ete au" die Behandlung. Wir entnehmen der Staatsanklage in Kürze Folgenoes: Weipert ist jetzt 59 Jahr alt, widmete sich zuerst dem S h,i.suche, und wurde im Jahr 1839 in Ergenzingen, wo er st h im arm i hm Jahre verheirathete, als ^Lehrgehilfe angestellt. Beide Eheleute brachten ein Vrrnrögen van etwa 14,000 fl. zusammen, welche der A. aus die nutzbringendste Weise umzutreiben suchte; er betrieb eine Güterzielererwerbskasse, und ließ sich immer tiefer in alle möglichen Geldgeschäfte ein; im Jahr 1857 errichtete er ein wirkliches Bankgeschäft mit der Firma „Fidel Weipert, Bankgeschäft in Ergenzingen", das er schwunghaft betrieb; er selbst nannte sich einen „ Börsenmann". Im Anfang muß die Sache gut gegangen sein und bald war er ein so angesehener Mann, daß er im Jahr 1862 zum Schultheiß und im Jahr 1863 zum LandtagSabgeordne- ten erwählt wurde. Allein bei seinem Handel mit Staatspapieren ließ er sich zu sehr in Börsenspekulationen ein und trieb an der Frankfurter Börse ein sehr gefährliches Differenzenspiel, wobei er sehr große Verluste erlitt, insbesondere büßte er wegen des bekannten Nenjahrgrnßes Napoleons lll. im Jahre 1859 an österr. Papieren die Summe von 10,000 fl. ein. Um sich von diesem Schlage zu erholen, lag er dem Differenzenspiel nur um so mehr ob, verlor aber ohne Unterlaß, und schon im Jahre 1860 ging sein ganzes Vermögen in d.r Weile zu Grund, daß er eigentlich stets nur noch mit fremdem Gelde operiren konnte. Er nützte nämlich seinen Kredit auf's Höchste aus und hatte schon im Jahr 1863 bei 26,000 fl. Schulden. In dieser Zeit kannte er seine Zahlungsunfähigkeit bereits; konnte es aber unmöglich über sich gewinnen, dieselbe an den Tag zu thun, weil er immer die Hoffnung hegte, daß „er noch heranokoinme" aus dem Schlamme. Er machte immer neue Schulden, die sich in den letzten Jahren um 25,000 fl. vermehrten. In seinen Geldnöthen stand Weipert nicht an, das, was er als Geschäftsmann von Anderen in Folge besonderer Aufträge an Geld oder geldeswcrthen Dingen erhalten hatte, zum Schaden seiner Vollmachtgeber für sich zu verwenden. Er kam immer mehr ins Gedränge, die Auftraggeber warteten umsonst ans die bestellten und bezahlten Staatspapiere, und selbst den öffentlichen Stiftungen in Ergenzingen gegenüber, deren Werthpapiere er besaß, ließ er sich Veruntreuungen zu Schulden kommen. Bei einem am 12. Dez. 1866 vorgenommenen Sturze der Kirchenbaukasse kam man dem Treiben des Angeklagten endlich auf die Spur, indem 2 Staatsobligationen fehlten, welche er verkauft hatte. Ans gemachte Anzeige lud ihn das K. Oberamt Rottenbnrg mehrmals vor, der Angeklagte erschien aber nicht, sondern machte sich fluchtig, zumal er wohl sah, daß er sich vor den andrängenden Gläubigern nicht mehr werde retten können, „weil er ein Opfer des Börsenschwindels und ein ruinirter Mann sei." Am 23. Dezbr. ließ er sich bei dem Bankier Dörtenbach in Stuttgart für 2 württ. 4'/- proz. Staatsobligationen von 1000 fl. und 500 fl., welche er mit dem Versprechen baldiger Deckung von Bankier F. Stahl und Federer in Stuttgart erhallen hatte, !431 fl. in Gold ausbezahlen, und reiste in der Absicht, nach Amerika zu gehen, mit diesem Gelde, Kleidern, Weißzeug und goldenen Schmncksachen gut versehen, nach Bremen, wo er bis zum Ende deö Jahres 1866 blieb. Da er aber in seinem Plane schwankte, so ging er nach Frankfurt, wo er sich am 31. Dez. im Hotel du Nord eiulogirte und sich für einen Geschäftsmann ansgab. Am 6. Jan. kam ins nämliche Gasthaus der Bankier Burger von Stuttgart, welcher den Angeklagten persönlich kannte und den Steckbrief gegen denselben gelesen hatte. Ans seine und des Wi.ths Veranlassung verhaftete das Polizeiamt den Angeklagten in der Nacht und fand man bei ihm nach seiner Einlieferung noch 1248 fl. Viele Privatgläu- biger haben aber keine Klage ans Bestrafung erhoben. Bald nach seiner Verhaftung wurde das Gantverfahren gegen ihn eingeleitet und ergab sich, weil seine Ehefrau ihr Beibringen von 12,000 fl. heraus- fordert, daß sein Vermögen mit 55,000 fl. überschuldec war. — Der Angeklagte, welcher mehrere Mildernngsgründe geltend machen konnte, wurde sofort zu der auf der Festung zu erstehenden Arbeitshausstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurtheilt, wovon 3 Monate Untersuchungshaft abgehen. Hiemit waren die Verhandlungen zu Ende.
— München, 9. Jan. (Abgeordnetenkammer.) Jordans Interpellation beantwortet der Kriegsminister dahin: Die Frage der Ein- fü' rnng einer neuen Schußwaffe werde in nächster Zeit zum Abschlüsse gelangen. Neben dem besten Gewehr werde ein möglichst gleiches
Kaliber mit den übrigen deutschen Truppen angestrebt. Der Kostenaufwand werde 4> ^ Millionen betragen. Das Zändnadelzewehr werde nicht eingeführt, weil es durch neue Erfindungen überholt sei.
— Die Bamb. Ztg. erzählt, daß Gras Bismarck bei einerheiteren Jagdtafelrunde zu Barby sich über die politische Lage dahin ausgesprochen habe: Nach seiner festen Ueberzengung sei das Schreckbild eines Kriegs mit Frankreich für die nächsten Jahre ein reines Phantom. Der Minister habe dafür auch reelle Gründe beigebracht und au die Anwesenden die bestimmte Aufforderung gerichtet, jede Besorg- niß d ßhalb schwinden zu lassen.
— Die Nachrichten über die Hungersnoth in Ostpreußen lauten sehr traurig. In Danzig sind die nun eingerichteten Warmsup- pen-Awtalten täglich von Tausenden Hungernder belagert. — In Tilsit finden sich allabendlich viele obdachlose Personen im Polizei- gefängniß ein, um dort zu übernachten und am Morgen das erfolglose Suchen nach Arbeit fortzusetzen.
— Hamburg, 7. Jan. Die „Hamb. Börsenhalle" meldet aus Nikojewsk (neue Stadt an der Küste von Ost-Sibirien im Amnrge- biec): Bei Madiwostock sind reiche Goldlager entdeckt worden; unter den Augen des russischen Admirals wurden 5Vs Pfund reines Gold in Zeit von einer halben Stunde gefunden. Die beim Fundort ausgestellten Militärpostcn hatten einen blutigen Zusammenstoß mit Chinesen, welche sich des Goldlagers bemächtigen wollten.
— Wien. 9. Jan. Das „Tageblatt" meldet: Es fand auf Candia ein bedeutendes Gefecht statt. Die Türken haben eine Niederlage erlitten. Der Blokadebrnch eines russischen Dampfers in den candiotischen Gewässern veranlaßte die Pforte, den Mächten diesen Fall amtlich mitzutheilen. Die Pforte fordert die Abberufung des Admirals durch Rußland.
— Wien, 10. Jan. Die „Abendpost" dementirt die Nachricht, daß Oesterreich in einer Note an das russische Kabinet Aufklärungen über angebliche Bewegungen der russischen Truppen verlangt habe.
— Triest, 8. Jan. Die Fregatte „Novarra" ist gestern mit der Leiche Maximilians vor Korfu eingetroffen.
Italien. Neapel, 19. Jan. Der Vesuvansbruch nimmt bedrohliche Dimensionen an. In dcr Richtung von Torre del Greco fanden zwei Erdstöße statt. Die Lava häuft sich fortwährend an.
Wir entnehmen der Kölnischen Zeitung nachstehenden Bericht über die vielgerühmtcn Stollwerck'schen Fabriken, welchen wir, da zweifelsohne viele unserer Leser zu den Consnmenten dieser Fabrikate gehören, im Auszuge mittheilen:
„Seit Anfang Dezember hat die Dampf-Chocoladen-, Bonbons-, Dragee- und Zuckerwaaren-Fabrik von Franz Stollwerck in Köln ihre neuen Magazine eröffnet, welche an Großartigkeit alles bisher Gesehene übertreffen! Vom frühen Morgen bis zum späten Abende sind die 9 Niesen-Schanfenster von Zuschauern belagert! Die ganze Parterrefronte des palastartigen Gebäudes ist in drei Hauptränme, das »Mail-, das Ln^ros-Lager und den Maschinenraum abgetheilt. Man hat Gelegenheit, in denselben die Süßigkeiten direct aus den Rohproducten durch zahlreiche Hände, welche mit dem Fabriciren, Verwiegen, Emballiren, Verpacken, Herbeischaffen und Expediren der Maaren beschäftigt sind, in den Consnm übergehen zn sehen. Das größte Interesse bietet der prächtige Maschinenraum! Eine zehn- pferdige, äußerst elegant ansgeführte Dampfmaschine treibt hier OCHoco- laden-Maschinen, wovon sich zwei durch ihre kolossalen Dimensionen ganz besonders auszeichnen; dieselben fertigen unter den Augen der Passanten täglich co. 3000 Pfund Chocoladen, welche nachdem sie im Souterrain getäfelt, aus den umfassenden Gallerieen von einer Anzahl Mädchen sichtbar in Staniol gehüllt werden.
Hinter dem Haupthanse liegt die Bonbons- und Zuckerwaaren- Fabrik, worin unter allen erdenklichen Maschinen 240 Arbeiter beschäftigt sind, und werden unter andern hier täglich 9 bis 10,000 Pallete der berühmten Brust-Bonbons gefertigt.
Die Firma Franz Stollwerck verdankt die ungeheure Ausdehnung ihres Etablissements nur der Vorzüglichkeit und Rccllität ihrer Maaren; die Chocoladen dieses Hauses werden in Folge ihrer sorgfältigen Verarbeitung und Zusammenstellung der Rohstoffe als die besten des Zollvereins anerkannt, und werden bald die französischen Fabrikate von dem deutschen Markte verdrängt haben.
Nctijiir». g«vr»Lt unv vrrlrgl von A. Vrtschlä-er.