108
vreußischen und anderen Städten laute Stimmen gegen die Gefahren einer verderblichen Kabinetspolitik erhoben. Will aber das deutsche Volk sich nicht zum Mitschuldigen machen an de - nationalen Unglück, so muß es aller Orten so vernehmlich und kräftig seine Meinung und seinen Willen kundgeben , baß die Räthe und auch die Träger der Kronen sie nicht überhören können 4) Eine vollständige Umgestaltung der deutschen Verfassung ist noth- wendig, wollen wir für die Zukunfr den Jammer und die Gefahren der jetzigen Zustände beseitigen. Jeder Regierung aber, wiche, das Recht des eigenen Landes nicht achtend, mit Planen einer Bundesreform hervortritt, etwa in der Absicht einen Bundesgenossen im Bürgerkriege zu werben, fehlt mit dem Vertrauen des eigenen und deutschen Volkes die Gewähr für bas Gelingen des großen nationalen Einigungswerkes. (Frb, Z.)
— Frankfurt, 9 April. In heutiger Bundestagssitzunq überreichte Preußen einen Antrag aus Bunbesreform Der An- icag, von dem notorischen Resormbedürsniß ausgehend und auf die Prinzipien hindeutend, welche Preußen bereits in Folge des Fürstencongrcffes als nothwendige Erundzüge der Reform bezeichnet habe, lautet: Eine aus direkten Wahlen und allgemeinem Stimmrecht hervorgehende Versammlung, für einen noch näher zu bestimmenden Tag einzuberusen, um die Vorlagen der deutschen Regierungen über eine Reform der Bundesverfassung entgegenzunehmen und zu berathen, in der Zwischenzeit aber bis zum Zusammentritt derselben durch Verständigung der Regierungen untereinander diese Vorlagen sestzustellen (Die Bundesversammlung faßte den Beschluß, den preußischen Antrag sofort zur Kenntniß der höchsten und hohen Regierungen zu bringen und die geschäftliche Behandlung desselben einer in der nächsten Woche anzuberaumenden Sitzung vorzubehalten )
— Wenn es je schwierig gewesen, keine Sathre zu schreiben, so
ist dieß heute der Fall! Der obige von Seite Preußens am Bund gestellte Antrag, ein auf allgemeinem Stimmrecht beruhendes Parlament zu berufen und demselben eine deutsche Verfassung zur Genehmigung vorzulegen, übertrifft, obwohl man an vieles gewöhnt ist,Alles seit BiSmarck's Zeiten Dagewesene. Also das, wonach das deutsche Volk lange und vergeblich gerungen, eine allgemeine Volksvertretung und zwar noch obendrein, wie man so zu sagen beliebt, aus der breitesten demokratischen Grundlage, soll ihm nun auf einmal werden und Graf Bismarck ist es, der Mann von Blut und Eisen, der in ungewohnter Liebenswürdigkeit es damit beglücken will! Schabe nur, daß man den guten Mann bereits allzugut kennt und ihm allgemein Absichten unterstellt, durch die man etwas verstimmt werden muß Es ist deßhalb anzunehmen, daß auch dießmal wieder aus dem Parlamente nichts wird, da leider die böse Welt glaubt, Gras Bismarck handle nach dem Sprichwort: „Mit Speck sängt man Mäuse." Dieß ist zwar wahr, ob man aber damit ein Volk von 40 Millionen fangen kann, das steht denn doch noch in Frage. Wir unsererseits glauben vielmehr, daß weder die deutschen Regierungen, noch weniger aber das deutsche Volk in die Bismar- ckifche Parlamentsfalle gehen werden. (Frb. Z.)
— Durch die Zeitungen läuft ein Murmeln, daß die Thüringer keinen Schuß thun könnten ohne bohe preußische Erlaubniß; denn die Soldaten hätten zwar preußische Gewehre, bekämen aber keine preußische Munition oder nur unter Umständen. (Dz.)
— Kai serslau tern, 4. April. Am 3. d. M. fand eine Zusammenkunft hiesiger Einwohner statt, welche sich dahin einigten, daß der nächste 6, Mai, der fünfzigste Jahrestag der Wiedervereinigung der Pfalz mit Deutschland, in hiesiger Stadt festlich begangen werden solle.
— München, 9. April. Die Bair. Ztg. veröffentlicht eine Depesche der bairischen Regierung an ihre Gesandten in Wien und Berlin, worin die beiden ersten Mitglieder des Bundes ersucht werden, auszusprechen, daß sie sich jeden gewaltsamen Angriffs anderer Bundesglieder unbedingt enthalten wollen und bereit seien, sofort zur Wahrung des Friedens im Bunde in Verhand- iungen einzntreten und worin dieselben ferner ersucht werden, der baierischen Regierung den Weg und die Art der Verhandlungen zu bezeichnen, denen sie den Vorzug geben. Die Antworte n der
! Kabinete von Wien und Berüu vom ö. d. M. begründen, wie die Bair. Ztg sagt, die Hoffnung, daß zur Zeit ein gewalt- ! sanier Konflikt nicht zu befürchten ist und die Regierungen der beiden Großmächte geneigt sind. behufs Lösung der Schwierigkeiten den Weg der Unterhandlungen für sich und mit ihren Bundesgenossen zu bekrelen.H (Tel d.Schw. M.)
— Wien, 9. April. (Debatte.) Der Tharsache gegenüber, daß die preußische Mobilmachung offiziell im Staatsanzei'ger angeord- networden, dürfleOesterreich erklären, daß es, solange nicht ebenfalls offiziell demobilisirt wird, nicht in der Lage sei, etwaige Verband--
, lungen fortzuführen. Die Presse vernimmt, die Antwort des österreichischen Kabinets auf die letzte, preußische Note sei bereits vorgestern abgegangen. Der Charakter der Note soll dem einer Sammation analog sein, man claube, nach unbefriedigenderAnt- Avort werde Oesterreich sofort einen Bundesantrag aus Kriegsbereitschaft stellen.
— In Prag ist ein preußischer Gras Waldersee als Spion verhaftet worden. Man will ihn beobachtet haben, als er die ^ Festungswerke zeichnete und auch in seiner Brieftasche sollen Zeichnungen der Festungswerke gefunden worden sein.
— Das deutsche Volk muß jetzt, da cs noch Zeit ist, seine Stimme gegen den deutschen Bruderkrieg erheben. Es handelt sich um sein Gut und Mut, uin sein Land und unr seine Söhne. In Baiern, in Württemberg, in Baden und andern deutschen Ländern haben bereits Volksversammlungen stattgefundcn und vor allem in Rheinpreußen und Westphalen. Die Stimme des Volks muß aber noch viel gewaltiger zu den Thronen dringen, wo die Entscheidung über Krieg l»nd Frieden liegt und von heute auf morgen unsicher hin und her ! schwankt. Eine der größten Volksversammlungen fand in Witten statt, wo die Wähler aus 3 Kreisen mit ihren Vertretern im preußischen
! Abgeordnetenhause, den Herren vr. Löwe (dem letzten Präsidenten des Parlaments), vr. Becker und Harkort, tagten, und in welcher vr. Löwe, der seither immer der Einverleibung der Herzogthümer in Preu- ' ßen das Wort geredet hat, das Volk in feuriger Beredtsamheit warnte, keine Unterlassungssünde zu begehen; wer gleichgiltig die Hände in den Schooß lege, der mache sich zum Mitschuldigen von dem, was geschehen könne und was nicht geschehen solle. Schließlich einigte sich die Versammlung zu einer Erklärung, in welcher der Krieg zwischen deutschen Brndcrstämmen als beklagenswcrthcs Unglück für die Nation erklärt, welcher-der Einmischung neidischer und ländergieriger Nachbarn (Frankreich am Rhein) Thür und Thor öffnen werde; derselbe sei um so weniger gerechtfertigt, als ein ernstlicher Versuch zu einer friedlichen Lösung unter Mitwirkung der Bevölkerung noch gar nicht gemacht sei, und das Gewissen des preußischen Volkes würde durch einen solchen Krieg um so schwerer belastet werden, als die Hauptschwierigkeit das Bündniß mit Oesterreich, trotz der dringenden Abinahnung der Volksvertretung von der Regierung geschlossen worden sei. Ferner sei nur eine Regierung, welche die verfassungsmäßige Freiheit des Landes achte und mit dem vollen Vertrauen des eigenen Volkes auch das der deutschen 'Nation zu gewinnen wisse, stark genug, die deutsche Ausgabe Preußens, die Bundesresorm, durchzuführen.
— Berlin, 10. Apr l Oesterreich wird den preußischen Par
lamentsantrag nicht prinzipiell bekämpfen, das Hereinziehen der österreichischen Landestheile verlangen, dagegen Preußens bekannte Forderungen keineswegs zulassen. (Tel. d Schw.M.)
Frankreich und Mexiko. Der Moniteur kündigt nun selbst die Räumung Mexiko s an, die noch vor Ablauf des nächsten Jahres vollzogen sein soll. Kaiser Maximilian mag dann sehen, wie er sich behelfe. Für die L-icherheit des Landes spricht es nicht gerade, daß die belgische Gesandtschaft, welche dem Kaiser Len Tod seines S wiegervaters und die Thronbesteigung seines Schwagers melden sollte, auf der Reise von Vera-Cruz nach der Hauptstadt von einer Bande Guerillas überfallen werden konnte. Baron Hüart, der bei diesem Uebersalle getöbtet wurde, ist in Mexiko mit großem Pompe begraben worden Kaiser und Kaiserin wohnten dem Leichenbegängnisse bei.
Amerika. Newyo rk, 29. März. Der Präsident hat gegen die Bill, worin die bürgerlichen Rechte der Neger ausgesprbchen find, sein Dero eingelegt. Man glaubt» der Senat werde die Bill nichtsdestoweniger^annehmen, nicht aberdasRepräsentantenhans.
Vedigirt, -«druckt und verlegt von A Verschlüge r.