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Ler Sonne der Vernunft zerschmelzen, diese große neue Zeit wird bessere Männer an ihren Platz stellen. Der Adel wird eine wahre Vereinigung der Edelsten sein; jeder muß darnach streben, zu de­nen zu gehören, die zu dieser Erhebung des Menschengeschlechtes beilragen können."

Das ist jedenfalls eine edle und hohe Aufgabe."

Man darf den Einfluß der Mächtigen dabei gewiß nicht verachten", fuhr Napoleon fort,sondern muß günstige Verhält­nisse benützen, muß auf den Rücken derer steigen, die ihn dazu anbieten. Ist man oben, dann erst vermag man Großes und Gutes zu thun."

Vollkommen richtig gedarbt!" antwortete Pozzo die Borgo

Lagst du es?" ries Bonaparte.Findest cu, daß ich Recht habe?"

Wenn du richtig fpekulirst, kann es so kommen."

Spekulirsr! fpekulirst! Was verstehst du darunter?"

Nun", erwieverte Carlo Andrea, sich vertraulich zu ihm beugend,ich glaube, Laß ich mich damit nicht >cce, lieber Napo­leon, sondern dich richtig verstehe. Tu hast mir heul schon ge­tagt, daß, wenn man sein Glück machen will, man mit einer ein­flußreichen Familie sich verbinden muß, und ohne Zweifel bist du auf dem besten Wege dazu."

Meinst du Las? Meinst du es aufrichtig?"

Daran zweifle nicht. Der Schwiegersohn der Frau von Co- tombier hat gewiß die besten Empsehttkigeu zu erwarten. Und Ließ ist ein artiges Fräulein, ein allerliebstes Gesicht, schmachtende blaue Augen, ein süßes hingehendes Lächeln. Die Spekulation hat somit überall angenehme Aussichten."

Halt ein!" rief Bonaparte und preßte seinen Arm.Es ist keine Spekulation, Carlo, denn ich liebe Vcatrice!"

Du liebst sie? Ja, das ist etwas Anderes", antwortete Pozzo di Borgo.

Ich liebe sie!" fuhr Napoleon mit Heftigkeit fort,und auch sie sie würde mich Allen vorziehen zieht mich vor!"

Tann habe ich Nichls mehr zu sagen", versetzte der Freund. Es ließen sich Bedenken erheben, doch deine Liebe rechtfertigt dich. Ich begreife nun vollkommen deine Wünsche und warum du nicht nach Corsika willst. Dein Herz befiehlt dir, hier zu bleiben, und dein Ehrgeiz verlangt nach Auszeichnung, um ei ner Braut aus solcher Familie würdig zu sein. Es ist wabr, die Zeit ist in wilder Gährung; wer weiß, wohin diese Stürme noch treiben, wer weiß, ob es gelingt, den Strom in seinem Bette zu halten, und wer weiß, wen er verschlingt. Aber Lu wählst, wie du wählen mußt, weil du liebst, und ich zweifle nicht daran, daß du bald nach Paris gerufen sein wirst, denn man braucht dort Offiziere, auf welche sich der Hof verlassen kann. Du wirst schnell ein Capitainspatent in der Tasche haben, wohl gar Oberst wer­den, se nachdem, und dann wird Frau von Colombier freudig ih­ren Segen geben, und ihre Verwandten werden dich mit Vergnü - gen umarmen."

Gute Nacht!" rief Napoleon, indem er ihn losließ.Dort ist das rothe Haus; gute Nacht!"

Laß uns noch beisammen bleiben."

'Nein! morgen mehr. Es ist genug für heute."

Obne sich aufzuhalten, ging er weiter. Pozzo di Borgo wandte sich dem Gasthause zu, und als er einige Schritte gethan hatte, lachie er leise vor sich hin,

Ili.

Der Lieutenant Bonaparte ging nicht in das hohe, finstere Haus, in welchem er wohnte, sondern an Lessen Lhüre vorüber, und Straßen und Gassen hinab und hinaus, bis er endlich wie­der an den Strom und zwischen die Felder und Gärten gelangte, wo er ruhelos weiter irrte. Er war in großer Aufregung, sein Blut glühte in allen Ader.:, tausend verschiedene Vorstellungen kreuzten durch seinen Kopf. Dieser tückische Carlo Andrea halte ihn mit Nadeln gestochen Er hatte ihm unter scheinbarer Theil- nähme und Beistimmung die schmählichsten Dinge gesagt: Laß er mit Hilfe eines Mädchens, mit einer Spekulation auf ibre Hand sich der Hofpartei empsehlen lassen wollte; daß er den Adel Do- naparte's bezeugt habe, obwohl all e Cvrsen wußten, »vic rs m it

" U«rigiir, rr»rv«.t und v!

diesem Adel stand und welche u Einfluß die Bevorzugung zu der Zahl der Vierhundert zu danken war. Und dieser Hohn ver­schärfte sich durch die Art, wie Pozzo di Borgo von dem Capi­tainspatent und Oberstenrang gesprochen hatte, die den Segen der Schwiegermutter und die Umarmungen der Verwandten be­wirken sollten; endlich aber wirkten die falschen Zweifel und Ein­reden, mit welchen Carlo Andrea die Erklärung ausgenommen, daß keine Srekulation. sondern wahre Liebe die Triebfeder zu Napoleon's Plänen uuo Wünschen sei, und was er weiter daraus folgerte, wie Stacheln, deren Stiche er nicht länger zu ertragen vermochte und die ihn forlgetricb,!'. hatten. Und nun er in der Nacht und Dornenhecken umherlief, brannte ihm der Kopf noch mehr daven. Was der kaltblütige, so sanft und freundlich spre­chende und dock so hiiUcrlistige Mensch gesagt, ließ sich mit aller Gewalt uichr Lüge nennen! Er hatte nur sniieii schwarzen stil­len Angen bis ans Len Grund gesehen und mir unbarmherziger Sicherheit jede sophistische Täuschung abgeschlagen und vergolten. Dürstete Napoleon nickt nach THaren, nach Ruhm, nach Auszeich­nung? War sein Kops nickt voll heißer Träume, seine Gedanken in ewiger Zttbeir, sein Gehirn voll ehrgeiziger Pläne, voll fieber­heißer Vorstellungen? Und was er heute gedacht, verwarf er mor­gen; woruaeb er jetzt gestrebt, zerriß er in der nächsten Stunde. Mächtigen Männern empfohlen zu werden, rasch auszusteige!: zu de» Höhen des Lebens, mit kühner Hand in die Geschicke" eines mächtigen Volkes zu greisen welch bezauberndes Bild? Aber wer waren diese Protektoren? Die Herren, die Feinde des Volks! Sie, die aller Haß traf, sie, die zu einer Kaste von Bevorrechte­ten gehörten, die vernichtet werden mußten, wenn die neue Zeit, die Zeit der Gleichheit, der Gerechtigkeit anbrecken sollte. Und Carlo Andrea hatte ihm diese Protektion hohnvoll vorgchalteo, Len Abfall von seinem Vaterlande, Ahsall von den Lehren der Freiheit und Wahrheit. Ein Spekulant, der sich den Feinde» des Volks verkauft, ein Spekulant, der ein Weib betrügt, um mit deren Hilfe in die Zahl der Bedrücker ausgenommen zu werden!

_ <Kvrls>>xui:g fol,».)

Musikalisch-Politisches.

Weil so schrei'nde Dissonanzen Stören seine Melodie,

Will Herr Bismarck mal kurauzen Deutschlands Kammcr-Musici.

Reist ;nm großen Oucck ci'orclioslio ttouis an der Seine Strand,

Und spricht:Nehmen Sie mein Bester,

Mal den Taktstock in die Hand'"

Spiel jetzt mein frisch componirtes 'Neustes Annexions-Duett! kp86 l'oeit! Seknudirc es Oesterreich nur, daun kliugl's ganz nett."

Tpnchl's, und melodimzersetzend Fahrt er aus den Saiten 'rum,

Droh'ude Noten, ohrverletzend Kratzt er in das Publikum.

vonis yön's, dann ruft erPiano!"

Das ist" und klopft laut auf's Pult

Za der reinste Zukunfts-Guano!

Nicht so hitzig! Nur Geduld!"

Deutsche Ohr'n sind, wer's nicht wüßte!

Und 'Geduld zwar beide laug,

Doch Herr Kammcrhof-Soliste,

Solche Tonart macht mir bang!"

Habe selbst für gut befunden Etwas liefern Kammerton,

Drum in meinen Unr'richtsstunden Hübsch i«!a«stt), lieber Sohn!"

Bleibe gerne dir gewogen,

Doch das, alte Sprichwort heißt:

Allzustraff zerspringt der Bogen Und die stärkste Saite reißt!"-

LUN A. Vilich lägt»