— Berlin, 28. Dez. Der Prooinzialkorrespondenz zufolge ist die Berufung des Zollparlameuts nicht vor Mitte März zu erwarten. — Die R. A. Z. theilt mit: Gestern wurden die Ratifikationen der Postverträge zwischen den Betheiligten ausgewechselt.
— Bis Mitte Januar 1868 sollen die preußischen Landwehrleute sämmtlich mit Znndnadelgewehren versehen sein.
— Die Hnngersnoth in Ostpreußen stellt sich viel ärger heraus, als Anfangs befurchtet wurde, und es soll nicht wohl möglich sein, ihr allein durch Staatshilfe zu begegnen , vielmehr muß auch die Privatwohlthätiglcit in umfassender Weise vrganisirt werden, wozu jetzt alle Einleitungen von der Presse wie sonst getroffen werden. Der der Presse anfänglich g emachte Vorwurf der Uebertreibnug wird daher nicht, mehr vernommen.
—,LL ie», 30. Dez. Wie die heutigen Abendblätter berichten, ist die^Mtzmug des neuen Kabinets vollendet und habe der Kaiser die beMkMen' Ernennungen bereits vollzogen. Das cisleithanische Ministerium wird aus folgenden Personen bestehen: Fürst Auersperg, Ministerpräsident; Graf Taasfe, Vice-Prasident, Lande.svertheidignng und Landespolizei; Dr. Giskra, Inneres; Herbst, " JuM; Brests, Finanzen; Hasner, Kultus und Unterricht; Pleners, Hanocr; Berger, ohne Portefeuille; Graf Alfred Potocki, Ackerbau.
— In Oe st erreich bezeichnet der Anfang des neuen Jahrs den glückverheißenden Anfang eines neuen Regimes. Das Heilverfahren, womit Hr. v. Beust den in Folge unzweckmäßiger Behandlung früherer Zeiten und in Folge des Schlags von Königgrätz schwer darniederliegenden Staatskörper zu retten und gründlich zu restanriren über/ nommen hat, ist trotz aller Schwierigkeiten durchgeführt. Die Amtu Zeitung konnte zum Beginn des Jahres ein kaiserliches Handschreiben' an die neuernannten langersehnten Minister publiziren. Die Liste derselben stimmt mit der vorausgegangenen Nachricht überein.
— Wien, 2. Jan. Ein Privattelegramm des Tagblatts meldet: Die Pforte hat beschlossen, den Kabineten eine Darlegung zuzusenden, worin sie die Gründe ihres Verhaltens in der kretensischen Frage entwickelt. Es verlautet, die Pforte sei zu weitgehenden Zugeständnissen entschlossen, insbesondere zur Einsetzung eines christlichen Statthalters mit ausgedehnten Befugnissen.
Es rächt sich.
(Fortftizunq.)
Georg schenkte diesen Worten Glauben und verwarf sie ebenso schnell wieder. Es hatte ihn eine Unruhe erfaßt, die er nicht zw verbergen vermochte. Es war ihm, als ob seinem und Mariens' Glücke ein schwerer Schlag bevorstände, und ec konnte ihm nicht entgegrntreten, weil er ih« nicht kannte
Er versuchte den Brief noch einmal zu durchlesen, — die Bochstaben hüpften» vor seinen Augen. Eine innere Stimme schien ihm zuzurufen: „Man will Dich von Deiner Geliebten trennen — aus Deinem Herzen soll sie gerissen werden!"
„Ich reise zu ihr!" — ries er endlich in leidenschaftlicher Aufregung. — „Aus Mariens eigenem Munke will ich erfahren, ob es wahr ist. Sie kann mir kein unwahres Wort sagen — sie — sie kann M'ch nicht täuschen!"
„Rege Dich nicht zu viel auf, Georg!" — bat die Alte. — „Wäre etwas Wahres daran, würde Marie Dir es nicht längst geschrieben haben? Sie selbst weiß sicher kein Wo.t davon!"
„So will ich sie warnen!" siel Georg ein. „Ich will ihr diesen Brief zeigen, ich will ihn ihrem Vater zu lesen geben — endlich soll sich Alles für wich ausklären. Ich ertrage diese beängstigende Ungewißheit nicht länger. Morgen — heute noch reise ich zu ihr! >
„Georg, warte zum wenigsten Mariens Brief ab!" batsrine Mutter. — „Vielleicht klärt sich durch ihn Alles auf!"
„Vielleicht erfahre^ich auch, daß Alles zu spät ist!" — rief Georg mehr für sich selbst, indem -er hastig und noch unentschlossen mit sich selbst, im Zimmer auf und ab ging.
Seine Mutter erhob sich und trat vor ihn hin. — „Georg,"
— bat sie. indem sie die. Hand auf seine Schulter legte, — „rege Dich nicht vorzeitig und unnöthig aus. Dein Blut ist rascb. Tu siehst Gespenster und düstere Bilder, wo mein ruhigeres Auge nichts erblickt. — Dein früherer Mitgeselle scheint seine That aufrichtig zu bereuen, er würde anders geschrieben haben, wenn
er eine neue Schlechtigkeit im Sinne hätte — er hat es nur als ein Gerede, ein leeres Gerücht gehört, weiter ist eS nichts." /„Ich träne keinem Menschen mehr!" — rief Georg leiden- astlich — „Sieh, auch diesem Menschen hatte ich nie ein Leid zuzefügt, noch am Abend vor der Ausführung seines Bubenstreiches Har ich mit ihm zusammen und bot ihm meine Hilfe an — sieh und doch — doch hat er — — —"
Die Thür wurde in diesem Augenblicke geöffnet, und eine in ein Tuch gehüllte Frauengestalt trat ein. Erstaunt blickte Georg sie an. Die eingetcetene Dämmerung des Abends hinderte ihn, sie zu erkennen. Er näherte sich ihr, da eilte sie aus ihn zu und warf sich mit gewaltsam hervorgerungenem Rufe: „Georg I Georg!" an seine Brust.
„Allmächtiger Gott, Marie!" — rief Georg überrascht und erschreckt zugleich, denn hierauf war er nicht im geringsten vorbereitet, dennoch schloß er sie fest — fest in seine Arme.
„Marie — woher kommst Du? Was ist vorgefallen?" — fragte er. Sie war indeß zu aufgeregt, um ein einziges Wort Hervorbringen zu können; sich fest an ihn klammernd, schluchzte sie heftig, fast krampfhaft.
Nur mit Mühe gelang es Georg und seiner Mutter endlich, sie so weit zu beruhigen, daß sie, kurz abgerissen, von Thränen stets unterbrochen, ihnen das Vorgefallene erzählen konnte.
1 „Also ist es roch wahr, daß Hartung um Deine Hand sich Wvozben?" — rief Georg. — „Und Du hast mir kein Wort Wvon geschrieben?"
? „Ich wollte Deine Ruhe nicht stören" — erwiederte Marie. -^„Du solltest nicht befürchten, daß ich Dir untreu werden könne"
„Und Dein Vater selbst hat Tick zu der Verbindung zwingen wollen?" — fuhr Georg fort. — „Morgen schon hat die Hochzeit sein sollen! Wenn es Dir nun nichr gelungen wäre, zu entfliehen , wenn Dein Vater mit Gewalt Dich dazu gezwungen hätte!" Schon der Gedanke hieran versetzte ihn in die größte Aufregung.
„Ich hätte mir lieber das Leben genommen!" — entgegnet« Marie. — „Ich war rathlos, wußte nicht, waS ich thun sollte. Hartung konnte ich nicht heirathen und meinen Vater durste ich nicht verrathen. Die höchste Angll hat mich zur Flucht getrieben
— ich weiß nickt, welches Ende Ließ Alles nehmen wird! Gott, wenn Hartung seine Drohung wahr machte und meinen Vater Verriethe!"
„Du weißt um seine That?" fragte Georg überrascht. — „Heute har mir ein früherer Gesell Deines Vaters, der Nassauer, in einem Briefe gestanden, daß er. von Deinem Vater veranlaßt, daS Schloß gestohlen habe. Dein Vater hat es zu sick genommen
— mein Verdacht ist wahr gewesen!"
„Ich weiß Alles — Alles!" — rief Marie, indem sie ver- zweiflungsvoll das Gesicht in den Händen barg. — „Jene unheilvolle That ist an Allem Schuld — sie wird meinen Vater noch ins Elend stürzen. Er überlebt es nicht wenn sie bekannt, wenn er bestraft wird! Ich selbst rufe dieß durch meine Flucht hervor, und doch konnte ich nicht anders!"
„Sei ruhig, Marie" — bat Georg. — „Ich werde zu Deinem Vater reisen, morgen schon. Jetzt muß sich Alles aufklären und es wird noch gut für uns werden. Nun ich um seine That weiß und den Beweis derselben in Händen habe, kann er mir seine Einwilligung nicht länger verweigern. Er war ja vor Allem besorgt,- daß ich seinem Geschäfte Abbruch tbun werde, auch dieser Grund fällt jetzt fort, denn hier bin ich Meister und werde ein Geschäft ansangen."
„Aber Hartung I" — warf Marie besorgt M.
„Glaubst Du, daß Dein Vater darauf bestehen wird, das ihm gegebene Versprechen zu erfüllen?"
^,Er muß es, weil Hartung gedroht hat, sein Vergehen sonst anzuzeigen."
„Sei ohne Sorge!" — beruhigte sie Georg. — „Er soll es nicht und darf es nichr. Ich will ebenso wenig wie Du, daß Deinen Vater e>ne solche Schände trifft, mag er sie auch zehnmal um mich verdient haben. Ich kenne Hartung und seine Habsucht. Mit Geld ist sein Schweigen zu erkaufen, für Geld thut er AllesI"
(Fertsetzima folgl.)
Artigir». gediuuet und vtrlrst „n A «Sr ischla-cr.