— Am 30. Mär;, Morgens 7 Uhr, wurde wirklich i» Strau-, ding das Todesurtheil an dem Raubmörder Staringer vollstreckt.
— Aus Berlin, 3. April, wird vom norddeutschen Reichstag berichtet: Die Postvcrträge des norddeutschen Bundes mit Oesterreich, Norwegen, Nordamerika, den süddeutschen Staaten, und Luxemburg werden genehmigt. Der Antrag LaSker's, die RedefreilM auf alle Kammern und Landtage des norddeutschen Bundes auszudehnen, wird in Berathung gezogen und mit 119 gegen 15 Stimmen angenommen. — lieber Waldeck's Antrag auf Diätenzahluug entspann sich eine längere Debatte. Graf Bismarck will die vorjährige Diskussion nicht erneuern. Auf die Bundesregierungen werde es einen üblen Eindruck machen, wenn der mühsam errungene Kompromiß nach Jahresfrist wieder in Frage gestellt werde. Die ganze Verfassung sei ein Kompromiß. „Was würden Sie sagen", fährt der Bundeskanzler fort, „wenn wir jetzt wieder Beschränkung der Redefreiheit beantragten? Rütteln Sie nicht am Fundament der Verfassung , dieselbe hat noch nicht solche Wurzeln geschlagen, daß sie bereits Abänderungen ertragen könnte." Ans die Aenßerung Waldeck's: die beste Art, die Süddeutschen zu gewinnen, wäre die Schaffung eines freien Bundesstaats n. s. >v>, erwiederte Bismarck (unter großer anhaltender Heiterkeit): die Süddeutschen wollen nicht kommen, weil ihnen der Nordbnnd zu liberal sei, nicht umgekehrt. Der müßte Süddeutschland schlecht kennen, der nicht wüßte, daß die Süddeutschen im Liberalismus um ein Menschenalter zurück seien. (Da kommt es nur darauf an, was man unter Liberalismus versteht.) Der Maldeck'sche Antrag wurde mit 97 gegen 92 Stimmen abgelehnt.
— Das Zollparlament wird wahrscheinlich am 20. April eröffnet werden.
— Die preußische Regierung hat jetzt das Welfenschloß und den Welfengarten in Hannover und auch das Schloß im Georgsgarten für den preußischen Staat in Anspruch genommen und die Räumung des ersteren, in welchem sich noch Sachen des Königs Georg befinden, verlangt.
— Wien, 31. März. Heute hat das Herrenhaus auch den Entwurf des neuen Schulgesetzes in principieller Uebereinstimmung mit den Beschlüssen und Absichten des Abgeordnetenhauses erledigt, und es bedarf nunmehr, da die vorn Herrenhause vorgenommcnen Aende- rungen an dem Schulgesetze einen Widerstand von Seite des anderen Hauses nicht finden werden, nur noch der Genehmigung des Kaisers, damit auf dem Gebiet der Ehe wie der Schule der Staat in den Besitz jener Rechte wieder gelange, welche das Konkordat ihm geraubt hatte. (Das Abgeordnetenhaus hat den Aenderungen zugestimmt.)
— Wien, 3. April. In der heutigen Sitzung des Unterhauses legte der Justizminister die Gesetzentwürfe über die Einführung der Schwurgerichte und die Bildung von Geschwornengcrichlen vor. Die Kvnkursordnung wurde in dritter Lesung angenommen. Sodann begann die Spezialdebatte über das interkonfessionelle Gesetz. Dasselbe wurde mit einem von der Regierung unterstützten Amendement, betr. die Geschäftösperre an Sonntagen, angenommen. Der Reichsrath hat sich bis zum 20. April vertagt.
— Im ungarischen Unterhaus wurde am 2. April ein Gesetz-- entwurf über die Prägung von ungarischen Gold-, Silber- und Kupfermünzen eiugebracht.
Italien. Turin, 2. April. 2000 Arbeiter haben L-trike gemacht wegen des Eüikominensstcuergesctzes. — Florenz, 2. April. Die Amtszeitnug veröffentlicht einen Vertrag vom 3. Februar !868 zwischen Frankreich und Italien wegen des Durchbruchs dcs Montcenis.
Belgien. Brüssel, l. April. Der Senat nahm mir großer Mehrheit das Armeereorganisationsgesetz, das für 1869 festgesetzte Kontingent, die Vertheilung des Kontingents und die Bestimmung der Dauer der Dienstzeit an.
Amerika. Washington, 3<>. März. Die Verhandlung der Anklage gegen den Präsidenten Johnson wurde heute im Senate von Butler eröffnet. Das Anklagekomite übergab als Beweisstücke die Abschrift des ursprünglichen Ernennungsdekrets Stantons und die Abschrift der Botschaft des Präsidenten, welche Stantons Suspension vom Amte rechtfertigen sott. — Aus Ne wyork, l. April, wird gemeldet: Oberrichter Ehase, der ini Prozeß gegen Johnson präsidirt, beansprucht richterliche Gewalt für die Verhandlung. Das Anklage- komile und einzelne Scnatsmitglieder sind dagegen, die Mehrheit deö Senats ist dafür.
Ein Bettler.
Bettler! wie unheimlich klingt dasWort. Krüppelhaft, frech oder gebrochen, so denken wir uns den Mann, kränklich, verkommen und schamlos, so denken wir uns das Weib, die Beide ihre Hand nach einer milden Gabe anSstrecken. Welche Kette schlingt sich aber zwischen Wiege und Bettelstab jener Elenden? Ich kenne die Geschichte zweier Bettler, deren romantischer Schimmer fast den Verdacht erregen könnte, sie sei überrheinischen Ursprungs; sie spielt jedoch auf deutscher Erde und hat nur den Nachtheil, daß sie nicht erfunden ist.
Auf einer deutschen Universität feierte eine Studentenverbindung, eine „Couleur", wie der Burschenausdruck lautet, ihren 50jährige» Bestand. Die Feier des Tages, an der sich auch benachbarte Universitäten betheiligten, wurde durch den großartigen Coinmers, der Abends abgehalten wurde, glänzend beschlossen. Die fremden Studenten waren Gegenstand der aufmerksamsten Fürsorge, und einer unter ihnen, 8tu<l. mell. Heinrich Trave, der ans .... herübergekommen war, wurde besonders ausgezeichnet. Was war das für eine zarte liebliche Erscheinung! Und wie gut paßte dieser kleine Kopf mit seinen wallenden, blonden Locken und den schwärmerischen blauen Augen zu demBurschennamenHeinrich's: „Vielliebchen!" Weniger genau paßte freilich der gewaltige Humpen, der vor ihm stand und der in kurzen Zwischenräumen immer wieder gefüllt werden mußte. Aber so gewinnend die Persönlichkeit und so glorios das Zecheu, 'i«e- seö Studenten auch war, die öffentliche Aufmerksamkeit und die allgemeine Huldigung wäre ihm von diesem Kreise, in dem so «iele hübsche Jungens und tüchtige Zecher saßen, gewiß nicht zu The:, geworden, wäre es nicht von ihm bekannt gewesen, daß seine Klinge so unwiderstehlich, wie seine Herzensgüte unerschöpflich war-
Wie es bei solchen Commersen zugeht, ist ja allbekannt. Die Fröhlichkeit war so laut und frisch, wie es für solche junge Herzen zuträglich ist — auf einmal flog's wie eine Wolke über die meisten dieser glatten Stirnen: ein junger Mann, ein Antinous an Kraft und Schönheit, war schallend in den Saal getreten und wurde von einigen Commilitonen lärmend mit dem Namen „Saul" begrüßt.
Es war das ein Kurländer, der die cameralistischen Studie» soeben beendigt hatte, Asinus Freiherr von Enningen hieß und über bedeutende Mittel verfügte, die er mit vollen Händen ausstrcute.
Den Uebernamen „Saul" erhielt er wegen der vielen „bösen Stunden", die über ihn kamen, und in denen er durch seinen Spott wie durch seine furchtbare Klinge ebenso gehaßt wie gefürchtet war.
Die „Couleur", deren Feier man eben beging, war von ihm seit lange zur Zielscheibe ausgesucht, und es gab in ihr nur wenige Glieder, die nicht die Spuren dieses seltsamen Hasses als tiefe Narben im Gesichte trugen.
Die verschiedenen Studentenverbindungen hatten sich schon vor Wochen das Ehrenwort gegeben, während des Festes jedem Streite aus- i zuweichen und keine Ausforderung zu acceptiren. „Saul" allein wollte ! sich einer solchen „lächerlichen" Anforderung nicht fügen und erklärte, dem Feste ganz fern zu bleiben. Das that er auch seit 24 Stunden; aber sei es, daß seine „böse Stunde" über ihn gekommen war, oder konnte er es.so allein und verlassen nicht mehr aushalten, er erschien, wie wir eben gesehen, plötzlich im Saale, und es war gerade, als ob Lust und Fröhlichkeit in demselben Augenblicke den Saal verlassen hätten.
„Trete ich in ein Bcthaus", höhnte der Neuangekommene, „oder in einen Kreis zechender Burschen? Und was für köstlich verwirrte Gesichter Ihr annveist! Ist es doch gerade, als ob der biblische Saul höchstselbst in Eure Mitte getreten wäre mit wahnsinnigen Geberden und hocherhobenem Spieße! Und was seh' ich — dort sitzt Ja der leibhaftige David, der blondlockige, singende und harfenschla-
^ gende K nabe." _ ( Schlu ß folgt.)
! Tdicrktriottdt'r. Von jetzt an ist mit dem Abklovsm der Obst- banme regelmäßig bis zur Blüthe fortzufahren. Man nehme es in der Morgenfrischc vor, da die gestürzten Käser weniger rasch .kommen. Man sorge dafür, daß noch in der ersten Hälfte dieses .Monats alles dürre Holz nicht nur aus den Obstgärten sauber ent- j fernt, sondern auch das Abgefühcte verbrannt wird. Die Birkenkäfer ! entwickeln sich im Holzschuppen ebenso gut, wie am Zweig auf dem s Baum und fliegen dann in die Obstgärten hinaus, um neue Aeste s zu befallen. Bei größeren Stämmen genügt das Verbrennen der ! abgelöstcn Rinde. Das Reisach muß ganz verbrannt werden. (Sl.A.)
"-digirt, gedruckt «erlegt und von A. Oelschlager.