— Herrenberg, 9. April. Bei dem gestrigen starken Gewitter schlug der Blitz zwei Mal in den Kirchthurm und die Kirche zu Mötziugen. Der erste Strahl scheint gezündet, der zweite den Brand wieder gelöscht zu haben Kirche und Thurm sind bedeutend beschädigt; auch die Umgebung hat Schaden genommen.
— Bon Interesse ist eine in Reutlingen für erwachsene Mädchen eingerichtete Zeichnungsschule, welche mit der dortigen Fortbildungsschule in Verbindung steht. Unter Leitung des Zeichnuugslehrers Lachcnmayer wird der Zeichnungsnnterricht in dieser Schule in einer vorzugsweise praktischen Richtung ertheilt, nämlich insbesondere mit Anwendung auf Sticken, Häkeln, Putzmacheu rc. Außerdem wird in dieser Fortbildungsschule auch Unterricht in der gewerblichen Buchführung ertheilt, so daß wir es hier in der That mit einer gewerblichen Fortbildungsschule für Mädchen zu thun haben, welche insbesondere für Töchter der Gewerbetreibenden von hohem Werthe ist.
— Im Oberamte Gerabronn mußte, weil dort und in den Bezirken Mergentheim und Rothenburg a. d. T. wuthverdächtige und wnthkranke Hunde bemerkt wurden, Hunde-Sperre ungeordnet werden.
— Auch im Obcramt Hall mußte Hundespcrre angeordnet werden.
— Aus Anhalt erfährt die „A. A. Ztg.": Der Herzog, der ewigen Kämpfe mit den Ständen um Theile des Dominialbesitzes müde und von dem Wunsche geleitet, sein Privatcigenthum bei Zeiten in Sicherheit zu bringen, hatte in Berlin die Abtretung atler seiner Hoheitsrechte an Preußen anbieteu lassen, was indessen, ungeachtet der nachgesuchtcn Vermittlung des Fürsten zu Hohenzollern, von preußischer Seite abgelehnt wurde, theils aus Rücksichten gegen das Ausland, theils deßhalb, weil mit der vollständigen Einverleibung Anhalts in Preußen diesem Staat eine Stimme im BundeSrath verloren gehen würde. Um den Wünschen des Herzogs entgegenzukommen, wird man jetzt zum Abjchluß eines sog. Accessionsvertrags nach dem Muster des Waldeck'schen die Hand bieten.
— Im Jahr 1867 betrugen die Einnahmen des deutschen Zollvereins 24 Mill. 197,191 Thlr. Davon erhielt Preußen für seine alten Provinzen 11,104,101 Thlr., für Hannover 1,781,791 Thlr., für Kurhessen 453,808 Thlr., für Nassau 263,423 Thlr., für Schleswig-Holstein 76,405 Thlr. Baiern bekam 2,602,463 Thlr., Sachsen 1,325,053 Thlr., Württemberg 988,153 Thlr., Baden 804,825 Thlr., Großherzogthum Hessen 461,816 Thlr., Thüringen 623,822 Thlr., Braunschweig 151,795 Thlr. und Oldenburg 224,040 Thlr.
— Berlin, 3. April. Nach der neu eingeführten Ordnung können bei Reserve- und Landwehrmannschafts-Einberufungen zu den Fahnen häusliche, gewerbliche und Familienverhältnisse nur „ausnahmsweise" berücksichtigt werden, wenn nämlich ein Mann als einziger Ernährer des arbeitsunfähigen Vaters oder der Mutter zu betrachten ist, und ein Knecht oder Geselle nicht gehalten werden kann, auch durch die den Familien der Reserve- und Landwehrmamischaften zu gewährenden Unterstützungen der dauernde Ruin des elterlichen Hausstandes bei der Entfernung des Sohnes nicht zu beseitigen ist. Ferner, wenn ein Mann, der das 30. Lebensjahr vollendet hat, als Grundbesitzer, Pächter oder Gewerbtreibender, oder als Ernährer einer zahlreichen Familie, selbst bei dem Genüsse der gesetzlichen Unterstützung, seinen Hausstand und seine Angehörigen durch die Entfernung dem gänzlichen Verfalle und dem Elende preisgeben würde.
— Berlin, 12. April. Nach der Krcuzzeitung ist die Ausdehnung des Freizügigkeitsgesetzes auf die Südstaaten durch Vertragsabschlüsse gesichert. Etwaige Abänderungen des Gesetzes innerhalb des Nordbundes lassen die Verträge mit den Südstaaten unberührt.
— Gestern Nachmittag wurde der Postvertrag mit der Schweiz unterzeichnet.
Mehr Liberalismus in Preußen!
Frankreich. Paris, 8. April. Die „France" zeigt die bevorstehende Abreise des Prinzen Napoleon nach Italien, Stuttgart, München, Wien und Konstantinopel an.
England und Afrika. Nach den neuesten Nachrichten .aus Abessinien hat Sir Robert Napier am 2l. März Lat besetzt und hoffte am 2. April vor Magdala auzukommen, wo.Köuig Theo- doroö mit den Gefangenen, 26 Kanonen und 5000 Mann sich verschanzt hat und sich auf eine Belagerung vorbereitet.
Mexiko, lieber New - Uork wird vom 26. März mitge- theilt, daß die Gerichtshöfe in Meriko das gegen Maximilian befolgte Prozeßverfahren für verfassungswidrig erklärt haben- — Der Vcrräthrr Maximilian's, Lopez, soll verhaftet sein.
Ei» Bettler.
(Fortsetzung statt Schluß.)
Einer der beiden Vorsitzenden erhob sich jetzt rasch und flüsterte dem unwillkommenen Gast einige Worte in's Ohr.
„Gut, gut", entgegnete dieser laut; aber es litt mich zu Hause nicht mehr — und ich halte jede Wette, daß dieser blonde Junge da, dem Ihr thörichtcr Weise einen so großen Pokal vorgesetzt habt, eine verkleidete Jungfrau ist, und die soll mir einen Becher credenzen und nach guter deutscher Sitte zuerst davon nippen."
„Da bin ich schon lieber" — sagte „Vielliebchen" mit heiterem Lachen - „der singende und harfcnschlagende Knabe, der dem wilden Könige die bösen Geister ausireibt. Sonst aber, setzte er ernst hin,zw „heiße ich Heinrich Trave und nennt man mich „Vielliebchen."
Mit unverholenem Erstaunen betrachtete der Kurländer die schlanke Gestalt des berühmten Studenten, der sich bei den letzten Worten wie zu ihrer Bestätigung erhoben hatte — da rief etwas ärgerlich der zweite Vorsitzende vom unteren Ende der Tafel:
„Nun kennt Ihr einander, und kraft meines Amtes trage ich Euch, Asmus Enningen, auf, als Gast bei uns Platz zu nehmen und Lheil zu nehmen an unserm Feste oder — den Saal zu verlassen."
„Paul Kronich," sagte Asmus nach einem minutenlangen Schweigen, „Paul Kronich, Ihr habt Euern Beruf vollständig verfehlt. Ihr werdet ein schlechter Anwalt sein und hättet doch als Prediger dir komischsten Wirkungen erzielt, von Eurer notorischen Freundcsliebe ganz abgesehen."
Dem Sturm, der jetzt ausbrechen wollte, kam „Vielliebchen" rasch zuvor. Er hatte sich über die Tafel leicht hinübcrgeschwnngen, und er und Saul standen jetzt einander gegenüber.
„Meine Freunde", sprach jener die Versammlung an, „mir, dem Gaste, gebührt wohl der Vortritt; ja oder nein?"
„Gewiß, gewiß!" erscholls von allen Seiten.
„So wende ich mich zu Euch, Herr v. Enningen. Ihr seid den fremden Gästen dieser berühmten Universität hier im Saal just um Einen zu viel, entfernt Euch darum aus Höflichkeit, wir reisen auch morgen noch nicht ab —"
„Nicht weiter," unterbrach ihn „Saul". „Der Saal ist geräumig genug, die Beleuchtung genügt, und was heute gethan werde;« kann, verschiebe ich nicht auf morgen. Hicber herbei! und marsch. Deine schönen Augen, „Vielliebchen".
Alle waren aufgesprungen und eine unendliche Verwirrung erfüllte den Saal. Drohende Rufe erschallten von allen Seiten und ein unwiderstehlicher Keil schob sich zwischen die beiden Hauptpersonen.
„Ruhig, meine Freunde!" hörte man „Vielliebchen" rufen; — „tretet zurück; Burschenrecht, Burscheurccht!"
Die Studenten fügten sich augenblicklich, und jetzt trat Heinrich Trave auf den Kurländer zu, der mit über die Brust gekreuzten Ar-
j men mitten im allgemeinen Chaos ernst und finster dagestauden war, verlangen die National- und richtete folgende Worte an ihn:
liberalen, damit die Süddeutschen mehr Appetit zum Eintritt! „Asmus v. Enningen, Ihr findet unter all diesen Jünglingen
in den norddeutschen Bund bekommen. Da kommen sie aber schlecht ^ hier keinen, den Ihr Freund nennen dürft, und dreierlei Ursachen an bei der Krcuzzeitung sowohl, als bei der Norddeutschen Allgeni.! kann ich Euch davon nennen: Adeliger Hochmuth ist's und Geldstolz Zeitung. „Sind wir nicht liberal genug, ja zu liberal?" und klopffechterischcr Ucbermuth. Ich kann Euch Euern Adel nicht fragt die Krcuzzeitung. „Hat nicht der Bundeskanzler selbst richtig! streitig machen und Euern Reichlhnm nicht schmälern - aber Der- gesagt, Süddeutschland sei im Liberalismus um 40 Jahre zurück?" i»en tollen Uebermuth werde ich brechen, so wahr mir Gott helfe!" entgegnet die Norddeutsche. Die Nationallibcralen meinen, Preußen! Er hatte die letzten Worte mit erschütterndem Ernste gesprochen, solle den Nationalliberalen Süddeutschlands die Hand reichen, damit! und als er hierbei wie zum Schwure die rechte Hand halb erhoben unliebsame Ministerien entfernt werden. lDa sollen nur die Preu-j hatte, schien seine Gestalt zu wachsen, und seine Augen strahlten m
ßen bei sich einmal den Anfang machen.)_ 'einem furch t baren Glanze. _ (Schluß solgt.)^
>V-diqirt, gedruckt verlegt und von A. OelsHläger.