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In dieser Woche steht ein Cabinctsconseil bevor zur Feststellung des Besitzergreifungspatents wegen Lauenburg und einer Prokla­mation an bas preußische Volk.

Wien, 7. Sept. Nach einer Mittheilung derPresse" soll vr. Rechbauer in seinem Schreiben an die geschästsleitende Kom­mission des 36er-Ausschusses die Nichtmitbetheiligung der Oester­reicher an der Ausschußsitzung in Leipzig damit motivirt haben, daß bereits entschiedene, sowohl von dem deutschen Abgeordneien- tage als von dem Ausschüsse vor Deutschland und Europa abge­gebene Erklärungen vorlägen, die der Ueberzeugung über Schles­wig-Holstein und insbesondere über das 'selbstbestimmungsrecht der Herzogthümer Ausdruck geben und gegen jede Verjügung, welche über das Schicksal der Herzogthümer ohne oder gegen ihren Willen getroffen wird, feierliche Verwahrung einlegen. Einer Wiederholung dieser Rechtsanschauungen bedürfe es auch Ange­sichts der in neuerer Zeit geschehenen Schritte mehr, und es könne kein anderes Resultat als eine Wiederholung der Beschlüsse von einer neuerlichen Versammlung gewärtig! werden.

Wien, lO. Sept. DiePresse" meldet: Heute steht in Klausenburg die Veröffentlichung der Auflösungsordre des jetzigen siebenbürgischen Landtages und die Berufung eines neuen nach der Wahlordnung von 1848 bevor. Die Auflösungsordre ist kurz und ohne Motivirung; die Berusungsordre weist dem Ver­nehmen nach auf die Union mit Ungarn hin. DerElbers. Zeitung" wird geschrieben:Die Vorbereitungen zu unserer gro­ßen Anleihe gelten als vollendet. Rothschild hat seine geschickte Hand darin und hat es nach seiner Art geduldig hingenommen, Laß die Blätter ihn als vollständig abgeneigt, sich daran zu be­iheiligen, darstellten. Holländisches und englisches Kapital ist es vorzüglich, was neben und mir ihm für die große Anleihe ein­stehen wird. Ihre Höhe wird auf 200 Millionen angegeben, der Ansgabccours zu 80. Graf Larisch soll indessen noch daran den­ken, einen höheren Preis zu erzielen, da er den Gläubigern be­sondere Sicherheiten zu gewähren gedenkt."

Die Räuber in Ungarn sorgen immer dafür, daß es et­was Neues gibt. Neulich überfielen sie auf der Pesther Eisen­bahn ein Wärterhaus, sperrten die Leute in d«n Keller, hoben Schienen aus, warteten bis der Zug heranbrauste und entgleiste, und stürzten sich dann auf die Paffagiere, um sie aüszuplündern. Es gab einen blutigen Kamps, bei welchem die Räuber den Kür­zern zogen.

England. DerInternational" schreibt ausLondon: Wie­der ein Verbrechen, immer Verbrechen! Von Neuem haben wir einen dreifachen Mord zu melden, den eine Mutter an ihren Kin­dern beging. Wir theilen mit, was uns varüber bekannt gewor­den ist. Eine Frau, Namens Esther Lock, hat in Abwesenheit ihres Mannes ihre drei Kinder umgebracht, und zwar einen Kna­ben von 9 Jahren, und 2 Mädchen, das eine von 5 Jahren, das andere von 18 Monaten. Sie schnitt ihnen mit einem Rafirmes- ser den Hals ab. Die Schauderthat wurde bald entdeckt und die entmenschte Mutter festgenommen. Im Verhör versuchte sie es durchaus nicht, sich zu entschuldigen, sie erklärte einfach, da sie nicht im Stande gewesen, ihre Kinder zu ernähren, so hätte sie es vorgezogen sie umzubringen.

Frankreich. Paris, 10. Sept. Aus Biarritz vom 9. mel­det man: Der Kaiser, die Kaiserin und der kais. Prinz haben heute der Königin von Spanien in San Sebastian Besuche ab­gestattet. Die Königin von Spanien wird am Montag nach Biarritz kommen und noch am Abend des gleichen Tages wieder abreisen. Auch Drouyn de Lhuys geht nach Biarritz, wohin nächste Woche Herr v. Bismarck sich verfügt. Wie man aus Biarritz vernimmt, wurde in der Nacht vom 3. auf den 4. ds. die Badehütte der Kaiserin Eugenie daselbst rein ausgeplündert, und was nicht mitgenommen wurde, Möbel, Spiegel, Vorhänge u. s. w., vollständig zerstört. Die Thäter sind bis jetzt noch nicht entdeckt. Auf den polnischen Fürsten Sapieha ist am Abend des 4. Sept. in Paris ein Mcrdansall gemacht worden, der je­doch seinen Zweck so wenig erreichte, daß nicht einmal eine ir­gend erhebliche Verwundung des Fürsten stattgefunden hat. Fürst Sapieha ist der Nachfolger Vds Fürsten Czartoryski als Chef der Polen im Ausland, lieber die Motive der That verlautet nichts

Bestimmtes. Der Mörder ist dem Fürsten angeblich unbekannt gewesen und bis jetzt nicht entdeckt worden.

Italien. Aus Catania wird ein äußerst heftiges Erdbe­ben gemeldet, welches den Ort Trecastagni fast ganz zerstörte. Glücklicherweise hatten sich die Einwohner, durch die bekannten Vorzeichen gewarnt, bei Zeiten ins Freie geflüchtet, so daß kein Menschenleben verloren ging. Gleichzeitig hatte ein neuer Aus­bruch des Aetna statt, und zwar an derselben Stelle wie im Jahr 1852.

Höchst bedenklich lauten die Nachrichten aus Griechenland. Die. Regierung verhehlt sich gar nicht mehr, daß sie einer Kata­strophe unaufhaltsam entgegengeht. Man ist in der letzten Zeit 3 verschiedenen Verschwörungen auf die Spur gekommen; es ist aber schon so weil gekommen, daß die Regierung es gar nicht wägte, die Rädelsführer ernsthaft zu verfolgen. Die Armee ist mit dem jungen Könige äußerst unzufrieden, weil er weder Ver- ständniß noch Interesse für jmilitärische Dinge zeigt, und dem . Volke gibt sein fortwährendes Hin- und Herreisen Aergerniß. Liese Zustände benützt der italienische Konsul auf Korfu zu Wüh­lereien. Er äußert unverhohlen, daß die jonischen Inseln eigent­lich zum Königreich Italien gehören sollten.

Türkei. Konstantinop el, s8. Sept. 2800 Häuser und öffentliche Gebäude sind nicdergebrannt, und 22,500 Personen haben kein Obdach mehr. Sie müssen zum Theil auf freiem Felde übernachten. Dem Weitergreifen des Feuers konnte end­lich Schranken gesetzt werden. Der Gesandte Englands in Konstantinopel, Sir Henry Bulwer, hat sowohl der hohen Pforte, als den Vertretern der Schutzmächte der Don au sürstenthü mer eine Denkschrift überreicht, in welcher er, aus genaue Daten ge­stützt, nachweisl, daß jene Länder, obwohl sie unter dem här­testen Despotismus seufzen, in Anarchie sich befinden, daß je­des Mitglied der Regierungspartei aus eigene Faust die äußersten Ungerechtigkeiten, Erpressungen rc. ausübe, so daß die aufs Aeu- ßerste getriebene Bevölkerung zur Revolution förmlich gezwungen werde. Da aus diesen Zuständen in der Moldau und Wallachei schwere Verwickelungen für ganz Europa hervorgerufen werden könn­ten, so beantrage er, daß die Schutzmächte zur Beseitigung dersel­ben Kommissäre mit ausgedehnten Vollmachten nach Bucharest schicken möchten. Dieser Antrag fand lebhafte Zustimmung von Seiten der Vertreter Oesterreichs, Preußens und Italiens; der Vertreter Rußlands erklärte,, daß er, da er ohne Instruktion sei, sich jeder Aeußerung enthalten müsse. Dagegen protestirte der französische Botschafter, Marquis de Moustier, sehr lebhaft gegen jeden derartigen Schritt und ebenso, wenn auch weniger heftig, der Minister der hohen Pforte selbst. Frankreich will dort nicht Ordnung und Sicherheit hergestellt und noch weniger die Fäden seiner Jntriguen und Wühlereien aufgedeckt sehen. Es braucht dort einen glimmenden Revolutionsherd als Haken, an dem es zu gelegener Zeit die orientalische Frage anfaffen kann. Die Pforte ihrerseits fürchtet, daß die Bevölkerung, um ihre Wünsche von den Kommissären befragt, mit allem Nachdruck die Absetzung Cusa's und die Erhebung eines fremden Fürsten auf den Thron Romaniens verlangen und damit des letzteren gänzliche Trennung von der Türkei herbeiführen werde. Rußland steht für diesen Fall mit dem Herzoge von Leuchtenberg bereit, darf aber nicht durch Begünstigung einer kommissionellen Untersuchung Frankreich kom- promittiren. So erklärt sich die Haltung der bezeichneten Diplo­maten in dieser Frage. Was mit den unglücklichen Fürstenthü- mern, die der Spielball so entgegengesetzter Interessen sind, nun­mehr geschehen wird, ist noch ganz ungewiß; sicher aber ist die gänzliche Verwirrung aller Rechtsbegriffe in der Bevölkerung und deren völlige Demoralisirung. (Schw. M.)

Mexiko. Während die französischen offiziellen und offiziösen Blätter alle Juaristen in Mexiko schon so oft für vernichtet er­klärten, erscheinen die, anfangs als Rebellen erklärten, seit eini­ger Zeit zu Dissidenten emporgestiegenen Republikaner immer aufs Neue. Einer Newyorker Mitlheilung vom 31. August entneh­men wir felgende Notizen: Laut Nachrichten aus Veracruz vom '14. August hat die Stadt Zongolica in Orizaba sich gegen das Kaiserreich erklärt. Der Mcxikan Estafette zufolge hat der Kai­ser Maximilian beschlossen, eine offizielle Persönlichkeit nach Was-