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belgischen Regiment so viel zu leiden hatte und mit Undank be- ben konnte. Es war etwas Neues, ihn so heiler gelaunt und
wurde.
England. London. 19. Okt. Die Königin hat dem Lord Rüssel die Preinierschaft angeboten. Ueber den Entschluß Lord Russells verlautet noch nichts Positives.— 20. Okt. Der „Globe" Meldet, daß Graf Ruffell in Folge königlichen Auftrags mit der Cabinetsbildung beschäftigt ist. — Der am l8. Okt. gestorbene hvchrelagte Premierminister Lord Palmcrston, der berühmteste Staatsmann Englands, war 1784 geboren und 1807 zunk erstenmal Minister. Seitdem blüb er mit kurzen Unterbrechungen Mitglied des Kabinets, indem er nach und nach fast sämmtlichen Ein« zelministerien Vorstand. Bild als Kriegsminister, bald als Minister des Innern, des Seewesens, der Kolonien, der auswärtigen Angelegenheiten diente er seinem Vaterlande mit mwerwüst- licher Arbeitskraft und stets gleicher Frische uud Klarheit des Geistes In seinem langen politischen Leben machte er verschiedene Wandlungen durch. Er war nicht der Mann eines starren Prin zips. Der Vortheil Englands war der stete und alleinige Leitstern seines politischen Handelns. Mit den Freiheitsbestrebungen in verschiedenen Ländern Europas kokettirte er mehr, als er wirklich mir ihnen sympathisirt batte; wesentlich genützt hat er ihnen zu keiner Zeit. Ec begünstigte sie, oder vielmehr, er benützte sie, so weit es ihm für cas Interesse Englands dienlich schien. So sehr Deutschland Staatsmänner seines Schlages zu wünschen wären . so wenig ist von dem deutsch-nationalen Standpunkt aus Ursache vorhanden, seinen- Hintritt zu bedauern. — In London hak sich ein Verein zur Ausknnfts-Ertheilung für die in London ein- und auswandernden Deutschen gebildet.
Frankreich. Paris, 18 Okt. Die französische Regierung hat sich bereit erklärt, Rom ein oder zwei seiner Familienbataillone zur Verfügung zu stellen, es knüpft aber Bedingungen daran, welche in diesem Augenblicke der Gegenstand von Unterhand- lungen^zwischen dem Kardinal Antonelli und Herrn v. Sartiges sind. (Schw. M) — Die Freimaurer haben in einem sehr unumwundenen Sendschreiben an den Papst alle gegen sie erhobenen Verläumdungen widerlegt. — Wegen der mexikanischen Angelegenheit, besonders hinsichtlich neuer Freiwilligen-Corps,1 wird eine Annäherung Frankreichs an Oesterreich bestimmi erwartet. Herrn v. Bismarck's Erfolge werden sehr bezweifelt. — 20. Okt. Der „Moniteur" meldet: die britische Regierung tritt dem Antrag Frankreichs bei, wonach in Konstantinopel eme Konferenz gehalten werden soll, um Mittel aufzusuchen, den Verheerungen der Cholera vorzubeugen oder dieselben zu unterdrücken.
Amerika. New York, 7 Okt. Einer Depesche der New- AZork Times zufolge ist es der Regierung zu Washington zwar ernstlich um Erhaltung des Friedens zu thun, Loch fürchtet man ein Drängen des Kongresses, falls Frankreich Verstärkungen nach Mexiko nachsendet. Die Regierung wird einen Bruch mit Frankreich möglichst verhüten und mißbilligt Grant's kriegerische Ans. lassungen (die Franzosen müßten aus Mexiko vertrieben werden), Staatssekretär Seward befindet sich hier uud Präsident Johnson wird erwartet. Durch Brandstiftung sind in Memphis 3500 Ballen Baumwolle zerstört worden.
Am Scheidewege.
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Es vergingen nun mehrere sehr angenehme Stunden, die!fernen und beseitigen."
artig zu sehen mitten unter den jungen Damen, mit denen er scherzte und sich liebenswürdig zu machen suchte. Schon seit einiger Zeit hatten beobachtende Blicke bemerkt, daß er sich Fräulein von Colombier zu nähern suchte und ihr Aufmerksamkeiten erwies, deren sich keine andere rühmen konnte; allein Viele tha- ten dieß noch weil mehr und vor Allem der galante Demarris, während Bonaparte meist die Gesellschaft älterer Personen und ernsthafte Gespräche vorzog. Heute jedoch hatte er von Anfang an sich nur mit der Jugend eingelassen, und Fräulein Beatrice wurde von ihm ersichtlich begünstigt. Er suchte sie bei den Spielen, wählte sie, wenn er unter den Damen zu wählen hatte, bot ihr seinen Arm, als man spazieren ging, und führte sie zu Tische, allen anderen Bewerbern, auch dem armen Demarns, der sich vergebens darum bemüht hatte, den Rang ablaufend.
Man war erstaunt, den schweigsamen, sonst so ungeselligen Helden Bonaparte so liebenswürdig beweglich zu sehen, und er verdunkelte mit diesen bisher nicht an ihm entdeckten Eigenschaften selbst seinen Freund Andrea, dem sonst der ungetheilte Beifall zugekommen sein würde. In der Thal hatte Pozzo di Borgo bei diesen jungen Genossen fast noch mehr Anerkennung gesunden, als bei der ehrbaren Seite der Gesellschaft, denn seine seinen und geselligen Sitten, seine Artigkeit und seine lebhafte Theil- nahme an den vorgeschlagencn Vergnügungen fanden dankbare Anerkennung. Er bewies sich so anregend und gewandt, dabei so voll guter Laune und guter Einfälle, daß er schnell ein Ueberge- wicht geltend machte und für die gemeinsame Lust den treibenden Mittelpunkt zu bilden begaun. Neben ihn stellte sich jedoch Bonaparte und machte ihm diesen Vorzug streitig, indem er mit ihm wetteiferte. Es konnte beinahe scheinen, als sei er eifersüchtig auf das Wohlgefallen geworden, das Pozzo di Borgo so schnell zu Theil wurde, und als habe Demarris doch einiges Recht mit seinen Behauptungen, daß diese beiden jungen Männer nie und nirgend beisammen sein könnt, n, ohne sich sogleich gegen einander zu versuchen. Auch Carlo Andrea hatte einige- male versucht, Bonaparte bei dem Fräulein von Colombier zuvorzukommen, allein es war ihm nicht besser ergangen, als dem Lieutenant Demarris. Napoleon wurde entschieden vorgezogen und schien sich daran sehr zu ergötzen. Er warf spöttische Blicke auf seinen Freund, der diese mit seinem feinen Lächeln erwiederte, ohne den geringsten Mißmuth zu zeigen. Ter junge Advokat hatte dafür die Ehre, daß Frau von Colombier ihn zu ihrem Nachbar machte, und konnte an den Unterhaltungen Theil nehmen, welche am oberen Ende des Tisches geführt wurden. ES war natürlich, daß von den Dingen die Rede war, welche in Frankreich alle Köpf- in Bewegung setzten, und daß er zunächst über die Meinungen befragt wurde, welche in Korsika sich geltend machten.
Er beantwortete diese verfängliche Frage mit vieler Beschei« denheit. „Madame", sagte er, „man theilt in Korsika die Hoffnungen, welche man in Frankreich von der Nationalversammlung hegt, daß das Glück der Nation daraus hervorgeben möge; aber man ist weit davon entfernt, ließ Glück aus dem Umsturz des Bestehenden zu erwarten."
„Nun dahin wird es auch glücklicher Weise nicht kommen", lächelte der Baron Salingrö. „Man wird die Menschen, welche dieß Entsetzliche herbeisühren möchten, schon zur rechten Zeit eut-
mit allen Vergnüglichkeiten aulgesüllt wurden, welche ein solches Beisammensein im fröhlichen Kreise jungen Leuten karbot, die sich gegenseitig zu gefallen und zu unterhalten strebten. Man spielte und ging spazieren, gab Räthsel auf und löste Pfänder rin, bis der Abend kam und nun in dem Saale ein Abendessen bereit stand, das die Munterkeit weiter beleben half. Die Damen und Herren saßen in bunter Reihe, jeder hatte seine Wahl getroffen, und der Lieutenant Bonaparte, der seinen Platz bei dem schönen Fräulein von Colombier genommen, war so gesprächig und galant, wie man ihn noch niemals gesehen hatte. Tie zurückhaltende kalte Höflichkeit, welche ihm gewöhnlich eigen, wurde heute durch eine Theilnahme verdrängt, die nickt unbeacktet blei
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„Das wäre sehr zu wünschen", sagte Pozzo di Borgo.
„Verlassen Sie sick daraus", fuhr der Baron vertraulich fort. „Man wird nächstens mit diesem heillosen Genfer Bankier, diesem Herrn Necker den Anfang machen, und dann die übrige Gesellschaft hinterher schicken."
„Wenn es noch angeht, kann man gewiß nichts Besseres thun", erwiederte Carlo Andrea, „aber ich fürchte —"
„Was fürchten Sie?"
„Daß es dazu zu spät ist."
„Meinen Sie? Warum soll es zu spät sein?"
„Weil die revolutionären Ideen sich schon zu west verbreitet babev." (Forts, folgt.)