! Dienstag, den 23. Anglist 1933

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Der Deutschlan-Gesuch SorlW

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uns die Heldenzeit gemeinsamen nationalen Wol- lens. Darum sind wir glücklich, daß gerade in , dieser feierlichen Stunde Seine Durchlaucht der Re^chsverweser des Königreichs Ungarn mit 'Ihrer Durchlaucht Frau von Horthy in un­serer Mitte weilt. Wir grüßen Seine Durchlaucht als den ruhmvollen Flottenchef der k. und k. öster­reichisch-ungarischen Flotte, in der Schiffe mit dem NamenPrinz Eugen" ehrenvoll gekämpft haben.

Der Taufakt

Ihre Durchlaucht Frau von Horthy tritt jetzt vor und spricht die Worte:Ich taufe dich auf den NamenPrinzEuge n". Das Klirren der am Bug des jüngsten Schisses der Kriegsmarine zerschellenden Flasche ver­eint sich mit den Jubelrufen der Zehntau­sende. Die Haltevorrichtungen lösen sich. Be­geistert stimmen alle in das dreifach« Sieg­heil ein.

Bon der Begeisterung und der Verehrung aller getragen, verlassen der Reichsverweser mit Frau von Horthy und der Führer und Reichskanzler das Gelände der Bauwerft.

Weihestunde in Laboe

Während sich derFührer und Reichskanz­ler mit seiner Begleitung im Chefboot an Bord des AvisoGrille" begibt und Ihre Durch­laucht Frau von Horthy mit ihrem Gefolge dre Patria" der Hamburg-Amerika Linie besteigt, auf der die Gattin des Reichsverwesers und zahlreiche Ehrengäste der großen Flottenparade beiwohnen werden, fährt der Reichsver- Weser mit dem Oberbefehlshaber der Kriegs­marine, Generaladmiral von Rae der, an Bord der StationsjachtNixe" nach Laboe, der Stätte, wo das Ehrenmal in monumentaler Wucht vom Steilufer der Förde hoch über Meer und Küste ragt zum ewigen Gedenken an die 35 000 gefallenen Kameraden der deutschen Kriegsmarine.

Auch Laboe trägt reichen Schmuck. Haken- tr -Wimpel und rot-weiß-grüne Fähnchen bil­den ein einziges farbenfrohes Band von der Landungsbrücke bis zum Ehrenmal. Große Mcnschenmassen sind zusammengeströmt, die dem Reichsverweser herzliche Kundge- bungender Freundschaft und der Verehrung bereiten. Zu Füßen des steinernen Riesenmals grüßt ein mehrere Meter hoher mit Lorbeer umwundener goldener Anker. Die Reichskriegs, flogg: weht auf dem Turm, und das Banner des Marinebundes grüßt von der Umfriedung des Ehrenhofes. Abordnungen der Kriegs­marine bilden vom Eingang des gewaltigen Bauwerks bis zum Ehrenhos Spalier.

Vor den Eingang zum Ehrenhof schreitet Admiral von Horthy die Front einer Ehren­abordnung des Nationalsozialistischen Deut- scheu Marinebundes ab. Der Reichsverweser betritt sodann den Ehrenhof. In Begleitung des Generaladmirals Dr.'h. c. Raeder, des Festungskommandanten Konteradmirals Me- wis und des Kommandeurs Fregattenkapitän I Scheffer schreitet er dann die Front der Ehren­kompanie der 1. Marineunteroffizierlehrabtei­lungFriedrichsort" unter den Klängen des Präsentiermarsches und der ungarischen Natio­nalhymne ab.

Der Admiral begibt sich mit seiner deutschen und ungarischen Begleitung in die Ehren­halle und von dort in den kreisrunden unter, irdischen Kuppelraum des Weiheraumes, in den gedämpft das Tageslicht einfällt. Mit dem Oberbefehlshaber der Kriegsmarine betritt er die dem Gedenken an deutsches Heldentum zur See geweihte Stätte. Offiziere der ungarischen Wehrmacht tragen einen Prachtvollen Bronze­kranz. Dumpfer Trommelwirbel ertönt und das Lied vom Guten Kameraden klingt auf:

Der letzte Admiral der österreichisch-ungari­schen Flotte, der Seeheld des großen Krieges und Erretter seines Volkes, ehrt die gefallenen Helden der deutschen Kriegsmarine ein Symbol treuer Waffenbrüderschaft zweier Völ­ker.

Der Reichsverweser verweilt im stillen Ge- venkeic und verläßt dann die Weihestätte.

Erprobte Freundschaft neu besiege«

Tiefe Befriedigung in Ungarn

Budapest, 22. August. Das Regierungsblatt Esti Ujsag" schreibt zu der Deutschlandfahrt Horthys, eine Triumphfahrt, wie sie Horthys Sonderzug auf seinem Wege durch Deutschland erlebt hat, könne keine Regierung, keine Orga­nisation und kein Machtapparat so bewegt, so feierlich und so festlich gestalten, das könne nur die spontane Zuneigung und die aufrichtige Begeisterung eines ganzen Volkes zustande bringen. Die Freundschaft zwischen der deutschen und der ungarischen Nation sei während der letzten zwei Tage so deutlich zum Ausdruck gekommen, wie bisher noch nie. Die Atmosphäre des Tref- fens in Kiel werde durch den spontanen Aus­bruch der Begeisterung gekennzeichnet, ein Um­stand, auf den die ganze Welt mit Recht auf- merksam werde.

Der Führer an die Deutsche Ostmesse Der Führer hat an die 26. Deutsche Ostmesse in Königsberg ein Telegramm gerichtet, in dem er der Messe sür ihre wichtige Arbeit im Dienste der deutschen Volkswirtschaft und im Interesse der Förderung der wechselseitigen Handelsbeziehungen m>t anderen Ländern volles Belingen wünscht.

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London, 22. August. Der Vorsitzende des Nichteinmischungsausschusses Lord Ply­mouth kehrte am Montag aus seinem Ur­laub nach London zurück. Er war am Vor­mittag bereits im Außenamt, um die Ant­wort General Francos auf den englischen Plan zur Zurückziehung der Freiwilligen zu prüfen. Lord Plymouth hatte auch schon Unterredungen mit den für die Nichtein­mischungspolitik zuständigen Beamten des Foreign Office gehabt. Man rechnet damit, daß er in den nächsten Tagen mit Mitglie­dern des Nichteinmischungsausschusses die Fühlung aufnehmen wird.

Das Echo in London «nd Paris

Die Londoner und Pariser Blätter neh­men jetzt ausführlich Stellung zu der Ant­wort Francos auf den britischen Freiwilligen­plan.Daily Mail" schreibt, obwohl Franco einige Teile des britischen Planes nicht an­nehme und obwohl die Note Hinweise auf weitere Einwendungen enthalte, hoffe man in London, daß es möglich sein werde, die Antwort als Grundlage für einen Kompro­miß zu benutzen. Einige Einwendungen Francos kämen nicht ganz unerwartet, ins­besondere treffe das sür die Forderung zu, daß die Kriegführenden-Rechte zu

einem früheren Stadium gewährt werden sollen. DerJour" schreibt, die Ver­handlung könne zu einer Einigung führen, denn tatsächlich sei jetzt die Mehrzahl der Negierungen, abgesehen von Moskau, von der Nechtmäßigkeit des nationalspanischcn Wunsches auf Kriegführende-Rechte über­zeugt. Der weitaus bedeutendste Teil der Antwort Francos bestehe jedoch in der Er­klärung bezüglich der Erhaltung der spa­nischen Unabhängigkeit. Diesmal sei zum erstenmal eine solche Erklärung in einem diplomatischen Dokument enthalten, das von der Nationalregierung an euro­päische Regierungen gerichtet sei.' Diese feier­liche Versicherung setze den Gerüchten über eine Einmischung der Italiener auf den Balearen, der Deutschen in Spanisch- Marokko und der Fabel von der deutsch­italienischen Wirtschaftsdiktatur in Spanien ein Ende. DerMatin" meint, die So­wjets würden jetzt eine verzweifelte An­strengung unternehmen, um einen Abbruch der Verhandlungen vor dem Nichtein­mischungsausschuß zu erreichen. Den Regie­rungen von Paris und London falle die Aufgabe zu, wieder einmal die teuflischen Hoffnungen der Sowjetunion zuschanden zu machen.

Regierungskrise in Frankreich

Die beiden Arbeitsminister zurückgetreten

Paris, 22. August. Der Minister für öffent­liche Arbeiten Frossard und der Arbeits­minister Ramandier, die beide der Sozia­listisch-Republikanischen Vereinigung ange- hören, haben ihren Rücktritt aus dem Kabinett erklärt. Der Rücktritt der beiden parteipolitisch links von den Radikalsozialisten stehenden Minister soll auf die Erklärung Daladiers über die Notwendigkeit der Abänderung der Vierzig- stundenwoche zurückzuführen sein. Es ist nicht abzusehen, welche Folgen dieser Schritt für das Kabinett haben wird.

Als Nachfolger werden bereits genannt de Monzie und Pomaret, die ebenfalls der sozialistisch-republikanischen Vereinigung ange- hören. De Monzie ist bereits häufig Minister gewesen. Allerdings hat er bisher meist das Unterrichtsministerium verwaltet. Pomaret ist seit 1928 Abgeordneter der Kammer. Er ist Rechtsanwalt.

Der frühere Ministerpräsident- de Monzie und der Abgeordnete Pomaret haben ihre Ernennungen zum Minister für öffentliche Arbeiten bzw. zum Arbeitsminister ange- n o m m e n.

Daladier bleibt fest

Ministerpräsident Daladier gab. nach der kurzen Ministerkrise am Montagnachmit­tag eine Erklärung für die Presse, in der er zunächst noch einmal auf die Gründe der Krise zu sprechen kam, die die Minister Fros­sard und Ramadier zum Rücktritt veranlaßt hätten. Daladier wies darauf hin. daß jeder- mann berechtigt sei, seine eigene Meinung zu haben. Er stehe jedenfalls auf dem Stand­punkt, daß Frankreich verloren sei, wenn es nicht normal arbeite. Hierzu wolle er nur ein Beispiel ansühren. Die französischen Werke dürften weiterhin nicht Aufträge zurückwci- sen. So habe zum Beispiel erst kürzlich ein Werk einen Auftrag in Höhe von 15 Mil- lionen Franken von Amerika zu­rückweisen müssen, weil das Gesetz der 40-Stundenwoche ihm die Ausführung dieses Auftrages nicht gestattet habe (!). Er sei nicht gegen die 40-Stundenwoche. Aber er müsse darauf bestehen, daß die Fabriken nor­mal arbeiteten.

Ungarn und die Konferenz ln Bled

Zweiseitige Verträge Prag macht Schwierigkeiten

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ks. Budapest, 23. August. In ungarischen Politischen Kreisen verfolgt man mit gespann­ter Aufmerksamkeit die Konferenz der Klei- nen Entente, die am Sonntag inBled ihren Anfang nahm. Besonderes Aufsehen hat in Budapest ein grundsätzlicher Artikel der Bel­graderBreme" hervorgerufen, der sich mit dem voraussichtlichen Ergebnis der gegenwärtigen Tagung beschäftigt. Das Blatt kündigt an. daß wahrscheinlich zwischen Ungarn und den einzelnen Mitglieder staaten des Kleinverbandes drei neue gleichlautende zweiseitige Verträge abgeschlossen würden. Mit diesen Verträgen würde so meint dieVreme", die Kleine Entente einen Strich unter die Politik der alte» Schule ziehen. Die Belgrader Politika" erklärt, daß zur Schaffung des jetzt vorhandenen günstigen Abkommens weiterhin das gute Verhältnis zwischen Jugoslawien und Ungarn beigetragen habe.

In gut unterrichteten Kreisen der jugo­slawischen Hauptstadt ist man der Ansicht, daß das Schlußkommunique über die Kon­ferenz von Bled wegen der Prager Wider­stände noch nicht die endgültige Lösung sür die Frage der militärischen Gleich­berechtigung Ungarns enthalten wird. Man erwartet jedoch, daß die Schluß­verlautbarung immerhin die Bereitschaft der Kleinen Entente zum Ausdruck bringen wird. Ungarn die militärische Gleichberechtigung anzuerkennen.

Reue favanWe Offensive

TruPPcnzusammenziehungen am Jangtse-Fluß

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0 A. Löndon, 23. August. Nach britische« Blättermeldungen aus dem Fernen Osten haben die Japaner gegen die Chinesen eine neue große Offensive eingeleitet, mit dem Ziel, die feindlichen Linien, die sich bisher bemüht hatten, den Vormarsch der Japaner aufzuhalten, zu durchstoßen. Auf dem Nord­ufer des Jangtse-Stroms sind starke japanisch« Truppenabteilungen gelandet worden.

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Tierärzte-Kongretz in Zürich

Am Sonntag begann in Zürich der 13. In­ternationale Tierärztekongreß, zu dem etwa 1800 Teilnehmer aus über 30 Nationen eingclroffen sind. Die deutsche Abordnung wird vom Reichs- tierärztesührer Dr. Stang geführt.

Sie werden nicht fertig

Die Moskauer Landwirtschafts-Ausstellung mutzte erneut um ein Jahr verschoben werden. In der fraglichen Ausschußsttzung der Kammer des Moskauer Obersten Sowjets erfuhr man, daß zwei weitere Volkskommissare liquidiert worden sind. Kaganowitsch ist jetzt stellvertretender Regie-, rungsches.

Staatsmichtshof ln Wien

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Berlin, 22. August. Im Neichsgesetzblatt Nr. 131 Teil I wird folgendes Gesetz über die Verantwortlichkeit von Mitgliedern ehemaliger öster­reichischer Bundes, und Landes, regier» ngen und ihrer Helfer ver- öffentlicht. Es lautet:Die Reichsregierung hat das folgende Gesetz beschlossen, das hier­durch verkündet wird:

8 l. I. Mitglieder ehemaliger österreichi­scher Bundesregierungen, die sich bei ihrer Betätigung im öffentlichen Leben einer Rechtsverletzung oder einer volks­feindlichen Handlung schuldig ge­macht haben, und ihre Helfer können vor einem Staatsgericht in Wien zur Ver. antwortung gezogen werden. 2. Das gleiche gilt für die Mitglieder der ehemaligen Lan­desregierungen (Bürgermeister der Stadt Wien) und ihre Helfer. 3. Das Staatsgericht in Wien stellt fest, ob schuldhaft das Recht verletzt oder eine volksfeindliche Handlung begangen ist.

8 2. Die A n kl a g e erhebt im Namen des deutschen Volkes der Neichskommissar für die Wiedervereinigung Oesterreichs mit dem Deutschen Reich.

8 3. Der Reichsminister des Innern kann den nach der Feststellung des Staatsgerichtes Schuldigen das vorläufige Reichl'- bürgerrechtentziehen;es kann ihnen die deutsche Staatsangehörigkeit aberkennen. Daneben kann er zum Zwecke der Wieder­gutmachung ihr Vermögen zugunsten des Deutschen Reiches einziehen.

8 4. Verfahren vor anderen Gerichten und vor Verwaltungsbehörden über dieselben Gegenstände werden bis zur Entscheidung des Staatsgerichtes unterbrochen. Die tat­sächlichen Feststellugen des Staatsgerichtes sind für die Gerichte und die Verwaltungs­behörden bindend.

8 5. Die Mitglieder des S t a a t s g e r i ch- tes werden auf Vorschlag des Neichsmini- sters des Innern vom Führer und Reichs­kanzler ernannt.

8 6. Dip näheren Bestimmungen über die Einrichtung des Staatsgerichtes, sein Ver­fahren sowie die sonst zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Vorschriften er- läßt der Neichsminister des Innern.

Berlin, den 17. August 1938. Der Füh- rer und Reichskanzler Adolf Hitler. Der Neichsminister des Innern Frick. Der Reichs- minister der Justiz Dr. Gürtner. Der Reichs, minister und Chef der Reichskanzlei Dr. Lam- mers."

Im Namen des Volkes

Da? Gesetz schafft die Möglichkeit, System­größen des volksfeindlichen Schuschnigg-Regi­ments zur Rechenschaft zu ziehen und schwere Verstöße ehemals führender Persönlichkeiten gegen Recht und Verfassung zu ahnden. Diese Maßnahme stellt keine billige Rache an einsti­gen Politischen Widersachern dar, die ohnehin keine Gelegenheit mehr finden werden, ihre ge­fährlichen Machenschaften fortzusetzen. Sie er­folgt imNamendesVolkes, das Jahre hindurch gequält und durch oft genug den Tat- bestand eines Schwerverbrechens erfüllende Getialtmethoden geknechtet wor- den war. Es hieße der Gerechtigkeit die glei- chen Zügel anzulegen, mit denen sie im söge- nanntenchristlichen Ständestaat" geknebelt wurde, wenn diese unter dem Deckmantel einer Scheinmoral zur Befriedigung eigennütziger Absichten begangenen Verbrechen ungesühnt bleiben sollten.

Dieses Gesetz gibt die Möglichkeit, das ge- sanue aufgefundene Aktenmaterial durchzuprü- sen. Schon die crsteSichtung derArchive in den ehemaligen österreichischen Bundesministe­rien hat eine gewaltige Fülle von Material zu­tage gefördert, aus dem schwereVerstöße einstmals führender Persönlich­keiten ersichtlich sind. Dabei hat sich insbesondere herausgestellt, daß die Nutznießer des Schuschnigg-Systems in vielen Fällen unter glatter Beugung des geltenden österrei­chischen Rechtes und unter Verletzung der von ihnen selbst geschaffenen Verfassung politi­sche Verbrechen begangen haben, die an Grausamkeit kaum zu überbieten sind. Aus einer ganzen Anzahl Akten geht einwandfrei hervor, daß zahlreiche von dem neuen Gesetz er- faßte Personen unter rechtswidriger Ausnut­zung ihrer Amtsbefugnisse nicht davor zurück- schenten persönliche Gegnerschaften zu liquidieren, indem sie einfach lang­jährige Gefängnisstrafen verhängten. Auf diese Weise sind im Schuschnigg-Oesterreich viele Tausende von Personen, die irgendwelchen Systemgrößen verhaßt waren, nicht nur wirt­schaftlich, moralisch und Physisch ruiniert Wor­den, sondern zum Teil auch lebensläng- lich in die Kerker gesperrt worden. Zumal selbst Angehörige der Bundesregierung nach dem Vorgefundenen Aktenmaterial und nach eigenen Aufzeichnungen Recht und Verfas­sung gebrochen haben, um persönlichen Rache­gelüsten an ihnen mißliebigen Persönlichkeiten freien Lauf zu lassen, war in Oesterreich eine Rechtsunsicherheit entstanden, die Wohl in keinem anderen Staat der Welt eine Parallele hat.

Es ist sichergestellt worden, daß das neue Gesetz mit äußerster Vorsicht angewandt wird. Aus der Tatsache, daß nur der Reichs­kommissar sür die Wiedervereinigung Oester- reichs mit dem Deutschen Reich die Anklage erheben kann, geht bereits hervor, daß eine eng begrenzte Kontrolle der Gesetzanwendung eingeschaltet worden ist. Es soll zunächst die Handhabe bieten, das Vorgefundene Akten­material sorgfältig durch einen unpar­teiischen Gerichtshof ngchprüsen zu lassen, der erst nach genauester Prüfung, ob tatsächlich ein persönliches Verschulden vor­liegt, die Entscheidung trifft, ob eine ehemals führende Persönlichkeit vor Gericht gestellt werden soll oder nicht. Infolge der Einschal­tung dieser Untersuchungsinstanz läßt sich heute noch nichts darüber aussagen, in wel­chem Umfange Konsequenzen aus dem Gesetz gezogen werden.

Es waren in Oesterreich Leute an der Re­gierung, die ihre Mandate vom österreichi­schen Volk durch die Betonung großdeutscher Gedanken und Absichten erschlichen hat­ten. Sobald sie sich aber in den Besitz der Exekutive gesetzt hatten, haben sie den groß- deutschen Gedanken unter Errichtung eines eigensüchtigen Gewaltsystems fallen gelassen und damit einen Verrat an ihren Wählern begangen. Es kann diesen Politikern der Vorwurf nicht erspart bleiben, eine egoistische Konjunkturpolitik betrieben zu haben, indem sie das österreichische Volk unter Vorenthaltung des Rechtes der eigenen Meinungsäußerung schmählich täuschten. So stellten sie ihren persönlichen Vorteil vor das Geschick der Gesamtnation und begingen da­mit einen Verrat am großdeutschen Gedan­ken und am Wollen der überwiegenden Mehr, heit des österreichischen Volkes, als deren Vertreter sie sich fälschlich ausgaben. Es wird klarzustcllen bleiben, was sich unter dem scheinheilig betonten deutschen Charakter der früheren österreichischen Negierung und ihrer Helfer in Wirklichkeit verbarg.