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preußische Heerführer, welche zu dem glücklichen Ausgange des lltzrcn Krieges beigeiragen haben, I V- Millionen Thaler aus den Kriegskoatributionen der Krone zur Disposition gestellt werden " Die Vorlage rief zwar einige Bravos hervor, auf der andern Seile a!-er ist aus einer Korrefpondenz des Fr. Journ. ersichtlich, daß selbst die Konservativen davurch überrascht waren, da sie von ver Absicht, diese Vorlage heule einzubringen, nicht unterrichtet zu sein schienen. Sodann hält es d»r Korrespondent des Fr. I. für einen parlamentarischen Verstoß, daß der Hr. Finanzminister die Vorlage als aus der „eigensten" Initiative des Königs hervorgegaagen bezeichnet. Ferner meint er. es hätten die Namen der zu Dotirenden darin aufgeführt werden sollen, damit die T Station so recht als eine Nationalbelohnung erscheine.
— Berlin, 17. Nov. Einer Mitteilung des H. Korr, zufolge wird sich unter den Vorlagen sür das Parlament des norddeutschen Bundes auch das Gesetz über die Organisation des Bundesbeeres befinden. In demselben werde auf der 3jährigen Dienstzeit fest bebarrr.
— Wien, 17. Nov. Der Minister Frhr. v. Neust bat, erneuerte Konzessionen an Ungarn verlangend, die Verwerfung des projektirten Reskripts an den ungarischen Landtag durchgesetzt. Es beißt, Graf Mensdorss werde den Generaladjutanten v. Cren- nev lle ersetzen. Es finden Truppensendungen an die polnische Gl'Nze statt.
— P e st h, 19 Nov Heule wurde der ungarische Landtag eröffnet. Das königliche Reskript besagt im Wesentlichen: das Ziel der Verhandlungen bleichen: die Regelung des Verbandes der einzelnen Tdeile der Monarchie und die Wiederherstellung der autonomen Rechtsgestaltung Ungarns. Es sei die beschleunigte Regelung der inneren Angelegenheiten nothwendig. Das Reskript deutet folgende HauPtgesiLlspunkle an: Die Heereseinheit in Führung, Organisation und Dienstzeit, Zollwesen, indirekte Besteuerung, Siaatsmonopolwesen, Staatsschulden-Kreditwesen erfordern einheitliche Behandlung. Wenn solchergestalt der Gesammtstaats- verband garanlirt ist, können andere Wünsche und Ansprüche Ungarns durch Ernennung eines verantwortlichen Ministeriums und Wiederherstellung munizipaler Selbstverwaltung erfüllt werden. Das Reskript sagt schließlich ein verantwortliches Rcgierungs- system nicht bloß für Ungarn, sondern im Allgemeinen zu.
Italien. Florenz, 18. Nov. Ein von Riccasoli u«terzeich- netes Cirkular an die Präsekten, welches über die römische Frage handelt, sagt: Italien muß an dem Engagement vom September sesthalten, und von der Wirksamkeit des Nationalprinzips den unfehlbaren Triumph seiner Rechte erwarten. Jede Agitation unter dem Vorwände der römischen Frage sei daher den wahren Interessen Italiens zuwider und die Autoritäten haben dieselben zu verhindern nnd zu unterdrücken.
Frankreich. Paris, 15. Nov. Das Augenmerks der Regierung ist fortwährend auf Rom gerichtet; bis jetzt aber ist die Hoffnung noch nicht aufzegeben, daß der Papst nach dem Abzug unserer Bcsatzungstruppen bleiben werde. Am 15 Dez. wird die auf der Engelsburg wehende französische Flagge unter Lösung von 101 Kanonenschüssen Herabgelaffen und die päpstliche, von eben so vielen begrüßt, aufgezogen werden. Der französische General wird hierauf die Schlüssel der Burg den Vertretern des heiligen Stuhls einhändigen und nach Civitavecchia abreisen, so daß jede Spur der französischen Okkupation verwischt ist. Nur General Polhes wird zurückbleiben. — Das Verhältniß des Kaisers zu dem Prinzen Napoleon scheint wieder auf dem besten Fuße zu sein, indem derselbe vor allen andern Eingeladenen die kaiserliche Familie nach Compiägne begleitet hat und der kaiserliche Prinz das zu erwartende Kind der Prinzessin Clotilde aus der Taufe zu heben bestimmt sein soll. — Toulon, 17. Nov. Die Panzerschiffe Provence und Magnanime baben Ordre erhalten, «m 20. zur Erfüllung eines besonderen Auftrages in See zu gehen.
In England hat man den Plan, eine Eisenbahnverbindung zwischen England und Frankreich mittelst eines Tunnels zwischen Calais und Dover herzustellen — Es werken ungeheure Ueber- schwemmungen gemeldet, von denen die Städte Manchester, Leeds, Dawsbury und Preston heimgesucht worden. D:r Schaven ist
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Nnßlaud. Aus Petersburg, 17. Nov., wird der „Köln. Ztg." telegraphirt, daß der Prinz v. Wales und cher Kronprinz von Dänemark am 18. aus Moskau zurückkehren, wornach sich die Nachricht verschiedener Blätter widerlegt, daß der Prinz von Wales einen tödtlichen Sturz mit dem Pferde gemacht haben solle. — Dagegen wird die (nach neuesten Nachrichten jedoch nicht gefährliche) Erkrankuug der Großfürstin Maria Feodorowna (Dagmar) und die Einstellung der Hochzeitsfeierlichkeiten gemeldet.
Der Seher.
Tine Erzählung von C. v. T.
(Fortsetzung.)
Drei Tage später wirbelte die Trommel durchs Dorf und rief die jungen Rekruten zum Abmarsch zusammen.
Au diesem Morgen gab's viel weinende Augen und traurige Herzen in Neuenrode. Alle Leute strömten herbei, um die Forl- ziehenden noch einmal zu sehen und ihnen das letzte Lebewohl zuzurufen.
Elisabeth war ganz außer sich vor Sch nerz. Sie klammerte sich an den Geliebten fest, als ob sie nimmer von ihm lassen wolle, und mußte von dem alten Wiesenbauer mit Gewalt aus seinen Armen gerissen werden.
Ueberall sah man ähnliche Scenen. Hier umschlang eine ge beugte, hochbetagte Mutter ihr einziges, sortziehendes Kind zum letzten Mal, dort drückte ein kräftiger Fünfziger mit gewaltsam niedergedämpftem Schmerz dem Erstgebornen die zitternde Hand und ermahnte ihn zum treuen Ausharren in Noth und Gefahr; hier saß eine weinende Schwester mit verhülltem Haupt, und dort rang
eine verzweifelnde Braut die Hände-solch' eine Trauer
war seit vielen, vielen Jahren nicht in dem stillen Dorfe erhört worden.
Und als die Trommel abermals wirbelte und der französische Offizier, der den Rekrutentransport befehligte, zum Abmarsch kommandirte — La war den Dahcimbleibenden nicht anders , als hörten sie schon die Schüsse krachen und die Kugeln pfeifen, welche ihren fortziehenden Lieben die Brust durchbohrten.
Niemand wußte wohin es ging; nur so viel war bekannt geworden , daß alle Rekruten zuerst nach der Residenz des Landes geführt würden, um dort den verschiedenen Waffengattungen und Regimentern zugeiheilt zu werden.
Die meisten der jungen Rekruten waren vor Schmerz und Grimm nur halb ihrer Sinne mächtig. Mit Thränen in den Augen schwenkten sie die mit Kunden Bändern und Blumensträußen geschmückten Hüte und sangen:
„Nun ade, herzliebster Vater,
Nun ade, so lebet wohl!
Wollt ihr mich noch einmal sehen,
Steigt auf jenes Berges Höhen,
Schaut herab in's tiefe Thal —
Seht ihr mich zum letzten Mal!"
Als der Gesang endlich verhallt und der Zug im benachbarten Walde verschwunden war, wankte Elisabeth bleich und zitternd in's Haus — ihr Vater aber blieb ruhig an dem alten Eichbaum lehnen und schaute, die brennende Pfeife im Munde, unverwandt nach der Gegend hin, wo der Bestimmungsort der Rekruten lag Endlich ergriff er seinen Rechen und murmelte einige Worte vor sich hin und schritt seldeinwärts.
Am Ausgange des Dorfes begegnete ihm ein armer Tagelöhner, Lessen einziger Sohn ebenfalls mit fortgegangen war.
„Ach, Wiesenbauer, vätt' ich Euer Geld gehabt, da würde ich mich eher haben in Stücke reißen lassen, als daß ich meinen Franz hergcgeben hätte!" rief der bekümmerte Later Jenem zu. „Es ist wahrhaftig sündlrch von Euch, daß Ihr den Heinrich habt ziehen lassen! Sein Vater konnte keinen Stellvertreter sür ihn kaufen, aber — Ihr hättet es thun müssen, wenn er Euch anders lieb war!"
Der Wiesenbauer zuckte bei diesem Vorwürfe des Taglöhners fast unmerklich zusammen und blickte diesen einige Sekunden sprachlos an — dann aber erwieterte er in gewohntem Ton: „Bekommen Geld genug, die Franzmänner — kann's besser brauchen — kann's besser brauchen." (Forts, folgt.)
nrgt von A Drischt ägrr.