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über die Lage ab. El betonte, daß die Mittelstaaten bewaffnete Neutralität beobachten und gegen den Bundesbrüchigen sofort ein- ichreiien werden.

München, 1. Juni. Höhere Offiziere von Württemberg, Hessen, Baden, Nassau sind zu Berathungen mit unserem Kriegs- ministerium hier.

Regen sbura, 30. Mai. Tumultuarische Austritte vom Sonntag und Montag haben sich gestern Abend erneuert; der Bischofshof wurde von Civil- und Militärpersonen gemeinschaft­lich demolirt Die Stadt ist in großer Aufregung; die Linie erhielt scharfe Patronen ; an die Landwehr wurde ein General­appell erlassen

Ter Kursürst von Hessen will weder Preußen noch Oester­reich zu Gefallen sein Heer aufstellen Auf alles Drängen ant­wortete er, alle Montirungs-Magazine seien angesüllt und in 2 Tagen könne das Heer marschfertig sein. aber er werde es nur aufstellen, wenn der Bund ruse.

Hannover, 28 Mai. Die offiziöse Nordsee-Zeitung schreibt: Den über die Haltung Hannovers am Bunde verbreiteten beun­ruhigenden Gerüchten gegenüber lönnen wir die Versicherung ge­ben, daß Hannover seinen Bundespflichten in allen Beziehungen treu bleiben unv jedem Bundesbeschlusse, der innerhalb der Kom­petenz des Bundes von der Bundesversammlung gefaßt wird, un­bedingt Folge leisten wird

Berlin, 1. Juni. Aus der Nordd. A. Z. Zeitungsnach­richten zufolge schlug Baiern vor, in einem österreichisch preußi­schen Kriegsfall (die Bundcsfestungen?) zuneutralisiren, alle Preu­ßischen und österreichischen Garnisonen zu entfernen und durch Truppen anderer deutschen Staat n ;n ersetzen. Preußen bat ge­gen diesen Vorschlag kaum etwas einzuwenden, da es wünscht, daß die deutschen Bundesgenossen in gutem Einvernehmen bleiben.

Ein populärer Mann aus den Befreiungskriegen, Graf N o- sti z, Blüchers Adjutant und Retter in der Schlacht bei Ligny, ist gestorben.

Preußen ;muß von Frankreich nichts fürchten; es zieht von seiner westlichen Grenze den größten Theil der Truppen zu­rück, aus Trier, Saarbrücken und sogar aus der Festung Saar­louis. Von Len betr. Festungen wird weder Coblenz, nochSaar- noch Luxemburg armirt.

Berlin, 1. Juni. Militärkreise legen der Anwescnh.it des französischen Obersten Kiß eine besondere Bedeutung bei. Der­selbe traf Anfangs der Woche ein, verweilte einen Tag, besuchte den französischen Botschafter und andere hohe Persönlichkeiten und kehrte Abends nach Paris zurück.

Im Kreise Niederbarmen bei Berlin hat der Landrath Scharnweber die Schulzen und Bauern zur Vorausbezahlung der Steuern auf ein halbes Jahr bereden wollen,nur um dem Kö­nig eine Freude zu machen; denn er brauche das Geld nicht, weil er nicht Krieg führen wolle", aber die Bauern haben dem Kö­nige diese Freude nicht gemacht.

Aus Crefeld, 28. Mai, schreibt man: Nichts als Nothund Jammer, wohin man blickt. Die Arbeiterentlassung-n mehren sich von Tag zu Tag. Nahezu tausend fleißige Bürger verlassen in diesen Tagen ihre Angehörigen, um einem Kriege ohne einen bestimmten Zweck entgegenzugehen Die unter solchen Zuständen in allen Klassen herrschende Stimmung brauchen wir Ihnen nicht zu schildern. So viel aber steht fest, daß, wenn die jetzigen miß­lichen Verhältnisse (über 3000 Weber sind ohne Arbeit) noch län­gere Zeit sortdauern, wir einer außergewöhnlichen Kalamität ent gegenseben. Die Creditverhältnisse sind gegenwärtig total rui- nirl. Bei einem hiesigen Banquierhause wurden vorgestern ans ein­mal 60,000 Tvlr. zurückgezogen und prompt ausbezahlt. Ein schlesischer Gutsbesitzer in der Nähe von Glogau schreibt an einen Verwandten in Scbweinfurr, daß er täglich nicht weniger als 40 berittene Soldaten, Mann und Pferd, zu verpflegen habe, ein Beweis, daß auch ohne eigentlichen Krieg das Land in kurzer Zeit verarmen werde.

In Oesterreich erzählt man sich, der König'.vcn Preußen habe mit einem Geldfürsten über eine Anleihe von 20 Millionen Thlr. unterhandelt; der Meldm ann habe kein Geld, aber einen Rath

Nedigirt, gedruckt und verl

gegeben:Jagen Sie den Bismarck fort und jeder Preuße -ahlt mit Vergnügen einenThaler; dann sind die 20 Millionen beisammen Aus Oesterreich schreibt ein dort reisender Beobachter gar viel über das Steyerland, dessen hohe Wälder üppige Matten, fruchtbare Kornfelder, weit ausgedehnte Weinberge und Schätze an Metallen Dennoch herrscht die Armuth vor. Das Bezirks­gericht Marburg mit 30 Gemeinden zählte zu gleicher Zeit über 2000Exekutionen wegen Rückständen von Steuern. Es ist Thatsache, daß Bauern, die Gehöfte von 50 bis 100 Tagwerk Acker und Wald besitzen, oft wegen 50 fl. Steuern, die sie nicht auszubringen ver­mögen, Haus und Hof verlieren müssen. Es wird nun jetzt bei diesen öffentlichen Auktionen gar nicht mehr auf Grund und Bo­den geraten, denn die Bauern würden jedem Fremden, der dich tbäte, ohne Weiteres das Haus über dem Kopfe anzünden und seine Felder verwüsten; in Steyermark müßten ganze Gemeinden bloß wegen rückständiger Steuern ihr Besitzthum verlieren Ein großer Bauernhof mit schönem Hause und über 300 Morgen Wald, Wiesen und Aeckern ist kürzlich be: einer Steuer Exekution zu 2000 Gulden angesetzt worden und Niemand hat 10 Gulden darauf geboten. Und in Kärnthen, Krain und manchen anderen Provinzen des Kaiserstaates sollen die Armuth und der gänzliche Geldmangel noch ungleich größer als in Stehermark sein.

Frankreich. Am 29. Mai trug sich in der Pariser Vor­stadt Vitette ein schreckliches Unglück zu. Die Ateliers des Hrn. Aubin, Feuerwerkers des Kaisers, flogen in die Luft. Das da­bei ausgebrochene Feuer wurde schleunigst gelös bt und das war noch ein großes Glück, denn ein Gebäude, welches äußerst be­droht war, war von Feuerwerkssachen und Pulverkisten erfüllt. Las eigentliche Pulvermagazin und ein Atelier wurden total zer­stört. Leider ereignete sich dieß Unglück gerade, als alle Arbeiter zugegen waren Im Pulvermagazin sind alle dort beschäftigten 12 Arbeiter gelobtet worden. Unter Len Trümmern des Ateliers fand man noch 6 Leichen und 9 schrecklich verstümmelte Menschen; letztere wurden sofort nach den Hospitälern Saint Louis und Lariboistöre befördert; ö von ihnen sind bereits gestorben, so daß sich die Gesammtzohl der Leichen auf 24 belief. Unter den 18 Leichen, welche man am Orte der Katastrophe fand, waren 11 Frauen. Man brachte sie nach dem ganz nahen Friedhof, wo sie auf den Rasen niedergelegt und mit Leinwand bedeckt wurden. Seit heule Morgen kommen die Verwandten der Verunglückten, um dieselben, wo es überhaupt möglich ist, zu erkennen. Die Ursache dieser Katastrophe ist bis jetzt unbekannt geblieben. Die Ateliers des Herrn Aubin waren nicht versichert und der Verlust wird aus etwa 100,000 Fr. geschätzt. Paris, 30. Mai. Nach­dem alle eingeladenen Mächte definitiv die Konserenz angenom­men, beschäftigt man sich mit der Feststellung des Tages des Zu­sammentritts. Die Minister der auswärtigen Angelegenheiten haben bereits zugesagt, nach Paris zu kommen. Die Türkei ver­zichtet auf eine Intervention in den Donaufürstenthümern wäh­rend der Conserenz; es wird sich eine Kombination ausfindig ma­chen lassen, welche ihre Würde wahrt Ter Prinz von Hohen- zollera hat an den Sultan einen zweiten Brief gerichtet, worin es heißt: Die gegenwärtigen Umstände erlaubten ihm nicht, sofort nach Konstantinopel zu gehen; dieß würde aber nächstens geschehen.

Belgien. Brüssel, 29. Mai. Sollte der bevorstehende Kongreß oder die Konferenz den Krieg nnstatr den Frieden brin­gen, io ist eS von der höchsten Wichligke t, ob Ungarn wirklich, wie verschiedene Nachrichten andeuien, Willens ist. die Fahne des Aufruhrs von 1848 wieder zu ergreifen. Kossuth ist ganz ur­plötzlich aus seiner Zurückgezogenheit hervorgetreten unv nach Flo­renz berufen worden. In der ganzen ungarischen Emigration herrscht die größte Thätigkeit und Anstrengung. General Berczel, um nur ein Beispiel anzuführen, hat Brüssel vor einigen Tagen verlassen und ist mit seinen zwei Söhnen, die in diesem Augen­blick bereits das klassische Rothhemd tragen, nach Italien gereist. Unterdessen herrscht in Ungarn eine wahre Todesstille, die keines­wegs mit den Versicherungen der Wiener Presse übereinstimmt, welche von Anwerbungen ungarischer Freiwilligen und Opferbe­reitwilligkeit der Ungarn vor einigen Tagen noch viel zu erzäh­len wußte.____ _

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