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Berlin, 6. Dez. DieNordd. Allg. Ztg." berichtet: Die großh. hessische Regierung habe sich jetzt bereit erklärt, die am 15. d. M. zu Berlin beginnenden Versassungskonferenzen zu beschicken und die Parlamentswahlen anzuoodnen, wozu die darmstäbtische Regierung bisher noch keine Vorbereitungen getroffen. Es wird energischer Anstrengungen bedürfen, dieselben noch rechtzeitig zu Stande zu bringen.

Wien, 7. De,. Die N. Fr. Presse schreibt:Die Schluß­verhandlungen des österreichisch-französischen Handelsvertrags find beendigt. Die Mitglieder der franözsischen Kommission reisen in nächster Woche ab. Der Beginn der Wirksamkeit des Handelsver träges ist auf den 1. Juni 1867 anberaumt."

Wien. 8 Dez. Die Amtszeitunq vom Samstag meldet: Eine kaiserliche Entschließung vom 4. Dez., an den Krieqsmini- ster gerichtet, nimmt von dem Beschluß des obersten Militärju­stizsenats. gegen Benedek, Henikstein. Krismanic wegen ihres Ver­haltens im letzten Feldzüge kriegsrechlliche Untersuchung zu ver­hängen, Kcnntniß, verordnet jedoch, es solle von weiterem Ge­richtsverfahren gegen diese oder andere ähnlicher Verschuldungen angeklagte Generale und Stabsoffiziere Abstand genommen werden.

Pesth, 7. Dez. In der gestrigen Unterhaus-Sitzung wurde nach einer Rede Deaks, welche die Hoffnung aus Verfassungs­herstellung ausdrückte, Deak's Adreßantrag mit großer Majorität angenommen. Morgen findet die Wahl der Adreßkommisston statt.

Itlieil. Florenz, 6. Dez. Statt Begezzi wird der Mar­chese Tonello noch vor dem 10. d. M. in Rom sein. Seine In­struktionen find im versöhnlichsten Sinne gehalten. 7. Dez. Die Regierung ist geneigt, nicht auf--dem Eid der Bischöfe und auf dem Exequatur zu bestehen, um ein Uebereinkommen mit Rom zu erleichtern. Rom, 6. Dez. Der Papst hat alle französi­schen Offiziere in einer Abschieds-Audienz empfangen; sie wurden von Montebello vorgestellt. Die Jesuiten haben mit der Räu­mung Roms bereits begonnen; einstweilen haben sie ihre Capita lien und Archive nach Marseille geschafft; ihren Aufenthalt wol­len sie dann später in Frankreich und Spanien nehmen.

Frankreich. Paris, 5 Dez Der Monit. de l'Armee mel­det, daß in Toulon eine Schcaubenfregatte. ein Aviso und vier Transportschiffe sich zur Abfahrt nach Civitavecchia anschicken, um die französischen Truppen zurückzuführert. Der Effeklivbestand der aus Rom heimzusührenden Truppen beträgt 398 Offiziere, 6546 Mann und 650 Pferde Auf Betreiben Frankreichs sol­len sich mehrere Mächte dahin geeinigt haben, dem Papst ein Abkommen vorzuschlagen, das gleichzeitig dem italienischen Natio- nalgefüh! Befriedigung gewährt und den seitherigen Besitzstand des Papstes erhält. 6. Dez. Von Seite der Minister wird lebhaft in den Kaiser gedrungen, über die Militärorganisativn seinen Entschluß auszusprechen Die Präsekten schildern die Un­ruhe im Lande über die Ungewißheit wegen dieser Angelegenheit als sehr groß, auch kann das Budget nicht vorgelegt werden, ehe sie entschieden ist Sollte sie in großartigem Maßstab ausgesührt werden, so würde das Budget der Art anwachsen, daß Herr Fould kein Gleichgewicht mehr Herstellen könnte und wohl deßhalb aus dem Amte treten würde. Die Zeit drängt und doch kann der gesetzgebende Körper nicht einberusen werden, ehe das Budget geordnet ist

England. London, 6. Dez Es ist Befehl ertheilt wor­den, 2 neue Regimenter nach Irland zu schicken. Aus Dub­lin, 4. Dez., wird gemeldet: Sieben Personen, in denen man die Häupter der Fenier zu haben glaubt, sind heute in Hast ge­nommen worden.

Rußland St. Petersburg. 29 Nov. Am 19 'kamen mit der Post 8 Büchsenmacher über Warschau nach Rußland Dieselben kamen aus den Rheingegenden und sind von einer rus­sischen Gewehrsabrik engagirt worden Wie die Leute sagten, soll noch eine Anzahl mit der Anfertigung von HinterladungSge- wehren vertraute Büchsenmacher für russische Fabriken unterwegs sein. Die Fabrikinhaber haben guten Verdienst zugesichert und 150300 Rubel Reisegeld für jeden Mann angewiesen.

Türkei. Nachrichten aus Konstantinopel vom 29. Nov. melden eine neue Niederlage der türkischen Truppen auf Kandia.

Vedigirt, gtSruckt uns ve

Vier Kriegsschiffe sind zur Verstärkung des türkischen Geschwaders abgesandt worden, welches die Insel zu blokiren hat. Kon­st ant in opel, 6. Dez. Nachrichten aus Kreta vom 30. Nov. mel­den die Unterwerfung (?) der wichtigsten Distrikte, die Zerstreu­ung der Banden und die Wiedereinsetzung der türkischen Behör­den. Wie derEtendard" meldet, haben sich auf Candia 650 Kreter, worunter 350 Frauen und Kinder, in einem Kloster mit­telst Anzünden von Pulverfässern in die Luft gesprengt, um nicht dem Feind in die Hände zu fallen. Manchester. 5. Dez. Nach einer Depesche, die der griechische Konsul auf Korfu von gestern erhalten, hatten 540 Kandioten, die im Kloster Arcadia gelagert waren, das Pulvermagazin in die Luft gesprengt, wobei 2000 Türken das Leben verloren.

Der Seher.

Eine LrzLhtung von E. ». T.

Fort setzmig.)

Jch^ glaubte schon allen Gefahren entronnen zu sein," fuhr derRheinländer fort,gewahrte aber bald, daß ich erst den klein­sten Theil derselben überwunden hatte. Ich schloß mich einer Ab- theilung französischer Cavallerie an, um gegen die Angriffe der russischen Bauern, welche Einzelne überfielen und erschlugen, ge­sichert zu sein, und mit unsäglicher Anstrengung arbeiteten wir uns durch den tiefen Schnee, der die endlose Haide bedeckte.

HDa vor uns schon mehrere Tausende die Beresina überschrit­ten halten, so boten sich unfern Augen oft die herzzerreißendsten Scenen dar. Hier saß eine vor Kälte erstarrte Gruppe um einen länqstcherglühten Kohlenhaufen, dort schlichen ein paar schatten- ähnliche Offiziere zum Tode ermüdet auf dem tiefverschneiten Wege dahin; hier kauerten einige balbverfrorene und spärlich mit Lumpen bedeckte Gestalten in einer niedrigen Erdhütte. dort lag ein eben zu Boden Gesunkener und flehte die Vorübergehenden mit matter, brechender Stimme an, ihn nicht dem Verderben preis­zugeben

Gegen Abend erblickten wir ein kleines Dorf vor uns und da wir noch erträglich bewaffnet waren, so beschlossen wir, wenn uns die Bewohner desselben angrcifen sollten, treulich beisammen zu stehen und bis auf den letzten Mann zu kämpfen.

Der Wind, der uns bis dahin die dichten Schneeflocken in's Gesicht getrieben hatte, hörte auf, und auch der Weg, der an manchen Stellen fast unerträglich gewesen war, wurde immer bes­ser und besser, je näher wir dem Orte kamen.

Noch waren wir etwa einen Büchsenschuß von diesem entfernt, da hörte ich plötzlich unmittelbar neben mir die deutschen Worte: Um Gotteswillen, Kamerad hilf mir auf, wenn Du ein menschliches Herz im Busen hast!"

Ich schaute mich um und gewahrte einen Soldaten von einem westphälischen Infanterie Regimente, dessen Füße von dem Leibe eines gestürzten Pferdes bedeckt waren, und der sich vergebens be­mühte, sich von der schweren Last zu befreien Ohne mich zu be­denken, sprang ich vom Pferde und mit Hilfe eines meiner fran­zösischen Gefährten?, welche die deutschen Worte nich< verstanden und nicht bemerkt hatten, wie leicht der Unglückliche zu retten sei, wälzte ich den Körper des Pferdes zur Seite Da mein Lands­mann noch zu erschöpft war, um den Weg bis zum Torfe zu­rücklegen zu können, so ließ ich ihn aussitzen und ging neben her. Er wußte kaum Worte zu finden, mir seine Dankbarkeit auszu­drücken, und erzählte mir, daß ihn das Bestreben, einem seiner Landsleute zu helfen' in jene unglückliche Lage versetzt habe. Das Pferd des Letztern sei vor Müdigkeit halb zusammengesunken und als er es habe aufrichten wollen, sei es vollends niedergestürzt, wobei er denn mit den Füßen unter den Leib des Thieres ge- rathen sei. Sein Kamerad habe kaum Kräfte gehabt, um sich selbst ausrechtzu halten und die Vorüberziehenden seien ohne Er­barmen weiter geeilt. Roß und Reiter haben noch einige Stun­den gelebt und seien dann vor Kälte erstarrt. Er selbst habe sich auch schon in sein Schicksal ergeben, als er unsere Stimmen ge­hört und die letzten Kräfte zu lautem Hilferuf angestrengt habe, wodurch nun sein Leben gerettet sei. (Forts, folgt.)

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