Die Herren, die solche Lehren verbreiten, scheinen ein kurzes Gedächt- niß für ihre eigenen Behauptungen vor und bei der Zollparlaments
wird, der morgen, wenn er will, dasselbe mit Mann und Maus verschlingen kann, wie er die andern auch verschlungen hat.
Wenn aber der Vorwurf der Umstürzerei daraus gerechtfertigt werden will, daß die Bolkspartei die Ausscheidung aller Stand eSvo rrcchte aus der Volksvertretung verlangt, und in dieser Richtung die von der Regierung schon längst zugesicherte Revision der Verfassung durchgeführt wissen will, w ist dieser Vorwurf so ungerecht, als bei der Frage des Südbuudes. Die Volkspartei steht mit diesem Verlangen einfach auf dem Boden der gesunden Vernunft, welche nicht begreift, daß die Rechte des Volks durch den dem Bürgerstande seit Jahrhunderten feindselig, gegeniiberstehenden Adel ehrlich und redlich vertheidigl werden können. Sie geht dabei nicht einmal soweit, wie die im April 1849 vom verstorbenen König Wilhelm mit der Reichsverfassung zum Gesetz erhobenen Grundrechte, in denen der Adel als Stand ganz aufgehoben war, die aber leider durch die Reaction oer 50r Jahre uns wieder entrissen worden sind.
Wo liegt hienach noch irgend welche greifbare Berechtigung zu dem schweren Vorwurfe, daß die Volkspartei die Umsturzpartei sei? Ist nicht vielmehr klar, daß die Wähler auf dem Lande überhaupt nur eingeschüchtert und von der Bolkspartei abgewendet werden sollen, gleichviel, ob das Mittel sich rechtfertigen läßt, oder nicht? Der Zweck heiligt ja das Mittel. Werden doch noch Mittel ganz anderer Art angewendet, um einzelne Männer der Volkspartei in den Augen des Landvolkes herunterzusetzen. So wird z. B. über mich, um meine Ansichten über die Streu-Frage, die ich seit Jahren wahrscheinlich gründlicher durchdacht habe, als alle Diejenigen zu-
INP tyre eigenen oeynnprungen vor uno vei vcr ^oupnrinincnis- >vnge,nzcln»cy grunveeu^ci. gnvc, nev nnc n zu-
wahl zu haben. Damals hieß es: keinen Schritt über die Verträge! sammen, welche sie jetzt als falsches Agltationsmittel gebrauchen,
hinaus! unter keinen Umständen engeren Anschluß an Preußen, als durch die Verträge bedingt ist; jeder Versuch zu engerem Anschluß wäre ja das Zeichen zum Kriege für Frankreich, das eine Vergrößerung Preußens über die Mainlinie hinaus unter keinen Umständen dulden wird. Diese Ansicht von der europäischen Lage war damals diejenige der sämmtlichen Wähler G. Dörtenbach's, und dieser selbst hat jin konsequenter Durchführung derselben sich in Berlin mit Z i andern süddeutsch -n Zollparlamentsabgeordneten zu der öffentlichen Erklärung verbunden, daß der Südbund als die einzige Garantie des Friedens mit allen Mitteln anzustreben sei. Und heute, nach 3 Monaten, nachdem auch nicht die geringste faktische Aen- derung in der Weltlage eingetreten ist, soll diese selbst in den Prager Friedensvertrag aufgenommene Garantie des Friedens, soll der Südbund die Veranlassung zum allgemeinen Kriege sein und die Selbstständigkeit unseres Vaterlandes gefährden! Begreife das, wer kann; ich begreife es nicht. Aber das begreife ich, daß man Alles hervorsucht, um auf die Volkspartei den Vorwurf schleudern zu können, daß sie alles Bestehende Umstürzen möchte, daß sie die Umsturzpartei sei. Ob der Beweis dafür stichhaltig ist oder nicht, das ist Nebensache; die Hauptsache ist, daß mrn draußen dem Landvolk, das nicht immer in der Lage ist, die große Politik selbstständig zu beurtheilen, einen rechten Schrecken und Abscheu vor dieser gefährlichen Volkspartei eingejagt und damit für sich einige Stimmen gewonnen hat. Diesem Treiben gegenüber muß ich die Volkspartei, der ich aus innerster Ueberzeugung angehSre, kräftigst in Schutz nehmen, und sage darum, daß gerade sic in dieser Frage die konservative ist: sie will die Selbstständigkeit Württembergs durch die Schaffung eines Föderativstaates (des Südbnndes) erhalten, sie will unsere Verfassung vor der Vergewaltigung durch Preußen geschützt, und unsere durch einen engeren Anschluß an Prenßen unrettbar gefährdeten Freiheiten, deren sich kein anderer Staat in gleichem Maße erfreut, erhalten wissen, sie ist konsequent in dem bisher auch von der andern Partei zur Schau getragenen Abscheu vor der Blut- und Eisen Politik, durch welche Fürsten von ihren Thronen herabgeworfen, Verfassungen vernichtet, Länder einverleibt. Staatskassen ausgeleert wurden, sie gerade empört sich schon bei dem Gedanken an diese Werke des Umsturz es, und nie
zu verdächtigen, die Lüge ausgesprengt, daß ich selbst, ich weiß nicht, wo? 30 Wagen Waldstreu gekauft habe, während ich in meinem ganzen Leben noch nicht einen Wagen Waldstreu, wohl aber des guten Beispiels halber Reisstreu gekauft, Waldstreu dagegen schon manchen Wagen v e rkaust habe.
Achnliches wäre noch Manches zu berichten und zu berichtigen, wie z. B. ein leises Gerücht nmhergeht, als ob durch die Wahl Georgii's Calw die Rrparaturwerkstätte und Hirschau die Haltestation verscherzen würde. Da derartige Anlagen weder für die Partei Stläin noch für die Partei Georg», sondern im allgemeinen Interesse einer ganzen Gegend, oder im eigenen wohlerwogenen Interesse der Bahnverwaltung gemacht werden, jedenfalls der Unschuldige mit dem Schuldigen gestraft würde, so ist die Grundlosigkeit solcher Drohmittel erklärlich. Erzählen könnte ich auch, wie man z. B. in Gechingen unbequeme Wähler auf medicinischem Wege vom Wählen abhalten könnte, was sogar als Witz nicht aus dem Munde hätte kommen sollen, aus dem es gekommen ist. Ich glaube aber, daß an dem Gesagten genügt, um die Wähler vom Lande namentlich aufmerksam zu machen, welch' verdächtige Kost ihnen manchmal vorgesetzt wird. Schon die Art und Weise der Agitation unserer Gegner, ihre merkwürdige Zudringlichkeit hat schon manchen Wähler, der sich in seinem ganzen Leben noch nie ihres Händedrucks zu erfreuen gehabt hat und auch nie mehr erfreuen wird, stutzig gemacht und ihnen Stimmen entzogen, deren sie bei weniger geräuschvollem und befreundlichem Auftreten sicher gewesen wären. Ich hoffe, daß auch diese Darstellung noch einiges dazu beitragen wird, etwas Licht über den erbitterten Kampf der Parteien zu verbreiten und die Wähler zu bestimmen, ihre Stimme nur demjenigen Eandi- daten zu geben, der seit 20 Jahren ein aufrichtiger, in Treue er- pro bler Freund des Volkes ist, dessen Kenntnisse und in den verschiedensten Zweigen deö öffentlichen Lebens erworbenen Erfahrungen ihn vor vielen Andern zu solch ehrenvollem, öffentlichem Dienste befähigen, »n, diesem Dienste nicht hcrvorgedrängt, sondern erst der " " '
rung seiner Freunde Folge geleistet hat, nämlich dem
Kaufmann G. GeorgiL
Calw, den 3. Juli 1868.
E. Horlacher, Vorstand des Volksveremö^
gedruckt und erlegt von A. Oelschläger. (Mit 2 Beilagen.)
der sich zu eindringlichen Anssordc-
in Calw-