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Agentur Reutter veöffcntlicht 2 düster gefärbte Telegramme aus Athen vom 13. d. M Das erste sagt: Der König hat gestern eie Gesandten der Schutzmächte zu sich rufen lassen, wobei er ihnen die Lage des Landes auseinandersetzte und sie um ihren Rath befragte. Im zweiten heißt es: Der König hat erklärt, daß er in Folge der Rachrichten vom Kriege auf seine beabsichtigte Reise nach Korfu verzichte. Die Aufregung der Gemüther dauert fort. Wenn es erlaubt ist, zwischen den Zeilen dieser Tele- gramme zu lesen, so scheint der König die Absicht, der aufgereg­ten Stimmung in seinem Lande durch eine Reise nach Korfu (und vielleicht noch weiter) zu entgehen, auf den Rath der von ihm be­fragten Gesandten (vorerst wenigstens) ausgegeben zu haben.

Schweiz. Genf, 9. Juni. Wenn die französische Regie­rung Italien auch noch nicht mit Heeresmacht unterstützt, so ist es doch sicher, daß Italien einen großen Theil seiner Armirungs- gegenstände schon jetzt vorzugsweise aus Frankreich bezieht. In den letzten Tagen gingen abermals eine bedeutende Anzahl gezo­gener Geschütze, Munitionswagen u. s. w. über Culoz nach Mont Cenis. Französische Agenten kaufen in unserer Nachbarschaft, auch im Kanton Genf selbst, große Heuquantitäten auf, so daß die Preise des Heus der gegenwärtigen Ernte in fortwährendem Steigen begriffen sind. Man sagt, daß dieses Heu für die Pferde eines französischen Observationskorps bestimmt sei, welches von Lyon an bis in die Gegend von Annecy in Savoyen aufgestellt werden soll.

Italien. Florenz, 15. Juni. Nach kiesigen Zeitungs­nachrichten ist Ricasoli zugleich mit Lamarmora mit einer Neu­bildung des Kabinets deauftragt. Ricasoli als Ministerpräsident erhält das Ministerium des Innern, Lamarmora wird sich als Minister beim König im Felde befinden

Spanien. Madrid. 15 Juni. Der Marineminister er­klärte im Senat die Expedition im Stillen Weltmeer (gegen die südamerikanischen Republiken) sei zu Ende.

Türkei. Bukarest, 12. Juni. Die amtliche Zeitung ver­öffentlicht ein Gesetz über die Bildung freiwilliger Legionen, durch welches die Armee aus die Stärke von 150,000 Mann gebracht werden soll. Die Nachricht von dem Einmarsch der Türken in die Donaufürstenthümer bestätigt sich nicht.

Dieses Jahr werden die Amerikaner das größte Contingent von Reisenden in Europa stellen. Seit einigen Wochen sind alle von Newyork abgehenden Dampfer mit Reisenden überfüllt und auf 6 Wochen hinaus alle Plätze bestellt. Es gehen mehrere Extradampfer nach Europa ab.

O t h m a r.

Sine Eriminalqeschichte, erzählt von Heinrich HenSler.

(Fortsetzung.)

wo Alles drunter und drüber geht, ich wollte schon wieder fort, weil es mir ganz und gar nicht gefiel, da hörte ich, daß die Herren hier versammelt seien, da habe ich mir dann einen fri­schen Schoppen bestellt, und will noch ein Stündchen bei Ihnen zubringen, ich denke nicht, daß ich Ihnen zur Last falle oder Sie genire."Ei es wird uns eine besondere Ehre sein," sagte de'. Herr Pfarrer, der auch bei uns saß. Nun kam der'Wir,h und stellte ihm seinen Wein vor, zu dem sagte er: Warum haben Sie mir nicht gleich gesagt, daß hier eine so schöne Gesellschaft ist? Da drüben gefällt es mir nicht, und ich wollte deßhalb auch schon wieder fort"Ich dachte nicht daran," erwiederte der Wirth, ich wußte auch nicht, daß Sie die Herren da kennen." Der Herr von M. ließ daun noch einige Flaschen Wein kommen, die wir in Freundschaft und Ehren mit einander auslranken."

Präsident:Wie viel Uhr war es, als sich dieses ereignete?"

Zeuge:Das kann ich so genau nicht angeben; es kann etwa Mitternacht gewesen sein, als Herr von M. bei uns ein­trat. und wie er sagte, war er gleich nach 10Uhr indem Wirths- hause angekommen."

Präsident:Und wann ist er wieder weggegangen?"

Zeuge:Auch das kann ich nicht genau angeben; wir blie­ben längere Zeit beisammen und trennten uns gegen Morgen."

Präsident:Sagte der Herr nicht, wo er herkomme und wo er hin wollte?"

Zeuge:Das hat der Herr Pfarrer mit ihm gesprochen, neben dem er saß und mit dem er allerlei sprach, das ich nicht verstehen konnte."

Präsident:Herr Staatsanwalt! Haben Sie noch wei­tere Fragen an den Zeugen zu stellen?"

Staatsanwalt:Sie erinnern sich mit aller Bestimmtheit, den Herrn von M vorgestern Abend erkannt zu haben?"

Zeuge:Allerdings, so bestimmt wie nur möglich."

Staatsanwalt:Erinnern Sie sich der Kleider, welche er an hatte?"

Zeuge:O ja, es war ein grüner Jagdrock, er war bis oben zugeknöpft, dabei hatte er einen sehr hohen Filzhut mit breitem Rande auf, auch grün. vielleicht auch schwarz, das habe ich nicht so genau gesehen, aber auf der Seite halte er eine große Jägerkokarde."

Staatsanwalt:Sehen Sie sich den Herrn noch ein­mal an, es muß eine Täuschung hier vorliegen, es kann nicht anders sein "

Zeuge:Herr v. M. hat heute eine ganz andere Kleidung an.ich sehe das wohl, ich gehe aber nicht auf die Kleidung, ick kenne den Mann, und ich wiederhole es: Bei meinem Eide, es ist so wie ick sagte."

Staatsanwalt:Ich verzichte vor der Hand aus weitere Fragestellung, vielleicht komme ich später einmal darauf zurück."

Präsident:Ich muß Sie darauf aufmerksam machen, daß Sie sich jedenfalls im Jrrthum befinden, Herr von M. ist seit mehreren Wochen in dem hiesigen Arresthause eingeschlossen und Hai dasselbe mit Ausnahme des heutigen Tages, wo er hier­her in diesen Saal geführt wurde, auch noch keinen Augenblick verlassen. Er kann also unmöglich vorgestern in L. fünf Stun­den von hier entfernt gewesen sein. Ich erinnere Sie an Ihren Zeugeneid, warne Sie vor den zeitlichen und ewigen Strafen des Meineides und fordere Sie auf, sich wohl über das zu besinnen, was Sie aussagen."

Zeuge:Ick weiß, daß ich geschworen habe, und weiß, daß ein Meineid hart bestraft wird, ick bleibe aber dabei und versi­chere wiederholt bei diesem Eide, daß ich vorgestern in der Nacht Herrn von M. in L. gesprochen habe."

Präsident:Erzählen Sie uns, was da vorgefallen ist."

Zeuge: Borgestern war bei uns in L. Kirchweihe. Am Abend saß eine Gesellschaft beisammen in der hintern Stube des ^ Pistolen Gasthauses zum Löwen. Wir sprachen da allerlei miteinander! Mdri-hsd'or . . . uud waren guter Dinge, da trat aus einmal der Herr von: Holland, t» st.-Ktücke M. in die Stube und sagte:Ei guten Abend, meine Herren,! Nand-Pukaten . . wenn ich das giwußt hätte, daß eine so schöne Gesellschaft fzo-Franirenstücke hier beisammen sitzt, wäre ich schon längst da herein gekommen. > Engl. Sovcr-ings Ich sitze schon über eine Stunde drüben in der großen Stube, Nuss. Imperiales

(Fortsetzung folgt.)

(Tollheiten der Mode.) Nicht zufrieden damit, daß die Frauen sich allgemein schminken, beginnt man in Paris, nachdem man die Hunde gefärbt, auch die Pferde zu färben. Man ver­spricht sich dort von einem solchen Gespann, von dem zwei blau, zwei grün angestrichen sind, großen Erfolg Bald wird die Fa­bel vom grünen Esel keine Fabel mehr sein!

Ohne Bismarck kann vielleicht von einem Parlament in Deutschland die Rede sein, aber mit Bismarck werden wir mehr als ein Paar lamenti'ren sehen.

frankfurter God-Cours

vom 13. Juni.

n. !'

S 33-41 S S6V- SI V 2 S 36-SS S 28SV V 16 -II 11 34-38 S 31-35

C 0 urs

der k. w. S'taatskassrn-Verwaltung für Goldmünzen.

l Unveränderlicher Sours: Württ Dutateu . 5 fl. 45 kr.

Veränderlicher CourS: Dukaten ... . 5 fl. 26

Prenß. Pistolen . . . 9 fl. 55 Andere ditto . . . 9 fl. 38

20-Frankenstn>7>. . 9 fl. 15

Stuttqart. t5. Juni 1886.

St. Ltaatskassenverwaltung«

Nedigirt, gedruckt und verlegt von A. Vclschläger.