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kmfftsmittel. Dasselbe sei der Fall mit dem Freiwilligen-Jnstitut. — Römer will nur ans den Vortheil der Aushebung der Stellvertretung und der 3jährigeu (statt 6jährigen) Dienstzeit im aktiven Heer aufmerksam machen, kommt aber alsbald zu einer Polemik gegen die Kümmisstüusminderheit. Becher habe fälschlich Dienstzeit und Priiscnzzeit gleichgestellt, letztere solle aber durch das Budget geregelt werden und der Entwurf wahre den Ständen ihren vollen Einfluß; das Milizsystem über den Hansen werfend sagt er, daß das Milizheer noch keine Proben bestanden und kommt ;n dem Resultat, daß das der beste Soldat sei, der am längsten gedient habe; die Behauptung der Minderheit, daß es 1866 unserem Heer nur an Bewaffnung , an der obersten Führung und Taktik gefehlt habe, sei nicht wahr, unsere Offiziere und unsere Gegner seien im Gegentheil darüber einig, daß cö an der Disziplin und an der Durchbildung der Truppen gefehlt habe. Er hält einen Krieg mit Frankreich, das seine Armee' aus 1,200,00) Mann verstärke, um 800,000 Mann zu einem An griffskrieg zu haben, für eine ausgemachte Sache und es handle sich daher für uns darum, ein Heer zu schaffen, das stark und geübt genug sei, den Feind abznwchreu. Wären unsere Truppen ihren Waffengenossen nicht ebenbürtig, so würden sie in die Festungen gesteckt werden, wodurch sie die Achtung vor sich selbst wie vor ihrem Staat verlieren würden und der - ersetzuugsprozeß dieses Staats beginnen würde; cs sei deßhalb eine Ironie des Schicksals, daß die Männer, die ans Tod und Leben für die Selbstständigkeit dieses Staates streiten, gegen da S Gesetz ankämpfen. Er könne sich trösten, wenn das Gesetz falle, das preußische Wehrsystem bekommen wir doch! durch die Ereignisse. Becher erwiedert persönlich, daß er deutlich! gesagt habe, die 3jährige Präsenz sei nicht im Gesetz festgesetzt, die! Seele desselben aber seien die Motive und dort sei dieselbe rund heraus-j gefordert. Herr Römer selbst sei überzeugt, wir bekommen das! preußische System und dieses sei eben die dreijährige Präsenz. Er! habe daher nicht zu viel gesagt: wir nähern uns ihr faktisch. Was aber die Selbstständigkeit Württcinbergö betreffe, so wisse dieses, wem! es Emst, wem sie eine Ironie sei. Mohl: Römer sei stets der! General-Prokurator Preußens gewesen; den deutschen Bund habe Nie-! maud anzugreisen gewagt; ein Krieg mit Frankreich werde zeigen, daß wir von Preußen keinen Schutz zu erwarten haben. Schon bis-! her habe der Kriegs-Etat mehr gekostet, als die älteren direkten Stenern! ertragen. Wenn man der Regierung die Bestimmung der Präsenz- ! Dauer überlasse, wie dieß nach dem Gesetz und den Motiven der Fall sei, so werde ihr von Preußen das Höchste zugemuthet werden; bewillige dann die Kammer nicht, so sei der Eonflikt da wie in Pren- ! ßen. Der König von Preußen möge erst ein einiges Deutschland - Herstellen, aber ohne Annexion. Jdler führt kurz und bündig die! Gründe an, die ihn bestimmen, dem Entwürfe beizustimmen. Der, Entwurf beseitige manche Härte und biete große Vortheile; erwünscht' nur, daß in einem Eontiugentsgesetze die Größe der Mannschaft und- dieDauer der Präsenz festgesetzt würde. Fetzen das Gesetz verstoße durch ! Beibehaltung der Loosziehung gegen das Prinzip der Gerechtigkeit; ! er ist gegen das Milizsystem und weder mit rer Majorität noch! Minorität einverstanden. Hölder hält insbesondere die Einführung! einer Ersatz-Reserve für einen großen Fortschritt. Er wünschte, daß das Gesetz in der Annäherung an das erprobte, preußische System noch weiter ginge und auch im Frieden dem Bundesseldherru eine Inspektion über das Armeekorps zustande. Tafel gegen das Gesetz mit der Bemerkung, daß in Preußen 500 Schulen geschlossen seien, weil die Gemeinden die Kosten dafür nicht ausbringen können, v. Mehring: Preußen habe nur seine Hausmachr vergrößert, und es sei zu befürchten, daß es unter neuer Firma ein gleiches Spiel treiben werdet wie einst Habeburg. Preußen sei zu preußisch geworden, um deutsch sein zu können, und sei auf dem Wege, aus Deutschland eine Militärmouarchie z,t machen. Frankreich müsse freilich scheel sehen zu einer waffenstarrenden Monarchie an seiner Grenze. Die Franzosen seien in ihrem Kerne eher bereit, sich in einen edlen Wettstreit der Eultur ciuzulassen, als ihr- Nachbarn mit Kugelspritzen zu begrüßen. Er wünscht schließlich Herabsetzung der Präsenzzcit, daß es ihm und seinen Gesinnungsgenossen möglich sei, für das Gesetz zu stimmen. Kriegs minister: Die Motive des Entwurfs scheinen zu dem Mißverständlich Veranlassung gegeben zu haben, als ob durchweg von einer 3jährigen Präsenzzeit die Rede wäre. Dem sei nicht so: die Regierung gehe von einer Prüsenzzeit aus, wie sie im Etat vorgesehen.
— Stuttgart, 21. Jan. In der Abgeordnetenkammer fand
heute die Debatte über die Präsenzzeit statt. Das Anerbieten eine'- zweijährigen Präsenz von Seiten der Regierung wurde mit 69 gegen 17 Stimmen verworfen, ebenso der CommissionS-Antrag mit 46 gegen 4.0 Stimmen. Sämmtliche Amendements wurden verworfen und die Sitzung, welche 6 Stunden dauerte, blieb ohne Resultat- (Tel. d. Frkf. Ztg.)
— Stuttgart, 20. Jan. Der Entwurf des neuen Justiz-Etats, wie er nach der neuen Justiz-Organisation nothwendig geworden, ist im K. Geheimenrath durchberatheu und trägt bereits die Unterschrift des Königs.
— Gaildorf, 20. Jan. Hier ist heute Nacht das Posthaus nebst 40 andern Gebäuden ein Raub der Flammen geworden. Näheres ist noch nicht bekannt.
Es rächt sich.
(Fortsetzung.)
So erging es Georg. Was den Tobten so früh auf dieß Lager gebracht, das war sein Stolz gewesen, seine Furcht, einen Theil seines Ansehens in der Stadt durch Georg's Selbstständigkeit einzubüßsn. Deßhalb batte er jene Thal begangen, die eine so lange Reihe schwerer Folgen nach sich gezogen, die seinen Tod herbeigesührt batte. Ties erschüttert verließ Georg das Zimmer und Haus. Er bedurfte der Ruhe, um sich selbst zu sammeln. Der Gedanke an Mariens Schmerz, wenn sie diese Nachricht erfuhr, machte ihn besorgt. Und sie konnte ihr nicht verborgen bleiben Wenn es ihm nur gelang, ihr zu verhehlen, daß ihr Vater dem Schrecken und Schmer; über ihren befürchteten Tod erlegen war. Konnte er ihr auch den Schmerz nicht ersparen, so hoffte er doch jeden Selbstvorwurf von ihr fern zu Hallen.
Er dachte daran, noch an diesem Tage seiner Mutter zu schreiben, damit sie langsam vorbereitet Marie dieses Unglück erzähle; er war indeß nicht im Stande, die dazu nölhige Ruhe und Fassung zu erringen. Auch mit Hartung wollte er zuvor reden, um dem Briefe zugleich eine tröstende und beruhigende. Nachricht hinzufügen zu können; auch zu diesem Gange mußte er sich indeß erst sammeln, weil er suhlte, wie viel davon abhing. Er sowohl wie Marie hatten von Hartung nichts mehr zu fürchten, aber er wollte auch Alles sufbieten, daß Gerecke's Andenken nicht in der öffentlichen Meinung geschändet werde. Um sich zu zerstreuen. besuchte er den Altmeister, in dessen Hause er sein Meisterstück gemacht hatte und dessen redlicher Sinn ihm unvergeßlich geblieben war. Von ihm erfuhr er ein Näheres über Gerecke's Leben und Treiben in der letzten Zeit. Daß Hartung die Haupt - Ursache von Allem war, war Niemand verborgen geblieben, und Georg's Verachtung gegen diesen Menschen steigerte sich von Stunde zu Stunde. Dennoch ging er am folgenden Morgen zu ihm.
Hartung lag noch immer im Bett und befand sich in einer möglichst erbitterten Stimmung. Er empfand jetzt, wie geringe Theilnahme er in der Stadt genoß, denn noch Niemand war zu ihm gekommen, ihn zu besuchen Die Nachricht, daß Murie noch lebte, war npch nicht zu ihm gedrungen, sie hätte den Gedanken und Platten, mit denen ec sich beschäftigte, vielleicht eine neue Richtung gegeben.
Georg empfiing er nicht ohne bittere Empfindung, ein halb spöttisches und halb schadenfrohes Lächeln zuckte um seinen Mund. Georg that. als ob er es nickt bemerke. — „Sie wissen um die That Ger-cke's?" — fragte er.
Hartung nickte bejahend mit dem Kopfe
„Er ist todt. Haben Sie noch die Absicht, Anzeige davon zu machen?"
„Das weiß ich noch nicht," erwiederte Hartung — Das hängt weniger von mir^ als von den Umständen ab."
„Von den Umständen?" — rief Georg unwillig. — „Sie würden sich nicht scheuen, das Andenken eines Todteu zu beschimpfen! Sie könnten seiner unglücklichen Frau und Tochter einen solchen Schmerz bereiten?"
„Seiner Tochter ?" — wiederholte Hartung. — „Sie wissen nicht, daß sie entschwunden ist, daß — daß . . ."
.Daß sie lebt und in sicheren Händen ist, die sie schirmen und schützen werden" unterbrach ihn Georg. (Schluß folgt )
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