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Da nun das Land 8 Mill, Kriegsentschädigung zahlen muß und das Land dock Schulden zu machen genölhigt ist, so würde die Annahme des Antrags dem Lande jährlich >/- Mill. Gulden ersparen. Der Redner führt durch statistische Notizen den Beweis, daß Württemberg unter den Staaten von Mitteleuropa in Bezug auf Papiergeld günstig gestellt ist, besonders im Verhältniß zur Staatsschuld. Präsident Weber verweist wegen dieses Antrags auf den Bericht der Finanzkommission, welcher sich über Aufbringung der Geldmittel zur Kriegsentschädigung äußern muß, und dabei die Papiergeldsrage nolhwendig behandeln wird. — Es folgt nun die Wahl einer Justizgesetzgebungs Kommission. In dieselbe werden gewählt: v Geßler, Probst, Miltnacht, Becher, v. Wiest, Frhr. v. Gemmingen, Holder, Oesterlen, Streich, Sarweh, Schott, Fetzer, Tafel, Zimmerte und Frhr v. Schaad. — Letzten Gegen stand der Tagesordnung bildet die Wahl der volkswirthschaftlicheo Kommission, in welche Lcffner, Zeller. Ammermüller, Steinbeis, Mohl, Nickel, Graf v. Zeppelin, Beck, v Schmidtswld. Nägele und v. Mattes gewählt werden. — 6. Okt. (5. Sitzung.) Tagesordnung : Bericht der Finanzkommsssion über den Gcsetzesent- wurf, betreffend die Aufbringung der Geldmittel zur Bezahlung der an die Krone Preußen zu leistenden Kriegskostenentschäti- gung Die Finanzkommisston ist damit einverstanden, daß die 6,160,898 fl. 67 kr., welche zu Ausgaben für verschiedene Zwecke bestimmt oder noch nicht verau-gabt sind, nicht ohne Weiteres zu Deckung der Kriegskcsten verwendet werden dürfen, da sie zum Theil auf Grund definitiver Verabschiedung den genannten Zwecken zugewiesen worden sind, und dieß um fühlbaren Bedürfnissen abzuhelfen, die sich immer wieder geltend machen würden, wenn sie jetzt keine Befriedigung fänden. Was also aus den in der Staatskasse zu diesem Behufs liegenden Geldern genommen ist, um die alsbaldige Bezahlung der Entschädigung zu bewerkstelligen, muß ihr wieder ersetzt werden, zwar nicht augenblicklich, da auch die Verausgabung dieser Summe der Natur der Sache nach nur nach und nach erfolgt. Divergirend dagegen verhält sich die Finanzkommission zu der Regierungsvorlage, betreffend die Verwendung der 1,960,965 fl. 44 kr., welche sich als Mebrersparniß im Verwaltungsjahr 1864—65 ergeben haben. Die Regierung möchte Liese 2 Mill. als Reserve zur Deckung der »regen der ungünstigen Zeitläufe zu erwartenden Verminderung der Einnahmen von 1865 — 66 und 1866—67 zurückgestellt wissen, während die Finanzkommisston dieselben einstweilen zu den Kriegskosten benü tzen will, indem man ja immer, wenn die schlimme Voraussicht sich bestätigen sollte, später nach anderweitigen Deckungsmilteln sich umsehen könne. Dadurch würde sich der Bedarf von 8 auf 6 Millionen vermindern; und dieß ist auch der Unterschied der Gesetzescntwürfe der Negierung und der Finanzkommission. Der Antrag der Letztern lautet nämlich: Zu Bestreitung der nach dem Artikel 2 des Friedensvertrages vom 13 August 1866 an die Krone Preußen zu bezahlenden Kriegskosten-Entschäbigung von Acht Millionen Gulden wird s) die Summe von 2 Millionen Gulden vorläufig und mit dem Vorbehalt, bei der Berathung des Hauptfinanzetats von 1867—70 über diese Summe definitiv zu verfügen, auf die Mittel der Restverwaltung angewiesen; t>) für den weitern Betrag von sechs Millionen Gulden dem Finanz Ministerium ein Kredit ertheilt. Dieser Kredit ist durch ein unter möglichst billigen Bedingungen aufzunehmendes Staatsanlchen zu realisiren, inzwischen ist der Finanzminister ermächtigt, verfügbare Mittel der Staatskasse für jenen Zweck vorschußweise zu verwenden. (Schluß folgt.)
— Der „Staatsanzeiger" enthält eine königliche Verordnung, betreffend die Aufsicht über Las Gelehrt, n- und Nealschulwesen. Diese Verordnung hat den Zweck, Las Ministerium des Kirchen und Schulwesens zu Len Gelehrten- und Realschulen des Landes in eine nähere und wirksamere Beziehung zu bringen und zugleich ein- Vereinfachung der Geschäfte herdeizuführen.
— Am 5 Oktober starb zu Stuttgart der General der In fanterie, Staatsminister v. Miller, im Alter von 74 Jahren
— Stuttgart. Die Landesausstellung der Gewerbeschule in der neuen Turnhalle wurde bis zum 5. Oktober von 17,532 Personen besucht.
— Mainz, 3. Okt. Bezüglich der Landwehrmänner des 32.
preuß. Infanterie-Regiments ist noch nichts entschieden. Tie Untersuchung ist noch in vollem Gange, und vor dem Schlüsse derselben wird keiner entlassen. Ter hiesige Kcmeinderath hat beschlossen. in einer an den König von Preußen zu richtenden Eingabe die Gnade desselben für die Landwehrleute anzurufen.
— Frankfurt, 4. Okt. Gestern wurde den hiesigen Angehörigen F. Sioltze's, welcher vor mehreren Jahren wegen Majestätsbeleidigung des Königs von Preußen in Wetzlar zu 1 Jahr und 6 Monate Gesängniß veruitheilt worden war, ein Dekret der preußischen Regierung mitgetheilt, worin denselben eröffnet wird, daß Sicltze jederzeit frei und ungefährdet hierher zurüükeh- ren dürfe.
— Wie das „Franks. Journ." meldet, hat der k. preußische Handelsminister die Regierungen der Zollvereins st aaten nördlich und südlich vom Main eingeladen, ihre Bevollmächtigten für die Pariser Ausstellung am 9. d. nach Berlin zu senden.
— In Leipzig geschehen schreckliche Geschichten. Man lese folgende Todesanzeige im L. Tagblatt. „Gestern hat cs dem Herrn gefallen, meinen lebendigen eheleiblichen Gemahl nach 14- tägiger Wassersucht, weil er dieselbe nicht vertragen konnte, sanft zu sich zu rufen und schrecklich von meiner unglücklichen Seite zu reißen. Unter Verkittung aller Condolenz sanft ruhe seine Asche. Die Hinterbliebene verunglückt gewesene Wittwe des verstorbenen C P. Stemmerin."
— Die Zeitungen können und dürfen die Cholera nicht trdt- schweigen, sie müssen vielmehr täglich daran erinnern, daß der Genuß schwerverdaulicher Nahrung, namentlich auch halbreifen Obstes und schlechter Biere streng zu vermeiden und die Desinficirung der Aborte rc nöthigenfalls polizeilich durchzuführen ist. Am 1 Okt. Abends kam der erste Cbolerafall in Weimar vor, des andern Tages waren schon 3 Todesfälle eingetretcn In Berlin betrug bis zum 30. Sept. die Zahl der Todesfälle 4781; in Leipzig vom 29. Juni bis 30. Sept. 1543 oder 2 Proc. der Einwohner.
— Als Graf Bismarck mit dem Könige Wilhelm im Anfänge August vom Kriegsschauplätze nach Berlin zurückkehrte, soll er einen höheren preußischen Beamten, der während der Okkupation in Dresden fuugirle und den Minister auf der Durchreise in Löbau begrüßte, nach der in Sachsen herrschenden Stimmung gefragt und aus die Bemerkung, dieselbe sei seil dem eben abgeschlossenen Venrage von Nikolsburg die rosensarbenste von der Welt, und in Dresden lernten die Jungfrauen schon Gedichte zu des Königs Johann Empfange auswendig, erwiedert haben: „dann müssen die jungen Damen sich ein recht langes Gedächlniß zutrauen!"
— Hannover, 2. Okt. Die Kronanwaltschaftcn unseres Landes haben in diesen Tagen von dem Justizministerium zu Hannover die Anweisung erhalten, die Ausführung aller wegen politischer oder Preßvergehen, sowie auch wegen Amtsehrenbeleidi- gvngen erkannten, aber bis jetzt noch nicht in Vollzug gesetzten Strafen bis aus Weiteres auszusetzcn, dagegen sollen schon ein- geleilete oder noch schwebende Untersuchungen ihren gewohnten Fortgang nehmen
— Berlin, 3. Okt. Wie die „Völkische Ztg " hört, beabsichtigt der Abg. Dr. Jakcby eine neue Zeitung als Organ der äußersten Linken unter dem Titel: „Die Zukunft" herauszugcbeu.
— Berlin, 4. Okt. Dem Vernehmen nach ist die Regierung entschlossen, ihren Gesandten, Leu Baron Weither, von Wien abzuberufen, so wie Beust in das österreichische Ministerium tritt. (Bcust als Minist.r in Wien würde auch wohl nichts Anderes bedeuten, als daß Oesterreich seiner Wegweisung aus Deutschland wicht Folg leisten uud. bei der ersten Gelegenheit einen Versuch zur Rückkehr machen werde) — Nach einer Korrespondenz der „Karlsc. Ztg " aus Wien soll aber von einer Berufung Bcusts ins österreichische Ministerium keine Rede sein. (Wer nun wobl Recht hat?)
— dr ien, 5. Okt N F. Presse: Die gestrige Abgeortneten- konferenz hat beschlossen, jede Deputirtenkonferenz zur Lösung der Verfassungkfrage zu verwerten Heute wieder Sitzung. Ein dreigliedriges Komite macht die Vorarbeiten. — 6. Okt Presse: