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hatten sich zu dessen Empfang aufgestellt. Der König verließ so­gleich den Wagen, unterhielt sick auf daS Lebhafteste und Freund­lichste mit diesen Herren, namentlich mit dem Prinzen Friedrich und dem Minister v. Larnbüler und war sichtlich sehr gut auf­gelegt. Nach einem Aufenthalt von l5 Minuten fuhr der Zug weiter nach Baden-Baden.

Stuttgart, 28. Aug. Die Herbstbeurlaubung bei der

Infanterie wird am 8. September eintreten, so daß von diesem Tage an der Winterpräsenzstand angenommen werden wird. Auf der gestrigen Landesproduktenbörse entwickelte sich bei fester Stimmung und einiger Neigung zum Steigen ein ziemlich leben­diger Verkehr, ein wesentlicher Aufschlag bildete sich jedoch nicht. Reue Frucht ist ihrer vorzüglichen Qualität wegen gesucht. In Gerste war der Umsatz abermals bedeutend. Bon Frühobst wa­rm einige Heinere Quantitäten angeboten- (Schw. M.)

Stuttgart, 26. Aug. Dir hiesige evangelische Gesellschaft, welche, wie alljährlich gestern, al» am Lage nach dem Bibelfeste, ihre Jahresfeier beging, verbreitete während des nun abgelaufe­nen BerwaltungSjahreS 189,262 kleine Schriften emd 135/-71 christliche Bilder; wieder gedruckt wurden 123,000 Exemplare von Schriften, neu erschienen 3 kleine Schriften in einer Anzahl von zusammen 20,000 Exemplare«. Die Einnahmen der Gesell­schaft betrugen 13,003 fl. 2 Ir., die Ausgaben 12,694 fl. 16 kr. Bvn dm 8 Kolporteuren der Gesellschaft wurden 13 Oberämter bereist, und namentlich die Bäder zu Wildbad, Herrenalb, Tei- «ach, Liebenzell und Berg, sowie die im Bau begriffenen Eisen­bahnlinien besucht. Die Schuld der Gesellschaft für ihre zum Theil Neu erbauten, zum Theil erkauften Gebäulichkeiten hat sich um 1300 fl. vermindert und beträgt nur noch 41,675 fl. (StA.)

Ulm, 28. Aug. Se. Maj her König von Preußen ver­weilte bei seiner Durchreise einige Zeit hi'« und unterhielt sich mit dem württemberg'schen und baierischen Truppencommandamen aufS Freundlichste über Verhältnisse der Btmdesfrstung Der auS etwa 25 Mann bestehenden Bahnhoswache wurde rin fürst­liches Geschenk von 13 Dukaten gereicht.

Tagesordnung der Sitzungen d«S Schwurgerichtshofs za L.ü-

bingen im dritten Vierteljahre. Den t. September Anklage­sache gegen de» Bauernknecht 'Immanuel Breitmaier von Kayh, OA. Herrenberg, wegen TodtschlagS; den 2. September gegen Louise Kenngott von Calw wegen Kindsmords; den 4. Septem­ber gegen Johann Georg.Boßler von Upfingen, OA. Urach, we­gen Körperverletzung; den 5. September gegen den vormaligen Stistungspfleger Jakob Schweikardt jvon Loffenau wegen Restse­tzung; den 6. September und an den beiden folgenden Tagen gegen Rosina Hämmerle von Lustnau und Genossen wegen ge­werbsmäßigen StehlenS. (St.A.)

Die Postkonferenz in Karlsruhe wird in der ersten Hälfte des September stattfinden. Es werden 16 Staaten dabei vertre­ten sein. Unter anderem wi.d es sich dabei um eine Verminde­rung der Briestaxe für Deutschland handeln.

Am 26. August, Abends nach 8 Uhr, traf der König von Preußen mittelst Extrazugs in Baden ein.

Frankfurt, 26. Aug. Aus einem Telegramm des Dresd. Journ. ersehen wir, daß in der letzten Bundestagssitzung gegen­über der Erklärung Preußens hinsichtlich seines Regierungsan­tritts in Lauenburg sich folgende Staaten ihr Erbrecht aus das Herzogthum wahrten: Königreich Sachsen, Kurbessen, Sachsen Ernestinische Linie, Nassau, Mecklenburg und Anhalt.

Frankfurt, 27. Aug. Vondirekt betheiligter" Seite wird derRh. Ztg," aus Berlin berichtet, Herr v. Bismarck sei gesonnen, mit den Nordstaaten Deutschlands Militärconventionen unter günstigen Bedingungen abzuschließen, und die vorbereiten­den Schritte seien bereits erfolgt; im Lager der mittelstaatlichen Diplomatie sei man über diesen neuen Coup in einiger Besorg­nis weil man darin einen weiteren Schritt auf der Mainlinien- Politik erblicke. doch scheine man im feudalen Lager selbst kein sonderliches Vertrauen in das Gelingen dieses Planes zu haben.

Am 26. August, dem Geburtstag des verst. Prinzen Gemahls von England, fand die feierliche Enthüllung des auf dem Markt­platz seiner Vaterstadt Ko bürg zu seinem Andenken von der Kö­nigin von England und d^r Stadt gemeinschaftlich errichteten

Denkmals statt, welchem Akte außer der Königin, dem Koburger Hofe und noch vielen fürstlichen Personen, eine ungeheure Men­schenmasse beiwohnte.

(Blond in in München.) Endlich hat der berübmte Held

vom Niagara auch München beglückt. und wir müssen gestehe«, daß seine Leistungen jede Vorstellung und Erwartung wett hinter sich lassen. Vieles scheint uns gewöhnlichen Menschenkinder«, die mit gesunden Füßen auf der sichern Erde stehen. in dem Reich der Lüfte geradezu unbegreiflich. Me bisherigen Geseke des Gleichgewichts, der Schwerkraft, scheinen aufgehoben, und wenn man sich Anfangs eines Grauens über die Tollkühvheit des Virtuosen nicht erwehren kann , so beruhigt doch sehr bald ftp»« unvergleichliche Sicherhett und Grazie, mit welcher «r spielend dte Schwierigketten überwindet und auf hem Seil zu Häuft zu-ftttt scheint, wie der Falk in den Wolken. Seine Leistungen sind«« bekanntlich in dem reizende« zoologischen Garten statt , wo ein circa 300 Fuß langes Seil in der Höhe von 80 Fuß aufgespannt ist. Herr Blondin erscheint zuerst im Ritterkostü« und legt die bedeutende Strecke mit einer gewisse« parademäßigen Graüwzza in wenig Minuten zurück. Auf dem Rückweg scheint er zu strau­cheln , er Mt vorwärts und rücklings auf das Seil u«d erbebt sich sofort wieder. Die zweite Tour legt er in leichterem Kostüme laufend zurück. In der Mitte angekommrn. legt er sich abermals aus das Seil, erhebt sich dann auf dem Kopfe stehend, die Ba lancirstange frei in den Händen haltend und übe.schlägt sich nach rückwärts, so daß er fitzend auf daS Seil kommt. De« Rückweg dieser Tour macht er mit verbundenen Augen und außerdem mit einem Sack oder einer Gugel vollständig verhüllt. Seine schein­baren Fehltritte und Anwandlungen von Schwindel erregen jetzt, da man völlig von der beispiellosen Sicherheit des Künstlers über- zerrgt war, nur noch allgemeine Heiterkeit. Die letzte Tour be­gann Blondin mit einem Sessel, auf dem er mitten auf dem Seile so behaglich Platz nahm. als befände er sich aus eben«« Boden. Er bestieg sogar den Stuhl und stand frei und küh« aus dem zerbrechlichen, balanrnenden Möbel. Den Rückweg die­ser Toar machte er mit dem »ftgenannten verwegenen Kapitalpück von Kühnheit und Kraft, indem er einen Mann auf den Rücke« gepackt hinübertrug. Man weiß nicht, ob man mehr die Kraft des Seiltänzers oder den Todesmuth seines Reiters bewundern soll. (Schw V.Z.)

Wien, 26. Aug. Die Verhandlungen behufs der Durch­führung deS Gasteiner Vertrags scheinen noch eine Reihe von Schwierigkeiten zu bieten, die man anfangs, wenn man sie über­haupt schon im Einzelnen ins Auge gefaßt, vielleicht zu geriug angeschlagen hat. Es frag» sich zum Beispiel, ob die Ueberschüffe der Herzogthümer auch fortan in gemeinschaftliche Kasse fließen, oder ob Oesterreich die holsteinischen und Preußen die schleswig- schen Ueberschüffe zur besondern Verrechnung absührt. Es fragt sich weiter, ob die Stände wenn sie unter den gegenwärtigen Umständen überhaupt versammelt werden sollen von Oestor­reich und Preußen gemeinsam oder ob sie selbstständig von Oester­reich in Holstein und von Preußen in Schleswig einberufen wer­den, und eventuell ob Oesterreich irgend eine Jngerenz in die Verhandlungen der schleswig'schen Stände, bezw. welches Maß einer solchen Jngerenz ihm zusteht, und umgekehrt Preußen in Betreff der holsteinischen Stände. Es fragt sich endlich, ob die Orga­nisation der eigenen militärischen und maritimen Kräfte der Her­zogthümer schon jetzt vorgenommen werden soll oder kann, und eventuell von wem, wie und für wen dieselbe zu bewerkstelligen ist.

Neuß. Dr. I. F. Ah«, der sich durch seine bekannte Un­terrichtsmethode um die lebenden Sprache» sehr verdient gemacht hat, ist am 2t. d. hier gestorben.

Nachdem schon im vorigen Jahre zn Petersburg zwei Rohre auS der Krupp'schen Fabrik gesprungen, ist auch kürzlich auf dem Schießplätze zu Tegel (Potsdam) das Rohr einer 75psünd- ner Gußstahlkanone aus derselben Fabrik gesprungen. Begreifli­cherweise verfehlt diese Nachricht nicht, überall großes Aufsehen zu erregen.

Berlijn, 27. Aug. Die Voss. Ztg. schreibt:Dem Ver­nehmen nach wäre für den nahen Abschluß einer Militäccvnvcn- tion zwischen Preußen und Oldenburg, und zwar, wie verlautet,