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Zu der Lage,
wie sie durch die Anrufung der französischen Vermittlung sich gestaltet hat, macht die N. Fr Ztg. folgend« Bemerkungen: „Der Eintritt Frankreichs in die diplomatische n Verhandlungen ist nur die unabwendbare Folge des Hereinziehens Italiens nicht bloß in die diplomatische, sondern gleich auch in die militärische Aktion Daß es nicht anders kommen könne, war fest Jah> und Tag vorauszusehen. Es fragt sich nur: wer hat diese peinliche Lage herbeigeführt? Denen, welche es für Vaterlandsverrath ausgeben, mit Oesterreich und Frankreich gegen das die ganze Welt mit Spitzkugeln bedrohende Preußen zn g-hen, die es aber ganz in der Ordnung finden würden, wenn Preußen Frankreich zum Bundesgenoffen hätte, um Oesterreich zu vernichten und Deutschland zu unterjochen, hält die N Fr Z folgende Fragen entgegen: „Wer ist es, der die schleswig-holsteinische Frage aus einer deutschen zu einer europäischen gemacht hat? der in seiner Eigenschaft als europäische Großmacht über deutsches Land verfügen zu können behauptete und dadurch die jetzige Verwicklung hervorries — wer anders als Preußen? Wer ist nach Biarritz gegangen und bat über deutsches Land mit dem Auslande verhandelt? — Preußen. Wer hat Italien auf deutsches Bundesgebiet gehetzt? wer hat die Politik gemacht, welche Deutschland mit dem Verlust Triest's, d. h mit dem völligen Abschneiben vom Mittelmeer bedrohte? — Preußen. Wer hat den deutschen Bund gebrochen? wer gesprengt diesen ewigen Bund der deutschen Stämme? wer vernichtet den ewigen Frieden, der herrschen sollte auf deutscher Erde? planmäßig, mit Ueberlegung, mit Vorbereitung? — Preußen. Wer hat Schleswig-Holstein rechtlos gemacht? wer das halbe Deutschland wehrlos? wer hat die braven Hannoveraner entwaffnet? wer Sachsen und Kurheffen überzogen mit Krieg? wer sich in Kriegszustand erklärt zu ganz Deutsckland? wer ist in's deutsche Land eingebrochen, soweit die deutsche Zunge klingt, wie in Feindesland?z — Preußen. Und wenn wir, Gvttsei es geklagt, gar so weit gebracht sind, die bitterste aller Fragen aufwerfea zu müssen, gibt es denn nach alledem überhaupt noch ein Deutschland? und wenn wir nach Pflicht und Gewissen kaum noch mit Ja zu antworten vermögen, so schließt ein solches Bekenntniß tiefster va erländischer Schmach auch schon den einen Theil unserer Antwort vollständig ein, und zwar dahin: Auf dieselbe Macht, welche deutsches Recht gebrochen, so weit sie reicht, welche das von ihrem Bruderkriege zerrissene Reich dem Reichsfeinde bloßgestellt hat, — auf diese Macht kann die deutsche Nation sich nicht stützen, nicht verlassen Wenn der Gothaismus mit einer Energie, die nur seiner Angst gleichkommt, schon das Gegentheil fordert, so ist dem gegenüber einfach zu bemerken: preußisches Unrecht wird wahrlich dadurch nicht Recht, daß auch das Ausland, das ganze Europa es für Unrecht erklärt und dieselbe Nation, welche die Politik des Bruderkriegs verdammt hat, soweit sie überhaupt etwas zu verdammen in der Lage ist, hat nicht den mindesten Grund, die Genossenschaft derselben Politik zu suchen, weil Las VerdammungSurtheil allgemein wird. Das wäre so kindisch wie selbstmörderisch. Man Lenke sich nur die Art einer solchen Genossenschaft. Auf welcher Grundlage und in welchen Formen wäre sie möglich? Die Bundesverfassung liegt zerbreche! am Boden, der Bund in blutbefleckten Scheiben Von seiner deutschen Beute gibt Preußen nichts heraus; Norddeutschland ble ot geknebelt in den Händen der Gewalt; das übrige Deutschland überliesert seine Wehrkraft d h. sich selbst derselben Gewalt, und zum Dank etwa lieferte dieser die Pfalz oder anderes deutsches' Gebiet an Frankreich aus als Kaufpreis für den Rest, den sie dann rechtlos, wehrlos, ehrlos in die Tasche steckte! Nein und aber nein! Wenn Frankreich oder Europa die Abstellung großpreußischen Unrechts fordert, so ist das wahrlich keine Forderung, gegen welche die Freunde und Vorkämpfer deutschen Rechtes sich zu erhitzen hätten. Das wollen wir Venen überlassen, die ein deutsches Vaterland überhaupt nicht mehr ha den, die vielmehr auch diese Wendung nur wieder mißbrauchen wollen, um Deutschland an wie Politik der rohen Gewalt zu überliefern. und die schon in allen Tonarten des Gothaismus nach der tiefsten Erniedrigung Deutschlands, die Unterwerfung unter Las Junkerthum verlangen, weil — nicht dem Vaterlande
Gefahr, wohl aber — dem großpreußischev Hochmuth die verdiente Züchtigung droht!
Tagesneuigkeiten.
— Calw, 13. Juli. Die von der hiesigen Volkspartei auf gestern Abend ausgeschriebene Versammlung war sehr zahlreich besucht Zweck der Versammlung war die Gründung eines Wehrvereins und eines Volksvereins In beiden Punkten gingen die Ansichten auseinander. Während bei der Begründung des Antrags zur Gründung eines Wehrvereins, unter Vorausschickung der Nothwendigkeil, daß das Volk sich bewaffne, nachdem die Regierung dem in dieser Richtung schon oft an sie ergangenen Verlangen bis jetzt nicht entsprochen habe, darauf hingewiesen wurde, baß zwar der Turnverein in anerkennenswerther Weise schon vor 3 Wochen mit gutem Beispiel vorangegangen sei und sich in einen Turn- und Wehrverein umgestaltet habe und sein Hauptaugenmerk daraus richte, seine Mitglieder waffentüchtig zu machen, aber dadurch, daß er von den Theilnehmern an den Exerzierübungen verlange, daß sie auch Mitglieder des Turnvereins werden, Manche von der Betheiligung abhalte, und daher ein freiwilliger Webrverein, bet dem sich jeder Bürger ohne Zwang betheiligen könne, wünschenswerth sei, daß dieser Wehrverein nach sein-r Con- stituirung aber sich wegen einheitlicher Oberleitung mit bem Tnrn- und Wehrverein in Verbindung setzen solle, — wurde von dem Vorstand des Turn- und Wehrvereins entgegnet, daß zwei Wehrvereine nicht nebeneinander bestehen können, wegen der in der Leitung erwachsenden Schwierigkeiten. Wer exercieren wolle, könne und solle sich einfach dem schon bestehenden Webrverein ansckließen; der monatliche Beitrag v-m 12 kr, Len er als Mitglied des Turnvereins zu zahlen habe, könne nicht in Betracht kommen, diese könne Jeder leicht zusammenbringen ; diese Beiträge seien außerdem auch wieder nothwendig, denn das Schießen rc. koste Geld; wenn man etwas erreichen wolle, so müssen sämmt- liche Exerzierende einerlei Porschristen rc. haben; man würde sonst die deutsche Zersplitterung in diesen Wehrvereinen verkörpert sehen. Nach verschiedenen Diskussionen darüber einigte man sich schließlich dahin, daß die Lusttragenden sich einmal in 'eine aufgelegte Liste einzeichnen sollen, das Weitere über Constituirung rc aber einer Berathung der sich Betheiligenden Vorbehalten bleiben soll. Trotz sehr warmer und dringlicher Mahnung war jedoch die Betheiligung an der Unterzeichnung keine sehr große. Ob das Ungewisse, ob die Unterzeichner einen neuen Wehrverein zu bilden, oder dem bestehenden sich anzuschließen haben, einen Einfluß ausübte, wissen wir nickt. — Betreffs der Gründung eines Volksvereins wurde die Frage gestellt, ob die seitherige Organisation der Volkspartei, welche etliche und dreißig Mitglieder zähle, genüge, wenn dieselbe theils in geschloffenen Kreisen sich berathe, theils öffentliche Versammlungen, so oft solche in unfern ernsten Zeiten wünschenswerth seien, veranstalte, um durch Berathung und Belehrung für ihre Zwecke, deren Hauptziel Volksbewaffnung und Parlament mit Centralgewalt sei, zu wirken, oder ob die Gründung eines geschloffenen Vereins mit regelmäßigen Versammlungen vorzuziehen sei? Nachdem verschiedene Ansichten für und wider ausgetauscht waren, wurde darüber abgestimmt und mit geringer Mehrheit die Gründung eines Volksvereins beschlossen.
— Stut gart, 12. Juli. Die Verwaltung der Staatsbahnen hat die Güterannahme nach Würzburg und östlich, sowie westlich darüber hinaus eingestellt.
— Stuttgart, 11. Juli. Nach Frankfurt schickt der würtl.
Sanitätsverein das Doppelte des von ihm telegraphisch ve.langten Weißzeugs, Cigarren, einen Centner Chocolade, auch .Char- pie und Verbandzeug. An ein sicheres Handelshaus in Wien geht ein Centner Charpie, ein Fünftheil des vorhandenen Verbandzeugs und 400 Hemden ab. (Sckw MI
— Vom Neckar, 10. Juli. Verbürgten Nachrichten zufolge
sieht man einem Zusammenstoß der Truppen des 8 Armeekorps mit den Pteußen heute oder morgen in der Wetterau entgegen. Die Preußen haben zum Theil aus Thüringen und Kurhessen, zum Theil aus ihrer Rheinprovinz ein sehr ansehnliches Truppen- korps zusammengezogcn, welches gestern bereits bis^6 Stunden vor Franksurt vorgerückt war. (Schw. M.)