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Frankreich. Paris, 29. Aug. Abd-el-Kader hat bei seiner ' bschiedsaudienz in Fontainebleau eine ausgezeichnete Sammlung reu Waffen als Geschenk vom Kaiser erhalten. Der Emir soll 'ei seiner Abfahrt von Marseille eine.Proklamation an seine afrikanischen Landsleute erlassen wollen, um sie vom religiösen Standpunkt aus zum unverbrüchlichenFesthalten am Islam, vom politischen aber zum Gehorsam und zum guten Verhalten gegen Frankreich aufzufordern. — 30. Aug. Aus Verona schreibt man, es seien dort Gerüchte im Umlauf, nach welchen die Aktivnspartei jenseits des Mincio in großer Bewegung wäre und sich zu einer Schilderhebung bereit zeigen soll; die Behörden in Bergamo hat- ten Miltheilungen erhalten, denen zufolge man sich auf einen Jnsurrektionsversuch in Südtyrol gefaßt zu machen Hätte. — 2. Sept. Graf Walewski wurde, nachdem er seine Entlassung als Senator genommen, zum Präsidenten des gesetzgebenden Körpers ernannt.
Die Weinernte in Portugal wird Heuer einen weit reichlicheren Ertrag liefern als in den vorhergegangenen Jahren.
Vermischtes.
Der etwa vor 20 Jahren gegründete deutsche Wohlthätig- keitsverein in Petersburg, dessen Zweck dahin geht, sich der deutschen Einwanderer in Rußland, welche durch die mannigfaltigsten Ursachen oft in die traurigste Lage gerathen, in jeder Beziehung anzunehmen, sieht sich genöthigt, um seine segensreiche Wirksamkeit mit den von Jahr zu Jahr steigenden Anforderungen in Einklang zu bringen, an die öffentliche Wohlthätigkeit zu appelliren. Der Ausschuß des Vereins erläßt daher einen Aufruf an die weiteren Kreise des deutschen Vaterlandes und bittet um Gaben für die nvthleidenden Landsleute in der Fremde.
Eine originelle Erfindung will ein preußischer Techniker gemacht haben. Sie besteht in nichts mehr und nichts weniger als darin, ohne Geschütze zu schießen. Die verlängerten Projektile Werden frei gerichtet und durch die Entzündung der am Boden derselben befindlichen Ladung nicht nur in der Wichtung, in der fie liegen, in Bewegung gesetzt, sondern auch zu einer regelmäßigen Rotation gezwungen. Die treibende Kraft besteht nicht aus Schießpulver,-sondern aus mit Säuren behandeltem Glycerin, welches in diesem Zustande eine das Pulver um das Zwanzigfache übertreffentze Krastäußerung besitzen soll. — Ob die Erfindung wirklichen Untersuchungen unterzogen werden wird, das wissen wir nicht.
Die siamesischem Zwillinge, die vor vielen Jahren fast ganz Europa durchreist haben, um sich zur Schau zu stellen, erklären in einem an die Newyork-Times gerichteten Schreiben aus der Grafschaft Surrey (Nordkarolina) vom 28. Juli, sie hätten sich in daS Privatleben zurückgezogen gehabt, um mit ihrer Familie das Vermögen zu genießen, welches sie sich durch ihre öffentliche Schaustellung erworben. Doch die Verwüstungen des amerikanischen Bürgerkrieges hätten ihr Hab und Gut vernichtet, sie sähen sich deßhalb genöthigt, sich wieder für Geld sehen zu lassen, und würden l» den Städten des Nordens im August damit beginnen. Sie beabsichtigen, sich von der Mehrzabl ihrer Kinder auf dieser Rundreise begleiten zu lassen und empfehlen sich dem allgemeinen Wohlwollen.
Ikabertmlten-es
Gräfin Rosenki.
. lRusjische Geschichte.)
(Fortsetzum,.)
„Ich will's, Gräfin, rnd stände mein Leben Labei auf dem
Spiele!" Und ich fühlte, wie ich sprach.
„Ich will Ihnen glaube», doch ist, Gottlob, von Lebensgefahr nicht die Rede decket. was ich wünsche ist, daß Sie
mir eine genaue mck hübsche Copie dieses Doenmentes anfertigen. Mit diesen Worten zog sie ein ziemlich großes zierlich zusavrmen- 'Ortes Papier aus der Lasche ihres Kleides, und breitete dasselbe bo r^mir ans. „GS ^, wi- Sie sehe», ein juristisches Do-
cument, und ich habe dieß Original wegen eines Prozesses, von dessen Ausgang mein ganzes Wohl und Wehe abhängt, der mir säst unermeßlichen Reichthum oder tiefe Armuih bringen muß, bei den Gerichten zu deponiren. Doch das Original könnte — wenigstens wäre es möglich — könnte irgendwie verloren gehen, — könnte sogar — hier in Rußland wäre das nichts Unerhörtes — könnte sogar durch Bestechung in die Hände meines Gegners übergehen, und einzig und allein für Fälle solcher Art wünsche ich zu meiner Beruhigung eine genaue und zuverlässige Copie des Dokuments in meinem Besitze zu behalten. Familicn-RüSfichten verbieten mir, das wichtige Papier auch nur aus eine Stunde den Händen eines Advokaten oder gewöhnlichen Copisten anzuvertrauen, doch auf Sie, mein Freund, kann ich mich, wie ich weiß, verlassen wie auf mich selbst. Wollen Sie sich der Mühe unterziehen, mir diese Copie in Ihrer schönen deuilichen Handschrift anzufertigen, und zwar Wort für Wort, Buchstabe für Buchstabe gleich dem Original, so legen Sie mir eineVerpflichtung auf, die ich Ihnen mein ganzes Leben lang nicht vergessen werde."
Das Anerbieten, ihr diesen oder jeden andern hundertfältig schwereren Dienst zu erzeigen, war meine einzige Antwort.
„Ich danke Ihnen, danke Ihnen herzlich," entgegnete die Gräfin, indem sie mir die Hand drückte, und das wieder zusam- mengefaltere Document mir übergab. „Sie sind der ernzige Mann in der Welt, den ich um diesen Dienst zu bitten vermöchte, und Ihrer Ehre und Verschwiegenheit darf ich dieses Geheimniß furchtlos anvertrauen. Ich weiß es, ich weiß es ja," unterbrach sie dann meine Betheuernngen der Verschwiegenheit und des höchsten Interesses in Allem was sie angehe. „Wann denken Sie mit dieser Arbeit fertig zu sein?"
„Morgen," antwortete ich mit einem flüchtigen Blicke auf das umfangreiche Document, einen Folio-Pergamentbogen mit slavonischer Schrift, wie sie in Rußland noch gegenwärtig in der Gerichts- und Kirchensprache benutzt wird.
„So bringen Sie es mir morgen Abend in den "Palast. Mein Diener wird Sie, wie früher, an dsr Hinterthür erwarten, und ich werde Ihnen dann in meinem eigenen Boudoir alle näheren Umstände der Angelegenheit, um welche es sich handelt, auseinandersetzen. Besondere Sorgfalt möchte ich Sie auf dieß hier zu verwenden »bitten," und sie wies mit dem Finger aus einige Worte ganz am Eckde des Documents, die fast einer Handzeichnung ähnlich sab. „Adieu, mein Freund! ich muß fort. Kommen Sie zwischen 7 und 8 Uhr," und die Thür schloß ßch hinter ihr, bevor ich pünktlich zu sein versprochen hatte.
Die Copie wurde mit außerordentlicher Sorgfalt und in völliger Heimlichkeit angefertigt.
Wort für Wort, Buchstabe um Buchstabe, malte ich in meinem festverschlossenen Zimmer diese sonderbaren slavonischen Schriftzüge, von denen mir keine Silbe verständlich war, mit unermüdlicher Sorgfalt und Genauigkeit dem Originale nach, nur di» Unterschrift machte mir außerordentliche Schwierigkeit. Sie war gleich allen übrigen, so völlig unleserlich, daß es möglicherweise des Kaisers Handschrift selbst sein konnte. (Schluß folgt.)
Jubel in Wien.
Mein Schatz hall' die Schwindsucht,
War beinah schon lodt.
Jetzt hilft ihm der Preuße Geschwind aus der Noch.
Er zahlt zwei Millionen,
Eine halbe dazu.
An dänischen Thalern In die östreich'sche Truh.
Und sind die verflogen Hinaus in die Welt,
Verkaufen wir Holstein,
Dann gibt's wieder Geld.
Ihr Oestreicher jubelt,
Frohlocket und singt,
Durch Preußen erfahrt ihr Wies Silber noch klingt. _
I»d k->n Gels.-) läz-r