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völkerung von Prag ist seit heute? früh eine gedrückte, da man weiß, daß die Preußen wieder Gitschin haben und daß die kaiser­liche Nordarmee sich östlich gegen Josephstadt und Königgrätz kon- zentrirt- Man ist ans den Einmarsch der Preußen in Prag ge­faßt und glaubt, daß sich um diesen Punkt kein Kampf mehr ent- spinnen wird. Der Staatsminister hat den Grasen Lazanzky er­mächtigt, alle erforderlichen Vorsichtsmaßregeln zu treffen. Es heißt, daß Vorbereitungen getroffen sind, den Sitz der Statthalte rei nach Pilsen zu verlegen, die öffentlichen Kaffen fortzuschaffen uud die Filiale der Bank und Kreditanstalt nach Eien zurückzu­ziehen. Diele Familien verlassen die Stadt. Die Fabriken ste­hen still. Die Theater werden geschloffen. In Prag hat sich wegen der Gefahr einer feindlichen Invasion die Stadtverordneten- Versammlung in Permanenz erklärt; Nachts versiebt das bewaff­nete Bürzerkorps den Sicherheitsdienst. Der Stadtrath hat sich in Permanenz erklärt, das bewaffnete Bürgerkorps versteht den Sicherheits- und Nachtdienst Der Stadtrath hält täglich Be­rathungen. Der Erzbischof bleibt hier.

Reichend erg, 30. Juni (über Paris.) Die preußische Armee schreitet in Böhmen siegreich vor. Am 29 Juni haben die fünfte und dritte Division Gitschin im Sturme genommen. Die Verluste der Preußen find beträchtlich, denn die Stellungen des Feindes waren sehr stark. Der Verlust der Oesterreicher be­trägt bis jetzt 20,000 (?) Mann Der König von Italien hat den König von Preußen beglückwünscht. Viele Arbeiter wurden von Berlin nach Dresden geschickt, um an den dortigen Befesti­gungen zu arbeiten.

Innsbruck. 1. Juli. Vom Kommando der Südarmee an den Fürsten Lobkowitz. Statthalter in Innsbruck. Bulletin Nr. 9 Garibaldi hat sich mit seinem Korps von der Tyroler Grenze zurückgezogen. Das Gros der feindlichen Armee scheint so zwischen Cremona und Piacenza bereits konzentrirt und meh­rere Divisionen Po abwärts am rechten User echelvnirt zu haben. Die eigene Armee hat enge Kantonnirungen bezogen, unsere leichte Kavallerie streift über der. Mincio.

Von dem südlichen Kriegsschauplätze lausen Bestä­tigungen ein, daß die Italiener bei Custozza ihre Wuth in bar­barischer Weise an wehrlosen Verwundeten ausließen. Nicht nur daß Generalmajor Rodich beim Vorrücken 3 verwundete österrei­chische Jäger erhängt fand; nach einem Bericht in derWiener Abcndpost" sagen Offiziere von Erzherzog Ernst-Jnfanterle, daß sie selbst Offiziere des Feindes österreichische Verwunde e nieder­machen sahen. Eine Korrespondenz imVaterland" erzählt, daß ein in der ersten Reihe der Plänkler stehender Offizier von Be- nedek-Jnfanterie sah, wie ein italienischer Hauptmann einen auf dem Boden liegenden Oesterreicher mehrmals mit dem Säbel durchstach. In demselben Augenblick sprang er vor. warf ihn mit der Riesenkraft des Zorns nieder und schoß ihn mit den Worten: Wie ein Hund hast du gehandelt, wie ein Hund sollst du ster­ben!" eine Kugel seines Revolvers ins Genick Bei Custozza haben, wie sich nachträglich herausstellt, 60,000 Oesterreicher ge­gen mehr als 100,000 Italiener gekämpft ; das Verhältniß der österreichischen zu den feindlichen Streitkräften war bei der In­fanterie 2 zu 3 bei der Kavallerie 1 zu 2. beider Artillerie 3 zu 4.

Peschiera t. Juli. Leichte österreichische Cavallerie, die !

von Goito bis an den Chiese streifte, trieb mehrere feindliches Posten und Patrouillen zurück und machte Gefangene. Zwei z österreichische Kanonenboote auf dem Gardasee, unter Befehl des, Cvrvettenkapitäns Mansroni, beschoffen am See gelagerte Frei- " schaaren bei Desenzano und Padenghe, zerstreuten dieselben und! brachten ihnen wesentliche Verluste bei. !

Rußland. St. Petersburg, 30. Juni. Der Kaiser Ale-! xander hat dem Könige von Preußen zu den neuesten Waffen-! thaten der preußischen Armee Glück gewünscht. (Die Bestätigung" wird abzuwarten sein.) !

Türkei. Bukarest, 1. Juli Gestern rohe Gewaltakte ge -! gen Juden. Der Pöbel zerstörte den jüdischen Tempel vollständig.! Viele Juden flüchteten in das österreichische Generalkonsulat. Der! Prinz von Hohenzollern ist heute nach Tergowitsch abgegange -. !

Der Lebenslauf des Feldzeugmeisters Beuedek,

unter dessen Oberbefehl die Truppen der österreichischen Nordar­mee und neuerdings auch sämmtliche Bundestruppen gestellt sind von welchem somit in nächster Zeit theilweise das Schicksal Deutsch­lands abhängt, wird wohl den meisten unserer Leser von großem Interesse und daher denjenigen, welche denselben noch nicht kennen, erwünscht sein, wenn wir hier einige biographische Notizen über Benedek geben Ludwig von Benedek ist im Jahre 1804 zu Oe- denburg in Ungarn geboren und der Sohn eines Protestantischen Arztes Da das Militärwesen die einzig wirklich liberale Insti­tution Oesterreichs ist, in welcher Stand und Consession kein Hm- derniß des Avancements bilden, folgte der junge ungarische Pro­testant seiner Neigung für die kriegerische Laufbahn, wurde in der Kaiserlichen Militär-Bildungs-Anstalt zu Neustadl erzogen, und trat 1822 als Cadet in's österreichische Heer ein; 1824 war er Unterlieutenant, 1831 rückte er zum nächsten Grad auf und wurde nach Italien zum Generalstabe versetzt; 1835 zum Hauptmann ernannt, ging er 1840 als Major und Adjutant des General- Commando's nach Galizien, wo er wegen ausgezeichneter Dienst­leistungen 1843 seine Beförderung zum Oberstlieutenant und 1846 zum Obersten erhielt. In dem letzteren Jahre machten die Po­len ihren Aufstand, der eine so vernichtende Wendung gegen den Adel nahm. Die wenigen österreichischen Truppen hätten nicht hingereicht, die Verschwörer nieder zu werfen und zugleich der Wuth der Bauern Schranken zu setzen, wenn der Mangel au Zahl nicht durch die Energie und Gewandtheit der Führer ersetzt worden wäre. Durch beide Eigenschaften zeichnete Benedek sich aus, und bereitete durch den Sieg, den er bei Godow über die Polen er­lfocht die Entscheidung vor, die dann durch das Vorrücken des Ge­nerals Collin gegen Krakau gegeben wurde. Für diese Waffen- that wurde er mit dem Leopoldskreuz beschenkt. Die Zurückfüh­rung des östlichen Theiles der Provinz zur Ruhe und Ordnung war besonders sein Werk Der Erzherzog Ferdinand von Este lernte ihn damals hoch schätzen, und berichtete sehr günstig über ihn an den Hof. Als Oberst des aus Ungarn bestehenden Re­giments Gyulai Infanterie erhielt er 1847 den Befehl, zur Armee in Italien zu stoßen. Im Feldzuge von 1848 bewies er bei dem Rückzuge aus Mailand und auf dem ganzen Marsche nach Ve­rona eine seltene Kaltblütigkeit und Geistesgegenwart. Glänzende Dienste leistete er bei dem ewig denkwürdigen Angriff auf die dop­pelte von Geschützen starrende Linie von Curratone, welche ihre Vertheidiger für uneinnehmbar hielten,und die dennoch nach zwei vergeblichen Stürmen mit demBajonnet genommen wurde. Ra­detzky lobte ihn im nächst.« Tagesbefehl mit den wärmsten Aus­drücken, und empfahl ihn wirksam für den Maria-Tkeresia-Orden. Als die Garden im nächsten Jahre einen neuen Krieg hervorrie­fen, drang Benedek an der SpitzeIseines Regiments in Mortara ein, warf die Feinde hinaus und nahm im Umkehren eine ganze Brigade gefangen. Durch diesen Erfolg hatte er eigentlich den Feldzug zur Entscheidung gebracht, indem die Feinde jetzt strate­gisch geschlagen waren Auch bei Novara griff er kräftig an. Von Aspre's Heerkörper, zu dem er bisher gehört hatte, wurde er als Generalmajor und Befehlshaber einer Brigade zu Hay- nau's Donauarmee versetzt. Bei Raab befehligte er den Vortrab, dessen Hinausdringen über die Stellung der Ungarn diese zum Rückzug zwang und in der Schlacht bei Komorn (11 Juli) hielt er die Puszte Harkaly so hartnäckig fest, daß IGörgey mit allen seinen Angriffen auf diese scheiterte, und schließlich in die Festung zurückgeworfen wurde. In dem Treffen von Szegedin erzwang er den Uebergang über die Theiß im Verein mit einer andern Brigade. Er wurde hier leicht und in einem der späteren Tref­fen durch eine springende Bombe erheblicher verwundet Nach, dem Frieden stand er in Italien an der Spitze des Generalstabs für den zweiten Heerkörper und galt für Radetzky's rechte Hand. Die Maßregeln, welche gegen die Italiener in der ersten Zeit er­griffen wurden, verknüpften seinen HNamen mit mancher Hand­lung, die in einer andern Zeit den Charakter der Härte ange­nommen hätte, und Benedek wurde daher entfernt, als man den Versuch machte, die Herzen der Italiener durch Milde und Nach­giebigkeit zu gewinnen. (Schluß folgt.)

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