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— Pforzheim. 2. Okt. Die beim Bau der Wildbad-Psorz- eimer Eisenbahn betheiligten Unternehmer sind wieder zurückge- kehrt, um sich mit ihren Gläubigern zu vergleichen. ES dürfte dieß aber schwer halten, und der Gant wird wohl unausbleiblich sein. (Schw. M.)
— Berlin, 1. Okt. Norddeutsche: Der Reichsrag wicd voraussichtlich am 15 Oktober ein neues Postkarisgesetz genehmigen. Zu den deßfallS uöthigen Besprechungen find die Sübstaaten ein- geladen, zum 15. Oktober Bevollmächtigte hierher zu senden. — Reichstag. Präsident Simson theilt mit, ec reise heute Abend nach Hohenzollern ab zur Ueberreichung der Adresse — Für den norddeutschen Bund soll, wie dem Franks. Journ. mirgelheilt wird, ein Anleiheprojekt in Rede stehen. — Mit Nassau, sehen Vertrauensmännern werden weitere Berathungen über die Wünsche der Bevölkerung Betreffs Forderungen der äußeren Wohlfahrt des Landes gepflogen werden.
— Wien, 2. Okt. Hier versammelte 25 Erzbischöfe und Bischöfe überreichten dem Kaiser eine lange Adresse, worin die historische Entstehung und die Nothwendigkeit des Konkordats begründet, die Anklage der Unduldsamkeit der österreichischen Beetz ge bring gegen nichzkathvlische Christen zurückgewiesen wird. Die Ansichten jener Partei, welche die christliche Ehe und die Chri- stenschule bekämpft, wird eingehend widerlegt und die gerechte Sache der Kirche vertrauensvollst unter den Schutz des Kaisers gestellt. — Der Wehrausschuß lehnte den Antrag des Kriegsministers ab. der die Berechtigung der Regierung zur Einberufung aller sieben Altersklassen bezweckte, anstatt nur dreier, wie der Ausschuß beantragte, und nahm dagegen den Antrag an, die Regierung hierzu nur im Kriegsfälle zu ermächtigen.
— Salzburg, 30. Sept. Der Salzburger Gemeinderath beschloß heute fast einstimmig, an den Reichsrath eine Petition um Aufhebung des Konkordats zu richten.
Italien. Florenz. 1. Okt. Die Regierung hat ein öffentliches Ausschreiben erlassen für die Lieferung von 300,000 Zündnabelgewehren innerhalb sechs Jahren. Garibaldi ersucht den „Movimento", bekannt zu machen, baß er frei und ohne alle Bedingungen nach Caprera entlassen worden sei. In Genua hat er die Menge zu wiederholtem Male haranguirl, indem er das Volk ermahnte, Rom nicht zu vergessen und den römischen Brüdern zu Hilfe zu kommen. Man werde ihn schon wieder aus seinem Posten finden und man gehe nach Rom „trotz allen Teufeln in Priesters oder Bonapartes Gestalt." — 2. Okt. Opinione: 80 an die römische Grenze vorgerückte Insurgenten umzingelten das Städtchen Acquapendente im Kirchenstaate, und schlossen 40 Gendarmen in ihre Kaserne ein. — Rom. 2. Okt. Das Journal von Rom sagt: Insurgenten jerhoben Requisitionen an Lebensmitteln und Geld in der Provinz Literbo. Zwischen den dahin abgegangenen päpstlichen Truppen und den Insurgenten fanden zwei Gefechte statt; die Insurgenten wurden mit Verlust einiger Tobten flüchtig. Die Provinz Diterbo ist wieder ruhig. — Cor- mons, 1. Olt Abends. Unverbürgle Mittheilungen eintreffender italienischer Reisenden melden den Ausbruch eines Aufstandes in Rom und die Abreise des Papstes uach Civitavecchia. (Dieses Gerücht, besonders die Abreise des Papstes, ist sehr unwahr- cheinlich )
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rächt sich.
«Fortsetzung.)
Gerecke war befangen genug, sich durch diese Worte, deren trügerischen Schein er nicht einsah, überzeugen zu lasten. Sein Gewissen fand in dieser Anschauung einige Beruhigung und zu- stimmend erwiederte er: „Sie mögen recht haben!"
„Gewiß habe ich recht" — fuhr Hartung fort. — „Sie sehen, ich kenne die Frauen ganz genau. Man kann viel von ihnen erreichen, wenn man sich recht zu benehmen versteht. Verlangt man indeß zu viel von ihnen, so kann man dadurch leicht Alles verderben. Hat eine Frau sich einmal eine Idee fest in den Kopf gesetzt, so sitzt sie auch fester darin, als bei irgend einem Manne, und alle Mittel dagegen machen sie nur noch hartnäckiger. Das müssen Sie auch schon erfahren haben, bester Freund?" — Ge-
! recke nickte bejahend mit dem Kopfe. — „Sehen Sie nun. Ihre ! Tochter wird sich jetzt nicht weigern, Ihren Wunsch zu erfüllen,
! weil sie dadurch Ihr Glück zu erkaufen glaubt, sie hat sich dem Gedanken hingegeben, Ihrem Wohle ihr eigenes Glück zum Opfer zu bringen. Diese Idee müssen Sie in ihr festhalten und benutzen Sie dürfen den Zeitpunkt, an dem Sie mir die Hand Ihrer Tochter für immer geben, nicht zu weit hinausschieben. Jetzt wird sie es ruhig ertragen, später, wenn sie sich einmal an den Gedanken Ihres Unglücks gewöhnt hat, wird sie es nicht thun, unv weigert sie sich hartnäckig — können Sie sie mit Gewalt zwingen?"
Gerecke vermochte die letzte Frage nicht zu bejahen, er mußte sogar zugeben, daß Hartung's Ansicht nicht «unrichtig war, dennoch gefiel sie ihm nicht, weil ec gerade auf eine Verzögerung all seine Hoffnung gesetzt hatte.
„Es wird sich jo bald nicht thun lassen" — versetzte er ausweichend.
„Weßhalb nicht?" — fragte der Advokat rasch. — „Sie müssen doch Gründe dafür haben, nennen Sie mir dieselben. Sind .Sie wiclich triftig, nun, natürlich, so würde ich mich fügen."
Die Gründe, welche Gerecke hatte, vermochte er nicht zu nennen — „Das Aussehen, welches es in der Stadt erregen würde" — erwiederte er stotternd.
l „Aufsehen?" — unterbrach ihn Hartung. — „Ich begreife i >L-ie nicht, bester Freund Sie müssen mir zugestehen, dann hätte !es müssen eher Aussehen erregen, baß Sie mir die Hand Ihrer Tochter versprochen haben. Keinem Menschen ist bas ausgefallen. Den Grund kann ich nicht gelten lassen. Haben Sie noch einen anderen?"
Der Schlossermeister schwieg verlegen.
„Ich will Ihnen sagen" — fuhr Hartung fort — „was Sie noch im Sinne haben. Es ist Ihr rechter Ernst und Wille nicht, mir Ihre Tochter zu geben. Sie suchen Zeit zu gewinnen i und hoffen, daß irgend etwas dazwischen kommen wird, was es verhindert. Ich Hab- Ihr Versprechen aber sehr ernstlich ausgenommen --- mich täuschen Sie nicht. Senden Sie mir heute Abend den Gesellen, ich erwarte ihn."
Er verließ unwillig das Zimmer, ehe Gerecke ihn zurückhal- ^ ten konnte Dieser ging in die Weckstätte, um dem Nassauer zu ! sagen, daß Hartung ihn am Abend erwarte, mit ihm zu sprechen, l „Was kümmert mich der Advokat" j— rief der Gesell. — „Ich habe nichts mit ihm zu schaffen! Will er etwas von mir,
! so mag er zu mir kommen."
> Dennoch ging er am Abend zu ihm. Er war auf einen bef- i tigen Aufiritt vorbereitet. Die Artigkeit, mit der Hartung ihn empfing, überraschte ihn deßhalb doppelt.
„Wir werben beide um die Tochter Ihres Meisters" — sprach er lächelnd ; — „sie ist ein sehr hübsches Mädchen, trotzdem muß aber Einer von uns beiden zurückstehen."
„Gewiß" — unterbrach ihn der Gesell. — „Ich habe dasselbe Recht auf sie wie Sie."
„Hören Sie mich ruhig an" — Ifuhr Hartung fort, — „weßhalb sollen wir uns über diese Sache verfeinden. Daß Sie dasselbe Recht haben, kann Niemand läugnen; ich habe allerdings Gerecke's festes Versprechen, dennoch würde ich sofort zurücktreten, wenn ich nicht wüßte, daß Ihr Meister Ihnen nie seine Einwilligung geben wird."
„Gut. dann soll das Mädchen keiner von unS beiden haben!"
!— fuhr der Gesell auf.
f „Sie können es nicht hindern" — erwiederte Hartung ruhig.
— „Das hängt von Gereäes Willen ab. Ich habe sein festes ' Versprechen."
l „Ich kann es hindern!" — rief der Nassauer bestimmt. — „Wenn ich nun Alles anzeige, wie dann?"
„Dann könnte ich immerhin noch das Mädchen heirathen!"
— entgegnete der Advokat lächelnd und mit derselben Ruhe — „Das werben Sie indeß nicht thun, Sie brächten dadurch nur sich selbst in Schaden.'
_ s.torts-tzuilg folgt.) ,
»«»irirt, «»»klukt un» vertrgl von A. V«lscht,äer.